Zusammenfassung
Seit Anfang der 1990er Jahre haben sich die Organisations- und Entscheidungsstrukturen im außeruniversitären Forschungssektor verändert. Dieser Wandel der Governanceregimes der Fraunhofer-Gesellschaft, der Max-Planck-Gesellschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft und der Leibniz-Gemeinschaft wird mit einer breiten Palette quantitativer und qualitativer Daten analysiert. Unsere Analyse zeigt, dass die Outputeffizienz der vier Einrichtungen bei Publikationen und Patentanmeldungen deutlich gestiegen ist. Im Gegensatz zum Hochschulsektor lässt sich aber bislang kein Rückzug der staatlichen Governance feststellen. Auch haben hierarchisches Forschungsmanagement, Ressourcenwettbewerb, Netzwerkkoordination und Reputationswettbewerb an Bedeutung gewonnen. Die Vervielfachung der Koordinationsmechanismen deutet auf einen Trend zur „Übersteuerung“ der außeruniversitären Forschung hin.
Abstract
Since the early 1990s, substantial changes have been observed in the organizational and decision structures of the non-university research sector. Drawing on a broad spectrum of quantitative and qualitative evidence, we investigate these changes in the governance regimes of the Max-Planck Society, the Fraunhofer Society, the Helmholtz Association and the Leibniz Association. Our analysis shows that the output efficiency of these four research organizations has increased markedly. Also, new governance mechanisms have become stronger, such as hierarchical management, resource competition, network coordination and international reputational competition. In contrast to developments in the university sector, however, we do not find evidence for a decrease in state influence. Rather, the governance regimes of research organizations have become more complex and tend to be “over-steered”.
Notes
BVerfG, 2 BvF 2/02 vom 27.7.2004, BVerfG, 2 BvF 1/03 vom 26.1.2005.
Details zu den Daten und zur Datenerhebung finden sich im Anhang.
Einzelheiten der Förderung sind in sogenannten Ausführungsvereinbarungen geregelt, die sich noch auf die Vorgängerin des seit Januar 2008 geltenden GWK-Abkommens, die „Rahmenvereinbarung Forschung“ (RV-Fo) beziehen.
Vgl. http://www.gwk-bonn.de/fileadmin/Papers/av-fhg.pdf (letzter Zugriff: 01.08.2008).
Aus differenzierungstheoretischer Perspektive ist die FhG eine organisationale Kopplung des Wissenschafts- und Wirtschaftssystems (vgl. Heinze 2005: 70 ff.).
Vgl. hierzu bereits Hohn und Schimank (1990: 79 ff.)
Im Durchschnitt sind neu berufene MPG-Direktoren 45 Jahre alt. Berechnungsgrundlage ist der Datensatz von Leilich (2007).
Vgl. hierzu auch Tabelle 7 .
Der Aufnahme und dem Austritt von Mitgliedern müssen nach der Muster-Satzung alle Verbundsmitglieder und der Vorstand zustimmen.
Zu den internen Programmen zählen: wissenschaftsorientierte strategische Allianzen (WISA), marktorientierte strategische Vorlaufforschung (MAVO) und mittelstandsorientierte Eigenforschung (MEF). Der Vorstand verausgabte im Jahr 2004 für die internen Programme ca. 9 Prozent oder 33 Mio. Euro der institutionellen Förderung (FhG 2005: 55).
Vgl. www.fraunhofer.de/fhg/Images/leitbild_tcm5-5801.pdf (letzter Zugriff: 01.08.2008).
2005 wurden Universitäten von der FhG mit der Durchführung von Projekten mit einem Volumen von insgesamt 14 Mio. Euro beauftragt (FhG 2005: 14). Im Jahr 2004 wurden nach Interviewaussagen etwa 8 von 10 Institutsleitern gemeinsam mit einer Hochschule berufen.
Beispiele für Nachwuchs- und Arbeitsgruppen gibt es zwischen FhIAP und MPIGK, FhIWM und MPIMSP sowie FhIWM und MPIE. Vgl. auch Gruss (2004: 19-20).
Seit 1979 hat dieses MPG-Unternehmen 2600 Erfindungen betreut und 1556 Verwertungsverträge abgeschlossen, aus denen über 200 Mio. Euro erlöst wurden (MPG 2006: 7).
Eigene Berechnungen mit dem Datensatz von Leilich (2007). Die Quoten des drittmittelfinanzierten Personals in diesen drei Instituten betragen: 59 Prozent, 57 Prozent, 54 Prozent. Die zehn drittmittelstärksten Institute weisen eine durchschnittliche Quote von 47 Prozent und eine Spannweite von 35 bis 59 Prozent auf.
Auch auf der Ebene der drei Sektionen wurden Perspektivenkommissionen eingerichtet.
Bereits Anfang der 1990er-Jahre wurde darauf hingewiesen, dass das Harnack-Prinzip vor allem im „negativen Sinn” wirkt, dass also Abteilungen und Institute dann nicht aufgebaut werden, wenn kein passender Kandidat rekrutiert werden kann (Vierhaus 1992: 168 ff.).
Nach Angaben der MPG sind 58 Prozent der Beiratsmitglieder ausländische Wissenschaftler, davon USA: 44 Prozent, Großbritannien: 15 Prozent und Frankreich: 13 Prozent (MPG 2000: 18-25).
Zur Verteilung der Budgetgrößen und Wissenschaftlerkapazitäten auf die Programme vgl. HGF (2005: 44, 51). Zusätzlich zu den Mitteln aus der poF erhalten die Zentren programmungebundene Mittel in Höhe von 20 Prozent der für die Forschungsbereiche insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel. Dies gibt ihnen die Möglichkeit, Forschungsthemen außerhalb der Programme aufzugreifen und zu bearbeiten.
