Zusammenfassung
Die Zahl der in Deutschland gestellten Asylanträge ist in den Jahren 2015 und 2016 deutlich angestiegen. Dass die Alternative für Deutschland (AfD) von dieser Entwicklung politisch profitiert hat, ist weitgehend unbestritten. Ungeklärt ist allerdings, ob ein vorübergehender Anstieg der Zahl der Asylanträge die Wahlchancen der AfD nur kurzfristig (Hysterie-Hypothese) oder aber nachhaltig (Hysterese-Hypothese) erhöht. Die Erwartung einer nachhaltigen Wirkung wird damit begründet, dass ein Asylantrag letztlich den Zuzug einer asylsuchenden Person auf das Gebiet der Bundesrepublik indiziert und diese dort mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit auch verbleibt. Die Hysterie- und die Hysterese-Hypothese werden auf der Grundlage von Zeitreihendaten für den Zeitraum April 2013 bis Dezember 2019 empirisch untersucht. Dabei bestätigen sich beide Hypothesen. Die AfD profitiert kurzfristig von einem Anstieg der Zahl der Asylanträge. Gleichzeitig ist die Unterstützung der AfD aber auch von der Zahl der aktuell in Deutschland befindlichen Schutzsuchenden abhängig. Der Effekt des Bestands an Schutzsuchenden ist dabei stärker als der Effekt der Zahl der Asylanträge.
Abstract
The number of asylum requests made in Germany increased significantly in the years 2015 and 2016. It is largely undisputed that the Alternative for Germany (AfD) party has benefited politically from this development. It remains unclear, however, whether a temporary increase in the number of asylum applications will increase the electoral chances of the AfD only in the short term (hysteria hypothesis) or in the long term (hysteresis hypothesis). The expectation of a lasting effect is justified by the fact that an asylum application ultimately indicates the immigration of an asylum-seeker into the territory of the Federal Republic of Germany and suggests that this person is likely to remain there. The hysteria and hysteresis hypotheses are empirically examined based on time-series data for the period April 2013 to December 2019. Both hypotheses are confirmed. The AfD benefits in the short term from an increase in the number of asylum applications. At the same time, however, AfD support also depends on the number of people currently seeking protection in Germany. The effect of the number of asylum seekers is stronger than the effect of the current number of asylum applications.
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1 Einleitung
Dass der starke Anstieg der Zahl der AsylanträgeFootnote 1 in den Jahren 2015 und 2016 zum Aufstieg der Alternative für Deutschland (AfD) beigetragen hat, wird innerhalb und außerhalb der Wissenschaft von kaum einem Beobachter des politischen Geschehens bezweifelt. Durchaus unterschiedliche Vorstellungen scheinen aber über die Nachhaltigkeit dieses Effekts zu bestehen. Dies gilt insbesondere für die politisch handelnden Akteure. Einige Politikerinnen und Politiker der CSU scheinen davon auszugehen, dass rückläufige Asylantragszahlen relativ schnell auch einen Rückgang der Unterstützung für die AfD nach sich ziehen.Footnote 2 In diesem Zusammenhang wird auf die Erfahrungen Ende der 1980er‑/Anfang der 1990er-Jahre verwiesen. Damals gab es infolge des Zusammenbruchs des Ostblocks und der Jugoslawienkriege einen starken Anstieg der Zahl der Asylanträge, der von einem Erstarken der Partei „Die Republikaner“ (REP) begleitet wurde. Mit der Einschränkung des Asylrechts im Rahmen des sogenannten „Asylkompromisses“ führten die etablierten Parteien beginnend ab 1993 eine nachhaltige Senkung der Zahl der Asylanträge herbei (Luft und Schimany 2014). In der Folge ließ dann auch die Unterstützung für die REP wieder nach. Etwas zugespitzt kann man diese Position als Hysterie-Hypothese bezeichnen. Hierbei liegt die Vorstellung zugrunde, dass eine hohe Zahl von Neuanträgen auf Asyl die Aufmerksamkeit der Bevölkerung vorübergehend in besonderer Weise auf die Asylmigration lenkt. Ein Anstieg der Asylantragszahlen ruft in der Bevölkerung also kurzfristig eine nervöse Aufgeregtheit hervor, von der migrationsfeindliche Parteien wie die REP und die AfD profitieren. Diese Aufgeregtheit sei aber nur von kurzer Halbwertszeit und würde sich bei sinkenden Asylantragszahlen auch schnell wieder legen. Gelänge es folglich, durch politische Maßnahmen die Zahl der Asylanträge deutlich zu senken, dann würde gemäß den Implikationen dieser Hypothese die AfD auch wieder von der politischen Bildfläche verschwinden.
Ganz anders die Sichtweise der Politikerinnen und Politiker der AfD selbst. Diese gehen davon aus, ihre Partei sei „gekommen, um zu bleiben“Footnote 3. Mit der Entscheidung Angela Merkels vom 5. September 2015, die deutsch-österreichische Grenze für die aus Ungarn kommenden Flüchtlinge offen zu halten, sei eine große Zahl von potenziell gefährlichen Menschen ins Land gelassen worden, die in der deutschen Gesellschaft für Probleme sorgen würden. Selbst wenn die Zahl der neu gestellten Asylanträge wieder sinke, würden die bereits im Land befindlichen Personen dauerhaft eine Gefahr für das gesellschaftliche Zusammenleben darstellen. Einzelne AfD-Politiker versteigen sich gar zu der Behauptung, Angela Merkel habe mit ihrer Entscheidung vom Herbst 2015 einen Prozess der „Umvolkung“ einleiten wollen.Footnote 4 Sieht man von solchen verschwörungstheoretischen und fremdenfeindlichen Beiklängen der AfD-Rhetorik einmal ab, dann kann man die eben beschriebene Erwartung einer von der weiteren Entwicklung der Asylantragszahlen unabhängigen Etablierung der AfD als Hysterese-Hypothese bezeichnen.
