Einleitung

Ein- und/oder Durchschlafstörungen mit assoziierter Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit oder Tagesbefindlichkeit werden als Insomnien bezeichnet. Liegt keine organische Ursache zur Erklärung der schlafbezogenen Auffälligkeiten vor, wird die Diagnose nicht-organische Insomnie (F 51.0) oder Ein- und Durchschlafstörungen (G 47.0) anhand der ICD-10 vergeben [55]. Bei einer Kategorisierung gemäß DSM‑5 wird die Diagnose „insomnia disorder“ verwendet [1]. Insomnien zählen zu den häufigsten Erkrankungen, mit denen Ärzte in der klinischen Versorgung der Allgemeinbevölkerung konfrontiert sind. Sie betreffen in chronischer Form 5–10 % der erwachsenen Bevölkerung in westlichen Industrienationen [37, 43] und bis zu 20 % der Patienten in Hausarztpraxen [47].

Versorgungsdefizit und Fehlversorgung

Es ist allerdings anzunehmen, dass die Insomnie insgesamt unterdiagnostiziert ist. Beispielsweise zeigen Daten des Gesundheitsreports 2019 der BARMER[26], dass im Jahr 2017 in Deutschland nur 1,6 % der Versicherten eine Insomnie-Diagnose erhielten, womit im Vergleich mit epidemiologischen Daten mindestens 70 % der Patienten unerkannt blieben oder nicht als Insomnie kodiert wurden [43].

Darüber hinaus wird der Großteil der Patienten derzeit nicht störungsangemessen behandelt. Während Leitlinien eine störungsspezifische psychotherapeutische Behandlung der Insomnie bei Patienten im Erwachsenenalter empfehlen [39, 40], wird diese sehr selten angewendet. So erhielten laut dem Gesundheitsreport der BARMER im Jahr 2017 nur etwa 10 % der Versicherten mit einer Insomnie-Diagnose irgendeine psychotherapeutische Behandlung für irgendeine evtl. auch komorbid vorliegende andere Erkrankung [26]. In Bezug auf die in Leitlinien explizit nicht für die Langzeitbehandlung empfohlene pharmakologische Behandlung der Insomnie erhielten im Jahr 2017 10 % der an einer Insomnie erkrankten erwachsenen Versicherten der BARMER die Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten Zolpidem oder Zopiclon und 14 % Benzodiazepine. Dies ist sehr problematisch, da diese Substanzen bei längerer Einnahme zu Toleranz und Abhängigkeit führen und es insbesondere bei älteren Patienten, zu nächtlicher Verwirrtheit und Stürzen kommen kann [15]. Darüber hinaus erhielten etwa 9 % der an einer Insomnie erkrankten Versicherten der BARMER Mirtazapin und 5 % Trimipramin, die in den Leitlinien ebenfalls nicht für die Langzeitbehandlung empfohlen werden, da zu ihrer Effektivität bei Insomnien kaum wissenschaftliche Evidenz vorliegt [39, 40].

Das beschriebene Versorgungsdefizit und die Fehlversorgung von Insomnie-Patienten sind gesundheitsökonomisch sehr relevant. So sind Insomnien vor allem aufgrund von verminderter Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz mit sehr hohen indirekten Gesundheitskosten verbunden. Diese betragen in Deutschland etwa 7800 € pro Patient pro Jahr, was jährliche Gesamtkosten von um die 40 Mrd. € ergibt. Davon würden sich laut einer vor drei Jahren veröffentlichten Studie mindestens 7 Mrd. € durch eine fachgerechte Behandlung einsparen lassen [50].