Der Wissenschaftsrat hatte im Jahr 2001 empfohlen, die rechtliche Selbständigkeit der Zentren vorerst beizubehalten und nach „5 - 8 Jahren erneut zu prüfen” (WR 2001: 105).
Vgl. die Rede des Präsidenten Prof. Dr. Jürgen Mlynek zur Jahrestagung der HGF 2006. http://www.helmholtz.de/aktuelles/reden/reden_des_praesidenten/artikel/4/4209/ (letzter Zugriff: 01.08.2008).
Vgl. Anlage 3 der unter www.leibniz-gemeinschaft.de dokumentierten Evaluationsunterlagen (letzter Zugriff: 01.08.2008).
Die Evaluationsempfehlungen sind unter www.leibniz-gemeinschaft.de abrufbar.
Diese Eingliederung ist offensichtlich gelungen, denn die sieben früheren GMD-Institute erzielen mittlerweile hohe FuE-Erträge im Rahmen des Finanzierungsmodells der FhG (FhG 2006: 86).
Zieht man von der Zuwachsrate der Publikationen die Zuwachsrate des FuE-Budgets ab, ergibt sich für die HGF eine budgetbereinigte Zuwachsrate der Publikationen von 136 Prozent - 9 Prozent = 125 Prozent (Tabelle 2 , 3).
Vgl. beispielsweise die Berichterstattung zur Einführung der flächendeckenden Kosten- und Leistungsrechnung in der MPG (Steinbauer/Herrmann 2004).
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Die diesem Aufsatz zugrunde liegenden Arbeiten wurden im Rahmen der von der DFG geförderten Forschergruppe „Governance der Forschung“ (http://www.foev-speyer.de/ governance/) durchgeführt.
Anhang zu den Datenquellen
Anhang zu den Datenquellen
Interviewdaten
Insgesamt wurden von den Autoren für die vorliegende Studie 43 leitfadengestützte Interviews mit Repräsentanten der Dach- und Trägerorganisationen, Instituts- und Abteilungsleitern, Nachwuchswissenschaftlern, Vertretern des BMBF und Universitäten durchgeführt. Die Forschungseinrichtungen sind in den Gebieten Mediävistik, Geschichte, rote Biotechnologie, Nanotechnologie und Astrophysik tätig. Die Auswahl erfolgte in Abstimmung mit den anderen Teilprojekten der DFG-Forschergruppe „Governance der Forschung“ (FOR 517). Alle Interviews wurden vollständig transkribiert und für die Datenauswertung kodiert. Die Verteilung nach Organisationen ist wie folgt: FhG: 12; HGF: 11; MPG: 8, WGL: 7; BMBF: 3; Universitäten: 2. Die Interviews wurden in den Jahren 2004 bis 2006 durchgeführt. An den Interviews waren neben den Autoren beteiligt: Prof. Dr. Thomas Groß (Universität Gießen) und Prof. Dr. Stefan Kuhlmann (Universität Twente, NL).
Daten zur Rekrutierung von Mitgliedern der Aufsichts- und Beratungsorgane
Die in Kapitel II.6 beschriebenen Aufsichts- und Beratungsorgane des außeruniversitären Forschungssektors umfassen Aufsichtsräte (HGF), Kuratorien (FhG, MPG, WGL) und Fachbeiräte (MPG, WGL, HGF). Die Dokumentationspraxis der Mitgliederlisten für diese drei Organe ist in den vier außeruniversitären Einrichtungen sehr heterogen und teilweise lückenhaft. Daher konnten von den ursprünglich 50 ausgewählten Instituten und Zentren der FhG, MPG, HGF und WGL aus dem interdisziplinären Gebiet der Nanotechnologie nur für insgesamt 30 Zentren und Institute auswertbare Längsschnittdaten beschafft werden. Es wurden Daten für die drei Zeitfenster 1990-1993, 1996-1998, 2001-2004 erhoben. Insgesamt enthält der Datensatz 901 Personen bzw. wegen der Zugehörigkeit zu mehreren Gremien insgesamt 1299 Personeneinträge. Die Datenerhebung erfolgte in den Jahren 2005 und 2006.
Patent- und Publikationsdaten
Die in den Tabellen 3, 4 und 5 dokumentierten Kennzahlen für Publikationen und Patentanmeldungen wurden in einer Online-Recherche am Host STN (Karlsruhe) erhoben. Die Forschungsorganisationen wurden durch Suchstrings definiert, wobei unterschiedliche Schreibweisen in einem Pretest ermittelt wurden. Institute der Max-Planck-Gesellschaft erscheinen in Publikationen beispielsweise auch als MPG, MPI, Max-Planck-Society, Max-Planck-Institute. Datengrundlage für die wissenschaftlichen Publikationen sind der Science Citation Index und der Social Science Citation Index. Den Autoren ist bewusst, dass diese beiden Datenbanken nur einen Teil des gesamten Publikationsaufkommens der Forschungseinrichtungen abdecken, weil beispielsweise keine Buchpublikationen enthalten sind. SCI und SSCI repräsentieren zudem deutlich mehr englischsprachige als deutsche Publikationen. Bei den Patentanmeldungen wurden die einschlägigen Datenbanken des World Patent Index und des Deutschen Patent- und Markenamtes herangezogen. Die Datenerhebung erfolgte in den Jahren 2005 und 2006. An der Datenrecherche haben neben den Autoren beratend mitgewirkt: PD Dr. Ulrich Schmoch und Dipl.-Soz.wiss. Rainer Frietsch (Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung).
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Heinze, T., Arnold, N. Governanceregimes im Wandel. Koelner Z.Soziol.u.Soz.Psychol 60, 686–722 (2008). https://doi.org/10.1007/s11577-008-0033-6
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