Der Netzwerkbegriff ist spätestens seit Beginn der 1990er-Jahre zu einem Schlüsselbegriff interdisziplinärer Forschung geworden und mittlerweile nicht mehr als Modeerscheinung (vgl. Aderhold 2004) oder „Heilswort“ (vgl. Terhart 2000) aus den relevanten Diskursen – auch der Erziehungswissenschaft – ausgrenzbar (vgl. Berkemeyer et al. 2008a; Gruber u. Rehrl 2007; Kuper 2004). Dies wird interdisziplinär beispielsweise an neu entstehenden sozialtheoretischen Entwürfen (vgl. Castells 2000; Latour 2007; Kneer et al. 2008) sowie an konkret zu beobachtenden Kooperationszusammenhängen sichtbar, die sich selbst als Netzwerke bezeichnen. Die Bedeutsamkeit von Netzwerken im Schulbereich wurde bereits Anfang der 1990er-Jahre von Lieberman u. McLaughlin (1992) hervorgehoben und dies nicht zuletzt aufgrund einer eher dürftigen Reformbilanz im Schulsystem. Die bis dahin bekannten Reformprogramme wurden, wenngleich nicht abgelöst, so doch zum Teil umfangreich durch Innovationsnetzwerke ergänzt, sodass Innovationsnetzwerke zunehmend an Bedeutung gewonnen haben, wie auch Lieberman u. Grolnick (1998, S. 728) betonen: „In this changing context educational reform networks are playing a significant role“. Innovationsnetzwerken werden dabei Eigenschaften zugeschrieben, die sogenannten „learning communities“ ebenfalls eigen sind (vgl. ebd.; Rusch 2005). Jackson (2006) konzipiert entsprechend einen Ansatz, den er als „Networked Learning Communities“ (NLC) bezeichnet, wobei von der Wirkkraft interschulischer (school-to-school) Kooperation zur Schaffung von Innovationen und deren Transfer ausgegangen wird.Footnote 1 Dieser Ansatz wird im Forschungsbericht der National Endowement for Science, Technology and the Arts (NESTA) (2007, S. 15) ebenfalls hervorgehoben:

In education, teachers have found that collaborations between schools can be a highly productive way of developing and evaluating innovative new practices – far more effective than other forms of continuing professional development.

Die zunächst in den USA und England (vgl. Chrispeels u. Harris 2006) virulent gewordene Reformstrategie „Innovationsnetzwerke“ ist nach und nach auch im deutschsprachigen Raum adaptiert und relativ früh durch das Netzwerk „Internationales Netzwerk Innovativer Schulen – INIS“ populär geworden (vgl. Dedering 2007). Während Netzwerke im Schulbereich sukzessive einen Zuwachs erfahren (vgl. Brackhahn et al. 2004; Solzbacher u. Minderop 2007; Berkemeyer et al. 2008b), gilt dies für ihre theoretische wie empirische Erforschung nicht in gleichem Maße. Netzwerktheoretische Forschungsansätze beziehen sich in der Erziehungswissenschaft bislang zumeist auf die Erforschung sozialer Netzwerke in Schulklassen (vgl. Häußling 2008; Stubbe et al. 2007). Einen ersten theoretischen Modellansatz zur Analyse von Schulnetzwerken liefern Berkemeyer et al. (2008a). Hierbei werden unterschiedliche, bei der Analyse von Netzwerken relevante Theoriebereiche aufeinander bezogen und in einen Wirkzusammenhang gestellt. Diesem Ansatz fehlt bislang allerdings eine empirische Ausarbeitung, um die bisher noch abstrakten Kategorien und Zusammenhänge zu konkretisieren. Wenngleich es noch keine ausgedehnte Forschungstradition zu schulischen Innovationsnetzwerken gibt, liegen dennoch national wie international eine Reihe von Forschungsberichten vor.

Die Sichtung dieser Studien sowie deren Systematisierung ist eine der zentralen Zielsetzungen dieses Beitrags. Dabei sollen einerseits Befunde und Gelingensbedingungen konzentriert dargestellt sowie ein Vergleich der Debatten im deutsch- und englischsprachigen Raum möglich gemacht werden. Andererseits werden Forschungsansätze als auch Reichweite der verwendeten Untersuchungsmethoden kritisch beleuchtet sowie verschiedene Netzwerktypen und -ziele ausgemacht, wobei sich dieser Literaturbericht immer auf schulische Innovationsnetzwerke bezieht. Einschränkend gilt es zu betonen, dass eine Einordnung der Schulnetzwerkforschung in die interdisziplinär deutlich weiter ausdifferenzierte Netzwerkforschung nicht geleistet werden kann. Auch der umfängliche Bereich der Forschung zu sozialen Netzwerken muss ausgeblendet werden. Hierzu liegen bereits zahlreiche Arbeiten vor (z. B. Aderhold 2004; Sydow et al. 2003; Jansen 2006), auf die an dieser Stelle lediglich hingewiesen werden kann. Der Beitrag beginnt, entsprechend seiner Fokussierung auf schulische Innovationsnetzwerke, mit einer Begriffsbestimmung bzw., weniger definitorisch formuliert, einer Annäherung an den Begriff „Innovationsnetzwerke“. Es folgen Übersichten über den nationalen wie internationalen Forschungsstand.