Der Begriff der Hysterese (zuweilen auch: Hysteresis) stammt ursprünglich aus der Physik und bezeichnet das Fortdauern einer Wirkung nach Wegfall der Ursache. Die zurückbleibende Wirkung nennt man Remanenz. Das bekannteste Beispiel ist in diesem Zusammenhang der Magnetismus, der zurückbleibt, wenn man ein Stück Metall kurzfristig einem magnetischen Kraftfeld aussetzt. Der Begriff der Hysterese wurde in der Vergangenheit außerdem auch auf Phänomene der Volkswirtschaftslehre (als eine Quelle unter vielen Røed 1997) und des Marketings (Simon 1995) übertragen. In Bezug auf die AfD wird mit dem Begriff der Hysterese die Erwartung beschrieben, dass ein temporärer Anstieg der Asylantragszahlen die Wahlchancen der AfD dauerhaft begünstigt. Substanziell begründen lässt sich diese Erwartung damit, dass ein zu einem bestimmten Zeitpunkt gestellter Asylantrag letztlich den Zuzug einer asylsuchenden Person auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland indiziert und diese Person auch mit hoher Wahrscheinlichkeit für einen längeren Zeitraum – und nicht selten für immer – dort verbleibt. Damit können objektive und/oder subjektiv wahrgenommene soziale Probleme verbunden sein, die von migrationsfeindlichen Parteien wie der AfD politisiert und als Grundlage einer längerfristigen Wählermobilisierung genutzt werden können, wodurch Remanenz entsteht. Diese Remanenz sollte umso geringer sein, je besser die Integration der asylsuchenden Personen in die deutsche Gesellschaft gelingt.
Wie lassen sich die Hysterie- und die Hysterese-Hypothese nun aber empirisch testen? Zunächst ist festzuhalten, dass sich beide Hypothesen auf Entwicklungsprozesse auf nationaler Ebene beziehen. Die Hysterie-Hypothese behauptet, dass in der Bundesrepublik Deutschland der zeitliche Verlauf der Unterstützung der AfD der Entwicklung der Zahl der neu gestellten Asylanträge folgt. Steigt die Zahl der Asylanträge, dann steigt auch der Erfolg der AfD. Sinkende Asylantragszahlen ziehen dementsprechend einen Rückgang der Unterstützung für die AfD nach sich. Es handelt sich also um einen symmetrischen Effekt. Die Hysterese-Hypothese hingegen geht davon aus, dass ein temporärer Anstieg der Asylantragszahlen die Erfolgschancen der AfD nicht nur kurzfristig, sondern nachhaltig erhöht. Die Unterstützung der AfD sollte daher nach dem temporären Anstieg der Asylantragszahlen höher liegen als zuvor. Diese Hypothese lässt sich zudem auch dadurch überprüfen, dass man die Entwicklung der Zahl der in Deutschland befindlichen Geflüchteten und die Entwicklung der Unterstützung der AfD gemeinsam betrachtet. Die Hysterese-Hypothese lässt einen gewissen Gleichklang im Verlauf der beiden Kurven erwarten. Je höher die Zahl der im Land befindlichen Geflüchteten, desto höher sollte in der Tendenz die Unterstützung für die AfD sein. Bereits an dieser Stelle ist außerdem festzuhalten, dass sich die von den beiden Hypothesen behaupteten Effekte durchaus auch wechselseitig überlagern können. Dies tritt schon automatisch immer dann ein, wenn die Remanenz geringer ist als die Wirkung zum Zeitpunkt des ursächlichen Stimulus.
2 Forschungsstand
Dass migrationsfeindliche Parteien wie die AfD von Migrationsprozessen bei Wahlen profitieren, ist zunächst nicht weiter überraschend und empirisch auch vergleichsweise gut belegt (vgl. u. a. Lubbers und Scheepers 2000; Dülmer und Klein 2005; Mendez und Cutillas 2014; Otto und Steinhardt 2014; Barone et al. 2016; Halla et al. 2017; Davis und Deole 2017; Brunner und Kuhn 2018; Edo et al. 2018). Der Großteil der bisherigen Forschung bezieht sich allerdings nicht auf Asylmigration im Speziellen, sondern auf Zuwanderung im Allgemeinen. Argumentiert wird, dass Migrationsprozesse bei Teilen der Bevölkerung ein Gefühl der Bedrohung auslösen, das diese für die Botschaften migrationsfeindlicher Parteien empfänglich macht. Ausgelöst werden diese Bedrohungsgefühle durch die Wahrnehmung einer verschärften Konkurrenzsituation auf Arbeits- und Wohnungsmärkten sowie bei der Verteilung sozialstaatlicher Leistungen (Dustmann et al. 2016; Becker und Fetzer 2017). Hinzutreten kann eine subjektiv wahrgenommene Gefährdung der inneren Sicherheit (Barone et al. 2016, S. 10). Schließlich können sich Menschen auch in ihrer kulturellen Identität bedroht fühlen, sobald sie mit anderen Menschen mit einem abweichenden ethnischen, religiösen und kulturellen Hintergrund konfrontiert sind (Card et al. 2012; Brunner und Kuhn 2018, S. 32).
