Zusammenfassung
Der Beitrag analysiert die Eichstricheigenschaft des ökonomischen Gewinns und seine Verbindung zum Leistungsfähigkeitsprinzip. Zunächst werden zwei für die Eichstricheigenschaft und das Leistungsfähigkeitsprinzip kritische Effekte, der Zins- und der Zeitfenstereffekt, identifiziert. Dann wird gezeigt, dass sich aus den Effekten resultierende Probleme durch die zusätzliche Besteuerung des Kapitalwerts abmildern lassen. Die Abmilderung der Effekte durch eine zusätzliche Besteuerung des Kapitalwerts wird schließlich anhand eines Einsatzbereiches neutraler Steuersysteme, der Verwendung als Referenzsystem im Rahmen von Effektivsteuersätzen, dargestellt. Zuletzt wird auf Grenzen des Konzepts eingegangen.
Abstract
We analyse the the concept of economic income taxation with regard to investment neutrality and the ability to pay principle. We build a bridge between the sum of economic incomes, net present value and the sum of total cash flows. Further it is shown, that the use of economic income for the evaluation of tax systems is distorted by two effects, the interest effect and a so called time-window effect. As to mitigate these effects we propose to include the net present value in the tax base. We apply both concepts to the field of neutrality based effective tax rates on the one hand and we discuss their limits under realistic circumstances on the other hand. In both cases our concept provides at least better results than those achieved under the traditional economic income concept.
Notes
Vgl. König (1997, S. 45).
Der ökonomische Gewinn wird in der Literatur jedoch auch als ewige Rente konzipiert, vgl. z. B. König u. Wosnitza (2004, S. 169).
Vgl. König u. Wosnitza (2004, S. 169).
Vgl. Homburg (2007, S. 246).
Vgl. z. B. Schneider (1992, S. 242).
Vgl. BVerfGE 66, 214/223 ff, BVerfGE 27, 58 (68) in Verbindung mit Birk (1983, S. 51); Elschen (1991, S. 111 f.).
Vgl. Schneider (1997, S. 255).
Angedeutet auch bei Elschen (1991, S. 105 f., 113).
Vgl. zum Folgenden auch Schneider (2001, S. 807).
Vgl. Wenger (1983, S. 210 f.).
Wenger (1983, S. 212).
Vgl. Schwinger (1994, S. 44).
Um von einer Betrachtung von Investitionen zu einer Betrachtung von Konsumplänen zu kommen, muss im Rahmen der ökonomischen Gewinnkonzeption für jede Investition jeweils eine Abänderung der steuerlichen Bemessungsgrundlagen erfolgen, welche die ökonomischen Gewinne nicht mehr als Einkommen bezogen auf die Zahlungsstromstruktur der getätigten Investition anfallen lässt, sondern diese als Einkommen auf die Zahlungsstromstruktur des Konsumplans bezieht. Der Grund für diese Abänderung liegt darin, dass zwischen den anfallenden Ein- und Auszahlungen der Investition und den vorgesehenen Konsumauszahlungen zu versteuernde Zwischenfinanzierungen bzw. –anlagen am Kapitalmarkt notwendig werden, um die Zahlungsstromstruktur des jeweiligen Konsumplans zu erzeugen soweit dieser nicht mit jener der Investition übereinstimmt, vgl. auch Schwinger, 1994, S. 42.
Soll, wie im Aufsatz, eine Investition separat und unabhängig von möglichen Konsumplänen, die sich damit verwirklichen ließen, einer Betrachtung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip zugänglich gemacht werden, ist es darum sinnvoll, die für unterschiedliche Konsumpläne jeweils unterschiedlich ausfallenden jeweiligen Zwischenfinanzierungen und –anlagen am Kapitalmarkt aus der Betrachtung auszuschließen und allein die durch die Investition hervorgerufene Zahlungsreihe in den Fokus zu stellen. Wird der damit zugrunde gelegten Betrachtungsweise gefolgt, sind die für eine Steuerbemessungsgrundlagenkorrektur auf Konsumpläne zu berücksichtigenden Zwischenfinanzierungen und –anlagen als separate Investitionen zu betrachten, die ihrerseits auf ihre Leistungsfähigkeit hin zu beurteilen sind, wobei dies unproblematisch ist, da diese Investitionen sowohl ex ante als auch in der ex post Betrachtung jeweils dem vertretenen Leistungsfähigkeitsbegriff genügen.
Dies entspricht ex ante einem Gleichmäßigkeitskonzept mit einem rechnerischen Einheitszins von Null, vgl. dazu auch Wenger (1983, S. 244).
Genau hinsichtlich dieser theoretischen Verrechnung der Zahlungen besteht jedoch Uneinigkeit, vgl. Wenger (1985b, S. 710).