1 Innovationsnetzwerke im schulischen Feld – Eine Annäherung

Innovationsnetzwerke lassen sich weder ihrem Inhalt noch ihrer Form nach eindeutig definieren. Inhaltliche Ausrichtung und formale Struktur können letztlich nur Anhaltspunkte für Einordnungsversuche im Vergleich zu anderen Netzwerken sein (vgl. Berkemeyer et al. 2008a). Das Problem einer eindeutigen Abgrenzung entspricht zum einen einem spezifischen Charakteristikum von Netzwerken, zum anderen kann es als Problem einer begrifflichen Entgrenzung verstanden werden. Zur näheren Beschreibung unterscheiden Smith u. Wohlstetter (2001, S. 501) zunächst vier Netzwerktypen im Bildungssystem: „professional network“, „policy issue network“, „external partner network“ und „affiliation network“. Von diesen vier unterschiedlichen Netzwerktypen erscheinen zwei besonders Erfolg versprechend für eine theoretische Einordnung von Innovationsnetzwerken: „professional network“ und „affiliation network“. Der Grund hierfür kann darin gesehen werden, dass in der Differenzierung zwischen diesen beiden Netzwerktypen die im deutschsprachigen Raum bekannte Unterscheidung zwischen Profession und Organisation mitschwingt (vgl. Helsper et al. 2008). Ein „affiliation network“ zeichnet sich vor allem durch interorganisationale Kooperation zur Lösung von Organisationsproblemen aus. Wohlstetter et al. (2003, S. 401) sprechen im Sinne des Typs eines „affiliation network“ von „school reform that relies on collaboration between schools to increase organisational capacity.“ Ein „professional network“ hingegen thematisiert in erster Linie die professionelle Weiterentwicklung von einzelnen Lehrkräften. McDonald u. Klein (2003, S. 1607) sprechen in diesem Zusammenhang von „networks […] explicity focused on developing their members’ content knowledge.“ Auch Muijs (2009) bezieht sich auf eine Abgrenzung von Organisation und Profession bei der Betrachtung schulischer Netzwerke. Seine Bezeichnung des „network“ bezieht sich, wie das „affiliation network“, auf die Kooperation von Organisationen. Die professionelle Kooperation von Lehrkräften unterschiedlicher Schulen wird von ihm als „collaboration“ bezeichnet und entspricht der Typisierung des „professional network“ bei Smith u. Wohlstetter (2001). Ganz gleich, wie die Bezeichnungen gewählt werden, erscheint aus Sicht verschiedener Autoren eine Unterscheidung zwischen organisationaler und professioneller Kooperation wichtig und sinnvoll, wenngleich nicht selten Mischformen vorfindbar sein dürften.

Durch die mit der Bildung von Netzwerken gegebene Möglichkeit der kreativen Kombination vorhandener Wissensressourcen (vgl. Chapman u. Aspin 2003; Czerwanski et al. 2002), sei es in professionellen oder organisationalen Kooperationsbeziehungen, werden Innovationsnetzwerke zunehmend als Alternative zu zentral gesteuerten Reformstrategien realisiert.

Insbesondere Autoren, die sich kritisch mit zentral administrierten Reformen auseinandersetzen, sehen gerade in Netzwerken eine gute Gelegenheit, anhaltende professionelle Entwicklung von Lehrkräften zu fördern (vgl. Hargreaves u. Goodson 2006; Giles u. Hargreaves 2006). Hinsichtlich einer nachhaltigen (sustainable) Etablierung von Reformen oder einzelnen Innovationen wird zunehmend bilanziert, dass Maßnahmen, die outside-in und entsprechend häufig top-down verlaufen (vgl. Berkemeyer et al. 2008a) auf lange Sicht kaum zu Veränderungen führen, nicht zuletzt, weil sie die spezifischen Kulturen und Handlungsüberzeugungen der Lehrkräfte wenig oder gar nicht berühren (vgl. Louis 2007; Cordingley et al. 2004; Fullan 2000).

Eine vollständig ausgearbeitete Theorie über die Wirkungsweise und Funktion von Netzwerken im Schulsystem liegt bislang jedoch nicht vor; allerdings gibt es einige Ansätze, die die besondere Wirkungsqualität von Netzwerken zu fassen suchen. Eine von Earl et al. (2006) auf empirischen Befunden basierende „theory of action“ ist einer der bis dato elaboriertesten Ansätze, um die Wirkungsweise von Lernprozessen im Netzwerk bis hin zu Kompetenzentwicklungen von Schülern zu erklären. Die Autoren kommen im Anschluss an ein Literaturreview und Experteninterviews zu dem Schluss, dass sieben Variablen bzw. Variablenkombinationen für die Erklärung heranzuziehen sind: „focus and purpose, relationships, collaboration, enquiry, leadership, accountability, and capacity building and support“ (Earl et al. 2006, S. 22; vgl. hierzu auch das Strukturmodell von Neugebauer u. Beywel 2006). Aus der hieraus abgeleiteten Theorie ergibt sich für Earl et al. (2006, S. 23):

networked learning communities are fundamentally about learning – learning for pupils, as well as learning for teachers, learning for leaders and learning for schools. This is what distinguishes networked learning communities from other networks. Networks can exist for many reasons; in network learning communities the emphasis is on learning.

Die Betonung von Netzwerken als Lerngemeinschaften kann dabei als komplementäre Beschreibung von Innovationsnetzwerken gesehen werden. Lernprozesse sind demnach als notwendige Voraussetzung von Innovationsnetzwerken einzuordnen. Der Ansatz von Earl et al. (2006) ist insofern wertvoll, als dass er erste wichtige Wirkvariablen zu identifizieren versucht. Er findet seine Grenzen allerdings in der Unklarheit der Beziehungen der verschiedenen Variablen untereinander. Zudem wirkt der Ansatz statisch, da die Autoren im Grunde bestimmte Gelingensbedingungen in einem strukturellen Sinne bezeichnen wollen. Ferner merken sie dies selbstkritisch an und geben entsprechend Hinweise auf künftige Entwicklungsmöglichkeiten und Forschungsbereiche.

2 Zur Systematik des Literaturberichts

Der Literaturbericht befasst sich mit Netzwerken, welche die Vernetzung von Schule fokussieren (school-to-school und auch Schule mit anderen Organisationen) und zuvor als Innovationsnetzwerke beschrieben worden sind. Diese lassen sich zumeist den Typen „professional network“ und „affiliation network“ zuordnen. In manchen Fällen, wie zuvor erwähnt, treten Mischformen auf. Dann wurde je Einzelfall entschieden, ob die entsprechende Studie aufgenommen werden sollte oder nicht.