Diese Mechanismen wurden allgemein in Bezug auf Einwanderung herausgearbeitet. Es gibt jedoch keinen Grund anzunehmen, dass sie sich nicht auch auf die Asylmigration übertragen lassen. Da Asylbewerber, verglichen mit anderen Immigranten, im Mittel eine höhere kulturelle Distanz (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2018, S. 9; Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat, und Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2019, S. 47 f.) und ein niedrigeres Bildungsniveau aufweisen (de Paiva Lareiro 2019, S. 5), könnte die subjektiv wahrgenommene Bedrohung durch Asylmigration sogar besonders groß sein. Und in der Tat gelangen die bislang vorliegenden Analysen zum Zusammenhang zwischen der Asylmigration und den Wahlerfolgen migrationsfeindlicher Parteien nicht zu grundsätzlich abweichenden Befunden (Lubbers und Scheepers 2001; Swank und Betz 2003; Arzheimer 2009; Dinas et al. 2019; Dustmann et al. 2016; Vasilakis 2018).
In der Literatur finden sich bislang aber so gut wie keine Arbeiten, die die im vorliegenden Beitrag eingenommene analytische Perspektive teilen. Die Entwicklung der Asylantragszahlen und der Unterstützung für die AfD wurden für Deutschland bislang nur von Holtmann (2017), Steinmayr (2017) sowie von Otto und Steinhardt (2017) auf nationaler Ebene im Zeitverlauf analysiert. Diesen drei Publikationen ist gemeinsam, dass sie die monatlichen Asylantragszahlen zusammen mit der in monatlichen Umfragen gemessenen Unterstützung der AfD in einer Grafik abtragen und den Verlauf der beiden Kurven anschließend vergleichen. Die analysierten Daten erstrecken sich auf Zeiträume von drei (Holtmann 2017, S. 168) oder vier (Otto und Steinhardt 2017, S. 22; Steinmayr 2017, S. 25) Jahren.
Die eben beschriebenen grafischen Auswertungen besitzen in allen drei Aufsätzen eher illustrativen Charakter. So erschöpft sich beispielsweise bei Holtmann (2017, S. 166) die Interpretation letztlich in folgendem Satz: „Der seit dem Sommer 2015 rapide anschwellende Zustrom von Flüchtlingen und die darob anwachsenden Bedrohungsgefühle und Abwehrreflexe in Teilen der Bevölkerung bilden den psychologischen Hintergrund für den Aufstieg der AfD“. Etwas elaborierter sind die entsprechenden Ausführungen bei Steinmayr (2017, S. 25): „The Alternative for Germany (AfD) was not founded until 2013. Polls show a sharp increase in support of up to 15 %, along with growing refugee numbers … These correlations over time do not necessarily reflect causal effects, but the close correlation in the timing suggests that a positive causal relationship between the number of arriving refugees and support for far-right parties is the most likely explanation“. Bei Otto und Steinhardt (2017, S. 21) schließlich liest sich die Interpretation wie folgt: „The similarities in the trends of monthly AFD support and asylum applications are striking. Parallel to the strong increase in asylum applications between the summers of 2015 and 2016, support for the AFD rose from 4 % to 16 % … One month after the number of asylum applications dropped, the AFD started to lose political support, which dropped to 9 % in July 2017“.
Zumindest die Ausführungen der beiden letztgenannten Autoren lassen erkennen, dass ihren Analysen implizit die von uns so genannte Hysterie-Hypothese zugrunde liegt. Hysterese wird hingegen nicht untersucht. Dies ist insofern überraschend, als sich bei Steinmayr (2017), dessen Analysen sich auch auf Österreich und Schweden erstrecken, deutliche Indizien für die Gültigkeit der Hysterese-Hypothese finden lassen. So bleibt in Österreich und Schweden die Unterstützung für die Freiheitliche Partei (FPÖ) bzw. die Schwedendemokraten (SD) hoch, auch nachdem die Zahl der Asylanträge wieder deutlich gesunken ist (Steinmayr 2017, S. 25). Dies wird von Steinmayr in seiner Abhandlung aber weder thematisiert noch interpretiert.
Unsere hier vorgelegte Untersuchung knüpft an diesen Forschungsstand an, weist aber in mehreren Punkten über ihn hinaus: Zunächst können wir mit fast sieben Jahren einen deutlich längeren Analysezeitraum abdecken. Darüber hinaus formulieren wir die Existenz eines Hysterese-Effekts explizit als Hypothese und überprüfen diese empirisch. Dabei gehen wir außerdem über den bloßen Vergleich von Zeitreihen hinaus und präsentieren multivariate statistische Analysen, die der Zeitreihenstruktur der Daten Rechnung tragen.
3 Datenbasis und Operationalisierung
Im vorliegenden Beitrag soll die zeitliche Entwicklung der Unterstützung der AfD in Abhängigkeit von der Zahl der neu gestellten Asylanträge sowie der Zahl der jeweils insgesamt auf dem Gebiet der Bundesrepublik befindlichen Schutzsuchenden untersucht werden. Darüber hinaus wird für den Einfluss einiger zentraler makroökonomischer Kenngrößen kontrolliert. Die Grundlage der empirischen Analysen bilden also Zeitreihendaten. Um die zeitliche Entwicklung detailliert abzubilden und außerdem hinreichend große Fallzahlen für multivariate statistische Analysen zur Verfügung zu haben, erfolgt die Untersuchung auf der Basis monatlicher Daten.