Die in den letzten Jahren veröffentlichten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) [40], der European Sleep Research Society (ESRS) [39] sowie des American College of Physicians (ACP) [38] empfehlen für das Erwachsenenalter die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnien (KVT-I) als Behandlungsmethode der ersten Wahl für Insomnien. Diese auf den Schlaf fokussierte psychotherapeutische Kurzzeitbehandlung umfasst vier Module: 1) Psychoedukation zum Thema Schlaf; 2) Entspannungsübungen; 3) Bettzeitrestriktion und/oder Stimuluskontrolle; und 4) das Hinterfragen und Umstrukturieren dysfunktionaler Überzeugungen in Bezug auf das Thema Schlaf [39, 40]. Vermutlich aufgrund fehlenden Wissens um die psychotherapeutischen Behandlungsoptionen für Insomnien, des höheren Zeitaufwands der KVT‑I im Vergleich zu pharmakologischer Behandlung und eines Mangels an entsprechend ausgebildeten Therapeuten werden die Empfehlungen der Leitlinien jedoch bislang kaum und vor allem nicht rechtzeitig umgesetzt. Stattdessen kommt es zu der beschriebenen Überversorgung mit pharmakologischen Substanzen.

Vorteile internetbasierter Therapieprogramme

Ein vielversprechender Ausweg aus diesem Versorgungsdefizit für erwachsene Insomniepatienten könnte die Einführung internetbasierter Therapieprogramme basierend auf der evidenzbasierten KVT‑I sein. Diese internetbasierten Therapieprogramme stehen den Patienten räumlich und zeitlich flexibel zur Verfügung, sodass auch Patienten in strukturschwachen Regionen erreicht werden können [18]. Zudem können die Patienten in einem selbst gewählten Tempo arbeiten und erforderliche Lernschritte so oft wie gewünscht wiederholen. Zusätzlich haben sie den Vorteil, dass sie frühzeitig im Krankheitsverlauf angewendet werden können, ohne lange Wartezeiten oder die Hemmschwelle, zum Arzt zu gehen. So werden auch vor allem die vielen Betroffenen mit einer beginnenden Insomnie erreicht. Die internetbasierten Therapieprogramme lassen sich damit auch in so genannte Stepped-Care-Modelle integrieren [19], indem sie in einer frühen Stufe der Versorgung niedrigschwellig zur Verfügung gestellt werden, bevor in späteren Stufen eine intensivere Behandlung stattfinden kann. Aktuelle Studien, die auf die Wirksamkeit von internetbasierten Therapieprogrammen hindeuten, werden im nachfolgenden Abschnitt zusammengefasst. Die hierfür durchgeführte Literaturrecherche basierte auf der Datenbank pubMed und folgendem Suchstring: („internet“ OR „web“) AND „insomnia“. Zudem wurden die Literaturverzeichnisse der als relevant erachteten Artikel ebenfalls hinsichtlich möglicher weiterer relevanter Artikel durchgesehen. Die in die vorliegende Übersichtsarbeit eingeschlossenen Metaanalysen und Originalarbeiten zu digitalen Behandlungsangeboten für Insomnie sind in Tab. 1 dargestellt.

Tab. 1 Metaanalysen und Originalarbeiten zu digitalen Behandlungsangeboten für Insomnie, die die Grundlage dieser Übersichtsarbeit darstellen

Effektivität internetbasierter KVT-I

Metaanalysen

In einigen Metaanalysen wird eine gute Effektivität der internetbasierten Behandlung bei erwachsenen Insomniepatienten deutlich. In einer Metaanalyse von 11 Studien von Zachariae et al. [56] werden für die onlinebasierte KVT‑I im Vergleich mit Warteliste (9 Studien), Treatment as usual (1 Studie) oder aktiver Kontrollbedingung (1 Studie) mittlere bis große Effektstärken (Hedges g) angegeben für die Schwere der insomnischen Symptomatik [1], für die subjektive Schlafeffizienz (0,58), für die subjektive Schlafqualität (0,49) und für die subjektive nächtliche Wachzeit nach dem Einschlafen (0,45). Geringe Effektstärken wurden für die subjektive Einschlaflatenz (0,41) und für die subjektive Schlafdauer (0,29) angegeben, wobei die subjektiven Angaben in der Regel auf Schlaftagebuchdaten beruhen.

