Lernziele

Nach erfolgreicher Bearbeitung dieses Fortbildungsbeitrags sind Sie in der Lage, …

  • die Maßnahmen der Basishygiene in nephrologischen Behandlungseinheiten zu benennen.

  • ein sinnvolles Vorgehen bei dialysepflichtigen Patienten mit Virushepatitis zu beschreiben.

  • Hygienemaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung resistenter oder kontagiöser Krankheitserreger festzulegen.

  • Risikofaktoren für Blutstrominfektionen zu bewerten.

  • wasserhygienische Konzepte für Dialyseeinrichtungen zu beschreiben.

Einleitung

Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz sind durch Infektionen besonders gefährdet. Das Register des US Renal Data System weist Infektionen mit 11 % der Todesursachen aus. In USA werden Dialysepatienten im Schnitt 1,7-mal im Jahr hospitalisiert. Jeder 4. Krankenhausaufenthalt ist durch eine Infektion bedingt; viele davon sind grundsätzlich durch Hygienemaßnahmen zu vermeiden. Chronisch Nierenkranke haben eine dauerhafte systemische Inflammation, die zur Entwicklung kardiovaskulärer Komplikationen erheblich beiträgt. Für die Entstehung dieser Inflammation können bakterielle Kontaminationen von Dialyseflüssigkeiten sowie Biofilm in zentralvenösen Kathetern (ZVK) eine Rolle spielen. Die kohortierte Behandlung von Hämodialysepatienten in Dialysezentren sowie der häufige Einsatz von Antibiotika schaffen eine besondere epidemiologische Situation hinsichtlich der Kolonisation mit und der Verbreitung von Viren oder auch resistenten Bakterien.

Basishygiene

Die wichtigste Basismaßnahme der Hygiene ist auch in der Nephrologie die optimale Händehygiene. Hierzu gelten die allgemeinen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO; 5 Momente der Händehygiene [1]). Demnach sind die Hände stets zu desinfizieren:

  • vor Patientenkontakt,

  • vor aseptischen Tätigkeiten,

  • nach Kontakt mit potenziell infektiösen Materialien,

  • nach Patientenkontakt,

  • nach Kontakt mit Oberflächen in unmittelbarer Umgebung des Patienten.

Merksatz

Wichtigste Basismaßnahme der Hygiene ist auch in der Nephrologie die optimale Händehygiene.

An jedem Behandlungsplatz sollten Desinfektionsmittelspender zur Verfügung stehen, damit diese Maßnahme auch gut umgesetzt werden kann. Es hat sich bewährt, den Händedesinfektionsmittelverbrauch einer Dialyseeinrichtung systematisch zu überwachen. Da für eine fachgerechte Händedesinfektion etwa 3 ml Desinfektionsmittel benötigt werden, lässt sich die Anzahl der Desinfektionen pro durchgeführte Dialyse berechnen. Ein guter Richtwert hierfür liegt bei 5 oder mehr Desinfektionen pro durchgeführte Dialyse.

Eine vorteilhafte Organisation von Arbeitsabläufen, besonders bei Dialysebeginn und -ende, kann die Anzahl der notwendigen Händedesinfektionen reduzieren. Dazu können auch abgepackte Sets mit Verbrauchsmaterialien für das An- und Abhängen der Dialyse gehören.

Ein weitere wichtige Basismaßnahme ist das Tragen keimarmer Schutzhandschuhe bei jeder Maßnahme am Patienten, bei der die Möglichkeit eines Kontakts mit Blut oder Körpersekreten besteht. Die Handschuhe sind vor jedem neuen Patienten zu wechseln, wobei vor jedem Anlegen der Handschuhe eine Händedesinfektion erfolgt. Nur in Ausnahmefällen können Sie überdesinfiziert werden, wenn der Handschuhhersteller dies ausdrücklich erlaubt und weitere Tätigkeiten am gleichen Patienten erfolgen. Maschinen und patientennahe Oberflächen sind nach jeder Behandlung desinfizierend zu reinigen.