Die Sichtung der Literatur erfolgte nach zwei unterschiedlichen Prinzipien. Für den deutschsprachigen Bereich wurde insbesondere nach Projekten Ausschau gehalten, in deren Mittelpunkt die Vernetzung von Schulen stand oder steht und die zugleich über eine Begleitforschung verfügen, sodass die Ergebnisse in publizierter Form auffindbar sind. Für die Begleitforschung wurden keine gesonderten Anforderungen an Design und Auswertungsmethoden gestellt. Im deutschsprachigen Raum führt eine systematische Suche in Datenbanken etc. noch zu keinen verwertbaren Ergebnissen, da die Zahl der Studien bislang noch eher begrenzt ist (vgl. Dedering 2007).

Die Recherche bezüglich der Studien zum Thema Innovationsnetzwerke im englischsprachigen Raum wurde durch eine gezielte Suche in einschlägigen Fachzeitschriften gestartet.Footnote 2 Hierzu wurden entsprechende Suchbegriffe („network“, „school network“, „networked learning community“) in die Suchmaschinen von Zeitschriftendatenbanken (PsycInfo, SocIndex, Psyndex, ERIC) eingegeben. Der erste Durchlauf der Recherche lieferte 4164 Treffer. Diese wurden im Anschluss anhand entsprechender Passungskriterien gesichtet (englischsprachig, Arbeiten über Schulnetzwerke) und Ergebnisse, die den Passungskriterien entsprachen, wurden in die weiteren Bearbeitungen aufgenommen. Der Großteil der Suchergebnisse erfüllte die Passungskriterien nicht.

Im Verlauf dieser Aufarbeitung der vorliegenden Studien kam es zudem zu einer Erweiterung der Grundlagenliteratur über Querverweise in den Studien. Insofern kann von einer schneeballartigen Vorgehensweise gesprochen werden, die ein breites Feld der Arbeit zu Netzwerken abzudecken vermag, jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann.Footnote 3

Im Anschluss an die Sichtung der Literatur erschien es für die englischsprachigen Studien sinnvoll, eine Unterteilung bezüglich ihres dokumentierten empirischen Anspruchs vorzunehmen: Viele Arbeiten über schulische Netzwerke beschreiben existierende Netzwerke zwischen Schulen oder Schulen und anderen Organisationen, verzichten jedoch auf eindeutige Angaben über die Art der Datengewinnung und -auswertung sowie über den konkreten Charakter der Studie. Diese Einschätzung wurde aktuell von Muijs (2009) bestätigt. Dennoch liefern sie relevantes Expertenwissen, sodass die Berücksichtigung dieser Studien begründbar ist.

Die vorliegende Literaturübersicht kann die ausgewählten Studien nicht im Detail auswerten, beispielsweise hinsichtlich der Frage, welche Forschungsmethoden mit welchen Befunden korrelieren. Im Folgenden beschränken wir uns auf eine Systematisierung der Studien nach untersuchten Typen und Zielen, Forschungsansätzen, eingesetzten Verfahren und Befunden der schulischen Netzwerke.

3 Befunde schulischer Netzwerkforschung im deutschsprachigen Raum

Insgesamt gesehen ist die deutschsprachige Forschung zu schulischen Innovationsnetzwerken wenig ausdifferenziert. Noch im Jahr 2007 diagnostiziert Dedering (2007) Desiderate sowohl bezüglich gehaltvoller empirischer Studien als auch hinsichtlich einer theoretischen Fundierung der Arbeiten. Gleichwohl weisen die jüngeren Untersuchungen zu Netzwerken im deutschsprachigen Raum inzwischen ein breiteres und in sich differenzierteres Analysespektrum auf, nicht nur die Fragestellungen, das methodische Vorgehen, sondern auch die theoretischen Einbettungen betreffend (wie etwa in SINUS, CHiK, Schulen im Team).

3.1 Typen und Ziele

Eine erste Annäherung zur Klassifizierung der schulischen Netzwerke im deutschsprachigen Raum kann über den jeweiligen Netzwerktypus erfolgen, welcher wiederum über die Art der Zusammenschlüsse klassifiziert wird,Footnote 4 sowie über die Zielsetzungen der Netzwerke. Netzwerke von Einzelschulen werden im deutschsprachigen Raum vermehrt seit den 1990er-Jahren explizit als „Netzwerk-Projekte“ deklariert. Anlass solcher Netzwerk-Projekte sind z. B. Defizite, die über Studien wie TIMSS und PISA in der schulischen Qualitätsentwicklung aufgezeigt werden. Es sind unterschiedliche Träger, die auf diese Defizite reagieren, indem sie Schulen anbieten, sich zu vernetzen, wobei eine Vielzahl von Netzwerkprojekten von Stiftungen getragen werden (NIS und INIS – Stiftung Bertelsmann, Reformzeit – Robert-Bosch-Stiftung und Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, Schulen im Team – Stiftung Mercator). Zudem lassen sich Netzwerkprojekte unterscheiden, die rein administrativ, etwa von den Ländern, initiiert wurden, wie SINET (Schleswig-Holstein), Qualitätsentwicklung in Netzwerken (Niedersachsen) oder durch den Staat, wie beispielsweise IMST, das als Pilotprojekt vom österreichischen Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK), getragen wird. Demgegenüber lassen sich Projekte differenzieren, die über Konsens-Beteiligungen verschiedener Länder in Form von länderübergreifenden Programmen, wie beispielsweise SINUS und QuiSS, ins Leben gerufen wurden. Diesen breit angelegten Programmvorhaben ist ihr Fokus auf die Qualitätsentwicklung von Einzelschulen und ihr Selbstverständnis als Unterstützungssystem für selbige gemein. Auch CHiK kann als ein auf Bundesebene mit Länderbeteiligung getragenes Projekt eingeordnet werden, wobei die Projektentstehung hier stark durch die Kooperationsarbeit verschiedener Universitäten im Bereich der Chemiedidaktik forciert wurde und CHiK darüber hinaus mit der Verbreitung seiner Unterrichtskonzeption einen Beitrag zur Überwindung des Theorie-Praxis-Problems zu leisten beansprucht (vgl. Parchmann et al. 2008). Das im deutschsprachigen Raum initiierte Projekt INIS setzt weniger auf die Kooperation von Schulen mit universitären Experten als vielmehr auf einen nationalen wie internationalen Austausch. Die hier genannten Projekte sind in Anlehnung an die Typen von Smith u. Wohlstetter (2001) zumeist als „affiliation network“ zu bezeichnen, da oftmals die Entwicklung der Organisation Schule im Vordergrund steht (interne Evaluation und Schulprogrammarbeit sind hierbei zentrale Themen). Projekte wie SINUS, CHiK oder auch IMST lassen sich als Mischformen von „professional network“ und „affiliation network“ verstehen, da durch die Arbeit im Netzwerk bzw. Set (vgl. Fußangel et al. 2008) zunächst auf Profession (Erwerb fachspezifischen und fachdidaktischen Wissens) und im Anschluss auf organisationale Aspekte wie schulinterne Teambildung, Fortbildung und Transfer gesetzt wird. Zunehmend finden sich auch Projekte, in denen Vernetzung im Zuge von Regionalisierungsprozessen eine wichtige Rolle spielt. Diese zeichnen sich durch eine hohe Komplexität aus und umfassen zumeist mehrere Ebenen des Schulsystems (vgl. Lohre et al. 2008; Maag Merki et al. 2008; Tippelt et al. 2006).