In der aktuellsten Metaanalyse, die neben der konventionellen „face-to-face“ (F2F) KVT‑I auch internetbasierte Behandlungsprogramme einschloss, ergaben sich vergleichbare Werte [52]. So zeigten sich auch hier mittlere bis hohe Effektstärken (Hedges g) für die Schwere der insomnischen Symptomatik (0,98), für die subjektive Schlafeffizienz (0,71), für die subjektive Einschlaflatenz (0,57), für die subjektive nächtliche Wachzeit nach dem Einschlafen (0,63) und geringe Effektstärken für die subjektive Schlafqualität (0,40) und für die subjektive Schlafdauer (0,16). Die Metaanalyse von van Straten et al. [52] zeigte in Bezug auf die Schwere der insomnischen Symptomatik (nicht aber in Bezug auf die subjektive Schlafeffizienz und die subjektive Einschlaflatenz) Hinweise auf eine Überlegenheit der F2F-KVT‑I im Einzelsetting gegenüber Selbsthilfeprogrammen einschließlich internetbasierter Programme ohne therapeutische Unterstützung.

Randomisierte kontrollierte Studien

In vielen Untersuchungen zur internetbasierten Behandlung der Insomnie wurden Wartelistenkontrollbedingungen als Vergleichsgruppe eingesetzt, u. a. in Ritterband et al. [41]. Es gibt aber auch Studien, die eine Wirksamkeit der Behandlung mit einer psychologischen Placebo-Behandlung [20] verglichen und die gute Wirksamkeit ebenfalls bestätigten.

Direkte Vergleichsstudien von internetbasierter KVT‑I zu F2F-psychotherapeutischer Behandlung zeigten bislang keine ganz einheitlichen Ergebnisse. Während in einer Arbeit aus den Niederlanden die F2F-Behandlung einer internetbasierten Behandlung mit Therapeutenunterstützung per E‑Mail deutlich überlegen war [32], war diese Überlegenheit etwas geringer in einer Studie an US-Militärangehörigen ausgeprägt, in der eine F2F-Behandlung mit einer internetbasierten Behandlung ohne Therapeutenunterstützung verglichen wurde [48]. In einer anderen Arbeit zeigte sich eine Nicht-Unterlegenheit einer internetbasierten Behandlung mit Therapeutenunterstützung per E‑Mail und Telefonkontakten mit einer Gruppenbehandlung im F2F-Format [7]. Kritisch anzumerken bei allen genannten Studien ist, dass diese für Nicht-Unterlegenheitsstudien eine nicht ausreichende statistische Power hatten und dass z. T. kein äquivalentes Ausbildungsniveau bezüglich der therapeutischen Kompetenzen zwischen den Therapeuten der beiden Bedingungen (F2F-Bedingung, internetbasierter Behandlung) vorlag [32]. Bei anderen psychischen Störungen und körperlichen Erkrankungen zeigt eine Metaanalyse über 20 RCTs zum direkten Vergleich von therapeutisch begleiteter internetbasierter KVT und F2F-KVT keinen Unterschied zwischen diesen beiden Ansätzen mit einer gepoolten Effektstärke zum Zeitpunkt nach Therapie von Hedges g = 0,05 [10].

Grundsätzlich zeigte sich in den Originalstudien bei erwachsenen Insomniepatienten direkt im Anschluss an die durchgeführte Therapie eine gute Effektivität der Onlinebehandlung. Zu den Follow-up-Messzeitpunkten ergab sich darüber hinaus auch eine Stabilität der erzielten Behandlungserfolge bis zu 3 Jahre nach Beendigung der eigentlichen Therapie [8, 42, 53]. Die Studie von Ritterband et al. [42] zeigte beispielsweise auch in der Follow-up-Untersuchung nach einem Jahr noch große Effektstärken für die Schwere der insomnischen Symptomatik, die Einschlaflatenz und die nächtliche Wachzeit nach dem Einschlafen gegenüber Psychoedukation allein.