Die abhängige Variable, also die Unterstützung der AfD in der Bevölkerung gemessen als Prozentanteil an den hypothetischen Wahlabsichten zu einem Zeitpunkt, erfassen wir über die Politbarometer-Erhebungen der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen. Die erste Messung steht hier für den April 2013 zur Verfügung, sodass unsere Analysen mit diesem Zeitpunkt beginnen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass wir die von der Forschungsgruppe veröffentlichten Zahlen der „Politischen Stimmung“ verwenden, also die einer soziodemografischen Gewichtung unterzogenen Messwerte der Sonntagsfrage (Forschungsgruppe Wahlen 2019).Footnote 5 Stehen für einen Monat mehrere Messwerte zur Verfügung, so verwenden wir deren arithmetisches Mittel.
Bei der Zahl der in Deutschland in einem Monat gestellten Asylanträge handelt es sich um ein prozessproduziertes Datum der amtlichen Statistik. Dieses wird von der zuständigen Bundesbehörde, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), erfasst und veröffentlicht. Die Zahl der in Deutschland gestellten Asylanträge liegt seit 1993 als Zeitreihe auf monatlicher Basis vor, seit 1995 auch differenziert nach Erst- und FolgeanträgenFootnote 6 (Schimany 2014, S. 43). Die monatlichen Zahlen der Erstanträge auf Asyl bilden im Rahmen unserer Datenbasis beginnend mit April 2013 die Grundlage für die Überprüfung der Hysterie-Hypothese (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2014, 2015, 2016, 2017, 2018, 2019a, 2020).
Für den empirischen Test der Hysterese-Hypothese werden darüber hinaus Daten über die Entwicklung der Gesamtzahl der in Deutschland lebenden Personen benötigt, die „zum Zweck der Asylgewährung“ (Schimany 2014, S. 38) zugewandert sind. Damit sind all diejenigen Personen gemeint, die als Asylsuchende nach Deutschland kamen und sich weiterhin auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland befinden, und zwar unabhängig davon, ob ihr Asylantrag bereits entschieden wurde oder nicht und ebenfalls unabhängig davon, wie eine etwaige Entscheidung ausgefallen ist. Dadurch soll der durch die Asylmigration verursachte gesellschaftliche „Problemdruck“ abgebildet werden, der im Kontext der Hysterese-Hypothese angesprochen wird.
Das Statistische Bundesamt ist 2017 unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise zu der Erkenntnis gekommen, dass „[s]olche Bestandszahlen ... für eine empirisch fundierte Debatte ... unerlässlich [sind]“ (Eberle 2019, S. 20). Entsprechend steht seither eine Statistik zur Verfügung, die auf Basis des vom BAMF geführten Ausländerzentralregisters die Anzahl der Personen abbildet, die „sich unter Berufung auf humanitäre Gründe in Deutschland [aufhalten]“ (Eberle 2019, S. 20). Die betreffende Personengruppe hat dabei die Bezeichnung der „Schutzsuchenden“ erhalten. Dadurch, dass diese Daten zurückreichend bis zum Jahr 2007 veröffentlicht wurden, können sie zur Überprüfung der Hysterese-Hypothese herangezogen werden. Es ist allerdings einschränkend zu erwähnen, dass nicht alle ehemaligen Asylbewerber, die in Deutschland geblieben sind, in diesem Bestand enthalten sind. So führt der Erhalt der Staatsbürgerschaft eines EU-Staats, inklusive der deutschen, zum Verlust des Status des Schutzsuchenden. Ebenso gehen Personen verloren, bei denen sich der Zweck des Aufenthalts im Laufe der Zeit geändert hat. Beispielsweise kann ein Schutzsuchender, der einen deutschen Staatsbürger heiratet, den Aufenthalt aus familiären Gründen gewährt bekommen und in der Folge aus der Statistik entfallen (Eberle 2019, S. 25).Footnote 7
Die Zahl der in Deutschland befindlichen Schutzsuchenden wird lediglich auf Jahresbasis veröffentlicht (Statistisches Bundesamt 2020). Um die Zahl der Schutzsuchenden auch auf monatlicher Basis zur Verfügung zu haben, schreiben wir beginnend mit dem Jahr 2013 die im Ausländerzentralregister zum Stichtag 31.12. des Vorjahres ermittelte Zahl der in Deutschland befindlichen Schutzsuchenden jeweils mit der Zahl der Erstanträge auf Asyl fort, die in jedem Monat des betrachteten Jahres hinzukommen. Im Dezember kommen wir mit unserer Fortschreibung dann allerdings auf eine höhere Zahl als die im Ausländerzentralregister zum 31.12. des betrachteten Jahres ausgewiesene, da wir in Ermangelung entsprechender Daten im Verlauf des Jahres erfolgte Wegzüge, Abschiebungen und Todesfälle nicht berücksichtigen können. Um hierfür zu korrigieren, ermitteln wird die Differenz zwischen der fortgeschriebenen und der tatsächlichen Zahl der Schutzsuchenden im Dezember, teilen diese durch 12 und bringen das Ergebnis in jedem Monat des jeweiligen Jahres von unseren fortgeschriebenen Zahlen zum Abzug. Wir gehen also von der Annahme aus, dass sich die Abgänge gleichmäßig über das Jahr verteilen. Im Ergebnis ergibt sich eine Zeitreihe ohne unplausible „Sprünge“.