Hinsichtlich der Zielsetzung verfolgen die Projekte ein breites Spektrum, das sich von der Ermöglichung eines themenbezogenen Erfahrungsaustauschs zwischen den Beteiligten, der Professionalisierung der Lehrkräfte, der Erprobung von konkreten Konzeptionen, der Verbesserung der Unterrichtsarbeit sowohl mit starkem Fachbezug als auch fächerübergreifend, der Sprachförderung, bis hin zur generellen Förderung von Schulkooperationen erstreckt.

3.2 Forschungsansätze

Die von uns in die Literaturübersicht aufgenommenen Studien variieren hinsichtlich ihres Forschungsdesigns erheblich. Es dominieren Evaluationsstudien in Form von Einschätzungsabfragungen bei den unmittelbaren Netzwerkakteuren (zumeist Lehrkräfte) und „Erfahrungsberichten“ aus der Netzwerkpraxis. Dabei schwanken die standardisierten Befragungen zwischen einer Begrenzung auf die unmittelbar im Netzwerk Tätigen (z. B. in SINET) und der Ausweitung auf die Befragung ganzer Kollegien (z. B. in Schulen im Team). Ebenfalls häufig finden sich als empirische Basis Dokumente des Netzwerks wie Berichte, Protokolle, Konzeptpapiere, die inhaltsanalytisch (ohne dabei jedoch immer die entsprechenden Standards zu wahren; vgl. Bos u. Tarnai 1989; Mayring 2000) betrachtet werden (z. B. Qualitätsentwicklung in Netzwerken, SINET). Befragungen der Schulleitungen werden seltener durchgeführt (etwa in SINUS, IMST), ebenso die Abfrage von Einschätzungen der Schülerinnen und Schüler (z. B. in CHiK, QuiSS). Interviews werden in vielen Studien als grundlegendes Erhebungsverfahren eingesetzt (z. B. Schulen im Team, CHiK). Die Einbindung von Leistungsdaten von Schülerinnen und Schülern in Untersuchungen zu schulischen Netzwerken steht bislang weitestgehend aus, vernachlässigt man die in SINUS implementierte indirekte Einbeziehung von Schülerleistungsdaten über PISA-Schulen (vgl. Prenzel 2000) und den Einsatz von nichtnormierten Tests in Fördergruppen von FörMig. Einmalig ist bislang der Einsatz des Verfahrens der Netzwerkanalyse im Projekt Reformzeit als Instrument zur Erfassung von Beziehungsstrukturen (vgl. Killus 2008). Es ist insgesamt zu konstatieren, dass die betrachteten Studien häufig vertiefende Datenanalysen missen lassen.

3.3 Befunde

Bei den hier berichteten Befunden wird zumeist auf empirische Arbeiten zu den bekannten, größeren Netzwerkprojekten fokussiert, zu denen entsprechend gut dokumentierte Befunde vorliegen.

Einschätzungen zur Wirksamkeit von Netzwerken. Die die Netzwerke evaluierenden Studien zeichnen insgesamt ein positives Bild von Netzwerken: Schulnetzwerkarbeit wird als ein geeignetes Unterstützungssystem in der Schulentwicklung beschrieben. Zur Begründung werden ein Zugewinn an Impulsen zur Schul- und Unterrichtsentwicklung durch den Einblick in andere Schulrealitäten sowie die sich dadurch ergebenden Möglichkeiten der Verbesserung der eigenen Arbeit und insbesondere der eigenen Fähigkeiten angegeben (vgl. Berkemeyer et al. 2008b; Dedering 2007; Czerwanski et al. 2002; Ostermeier 2004). Dabei wird der zeitliche Mehraufwand in Relation zu dem Ertrag als gerechtfertigt erachtet (vgl. Krebs u. Prenzel 2008; Dedering 2007). Neben diesen allgemeinen Einschätzungen zum Nutzen von schulischen Netzwerken ist vielen Studien zudem die Untersuchung von Professionalisierungsaspekten sowie die Untersuchung von Gelingens- und Misslingensbedingungen sowohl der Netzwerkarbeit als auch des Transfers gemeinsam. Bezüglich der Netzwerkarbeit beziehen sich einzelne Untersuchungen auf die Kooperation im Netzwerk und deren möglichen Ertrag für die eigene Professionalisierung. Demnach werden Netzwerke bereits zu Beginn der Vernetzung positiv hinsichtlich des eigenen Lernens eingeschätzt (vgl. Ostermeier 2004; Berkemeyer et al. 2008b). Schulnetzwerke können ferner einen Beitrag zur Kompetenzerweiterung sowohl in Form der Erweiterung fachlicher Kompetenzen (vgl. Czerwanski 2003; Hameyer u. Ingenpaß 2003) als auch im Bereich der übergeordneter Kompetenzen zur Schulentwicklung, wie beispielsweise der Anwendung von Evaluationsverfahren und damit zur Etablierung von Managementprozessen, bezogen auf die Rezeption von Daten zur Qualitätsentwicklung leisten. Letzteres zeigt sich in der Ableitung von Handlungsmaßnahmen aus den Ergebnissen von Qualitätsmessungen (vgl. Dedering 2007; Rolff 2005). Der Professionalisierungsgewinn durch die Netzwerkarbeit wird von den Lehrkräften in den im Netzwerk erhaltenen Anregungen für die eigene Arbeit, einer gesteigerten Reflexionsfähigkeit (vgl. Rauch et al. 2007), einer erhöhten Innovationsbereitschaft und nützlichen Fortbildungsangeboten sowie einer grundsätzlichen Vergrößerung des Handlungsrepertoires ausgemacht (vgl. Czerwanski et al. 2002; Jäger et al. 2004).