Aus Gründen des Arbeitsschutzes ist bei der Shuntpunktion oder der Katheterkonnektion nicht nur die Verwendung von Einmalhandschuhen, sondern auch die Anwendung eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS) mit Schutzbrille oder eines Schutzvisiers empfohlen [2].

Arbeitsorganisatorisch ist die Vorbereitung parenteral zu verabreichender Medikamente zu bedenken; sie dürfen nur an einem reinen Arbeitsplatz mit desinfizierter Oberfläche vorbereitet werden, die Verteilung im Zentrum muss sternförmig erfolgen. Bei der Verwendung von Multidose-Gebinden sind die Anwendervorschriften exakt einzuhalten. Das Abfallmanagement benötigt ebenfalls Aufmerksamkeit; Schlauchsysteme, Dialysatoren und andere Materialien sind am Behandlungsplatz in geeignete Behälter zu verpacken und in zentrale Sammelstellen zu verbringen.

Merksatz

Parenteral zu verabreichende Medikamente dürfen nur an einem reinen Arbeitsplatz mit desinfizierter Oberfläche vorbereitet werden.

Die Vorgaben zur Basishygiene sind – wie auch die spezielleren Hygienemaßnahmen – in einem Hygieneplan der Behandlungseinrichtung zu verzeichnen, der als Grundlage für die regelmäßige Schulung aller Mitarbeiter dient.

Blutübertragbare Viruserkrankungen

Die Verbreitung von viralen Hepatitiden stellte historisch ein zentrales Problem in der Dialyse dar. Inzwischen hat man gelernt, die Verbreitung blutübertragbarer Viren durch Hygienemaßnahmen sicher zu vermeiden (siehe Tab. 1). Da Dialysemaschinen das Virus nicht durch die Hydraulik und das Geräteinnere übertragen können, steht hier die Oberflächendesinfektion ganz im Vordergrund. Wird ein Gerät mit Blut kontaminiert, könnten Blutkontaminationen durch die Hände des Dialysepersonals auf einen nachfolgenden Patienten übertragen werden. Eine ordnungsgemäße Oberflächendesinfektion hingegen verhindert eine Weiterverbreitung. Ist diese zwischen den Behandlungsschichten sichergestellt, ist es nicht mehr unbedingt nötig, Patienten, die mit Virushepatitis infiziert sind, eine separate Dialysemaschine zuzuweisen. Eine fachgerechte Oberflächendesinfektion ist in jedem Fall erforderlich. Gerade bei Behandlung hepatitisinfizierter Patienten kann es aber ratsam sein, die Verantwortlichkeit bei der Desinfektion jeweils durch eine Unterschrift des Durchführenden auf einem Protokoll zu stärken.

Tab. 1 Besondere Schutzmaßnahmen bei der Dialyse von Patienten, die mit Hepatitis B oder C infiziert sind

Merksatz

Bei Behandlung hepatitisinfizierter Patienten kann es ratsam sein, die Verantwortlichkeit bei der Desinfektion jeweils durch Unterschrift des Durchführenden auf einem Protokoll zu stärken.

Die Behandlung von virusinfizierten Patienten in separaten Räumen kann immer noch sinnvoll sein, da dies die gleichzeitige Betreuung infizierter und nichtinfizierter Patienten durch das gleiche Personal unterbindet. Auch wenn im Routinebetrieb die Basishygiene eingehalten wird, kann es in Notfallsituationen ansonsten geschehen, dass auf die Händedesinfektion nicht geachtet wird und Blutspritzer von einem Patienten auf den anderen übertragen werden. Mitunter kann dieses Ziel auch durch eine Kennzeichnung entsprechender Behandlungsplätze ohne räumliche Trennung erreicht werden.

Besondere Hygienemaßnahmen in Abhängigkeit vom Krankheitserreger

Zusätzlich zur Basishygiene sind bei Kolonisation oder Infektion mit bestimmten bakteriellen oder viralen Krankheitserregern erweiterte Hygienemaßnahmen in Dialyseeinrichtungen erforderlich.