Ergänzt wird die Datenbasis dieses Beitrags schließlich noch um drei Kontrollvariablen. Da in der Literatur über die Wählerschaft rechtspopulistischer Parteien regelmäßig darauf hingewiesen wird, dass diese Parteien in wirtschaftlichen Krisenzeiten tendenziell erfolgreicher sind (s. etwa Kriesi und Pappas 2015), haben wir dem Datensatz mit der Zahl der Arbeitslosen (Bundesagentur für Arbeit 2020), der Inflationsrate (OECD 2020) und dem Aktivitätsindex für die deutsche WirtschaftFootnote 8 (Deutsche Bundesbank 2020a) drei wichtige Indikatoren der makroökonomischen Entwicklung zugespielt. Diese Variablen stehen ebenfalls auf monatlicher Basis zur Verfügung. Die statistischen Kennzahlen aller Variablen unseres Datensatzes sind in Tab. 1 dokumentiert.
4 Empirische Analysen
In Abb. 1 ist für den Zeitraum April 2013 bis Dezember 2019 auf monatlicher Basis die Zahl der Erstanträge auf Asyl sowie außerdem die im Politbarometer ermittelte Unterstützung der AfD abgetragen. Ein Vergleich des Verlaufs dieser beiden Kurven kann erste Aufschlüsse über die Gültigkeit der empirisch zu prüfenden Hypothesen geben. In Übereinstimmung mit der Hysterie-Hypothese zeigt sich, dass der starke Anstieg der Asylantragszahlen Ende 2015/Anfang 2016 von einem deutlichen Anstieg der Unterstützung der AfD begleitet wird. Gegen die Hysterie- und für die Hysterese-Hypothese spricht, dass die Unterstützung der AfD nach dem massiven Rückgang der monatlichen Asylantragszahlen im Laufe des Jahres 2016 auf einem deutlich erhöhten Niveau verbleibt.
Eine weitere Möglichkeit zur Überprüfung der Hysterese-Hypothese besteht in einem Vergleich der Entwicklung der Zahl der in Deutschland befindlichen Schutzsuchenden mit dem Verlauf der Unterstützung der AfD (Abb. 2). Hypothesenkonform weisen beide Kurven eine große Ähnlichkeit auf: Die Zahl der in Deutschland befindlichen Schutzsuchenden steigt von April 2013 bis Mitte 2016 von einer halben Million auf 1,5 Mio. an. Gleichzeitig liegt die Unterstützung der AfD ab 2016 auf einem deutlich höheren Niveau als zuvor.
Generell ist allerdings anzumerken, dass den Möglichkeiten eines rein optischen Vergleichs der in Abb. 1 und 2 dokumentierten Zeitreihen enge Grenzen gesetzt sind, da durch bloße Betrachtung die Existenz der hier behaupteten Zusammenhänge nicht eindeutig bestätigt oder widerlegt werden kann. Dies gilt umso mehr, als sich die beiden Hypothesen nicht gegenseitig ausschließen. Eine Effektseparierung qua Augenschein ist aber praktisch unmöglich.
Im Folgenden werden die Daten aus Abb. 1 und 2 daher im Rahmen linearer Regressionsmodelle einer multivariaten statistischen Analyse unterzogen. Aufgrund der Zeitreihenstruktur der Daten werden einzelne Prämissen des linearen Regressionsmodells verletzt. Dies gilt insbesondere für die Unkorreliertheit der Residuen. Wir haben daher als Schätzverfahren den Newey-West-Algorithmus (Newey und West 1987) verwendet, der für Verzerrungen durch Autokorrelation korrigiert. Die abhängige Variable unserer Modelle bildet jeweils die in einem Monat gemessene Unterstützung der AfD in der Bevölkerung. Für den Test unserer beiden Hypothesen verwenden wir als unabhängige Variablen die Zahl der Erstanträge auf Asyl in einem Monat sowie die Zahl der in einem Monat aktuell im Land befindlichen Schutzsuchenden. Als Kontrollvariablen kommen noch die Inflationsrate, der Aktivitätsindex für die deutsche Wirtschaft sowie die Zahl der Arbeitslosen hinzu. Da die Ursache zeitlich vor der Wirkung liegen muss, berücksichtigen wir im Rahmen unserer Regressionsanalysen bei allen unabhängigen Variablen jeweils die Werte des Vormonats (in den Tabellen durch den Index „t−1“ dokumentiert).Footnote 9
In Tab. 2 ist zunächst ein Regressionsmodell dokumentiert, in dessen Rahmen nur die Zahl der Erstanträge auf Asyl (Modell 1) bzw. nur der Bestand an Schutzsuchenden (Modell 2) als (zeitverzögerte) unabhängige Variable berücksichtigt wurde. Dabei zeigt sich, dass von beiden Variablen jeweils ein signifikanterFootnote 10 Effekt auf die Unterstützung der AfD ausgeht. Das Modell mit dem Bestand an Schutzsuchenden als Prädiktor weist mit einem R2 von 50,1 % allerdings eine deutlich höhere Erklärungskraft auf als das Modell mit der Zahl der Erstanträge (11,0 %). Dies unterstreicht den bei der Betrachtung der Abb. 1 und 2 entstandenen Eindruck, dass die den Bestand an Schutzsuchenden dokumentierende Kurve eine höhere Übereinstimmung mit dem Verlauf der Unterstützung für die AfD aufweist als die Entwicklung der Zahl der Erstanträge auf Asyl.