Gelingensbedingungen von schulischer Netzwerkarbeit. Bezüglich der Gelingensbedingungen der Netzwerkarbeit werden gerade zu Beginn der in Netzwerken stattfindenden Kooperation eine klare Zieldefinition und das Finden von gemeinsam getragenen Arbeitsschwerpunkten sowie Verantwortungsaufteilung als förderlich für die Netzwerkarbeit angesehen (vgl. Hameyer et al. 2007). Darüber hinaus wird die einzelschulische Unterstützung, z. B. in Form von Rückhalt durch die Schulleitung, als bedeutsam eingestuft (vgl. Czerwanski et al. 2002). Die fehlende Unterstützung der Schulleitung und/oder die fehlende Akzeptanz im Kollegium können sich negativ auf die Integration im Schulbündnis und den Grad des Engagements in der Netzwerkarbeit auswirken (vgl. Killus 2008). Entsprechend sind Befunde von Bedeutung, die aufzeigen, dass Schulleitungen die Vorteile schulischer Vernetzung im Sinne verbesserter Zusammenarbeit im Kollegium sehen, während Lehrkräfte den Gewinn schulischer Netzwerkarbeit aus externen Impulsen, z. B. aus anderen Schulen, ableiten (vgl. Prenzel et al. 2000).

Die Schwierigkeit, die eigenen Kollegien in die Netzwerkarbeit zur Implementation und Verbreitung der entwickelten Maßnahmen einzubeziehen, wird betont. So kann das Netzwerk paradoxerweise selbst eine Gefahr für den Transfer werden, sollte es einen stabilen und gut funktionierenden, damit aber möglicherweise auch einen geschlossenen Raum darstellen, der als befriedigend erlebt wird und einen Bedarf zur Einbindung weiterer Kollegen ausschließt. Diese Vermutung legt zumindest der Befund nahe, dass interschulische Kooperation nicht zwangsläufig einen Stimulus für die schulinterne Kommunikation darstellt und interschulische Kooperation mitunter intensiver als die schulinterne Kooperation praktiziert wird (vgl. Schellenbach-Zell et al. 2008).

Transferarbeit schulischer Netzwerke. Als Bedingungen für einen erfolgreichen Transfer von Inhalten der Netzwerkarbeit in die Einzelschule wird neben der unterstützenden Schulleitung der Fokus auf bereits einzelschulisch bearbeitete Problembereiche, passgenaue Fortbildungen, die Schaffung einer funktionierenden Informationsweitergabe, die Einrichtung von Arbeitsgemeinschaften unter Einbeziehung bislang nicht eingebundener Kollegen und die Notwendigkeit einer fortlaufenden Überprüfung der Passung zwischen einzelschulischen Bedarfen und Netzwerkaktivität (vgl. Dedering 2007; Geithner 2003) sowie die konkrete Beteiligung der Kollegien an Netzwerktreffen und gesonderten „Highlight-Veranstaltungen“ im Projekt angesehen (vgl. Czerwanski et al. 2002). Bei Kooperationen zwischen unterschiedlichen Institutionen ist zudem die geringe Verbindlichkeit von Absprachen, insbesondere bei der Zusammenarbeit zwischen Institutionen, die in unterschiedliche Trägerstrukturen eingebunden sind, bedeutsam. Damit einhergehend können sich auch unterschiedliche „Professionssprachen“ aufgrund verschiedener Fächerkulturen, Ausbildungen, Qualifikationen oder Erfahrungen der Beteiligten als problematisch erweisen (vgl. Programmträger BLK-FörMig 2007).

Wirksamkeit auf der Unterrichtsebene. Ergebnisse zur konkreten Wirksamkeit von Netzwerkarbeit auf Unterrichtsebene sind eher rar. Gleichwohl konnte bereits gezeigt werden, wie am Beispiel CHiK erkennbar, dass es den Lehrkräften gelungen ist, die im Netzwerk erarbeiteten Konzeptionen in den Unterricht zu implementieren sowie die damit verbundene Methodenvielfalt und Kontextorientierung anzuwenden. Die ebenfalls befragten Schülerinnen und Schüler berichten ferner von einem veränderten Chemieunterricht in den bei CHIK beteiligten Schulen – konkret von einem stärker anwendungsbezogenen Unterrichtserleben (vgl. Fußangel et al. 2008). Der Einsatz von Tests in Fördergruppen bei vorhandenen Vergleichsgruppen konnte in FörMig außerdem dazu verhelfen, erfolgreiche Fördermaßnahmen zu identifizieren (vgl. Programmträger BLK-FörMig 2007). In der Evaluation von SINUS konnten für teilnehmende Schulen positive Effekte im Bereich der Wahrnehmung eines kognitiv aktivierenden und motivierenden Unterrichts durch die Schülerschaft festgemacht werden (Prenzel et al. 2005).

4 Befunde schulischer Netzwerkforschung im englischsprachigen Raum

In der Aufarbeitung der vorliegenden Artikel aus dem englischsprachigen Raum konnten 57 Studien ausgemacht werden, die sich auf Überprüfungen von Netzwerkarbeit beziehen. Ein Teil der hier angeführten empirischen Studien ist ebenfalls in einer umfassenden Arbeit von Bell et al. (2005) angeführt. Von den 14 dort ausführlich bearbeiteten Studien (Bell et al. 2005, S. 66) wurden acht bereits durch das Erstrechercheverfahren in dieses Review aufgenommen, die fehlenden wurden hinzugefügt.