Es liegt gute Evidenz dafür vor, dass die internetbasierte KVT‑I auch effektiv ist, Symptome von Depressivität, Angst und Fatigue zu reduzieren und die Lebensqualität der Studienteilnehmer zu verbessern. So zeigte sich beispielsweise in einer Untersuchung von Hagatun et al. [28], dass eine internetbasierte KVT‑I ohne Therapeutenunterstützung (n = 95) im Vergleich mit einer Psychoedukationsbedingung (n = 86) zu einer signifikanten Reduktion von Ängstlichkeit, Depressivität und Fatigue führte, wobei mittlere bis große Effektstärken erzielt wurden. In Bezug auf Depressivität zeigten sich ähnliche Ergebnisse in einer Studie von Cheng et al. [12]. Darin wurden 658 erwachsene Patienten mit Insomnie randomisiert einer internetbasierten KVT‑I (n = 358) bzw. einer psychoedukativen Kontrollbedingung (n = 300) zugewiesen. Es wurde ein stärkerer Effekt der digitalen KVT‑I sowohl auf schlafbezogene Parameter als auch auf Depressivität gefunden. Dabei zeigte sich eine Effektstärke (Hedges g) von 0,64 für die Depressivität, was in Bezug auf die psychotherapeutische Veränderung von Depressivität ungewöhnlich hoch ist. Gosling et al. [27] untersuchten die Effekte einer internetbasierten Behandlung auf Ängstlichkeit und bestätigten die Ergebnisse von Hagatun et al. [28]. In einer weiteren großangelegten randomisierten klinischen Studie wurde der Effekt der internetbasierten KVT‑I im Vergleich zu Psychoedukation auf die Lebensqualität von 1711 erwachsenen Patienten mit Insomnie untersucht [22]. Dabei zeigten sich insbesondere große Effekte auf individuell erfasste Lebensbereiche, die durch Schlafstörungen besonders beeinträchtigt waren.

Effektivität für spezifische Zielgruppen

Die internetbasierte KVT‑I wurde auch bei Patienten eingesetzt, die komorbid zur Insomnie noch weitere psychische oder körperliche Erkrankungen aufwiesen. Die größte Anzahl an Studien liegt dabei für Patienten vor, die unter einer depressiven Erkrankung litten.

Internetbasierte KVT-I im Kontext von Depressionen

Blom et al. [6] untersuchten in einer ersten randomisierten klinischen Studie 43 erwachsene Patienten mit Insomnie und diagnostizierter Depression und verglichen die internetbasierte KVT‑I mit einer internetbasierten Behandlung für Depression, die ebenfalls auf den Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie beruhte. Die internetbasierte KVT‑I war der internetbasierten Depressionsbehandlung hierbei in Bezug auf die Verbesserung des Schlafs überlegen und in Bezug auf die Minderung von Depressivität gleichwertig. Die Effekte zu Therapieende blieben in der Follow-up-Untersuchung nach drei Jahren stabil [9]. In einer weiteren Arbeit von Glozier et al. [25] wurden 87 Patienten mit Insomnie und diagnostizierter Depression randomisiert einer internetbasierten KVT‑I oder einer internetbasierten psychoedukativen Kontrollbedingung zugewiesen. Während sich die insomnischen Beschwerden in dieser Studie stärker unter der internetbasierten KVT‑I besserten, zeigte sich kein statistisch signifikanter Effekt für die Depressivität. In einer großangelegten randomisierten klinischen Studie wurde untersucht, inwieweit sich das Auftreten von Depressionen durch eine frühzeitige Behandlung von Schlafstörungen bei Erwachsenen verhindern lässt [14]. In dieser Studie wurden 1149 Patienten mit Insomnie und subklinischen Depressionssymptomen entweder einer internetbasierten KVT‑I oder einer psychoedukativen Kontrollbedingung zugewiesen. Die internetbasierte KVT‑I konnte depressive Symptome im Vergleich zur Kontrollbedingung signifikant verringern, jedoch nicht die Inzidenz von depressiven Erkrankungen, vermutlich auch da die Anzahl von neu aufgetretenen depressiven Erkrankungen im Beobachtungszeitraum sehr klein war (n = 22). Insgesamt ist die Evidenz zum Thema internetbasierte Behandlung der Insomnie im Kontext von Depression uneinheitlich, und es bedarf weiterer Forschung zu diesem wichtigen Themenkomplex.