Vgl. zu dieser Forderung auch Wenger (1983, S. 215).
Anderes gilt, wenn Inflationsphänomene in die Überlegungen einbezogen werden, wovon hier allerdings abgesehen wird.
Vgl. dazu BFH v. 17.05.1960, I 35/37, BStBl. III 1960, S. 306; BFH v. 16.01.1975, IV R 180/71, BStBl. II 1975, S. 528.
Gegenschluss aus Schneider (1997, S. 267).
Im Beispiel bereits implizit zu finden bei Schneider (1997, S. 42).
D stellt hierbei die Entfernung zum Zeitpunkt der ersten Zahlung, also i.d.R. der Anschaffungsauszahlung, dar. Für D = 3 gilt z. B., dass der Betrachtungszeitpunkt der Investition bereits 3 Perioden vor t = 0 liegt. Es ergibt sich in diesem Fall C−3.
Vgl. auch Haase (1990, S. 113).
Vgl. z. B. Wenger (1983, S. 249 f): „Gegen die Besteuerung des ökonomischen Gewinns spricht überdies der höchst eigenartige Ansatzpunkt der Steuerbemessung. Bezogen auf das Lebenseinkommen kommt jeder Steuerpflichtige in den Genuß eines Freibetrags in Höhe des individuellen (!) Anfangskapitalwerts“.
Nicht bereinigt werden können so Tarifeffekte, die an die periodische Bemessungsgrundlage gebunden sind, wie progressive oder nicht konstante Steuersätze.
Für die anderen von Knirsch dargestellten Bezugsgrößen, vgl. insbesondere Knirsch (2007), gelten die im Folgenden getätigten Aussagen analog.
Werden im Folgenden Kapitalwerte ohne Zeitindex bezeichnet, handelt es sich um den Zeitpunkt t = 0.
Eine vollständige Auflösung nach sri ist nicht möglich; wegen is = i (1−sri) findet sich sri auch auf der rechten Seite von (21). Eine numerische Lösung der Gleichung ist jedoch unproblematisch.
Vgl. Anhang A2.
Vgl. bereits Wenger (1999, S. 53).
Anderer Ansicht offenbar Richter (1990, S. 761).
Vgl. bereits Wenger (1999, S. 51).
Vgl. Ordelheide (1988, S. 275).
Vgl. Ordelheide (1988, S. 275).
Vgl. König (1997, S. 58–61).
Vgl. auch König u. Wosnitza (2004, S. 173).
So bereits König u. Wosnitza (2004, S. 175 f.).
Dass die Cashflow-Steuer referenzpunktunabhängig ist, ist bekannt, vgl. z. B. Sureth (1999, S. 218).
Vgl. dazu und zu möglichen Lösungsansätzen auch Elschen u. Hüchtebrock (1983, S. 275–278).
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Danksagung
Die Autoren bedanken sich für die sehr konstruktiven Anmerkungen zweier anonymer Gutachter, deren Hinweise maßgeblich zur Qualität des Manuskripts beigetragen haben.
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Appendices
Anhang A1
Knirsch (2002) schlägt vor, den Steuerkeil (Differenz der Zielgrößen vor und nach Steuern) einer betrachteten Investition zum Steuerkeil eines neutralen Steuersystems ins Verhältnis zu setzen und mit dem nominellen Steuersatz zu multiplizieren. In der renditebezogenen Betrachtung ergibt sich hieraus der gleiche Effektivsteuersatz wie bei der Auflösung der nachsteuerlichen Rendite nach s (vgl. Gleichung (12)):
Aufgrund der Übereinstimmung der beiden Vorschläge im renditebezogenen Fall sowie aufgrund der Tatsache, dass die Darstellung von effektiven Steuersätzen meist in Abhängigkeit von Renditen erfolgt, wurden als Zielgrößen Renditen gewählt.
Anhang A2
Die Effektivsteuersätze bei Niveauinvarianz übersteigen den Wert 1 an folgender Stelle:
Anhang A3
Durch Nullsetzen der Ableitung der nachsteuerlichen Rendite im Fall der rangfolgeinvarianten Besteuerung kann der Punkt des Steigungswechsels berechnet werden:
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Diller, M., Grottke, M. Grenzen und Erweiterungsmöglichkeiten der investitionsneutralen Besteuerung nach dem ökonomischen Gewinn. Z Betriebswirtsch 80, 123–146 (2010). https://doi.org/10.1007/s11573-009-0337-7
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DOI: https://doi.org/10.1007/s11573-009-0337-7
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- Neutrality based effective tax rates
- Investment neutral tax systems
- Economic income
- Ability to pay principle