In Modell 3 werden die Erstanträge auf Asyl und der Bestand an Schutzsuchenden simultan als Prädiktoren im Modell berücksichtigt. Von beiden Variablen gehen signifikante Effekte auf die Unterstützung der AfD aus und die Erklärungskraft (R2) des Modells erhöht sich auf 63,4 %. Die Hereinnahme des Bestands an Schutzsuchenden in das Modell bewirkt allerdings einen deutlich größeren Zuwachs an Erklärungskraft (∆R2 = 52,4 Prozentpunkte) als die Hereinnahme der Zahl der Erstanträge auf Asyl (∆R2 = 13,3 Prozentpunkte). Dies bedeutet inhaltlich, dass sich sowohl die Hysterie- als auch die Hysterese-Hypothese empirisch bestätigen, der Bestand an Schutzsuchenden für die Unterstützung der AfD aber deutlich wichtiger ist als die Zahl der neu gestellten Asylanträge. In einem letzten Modellierungsschritt werden noch die drei makroökonomischen Kontrollvariablen in das Modell eingeführt (Modell 4). Dabei erweist sich keine dieser Variablen als signifikanter Prädiktor der Unterstützung für die AfD in der Bevölkerung.Footnote 11 Die Signifikanz der Effekte der Zahl der Erstanträge auf Asyl und des Bestands an Schutzsuchenden bleibt auch bei Berücksichtigung dieser Variablen erhalten.Footnote 12
5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Dass in Deutschland auf nationaler Ebene im Zeitverlauf ein Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Asylantragszahlen und der Unterstützung für die AfD besteht, scheint so selbstverständlich zu sein, dass dies keiner eingehenden empirischen Analyse bedarf. Zumindest haben wir in der sozialwissenschaftlichen Literatur nur einige wenige Arbeiten finden können, die sich diesem Thema widmen. Hinzu kommt, dass diese Arbeiten eher unsystematisch vorgehen und sich ausschließlich auf die Inaugenscheinnahme von Zeitreihenverläufen stützen (Holtmann 2017; Steinmayr 2017; Otto und Steinhardt 2017).
Vor diesem Hintergrund konkretisieren wir in der vorliegenden Abhandlung zunächst die inhaltlichen Erwartungen bezüglich des Einflusses der Asylmigration auf die Unterstützung der AfD, indem wir zwischen der Hysterie- und der Hysterese-Hypothese unterscheiden. Diese beiden Hypothesen thematisieren den Zugang sowie den Bestand an Geflüchteten in Deutschland als mögliche Ursachen der Wahlerfolge der AfD. Darüber hinaus testen wir diese beiden Hypothesen im Rahmen multivariater statistischer Analysen. Die Ergebnisse unserer Analysen deuten darauf hin, dass beide Hypothesen Gültigkeit für sich beanspruchen können. Mit einer hohen Zahl von Asylanträgen geht in der Regel eine erhöhte Unterstützung der AfD einher (Hysterie). Diese erhöhte Unterstützung hält zumindest teilweise auch dann an, wenn die Asylantragszahlen in der Folgezeit wieder sinken, da von der Zahl der zu einem Zeitpunkt in Deutschland befindlichen Schutzsuchenden ein positiver Effekt auf die Unterstützung der AfD ausgeht (Hysterese). Der Effekt des Bestands an Schutzsuchenden erweist sich dabei als stärker als der Effekt der Zahl der Asylanträge.
Für die politische Praxis sind diese Befunde von einiger Brisanz, deuten sie doch darauf hin, dass sich der AfD aufgrund der vergleichsweise großen Zahl gegenwärtig im Land befindlicher Geflüchteter die Möglichkeit einer dauerhaften Etablierung im deutschen Parteiensystem bietet. Eine neuerliche Fluchtbewegung nach Deutschland, wie sie z. B. als Folge einer Aufkündigung des Flüchtlingsabkommens durch die Türkei eintreten könnte, würde nach den Ergebnissen unserer Analyse die Unterstützung der AfD in der deutschen Bevölkerung kurzfristig merklich erhöhen (Hysterie-Hypothese) und außerdem auch einen Anstieg des langfristigen AfD-Potenzials nach sich ziehen (Hysterese-Hypothese).
Die hier vorgelegte empirische Untersuchung hat aber auch sehr klare Grenzen. So kann sie z. B. nicht die Frage beantworten, warum es gerade die AfD ist, der die Politisierung der Asylmigration gelingt. Man kann sicher mit einiger Berechtigung argumentieren, dass die Voraussetzung hierfür in der liberalen Zuwanderungspolitik Angela Merkels und der großen Koalition während der „Flüchtlingskrise“ des Jahres 2015 zu sehen ist. Diese hat politische Räume eröffnet, die die AfD nach ihrer Metamorphose von einer wirtschaftsliberalen zu einer rechtspopulistischen Partei nun erfolgreich besetzt. Für unsere Analyse stellen diese historischen Rahmenbedingungen aber einen exogenen Faktor dar.
Auch können wir nicht beantworten, warum Deutschland lange Zeit insofern einen Spezialfall in Europa dargestellt hat, als es keine dauerhaft erfolgreiche rechtspopulistische Partei gab. Dass dies auf die historische Belastung Deutschlands durch den Nationalsozialismus und die daraus resultierende erhöhte Sensibilität der Öffentlichkeit zurückzuführen ist, stellt eine naheliegende Vermutung dar. Die „Flüchtlingskrise“ des Jahres 2015 könnte dann einen externen Schock von einer solchen Stärke dargestellt haben, dass diese gesellschaftliche Tabuisierung rechtspopulistischer Parteien in Deutschland aufgesprengt wurde. Eine solche Interpretation übersieht allerdings, dass es in Deutschland bereits in Zusammenhang mit der Asylmigration in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren eine Welle der Unterstützung rechter Parteien gegeben hat, die mit dem Asylkompromiss des Jahres 1993 ihr Ende fand. Auf diese Welle und ihr abruptes Abflauen wird von den Anhängern der Hysterie-Hypothese im politischen Raum ja häufig verwiesen. Ganz generell gilt, dass wir über die Ursachen tatsächlicher oder vermeintlicher deutscher Besonderheiten im Rahmen einer auf Deutschland beschränkten Analyse keine Aussagen treffen können. Künftige international vergleichende Analysen werden hier weitergehende Möglichkeiten eröffnen.
