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Zur Erklärung von sozialer Ansteckung beim Übergang zur Elternschaft

Ein Test vermittelnder Mechanismen

Explaining social contagion at the transition to parenthood

A test of mediating mechanisms

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KZfSS Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Auf der Basis der Bamberger Panelstudien zu Ehen und Nichtehelichen Lebensgemeinschaften (N = 1679 Paare) wird untersucht, inwieweit der Übergang zur Elternschaft durch Prozesse der sozialen Ansteckung beschleunigt wird. Die empirischen Analysen bestätigen, dass sich die Wahrscheinlichkeit einer Erstelternschaft für ein Paar erhöht, wenn der Anteil von Freunden, Bekannten oder Verwandten im interaktiven Netzwerk, die bereits Eltern sind, steigt. Im nächsten Schritt werden verschiedene Brückenhypothesen zur Erklärung von sozialen Ansteckungseffekten getestet. Hiernach erlernen vor allem jüngere Paare die Gratifikationen der Elternschaft sowie biografische Ablaufmuster, die der Familiengründung Priorität einräumen, am Modell von Netzwerkpersonen, die bereits Kinder haben. Mit steigendem Elternanteil im sozialen Netzwerk können werdende Eltern ferner zunehmend auf soziale Anerkennung hoffen. Ältere kinderlose Paare sehen sich verstärkt sozialem Druck von Seiten der Netzwerkpersonen mit Kindern ausgesetzt. Explizite Verhaltenserwartungen erweisen sich jedoch als kontraproduktiv, da sie mit einer verringerten Übergangsrate zur Familiengründung einhergehen.

Abstract

Using panel data (N = 1679 married and cohabiting couples), this paper investigates the impact of social contagion processes in first births. The empirical results confirm an association between the transition rate into parenthood and the share of network members (friends, acquaintances, siblings) with young children. Several bridge assumptions concerning the explanation of social contagion are tested. It can be shown that social networks have an impact on reproductive planning in that network members provide Ego with information on the joys and challenges of parenthood. Furthermore, younger couples whose network partners mostly still live with children, place a high priority on starting a family. Beyond that, the transition to parenthood is also found to be functional for maximizing one’s social approval when the share of network members with young children rises. Older childless couples are increasingly exposed to social pressure from friends and siblings with children. This type of social pressure decreases a couple’s propensity to start a family, though.

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Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3

Notes

  1. Der in der US-Forschung etablierte Begriff „social contagion“ (Burt 1987) wird hier mit „soziale Ansteckung“ übersetzt. Der Ausdruck hat im vorliegenden Zusammenhang eine rein metaphorische und keine epidemiologische Bedeutung.

  2. Die Beschränkung der Analyse auf Westdeutschland erscheint vertretbar, da sich Netzwerkeinflüsse (sozialer Druck, soziale Unterstützung und soziale Ansteckung) auf das generative Verhalten nach Richter et al. (2012) bei Erstgeburten nicht zwischen den alten und neuen Bundesländern unterscheiden.

  3. Alle berichteten Ergebnisse basieren auf einem gewichteten Datensatz, da von den insgesamt 887 Paaren, die in der zweiten Befragungswelle des BEP im Jahr 1990 noch kinderlos sind, nur eine zufällig ausgewählte Teilmenge von 555 vollständig befragt wurde, während bei den übrigen Personen ein telefonisches Kurzinterview stattfand. Um eine Unterrepräsentation kinderloser Personen zu vermeiden, werden entsprechend die kinderlosen Paare im BEP des Jahres 1990 mit dem Faktor 1,599 hochgewichtet (1,599 × 555 = 887). Die Abweichungen zwischen den gewichteten und ungewichteten Resultaten sind allerdings marginal.

  4. Angaben zur Trennung von Ehepaaren sind nicht Bestandteil der vom ZA ausgelieferten Datenbestände. Der Autor dankt hier Dr. Florian Schulz für seine Unterstützung.

  5. Hierbei handelt es sich um Probit-Modelle mit WLSMV-Schätzung (Muthén et al. 1997). Da dasselbe Paar im Rahmen des Long-Formats mehrfach in den Datensatz einfließen kann, werden robuste Standardfehler berechnet. Zum Prinzip der Effektzerlegung in der Dekomposition siehe Sobel (1987).

  6. Ein sozialer Druck und eine soziale Unterstützung, die von den Eltern des Befragten ausgehen, lassen sich mit den Bamberger Erhebungen ebenfalls abbilden, stehen hier allerdings theoretisch nicht im Mittelpunkt und werden daher nicht berücksichtigt.

  7. Die Kategorie „kein Ansteckungspotenzial“ bedeutet, dass keine Personen mit kleinen Kindern in den Netzwerken der Partner vorhanden sind. Ein mittleres und hohes soziales Ansteckungspotenzial heißt entsprechend, dass „einige“ oder „viele“ Netzwerkpersonen bereits Kinder haben.

  8. Der Rückgang des sozialen Ansteckungseffektes im Vergleich der Modelle 3 und 4 kann auch auf die Aufnahme der weiteren Kontrollvariablen zurückgeführt werden, deren Einflüsse mit der Forschung übereinstimmen: Ehen weisen eine deutlich höhere Übergangsrate zur Elternschaft auf als NEL, eine fehlende Erwerbsintegration senkt die Wahrscheinlichkeit einer Erstelternschaft (Blossfeld und Huinink 1991) und ein Konsens der Partner über das „ob“ und „wann“ der Familiengründung wirkt sich positiv aus (Thomson 1997).

  9. Zusatzanalysen zeigen, dass bei Kontrolle des Paarmittelwertes „Kindkompatibilität“ keine signifikanten indirekten Effekte vom entsprechenden geschlechtsspezifischen Differenzterm (Mann – Frau) ausgehen.

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Lois, D. Zur Erklärung von sozialer Ansteckung beim Übergang zur Elternschaft. Köln Z Soziol 65, 397–422 (2013). https://doi.org/10.1007/s11577-013-0213-x

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