Internetbasierte KVT-I im Kontext somatischer Erkrankungen

Darüber hinaus wurde die Effektivität der internetbasierten KVT‑I bei Patientinnen mit Brustkrebs und insomnischen Symptomen untersucht. Sowohl eine unkontrollierte Pilotstudie [16] als auch eine randomisierte klinische Studie mit 255 Patientinnen [57] zeigten dabei gute Ergebnisse für die internetbasierte KVT‑I, sowohl in Bezug auf insomnische Symptome als auch in Bezug auf Fatigue. Zudem liegt eine unkontrollierte Pilotstudie zur internetbasierten KVT‑I bei Patienten mit Asthma vor, die ebenfalls eine gute Effektivität für die Reduktion sowohl insomnie- als auch asthmaspezifischer Beschwerden zeigte [34]. Die Teilnahme an einer internetbasierten KVT‑I wirkte sich in randomisierten klinischen Studien außerdem auch positiv auf insomnische Beschwerden von Patienten mit Bluthochdruck [35] und Schmerzstörungen [46] aus.

Internetbasierte KVT-I bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen

Die internetbasierte KVT‑I wurde außerdem bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt und auf ihre Effektivität hin überprüft. So zeigten Schlarb et al. [45] in einer unkontrollierten Studie Verbesserungen nach einer auf kognitiv-verhaltenstherapeutischen Prinzipien beruhenden Behandlung für Kinder im Alter von 6 Monaten bis 4 Jahren. Mindell et al. [36] zeigten ebenfalls eine gute Wirksamkeit eines internetbasierten KVT-I-Programms für Kinder hinsichtlich der Einschlaflatenz und der Anzahl und Dauer nächtlicher Wachphasen. Zudem legten Werner-Seidler et al. [54] eine Übersichtsarbeit zur internetbasierten KVT‑I im Jugendalter und frühen Erwachsenenalter vor. Dabei zeigten sich in bislang drei Originalstudien ähnlich gute Effekte wie durch die internetbasierte KVT‑I bei Erwachsenen.