Für die auch nach den hohen Asylantragszahlen der Jahre 2015 und 2016 anhaltende Unterstützung der AfD in der Bevölkerung mag auch eine Rolle gespielt haben, dass die Partei sehr schnell parlamentarische Repräsentanz in Landtagen, dem Europaparlament und schließlich auch im Bundestag gewonnen hat. Der damit verbundene Zugewinn an Berufspolitikern, Mitarbeitern, finanziellen Mitteln und öffentlicher Aufmerksamkeit mag einen eigenständigen Faktor bei der Etablierung der Partei dargestellt haben. Gleichzeitig wird man aber darauf hinweisen müssen, dass die AfD diese neu gewonnenen Ressourcen in der Hauptsache dafür genutzt hat, darauf hinzuweisen, dass mit dem Grenzübertritt der Asylsuchenden und deren Asylantragstellung die sozialen Folgen der Migration nicht abgeschlossen sind, sondern erst beginnen. Insofern erfolgt hier im Wesentlichen eine Problematisierung und damit einhergehend auch Politisierung des Bestands an Schutzsuchenden in Deutschland. Dies aber ist in weitgehender Übereinstimmung mit den Implikationen der Hysterie-Hypothese.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei unserer Analyse um eine reine Aggregatanalyse handelt, die die subjektiven Problemwahrnehmungen und Verarbeitungsmechanismen auf der Ebene der Bürgerinnen und Bürger völlig außer Acht lässt. Außerdem bezieht sie sich ausschließlich auf die AfD und damit auch auf einen begrenzten Analysezeitraum. Wie eben bereits angedeutet, ist es aber nicht unplausibel anzunehmen, dass die Hysterie- und die Hysterese-Hypothese auch die Unterstützung der Republikaner, der Nationaldemokratischen Partei (NPD) und der Deutschen Volksunion (DVU) in den 1980er- und 1990er-Jahren hätte erklären können (Falter und Klein 1994). Da verlässliche Daten über den Bestand an Schutzsuchenden in Deutschland aber erst beginnend mit dem Stichtag 31.12.2007 verfügbar sind, ist eine Ausweitung des Untersuchungszeitraums mit einigen methodischen Problemen bei der Erstellung der Datenbasis verbunden. Aus unserer Sicht wäre eine solche langfristig angelegte Analyse aber insofern lohnend, als dadurch über den Einzelfall AfD hinaus auf migrationskritische rechte Parteien im Allgemeinen generalisiert werden könnte. Sie bleibt folglich ein Desiderat für die Zukunft.
Notes
Wir erfassen die Asylmigration im Rahmen des vorliegenden Beitrags über die Zahl der Erstanträge auf Asyl. Alternativ wäre es auch möglich gewesen, die Zahl der Registrierungen im sogenannten EASY-System des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu verwenden. Hier erfolgt die Ersterfassung der Asylsuchenden zum Zwecke der innerdeutschen Weiterverteilung. In der Berichterstattung der Massenmedien wird aber deutlich häufiger auf die Zahl der Erstanträge auf Asyl Bezug genommen. Die Realitäts- und Problemwahrnehmung der Bevölkerung ist folglich wesentlich durch die Zahl der Asylanträge geprägt. Hinzu kommt, dass bei der Erfassung im EASY-System lange Zeit keine personenbezogenen Daten aufgenommen wurden. Dies führte in der Flüchtlingskrise 2015 aufgrund von Fehl- und Doppelerfassungen sowie aufgrund von Weiter- und Rückreisen zu einer erheblichen Überschätzung der Asylbewerberzahlen im Rahmen des EASY-Systems.
Vgl. hierzu beispielsweise ein am 1. Juli 2018 in „The European“ veröffentlichtes Interview mit Edmund Stoiber (The European 2018).
So der Bundestagsabgeordnete der AfD Jens Maier in einer Rede vor dem Bundestag. Vgl. hierzu Deutscher Bundestag (2018).
So z. B. der AfD-Bundestagsabgeordnete Peter Böhringer (Steffen 2018).
Auf die Verwendung der Daten der sogenannten „Projektion“ wurde verzichtet, da nicht öffentlich dokumentiert ist, wie bei der Erstellung dieser Projektion konkret vorgegangen wird.
Ein Folgeantrag liegt vor, wenn eine schutzsuchende Person „nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag stellt“ (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2019b). Wir berücksichtigen nur die Zahl der Erstanträge auf Asyl, da nur diese letztlich die Zahl der zu einem Zeitpunkt neu ins Land kommenden schutzsuchenden Personen abbildet.
Die verwendeten Daten sind die bestmögliche Annäherung an den Bestand der (ehemaligen) Asylbewerber, unterschätzen diesen aber aus den genannten Gründen. Eine Alternative wäre eine fortlaufende Kumulation aller in Deutschland gestellten Asylanträge seit Bestehen der Bundesrepublik. Diese Berechnung überschätzt den Bestand aufgrund von Todesfällen, Abschiebungen und freiwilligen Ausreisen deutlich. Als Robustheitstest haben wir unsere Analysen dennoch auch mit dieser Variablen geschätzt und sind in der Substanz zu denselben Ergebnissen gelangt, wie wir sie in Abschn. 4 beschreiben.