4.1 Typen und Ziele

Zunächst lässt sich allgemein festhalten, dass die beschriebenen oder untersuchten Netzwerke sowohl in ihrer Größe als auch in Arbeitsintensität und Selbstverständnis, beispielsweise als Netzwerk, Partnerschaft, Cluster etc., stark variieren (vgl. Ainscow et al. 2006, S. 194). Es finden sich Schulkoalitionen, die über die gemeinsame Teilnahme an großflächig angelegten Projekten als Netzwerk definiert werden (z. B. „Excellence in Cities“, Kendall et al. 2005) bis hin zu kleinen Netzwerken, die aus wenigen Schulen bestehen (z. B. Montgomery 2001). Zudem wird über Netzwerke berichtet, die sich nicht nur zwischen Schulen ergeben, sondern auch zwischen Schulen und Universitäten (z. B. Pinon et al. 2002) oder Schulen, Familien und Gemeinden (z. B. Sanders u. Simon 2002), mit besonderen Weiterbildungszentren (z. B. Lane et al. 2005) oder mit Betrieben (Adler et al. 1995).

Die Zielsetzungen der Innovationsnetzwerke variieren ebenfalls deutlich. Sie reichen von sehr spezifischen Zielen, die auf die Steigerung von Lernleistungen oder spezifischer kognitiver Fähigkeiten verweisen, bis hin zu weniger konkreten Ansätzen zu sozialen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Weiterhin beziehen sich die Ziele schulischer Netzwerkarbeit auf Wissenserweiterung der Lehrkräfte, Erleichterung organisationaler Prozesse, Motivation oder Schaffung von sozialem Kapital außerhalb der eigenen Schule.

4.2 Forschungsansätze

Die Zuordnung der aufgenommenen Studien (N = 57) erfolgt zu den verschiedenen Auswertungsaspekten tabellarisch. Um die folgenden Tabellen trotz ihres Umfanges übersichtlich gestalten zu können, wurden den in das Review aufgenommenen Studien nach alphabetischer Reihenfolge Nummern zugewiesen. Die Aufschlüsselung der Nummernzuweisung findet sich im Literaturverzeichnis und ist für jede der folgenden Tabellen gültig. Bezüglich ihres Designs lassen sich die Studien wie in Tab. 1 dargestellt kategorisieren.

Tab. 1 Design der Studie

Da die hier vorgeschlagenen Kategorien Forschungszugänge zu unterscheiden versuchen, können sie methodologisch interpretiert werden, wobei die unterschiedlichen Kategorien bereits einen Hinweis auf die Komplexität der Studien beinhalten. Studien, die lediglich erwähnen, dass z. B. Interviews mit verschiedenen Akteuren durchgeführt wurden, jedoch auf eine konkrete Darstellung von Vorgehensweisen und Ergebnissen verzichten, wurden an dieser Stelle unter der Kategorie „Beschreibung“ aufgelistet. Dies ist insofern vertretbar, als dass in dieser Form kein Rückschluss auf die Art der Datenverarbeitung bzw. auf den Umgang mit den Daten gezogen werden kann. Anhand der Zuordnung wird deutlich, dass kontrollierte Designs in der schulischen Netzwerkforschung eher selten umgesetzt werden. Die wiederholte Datenerhebung wird vor allem anhand von mehrfach durchgeführten Interviews oder Beobachtungen realisiert. Eine messbare Operationalisierung von Erfolgskriterien oder die Verquickung qualitativer mit quantitativen Daten ist selten. Dies wird noch konkreter, wenn man die eingesetzten Verfahren zur Überprüfung der Wirksamkeit von schulischer Netzwerkarbeit heranzieht (vgl. Tab. 2).

Tab. 2 Eingesetzte Verfahren zur Evaluation

Anhand der Tab. 2 kann aufgezeigt werden, dass groß angelegte Studien, die sich einer systematischen Evaluation bedienen, oftmals auf eine erweiterte Bandbreite eingesetzter Methoden innerhalb der Projekte zurückgreifen – diese Studien tauchen in mehreren Kategorien auf (z. B. Earl et al. 2006 oder Riley u. Jordan 2004). Weiterhin wird erkennbar, dass, wie auch in den Forschungsansätzen im deutschsprachigen Raum, ein Großteil der Studien Interviewdaten nutzt. Innerhalb der Kategorie ist, ähnlich den Designkategorien in der vorherigen Tabelle, ein großes Spektrum an mehr oder minder kontrollierten Vorgehensweisen zu verzeichnen. Sowohl theoriebasierte Interviews anhand eines strukturierten Leitfadens als auch weniger systematische Vorgehensweisen sind zu finden. Eine ähnliche Abstufung im Anspruch des methodischen Vorgehens lässt sich bei den Erfahrungsberichten erkennen. Neben eingereichten Berichten der Lehrkräfte ohne methodische Vorgaben (Rué 2005) steht hier auch der systematische Einsatz der „Critical Incidents Technique“ (Gettinger et al. 1999). Leistungsdaten der Schüler werden vergleichsweise selten herangezogen. In dieser Kategorie werden häufig die im anglo-amerikanischen Raum vorliegenden SAT’s (Standard Assessment Tasks, z. B. Montgomery 2001) als Indikatoren der Schülerleistung genutzt. Der Einsatz von Fragebögen zur Einschätzung der Wirksamkeit der Netzwerke wird ebenfalls unterschiedlich elaboriert durchgeführt.