Untersuchungen zum Therapieprozess

Im Vergleich zu der beträchtlichen Anzahl an Studien zur generellen Effektivität gibt es bislang wenige Untersuchungen zur optimalen konkreten Ausgestaltung der internetbasierten Interventionen bei Insomnie. Bei anderen psychischen Störungen wurde diesbezüglich am häufigsten untersucht, ob die Effektivität einer internetbasierten Behandlung gesteigert werden kann, indem ein Kontakt zu Therapeuten per E‑Mail, Video oder Telefon in die Behandlung integriert wird. Dabei zeigte sich eine signifikante Überlegenheit therapeutisch begleiteter gegenüber therapeutisch unbegleiteten internetbasierten Interventionen [2]. Im Kontext der internetbasierten KVT‑I für Erwachsene liegt zu dieser Fragestellung bislang nur eine empirische Studie vor [31]. In dieser wurden 262 Patienten randomisiert einer internetbasierten KVT‑I mit bzw. ohne E‑Mail-Support zugewiesen, wobei die Gruppe, die wöchentliche motivierende E‑Mails erhielt, sowohl direkt nach Therapieende als auch im 6‑Monats-Follow-Up signifikant besser abschnitt als die Gruppe ohne Support. Die Studie legt also nahe, dass ein persönlicher Kontakt via E‑Mail durchaus hilfreich sein kann, um die Effektivität einer internetbasierten Behandlung zu steigern. Auch für das Kindesalter wurde der zusätzliche Effekt durch solche Interventionsbedingungen überprüft. So wurden in der Behandlung von jungen Kindern mit Insomnie 199 Eltern mit ihren Kindern randomisiert einer KVT‑I Bedingung, der KVT‑I mit wöchentlichem Telefonsupport oder einer Kontrollbedingung (Warteliste) zugewiesen. Bei beiden Interventionsbedingungen ergaben sich signifikante Verbesserungen. Besonders die Drop-out-Rate konnte durch die telefonische Unterstützung verringert werden [44]. Bemerkenswert ist aus der Forschung zu anderen psychischen Störungen, dass auch zu virtuellen Therapeuten eine Psychotherapiebeziehung aufgebaut werden kann [30], sodass weitere Untersuchungen zu diesem Themenkomplex unabdingbar erscheinen.

Eine weitere kürzlich erschienene Arbeit zur optimalen Ausgestaltung der internetbasierten Behandlung der Insomnie zeigt, dass es günstig ist, potenzielle Non-Responder auf die Behandlung frühzeitig zu erkennen und einer intensiveren Behandlung zuzuführen [23]. In dieser Arbeit erhielten 251 erwachsene Patienten mit Insomnie eine internetbasierte KVT‑I mit Therapeutenunterstützung. Bei einer Teilgruppe von 102 Patienten wurde bereits frühzeitig im therapeutischen Prozess ein erhöhtes Risiko für eine Non-Response festgestellt. Diese Teilgruppe wurde daraufhin randomisiert einer intensivierten Behandlung mit mehr Therapeutenunterstützung oder der Standardbehandlung zugewiesen, wobei die intensivierte Behandlung in Bezug auf die Effektivität signifikant besser abschnitt.

Darüber hinaus legen qualitative Arbeiten nahe, dass es wichtig ist, die individuellen Bedürfnisse von Patienten zu berücksichtigen, wenn es um die Entscheidung geht, ob eine internetbasierte oder F2F-KVT‑I empfohlen wird [13], und dass insbesondere die Bettzeitrestriktion im internetbasierten Format teils als problematisch empfunden wird [11]. Zusammengefasst erscheinen aber weitere Forschungsarbeiten erforderlich zu sein, um abschließende Aussagen zur optimalen Ausgestaltung der internetbasierten Behandlung von Insomnien treffen zu können.

Publikationen aus dem deutschsprachigen Raum

Auch wenn verschiedene Anbieter im deutschsprachigen Raum internetbasierte Therapieangebote für Patienten mit Insomnien zur Verfügung stellen, u. a. auch verschiedene Krankenkassen in Deutschland (z. B. BARMER, DAK-Gesundheit, Techniker Krankenkasse), gibt es bislang vergleichsweise wenige wissenschaftliche Untersuchungen zur Effektivität dieser Behandlungen. So liegen bislang drei Publikationen aus einer Arbeitsgruppe aus Lüneburg und Erlangen in Zusammenarbeit mit dem GET.ON Institut [17, 49, 50], eine Publikation aus der Schweiz [33] sowie die oben bereits beschriebenen Arbeiten zur Behandlung von Schlafstörungen bei Kleinkindern [44, 45] vor.