In einer früheren Fassung dieses Beitrags hatten wir die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts als Kontrollvariable verwendet, die nur auf Quartals- und nicht auf Monatsebene zur Verfügung steht. Dies kann zu Recht als methodisch problematisch kritisiert werden, da dadurch Variablen unterschiedlicher Periodizität in die Analyse eingehen. Mit dem „Wöchentlichen Aktivitätsindex für die deutsche Wirtschaft“ (WAI) stellt die Deutsche Bundesbank (2020a) seit Kurzem einen neuartigen Indikator zur Verfügung, mit dessen Hilfe die realwirtschaftliche Aktivität in Deutschland zeitnah auf wöchentlicher Basis erfasst werden kann. „Der WAI schwankt um seinen langfristigen Mittelwert, der konstruktionsbedingt (durch die Standardisierung der Daten) bei null liegt. Folglich weisen positive Werte auf eine überdurchschnittlich stark steigende realwirtschaftliche Aktivität hin, während negative Werte eine unterdurchschnittliche Steigerung oder ein Sinken der Wirtschaftsleistung andeuten. Der WAI gibt die trendbereinigte Wachstumsrate der wirtschaftlichen Aktivität des letzten 13-Wochen-Durchschnitts … gegenüber dem vorletzten 13-Wochen-Durchschnitt … an. Mit jeder Aktualisierung des WAI verschieben sich die betrachteten Zeiträume um eine Woche. Seine Werte können demnach als rollierende 13-Wochen-Wachstumsraten interpretiert werden. Da ein Jahr aus 52 Kalenderwochen besteht (gerundet; beginnt oder endet es an einem Donnerstag, dann sind es 53), können die WAI-Werte am Ende eines Quartals näherungsweise als Veränderungsrate gegenüber dem vergangenen Quartal angesehen werden“ (Deutsche Bundesbank 2020b). Die Werte dieses neuartigen Index wurden von der Bundesbank bis zurück in das Jahr 2004 berechnet, sodass sie für unsere Analyse durchgängig verfügbar sind. Um die gleiche Periodizität wie bei den restlichen Variablen zu verwenden, haben wir die Werte des WAI durch einfache Mittelwertbildung auf monatliche Basis aggregiert. Eine Kalenderwoche wurde dabei demjenigen Monat zugerechnet, in dem mindestens vier Tage dieser Woche liegen.
Auch wenn für die abhängige Variable und ihre Prädiktoren die Werte desselben Monats verwendet werden, also auf eine zeitverzögerte Berücksichtigung der Erklärungsgrößen verzichtet wird, bleiben die Befunde inhaltlich die gleichen.
Die von uns ausgewerteten Daten stellen keine Zufallsstichprobe dar. Insofern kann eigentlich auch nicht sinnvoll mit statistischen Signifikanzen argumentiert werden. In der empirischen Forschung hat sich allerdings eingebürgert, auch bei Analysen, die nicht auf der Basis von Stichprobenerhebungen durchgeführt werden, mit statistischen Signifikanzen zu argumentieren. Über die Stichhaltigkeit der hierbei angeführten Argumente kann man durchaus streiten (vgl. hierzu Behnke [2005] sowie Broscheid und Gschwend [2005]). Um aber dem Einwand vorzubeugen, dass die gefundenen Effekte einem statistischen Signifikanztest hätten standhalten müssen, werden in diesem Beitrag ebensolche präsentiert.
Dies lässt sich vermutlich dadurch erklären, dass der in diesem Beitrag untersuchte Zeitraum durch eine sehr positive wirtschaftliche Situation gekennzeichnet war und die von uns kontrollierten makroökonomischen Variablen folglich auch keine sonderlich große Varianz aufweisen (vgl. Tab. 1). Eine Fortschreibung der Analyse unter Einbeziehung der Daten für das Krisenjahr 2020 ist daher für die Zukunft wünschenswert.
In zeitreihenanalytischen Modellen wird häufig auch die um eine Periode verzögerte abhängige Variable selbst als Prädiktor in das Modell miteinbezogen („lagged dependent variable“). Man erklärt die Ausprägung der abhängigen Variable zum Zeitpunkt t folglich durch ihre eigene Ausprägung zum Zeitpunkt t−1. Dadurch wird die Zeitreihe gewissermaßen in sich selbst verankert. Bei Zeitreihen ohne allzu große Schwankungen besitzt die zeitverzögerte abhängige Variable in aller Regel ein hohes Maß an Erklärungskraft. In unserem Beispiel beträgt die Erklärungskraft eines Modells, das nur die zeitverzögerte abhängige Variable als Prädiktor beinhaltet, immerhin bereits 70,7 %. Führt man zusätzlich die Zahl der Erstanträge auf Asyl und den Bestand an Schutzsuchenden in das Modell ein, dann steigt die Erklärungskraft auf 75,8 % und von beiden Variablen geht ein signifikanter Effekt aus. Die Hysterie- und die Hysterese-Hypothese können folglich auch unter diesen deutlich strengeren Testbedingungen bestätigt werden. Darüber hinaus bewirkt auch hier die Hereinnahme des Bestands an Schutzsuchenden in das Modell einen etwas größeren Zuwachs an Erklärungskraft (∆R2 = 1,2 Prozentpunkte) als die Hereinnahme der Zahl der Erstanträge auf Asyl (∆R2 = 0,6 Prozentpunkte).
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Klein, M., Springer, F. Hysterie und Hysterese. Die Asylmigration und der Erfolg der Alternative für Deutschland (AfD). Köln Z Soziol 72, 455–470 (2020). https://doi.org/10.1007/s11577-020-00710-2
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