4.3 Befunde

Ebenso vielschichtig wie Typen, Ziele und Forschungsansätze sind auch die in den Studien gewonnenen Ergebnisse. Eine Verteilung der berichteten Auswirkungen schulischer Netzwerkarbeit wird in der folgenden Tabelle vorgestellt (Kategorisierung angelehnt an Bell et al. 2005) (Tab. 3):

Tab. 3 Berichtete Ergebnisse von schulischer Netzwerkarbeit (Studienzuordnung)

Die Übersicht zeigt, dass die Studien über eine ganze Bandbreite von Effekten berichten, die weder auf Zielgruppen noch auf Ziele eingeschränkt sind. Besonders häufig werden allerdings Wirkungen oder positive Einflüsse im Bereich „Wissen u. Lernen“ berichtet. Die Typologie des „affiliation network“ von Smith u. Wohlstetter (2001) erhält angesichts der 36 berichteten Ergebnisse zu „Organisation“ genauso Plausibilität wie die Typologie des „professional network“, das zu großen Teilen durch die Ergebnisse zu „Lehrern“ abgedeckt wird. Die Befunde zum Bereich „Leitung“ (Leadership) zeigen, dass das Thema Führung von und in Netzwerken in neun Studien im englischsprachigen Bereich aufgegriffen wird. Damit ist die Führung im Vergleich zu den anderen in den Studien untersuchten Themen unterrepräsentiert. Angesichts der Tatsache, dass in den deutschen Studien das Thema Führung in Netzwerken kaum Beachtung findet, liegen somit im internationalen Diskurs aber deutlich mehr Ergebnisse vor. Insbesondere aktuelle Studien (vgl. Earl et al. 2006) betonen die Bedeutung von „Leadership“ in Netzwerken.

Ausgehend von der Ergebnisaufstellung bleibt insgesamt festzuhalten, dass sich die Arbeit von Netzwerken, sofern nachweisbar, positiv auf Lernen, Leistung und Engagement der Zielgruppen auswirkt. Nur vereinzelt werden, wie auch in den nationalen Forschungsberichten, positive und negative Ergebnisse präsentiert (z. B. Mujtaba u. Sammons 2006; Peters 2002).

Die Betrachtung der Ergebnisse aus den vorliegenden Studien zeigt, dass die Präzision der Ergebnisse mit der Qualität der Evaluation variiert. Während beschreibende Studien und Evaluationen ohne methodisches Design meist von eventuellen Gelingensbedingungen und möglichen Ergebnissen berichten, versuchen die methodisch anspruchsvolleren Studien signifikante Zusammenhänge zwischen der Netzwerkarbeit und den verschiedenen Indikatoren herauszuarbeiten. Die Ergebnisse, die die wohl höchste Validität aufweisen können, sind aus den Studien mit Kontrollgruppendesign zu erwarten (Adler et al. 1995; Greenberg et al. 1996). Folglich werden an dieser Stelle die Ergebnisse der dort angeführten Studien kurz dargestellt, mit Ergänzung um eine Studie aus der Kategorie wiederholter Erhebung.

Wirksamkeit der Netzwerkarbeit. Die Studie von Adler et al. (1995) findet anhand von Vergleichen zwischen Experimental- und Kontrollgruppe heraus, dass ein maßgeblich höherer Anteil der Schüler, die von der Netzwerkarbeit betroffen waren, ihren Schulabschluss machten, aufs College gingen und/oder eine Vollzeitarbeit bekamen als solche, die nicht am Netzwerk partizipierten. Hier kann der Netzwerkarbeit also ein positiver Einfluss auf die Leistung der Schüler im Sinne langfristiger Wirkungen (outcomes) zugesprochen werden. Die Lehrkräfte konnten ihr Lernverständnis durch geteilte Verantwortung, neu organisierte Curricula und gemeinsame Fortbildungen erweitern. Auch Greenberg et al. (1996) berichten über signifikante Leistungszuwächse von Schülern, die eine am Netzwerk beteiligte Schule besuchten. Die Vergleiche wurden hier ebenfalls anhand einer Kontrollgruppe von Schulen, die nicht zum Netzwerk gehören, durchgeführt. Bezüglich der Lehrkräfte konnten sie herausstellen, dass neue Lehrfähigkeiten, veränderte Praxis und ein besseres Verständnis der Lernkonzepte aus der Zusammenarbeit entstanden. Es wurde zudem deutlich, dass auch die Eltern ein gesteigertes Interesse an der Leistung ihrer Kinder zeigten und sich die Arbeit des Netzwerkes in gesteigerter Motivation und Unterstützung durch das Elternhaus niederschlug. Earl et al. (2006) berichten ebenfalls von einer Verbesserung der Schülerleistungen. In ihrem theoriebasierten Evaluationsvorhaben arbeiten sie zudem Gelingensbedingungen der schulischen Netzwerkarbeit heraus, welche im Folgenden angeführt werden.

Gelingensbedingungen von schulischer Netzwerkarbeit. Bezüglich der Voraussetzungen zum Gelingen schulischer Netzwerke wird herausgestellt, dass Netzwerke komplizierte und daher differenziell zu betrachtende Einheiten sind. Es zeigt sich jedoch, dass die nachgezeichnete Leistungssteigerung der Schüler in einem positiven Zusammenhang zu der Anzahl der Lehrkräfte, die aktiv im Netzwerk arbeiten, steht. Je stärker die Bindung zum Lehrer und deren Engagement im Netzwerk, desto eher kommt es zu einer Änderung der Praxis (Denken und Handeln) an den Einzelschulen. Eben diese Bindung der Lehrkräfte an und deren Einbringung in das Netzwerk sehen Earl et al. (2006, S. 59) als den Schlüsselfaktor für Verbesserungen durch Netzwerkarbeit an und konstatieren, dass es folglich die Schulen sind, an denen eine Veränderung stattfinden muss, um das letztendliche Ziel der Verbesserung der Schülerleistungen zu erreichen.

Das Netzwerk mitsamt den sich dort ergebenden Möglichkeiten der Kooperation und des Austausches sowie den im Netzwerk entstehenden Beziehungen wird als ein erfolgreiches Mittel, eine Veränderung in den Einzelschulen zu erzielen, deklariert (ebd., S.60). Damit das Netzwerk als solches funktionieren kann, müssen Fokus und Ziele der Netzwerkschulen übereinstimmen. Weiterhin ist eine Schulleitung förderlich, die die Arbeit im Netzwerk unterstützt, andere motiviert, im Netzwerk mitzuarbeiten, selber mitarbeitet und so die Grenze zwischen Schule und Netzwerk umspannt, um den Lehrkräften die Arbeit im Netzwerk zu ermöglichen. Im Netzwerk selbst scheint eine geteilte Führung zum Erfolg zu führen.