Die internetbasierte KVT‑I des GET.ON Instituts zeigte dabei eine gute Effektivität spezifisch bei Arbeitnehmern mit beruflichem Stress. Es wurden hierbei zwei randomisierte klinische Studien mit jeweils 128 Studienteilnehmern durchgeführt, die entweder der internetbasierten KVT‑I oder einer Wartelistenkontrollbedingung zugewiesen wurden [17, 49]. Die Datenauswertung von Thiart et al. [50] beinhaltete dabei auch eine gesundheitsökonomische Analyse, die zeigte, dass die Intervention kosteneffektiv ist, insbesondere durch die Effekte auf Präsentismus. Präsentismus, also die durch Krankheit bedingte Reduktion der Produktivität am Arbeitsplatz bei Anwesenheit am Arbeitsplatz, konnte durch die Intervention deutlich reduziert werden und somit auch die indirekten Kosten der Schlafstörung [50].

Darüber hinaus haben Lorenz et al. [33] die Effektivität einer internetbasierten Behandlung für Insomnie gegenüber einer Wartelistenkontrollbedingung in einer randomisierten klinischen Studie untersucht. Dabei wurden 55 erwachsene Patienten randomisiert der internetbasierten Behandlung „mementor somnium“ oder einer Wartelistenkontrollbedingung zugewiesen. Bei der internetbasierten Behandlung handelt es sich um ein vollautomatisiertes Programm ohne Therapeutenunterstützung mit einer Behandlungsdauer von 6 Sitzungen von jeweils ungefähr 30 min. Die Analyse der Forschungsdaten zeigte große Effektstärken für die Schwere der insomnischen Symptomatik, zudem zeigte eine Follow-up-Untersuchung nach 12 Monaten eine gute Stabilität der erzielten Ergebnisse.

Weiterhin ist anzumerken, dass in der klinischen Routineversorgung in der Schweiz seit dem 01.01.2017 eine internetbasierte KVT‑I zu Lasten der Grundversicherung landesweit verfügbar ist (KSM-SOMNET, maximale Therapiedauer 16 Wochen). Patienten mit relevanter psychiatrischer Komorbidität werden dabei als potenzielle Non-Responder einem F2F-Therapeutenkontakt zugeführt.

Diskussion

Die internetbasierte KVT‑I ist eine derzeit sehr intensiv beforschte psychologische Intervention, was sich unter anderem daran zeigt, dass die meisten zitierten Arbeiten aus den letzten Jahren stammen. Die Daten zur Wirksamkeit sind durchgehend sehr überzeugend, sowohl in Bezug auf schlafbezogene Variablen als auch in Bezug auf Depressivität, Angst, Fatigue und Lebensqualität. Bezüglich der Wirksamkeit der internetbasierten KVT‑I bei erwachsenen Patienten mit komorbiden psychischen Störungen oder körperlichen Erkrankungen erscheint die Evidenz aktuell noch etwas uneinheitlich bzw. vorläufig zu sein, sodass weitere Forschung auf diesem Gebiet erforderlich ist. Dies gilt ebenso für die wichtige Frage, inwiefern es die Effektivität steigert, wenn ein persönlicher Kontakt zu Therapeuten per E‑Mail, Video oder Telefon in die Behandlung integriert wird.

Stichprobenzusammensetzung

Auffällig ist, dass in einigen Studien zur internetbasierten KVT‑I deutlich größere Stichproben untersucht wurden (mit zum Teil über 1000 Versuchspersonen pro Studie) als in den entsprechenden F2F-Studien zur KVT‑I. Während dies einerseits große Vorteile in Bezug auf die statistische Validität der Daten mit sich bringt, ist auch zu beachten, dass das Screening von Versuchspersonen in Studien zur internetbasierten KVT‑I zum Teil weniger umfassend erfolgt als in entsprechenden Studien zur F2F-Behandlung. Insbesondere gibt es Arbeiten, in denen es nur telefonischen Kontakt (z. B. Ritterband et al. [42]) oder überhaupt keinen persönlichen Kontakt (z. B. Espie et al. [22]) zwischen Forschungsteams und Versuchspersonen gab und auch das Screening vollständig per Telefon bzw. online erfolgte. Das hat zur Folge, dass nicht alle Studien ärztlich oder psychotherapeutisch gestellte Insomnie-Diagnosen laut ICD-10 oder DSM‑5 verwenden, sondern teilweise nur Insomniesymptome vorliegen. Auch liegt die Vermutung nahe, dass Studien mit Untersuchungen im Schlaflabor eher Patienten mit schwereren Problemen ansprechen. Damit verbundene Unterschiede in der Stichprobenzusammensetzung zwischen F2F-Studien und Studien zur internetbasierten KVT‑I sollten daher näher untersucht werden.