Methicillinresistenter Staphylococcus aureus (MRSA)

Die Prävalenz der Kolonisation mit MRSA wird bei deutschen Dialysepatienten auf 2–5 % geschätzt [3]. Kolonisation ist keine Krankheit, sie stellt jedoch einen Risikofaktor für Infektionen mit diesem Bakterium dar, die dann aufgrund des Resistenzmusters schwieriger zu behandeln sind. Die Kolonisation findet sich auf der Nasen- und Rachenschleimhaut sowie auf der Haut, wo sie am Haaransatz, in der Leiste oder der Rima ani mit Abstrichen gesucht wird. Die Kolonisation mit MRSA ist nur aufgrund der Behandelbarkeit der Infektion problematisch, der Erreger ist nicht virulenter als antibiotikasensible Staphylokokken (MSSA). Auch eine Besiedlung mit MSSA erhöht das Risiko z. B. für Wund- oder Blutstrominfektionen.

Patienten, die neu in ein Dialyseprogramm kommen oder nach einem Krankenhausaufenthalt zurückkehren, werden nur per Abstrich auf MRSA-Kolonisation gescreent, wenn sie innerhalb der letzten 6 Monate für mindestens 4 zusammenhängende Tage stationär behandelt wurden.

Kolonisierte oder infizierte Patienten sind bis zu einer erfolgreichen Dekolonisation in einem abgegrenzten Bereich (oder kohortiert) zu behandeln. Die Abgrenzung muss das Ziel erreichen, dass kolonisierte und nichtkolonisierte Patienten nicht die gleichen Oberflächen berühren, Medizinprodukte gemeinsam nutzen oder vom gleichen Personal betreut werden, ohne dass dieses beim Patientenwechsel die nötigen Schutzmaßnahmen durchführt. Zu diesen Schutzmaßnahmen gehören bei direktem Patientenkontakt der Schutzkittel, Handschuhe, MNS sowie die akribische Händehygiene. Die Abgrenzung soll helfen sicherzustellen, dass das Personal auch im Notfall die Maßnahmen nicht vergisst.

Merksatz

Kolonisierte oder infizierte Patienten sind bis zu einer erfolgreichen Dekolonisation in einem abgegrenzten Bereich (oder kohortiert) zu behandeln.

Eine Kolonisation mit MRSA ist – im Gegensatz zur Infektion – keine Indikation zur Anwendung von systemischen Antibiotika. Es gibt jedoch wirksame Dekolonisationsmaßnahmen, die bei 50–60 % der Patienten zur dauerhaften Entfernung des Bakteriums führen [4]. Eine Dokolonisationsbehandlung umfasst immer ein Maßnahmenbündel (Infobox 1); wichtigster Grund für ein Versagen der Behandlung ist die inkonsequente Ausführung.

Infobox 1 Maßnahmenbündel zur MRSA-Dekolonisation, durchzuführen für 5 Tage [5]

  • Mupirocin-Nasensalbe (3-mal/Tag, stecknadelkopfgroße Menge pro Nasenloch)

  • antiseptisches Gurgeln (3-mal/Tag nach dem Zähneputzen, z. B. mit Chlorhexidinlösung)

  • Waschen von Haut und Haaren (1-mal/Tag mit antiseptischer Seife duschen oder baden und Haare waschen)

  • Wechseln aller Textilien nach der Körperwaschung (Bettwäsche, Schlafanzug, Unterwäsche, Oberbekleidung, Handtücher, Waschlappen)

  • Desinfektion aller Körperpflegeutensilien (z. B. Kämme, Haarbürsten, Zahnbürsten), alternativ Verwendung von Einmalmaterial

  • Desinfektion persönlicher Gegenstände (z. B. Hörgeräte, Brillenbügel, Schmuck)

  • Nutzung von Deosprays statt Deorollern, möglichst Verzicht auf Kosmetika

  • Wischdesinfektion aller Handkontaktflächen (1-mal/Tag, z. B. Türklinken, Telefon, Medikamentenbox)

Multiresistente gramnegative Bakterien (MRGN)