5 Fazit

Ausgehend von den hier dargestellten Befunden der nationalen und internationalen Forschung zeigen sich einheitliche Belege für eine positive Wirkung schulischer Netzwerke. Internationale und nationale Befunde vergleichend kann herausgestellt werden, dass ähnliche Forschungsrichtungen mit ähnlichen Zielen und Methoden eingeschlagen werden, wobei der Netzwerkgedanke im englischsprachigen Raum eine bereits stärker etablierte Stellung im Bereich der Schulentwicklung einnimmt als in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Hieraus ergibt sich eine breitere Fächerung unterschiedlicher Netzwerke sowie die umfassendere, wenngleich nicht immer auch systematische Aufarbeitung der Netzwerkarbeit.

Neben diesem komparativen Befund konnten die dargestellten Befunde zu schulischen Innovationsnetzwerken in ersten Ansätzen die Leistungen schulischer Netzwerkarbeit für die schulische Qualitätsentwicklung aufzeigen. Es lassen sich sowohl in der ausgemachten Professionalisierungsfunktion als auch in den zum Teil berichteten Wahrnehmungen auf Unterrichtsebene und den grundsätzlichen Nutzeneinschätzungen der Beteiligten Effekte erkennen. Interschulischer Kooperation werden insgesamt viele Vorteile zugeschrieben. So profitieren zum Beispiel vom Netzwerk eine Reihe von Akteuren (z. B. Lehrkräfte, Schüler, Schulleitungen und auch die Organisation Schule). Negativbefunde der Netzwerkarbeit werden nur vereinzelt berichtet. Vernetzung wird jedoch fast immer, soweit erfasst, als komplex und zeitaufwändig (Ainscow et al. 2006, S. 197) beschrieben und Probleme, die im Zusammenhang mit der Vernetzung angeführt werden, auf die aufzuwendenden Zeitressourcen (z. B. Wohlstetter u. Smith 2000) bezogen. Über alle Studien hinweg wird zudem deutlich, dass die Zusammenarbeit in einem Netzwerk von Ort zu Ort unterschiedlich ist. Es gibt kein eindeutiges Patentrezept oder den einen spezifischen Lösungsweg zum Aufbau eines funktionierenden Netzwerkes (Stott et al. 2005) – jedes Netzwerk ist einzigartig und wächst zudem durch seinen Kontext (Lieberman u. Grolnick 1996). Die zumeist positiven Befunde der angeführten Forschungsarbeiten sprechen für schulische Netzwerkarbeit. Abschließend und stellvertretend für viele der Ergebnisse der von uns ausgewerteten Aufsätze kann festgehalten werden:

Our research suggests that school networks such as these hold promise. With certain types of leadership and a supportive policy context, networks offer individual school opportunities to connect with others who share similar goals, mitigate the problems associated with decentralisized management, and boost collective capacity for reform. (Wohlstetter et al. 2003, S. 427)

Für die erziehungswissenschaftliche Netzwerkforschung sind diese Befunde ein erster brauchbarer Ausgangspunkt, um hierauf weitere Forschungsbemühungen aufzubauen. Die Literaturrecherche hat gezeigt, dass eine Vielzahl forschungsmethodischer Zugänge bereits erprobt ist, wenngleich die jeweilige Dokumentation und Berichtlegung noch nicht immer wünschenswerten Standards empirischer Forschung entsprechen. Insbesondere die als qualitativ bezeichneten Ansätze geben nur selten Rechenschaft über die konkreten Auswertungsverfahren. Neben solchen methodischen Entwicklungspotenzialen muss eindeutig auf eine in vielen Studien mangelnde theoretische Fundierung hingewiesen werden. Theoretische wie empirische Modelle zur Orientierung von Forschungsfragen sind rar und dort, wo sie anzutreffen sind, ausbaufähig. Entsprechend können am Schluss dieser Arbeit folgende Desiderate benannt werden:

Eine Formulierung empirischer wie theoretischer Rahmenmodelle zur Analyse von Innovationsnetzwerken im Schulbereich sollte stärker in die Forschungsbemühungen einbezogen werden. Nicht zuletzt, um sowohl Forschungsansätze als auch Ergebnisse vergleichbarer zu machen und in einen Gesamtzusammenhang stellen zu können. Diesbezüglich wird zudem eine weitere Konkretisierung von Netzwerktypologien als sinnvoll erachtet.

Wie im Verlauf der Ausarbeitung erwähnt (vgl. 4.1), eröffnet sich darüber hinaus ein weiteres Feld intensiverer Auseinandersetzung mit der Frage des Zusammenhangs zwischen Netzwerktypen, Forschungszugängen und beobachteten Einflüssen. Sind bestimmte Netzwerktypen vielleicht besonders geeignet, ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen?

Um die Netzwerkforschung im schulischen Bereich besser evaluieren zu können, muss es ferner zu einer Weiterentwicklung tragfähiger Forschungsdesigns zur Analyse von Netzwerken unter Berücksichtigung von Netzwerkdynamiken und -verläufen sowie deren Wirkung auf Outputvariablen kommen. Weiterhin sollte die Erörterung des Zusammenhangs von Netzwerkarbeit und einzelschulischer Entwicklung, also die Frage des Innovationstransfers, stärker in die Forschung eingebunden werden, um auch hier Handreichungen für Praktiker und Wissenschaftler erstellen zu können, die den Übertrag der Netzwerkinhalte zurück in die Einzelschule dokumentieren. Genauso gilt es zu prüfen, ob und wenn ja, welchen Einfluss die Einzelschule auf die Arbeit im Netzwerk hat.

Dieses kurz skizzierte Forschungsprogramm ist keineswegs vollständig, sondern möchte lediglich einige zentrale Eckpunkte einer zukünftigen Netzwerkforschung skizzieren, die das Potenzial hat, sowohl noch nicht beantwortete Fragen aus der Schulentwicklungsforschung (vgl. Bonsen et al. 2008) als auch Fragen einer sich derzeit entwickelnden Governance-Forschung (vgl. Altrichter et al. 2007) aufzugreifen und zu beantworten. Sie sollte somit in vielerlei Hinsicht anschlussfähig sein.