Datenerhebung

Die angesprochene Thematik wirft die Frage der Diagnostik der Insomnie in den entsprechenden Studien auf. Zur Validierung von Fragebögen für den digitalen Gebrauch, die ursprünglich als Papier-und-Bleistift-Fragebogen validiert wurden, gibt es insgesamt eine sehr gute Vergleichbarkeit der Daten aus den beiden Erhebungskontexten [29, 51], auch wenn formal bemängelt werden kann, dass nicht alle in den entsprechenden Studien eingesetzten Fragebögen auch für den Gebrauch im Internet validiert wurden. Es gibt im Insomniebereich darüber hinaus inzwischen auch Fragebögen, die spezifisch für den digitalen Gebrauch validiert wurden [21]. So ist auf dem digitalen Weg auch eine Datenerhebung für ätiologische Studien möglich, was aufgrund der leichteren Rekrutierung von großen Stichprobenumfängen in den letzten Jahren auch im Insomniebereich zugenommen hat [3, 5]. Jedoch sollte auch hier kritisch die Schwere der Störung geprüft werden. In vielen Studien werden Insomniesymptome adressiert und nicht unbedingt chronifizierte klinisch diagnostizierte Insomnien.

Nutzungsverhalten und weitere Variablen

Grundsätzlich ist in Bezug auf die zunehmende Untersuchung von internetbasierter KVT‑I kritisch anzumerken, dass es Hinweise gibt, dass eine intensive Nutzung digitaler Medien mit Schlafstörungen assoziiert ist [4], insbesondere wenn diese Nutzung abends im Bett erfolgt [24]. Daher scheint eine intensivere Auseinandersetzung mit der Frage, zu welchen Uhrzeiten Patienten bevorzugt digitale Behandlungsangebote nutzen sollten, sinnvoll.

Kritisch muss auch diskutiert werden, inwieweit der Phänotyp einer Insomnie Einfluss auf die Effektivität der internetbasierten KVT‑I hat. Variablen, die hierbei möglicherweise relevant sind, sind das Alter der Versuchspersonen, die Dauer der bestehenden Insomnie, Art und Umfang eventueller medikamentöser oder psychotherapeutischer Vorbehandlungen, Komorbiditäten oder spezifische Subtypen der Insomnie.

Insgesamt sind die Daten zur Wirksamkeit der digitalen KVT‑I überzeugend, es bleiben jedoch einige relevante Forschungsfragen zu beantworten, bevor die internet- und mobil-basierte KVT‑I flächendeckend implementiert werden kann. Dazu zählen unter anderem: 1) die Frage der Wirksamkeit unter Routinebedingungen im Allgemeinen sowie bei technikaffinen und bildungsnahen Patienten im Spezifischen; 2) die Frage nach der optimalen Intensität der therapeutischen Begleitung der internet- und mobil-basierten KVT‑I unter den Gesichtspunkten Wirksamkeit und Kosten-Effektivität; 3) die Frage, für welche Patientengruppen (komorbide psychische und/oder körperliche Erkrankungen vs. keine Komorbidität) welches Vorgehen indiziert ist; und 4) ob es spezifische unerwünschte Nebenwirkungen der internetbasierten KVT‑I gibt, bzw. ob die behavioralen Techniken (Bettzeitrestriktion, Stimuluskontrolle) ohne therapeutische Begleitung auch problematisch sein können.