Für das Gesundheitssystem werden die MRGN immer bedeutsamer, da Kolonisationen zunehmen. Wie für MRSA gilt, dass die Kolonisation keine Krankheit darstellt, jedoch das Risiko steigert, an einer antibiotisch schlecht behandelbaren Infektion zu erkranken. Hinter dem Begriff MRGN verbirgt sich eine große Anzahl sehr unterschiedlicher Bakterienspezies mit durchaus unterschiedlichem Resistenzmuster. Entsprechend sind auch die Infektionsrisiken und die verursachten Krankheitsbilder sehr unterschiedlich. Die wichtigsten Spezies sind Klebsiella, E. coli, Enterobacter, Pseudomonas und Acinetobacter. Der MRGN-Phänotyp wird durch die Resistenz gegen die Hauptklassen der Antibiotika definiert (Acylureidopenicilline, Cephalosporine, Carbapeneme, Fluorchinolone). So unterschiedet man Bakterien, die gegen 3 dieser Klassen resistent sind (3MRGN), von solchen, die auf keines der genannten Antibiotika ansprechen (4MRGN). Bei den meisten Bakterienspezies ist es die Carbapenemresistenz, die zum 4MRGN-Phänotyp führt.

Obwohl eine Kolonisation mit derartigen Bakterien bei chronisch Nierenkranken äußerst unerwünscht ist, wird ein generelles, gar regelmäßiges Screening nicht empfohlen [6]. Dies hätte auch in den meisten Fällen keine rational begründbare Konsequenz. Ein gezieltes risikobasiertes Screening ist hingegen sinnvoll. Es zielt v. a. darauf ab, Kolonisationen mit 4MRGN zu identifizieren. Die Besiedelung findet sich hauptsächlich als Bestandteil der Darmflora; Atemwegs- und Nasenschleimhautkolonisationen werden ebenfalls beobachtet. So werden Abstriche zum Screening rektal genommen und sind bei Patienten indiziert, die kurz zuvor Kontakt mit dem Gesundheitssystem in Ländern hatten, in denen die 4MRGN-Prävalenz sehr hoch ist, oder bei solchen, die mit nachweislich 4MRGN-kolonisierten Personen engen Kontakt hatten.

Auch die hygienischen Sondermaßnahmen orientieren sich am Resistenzmuster der Bakterien. Aufgrund der sehr eingeschränkten Therapierbarkeit von 4MRGN-Infektionen werden bei Kolonisation Schutzmaßnahmen mindestens wie bei MRSA vorgenommen – auch in der ambulanten Dialyse. In der 4MRGN-Kategorie finden sich auch Bakterien, die antibiotisch nahezu nicht mehr therapierbar sind. Je nach Spezies und Resistenzmuster können daher noch deutlich intensivere Isolierungs- und Schutzmaßnahmen nötig werden (z. B. bestimmte Klebsiella- oder Acinetobacter-Stämme). Bei Behandlung von Patienten, die mit 4MRGN kolonisiert sind, empfiehlt sich stets eine fallindividuelle Beratung durch einen Krankenhaushygieniker.

Merksatz

Bei Behandlung von Patienten, die mit 4MRGN kolonisiert sind, empfiehlt sich stets eine fallindividuelle Beratung durch einen Krankenhaushygieniker.

Bei Kolonisation mit 3MRGN sollte eine Beurteilung des Übertragungsrisikos in einer Dialyseeinrichtung vorgenommen werden. Natürlich ist auch hier die Vermeidung der nosokomialen Übertragung zwischen Patienten wichtig. Hygienemaßnahmen sind hier nicht am Nachweis von 3MRGN auszurichten (auch sind „Kontrollabstriche“ nicht zielführend), sondern am individuellen Übertragungsrisiko. So kann beim gleichen Bakterienstamm ein hohes Übertragungsrisiko vorliegen, wenn ein bronchial kolonisierter Tracheostomaträger dialysiert werden muss, während ein mobiler, allgemeine Hygieneregeln beachtender Patient, der den Keim in seiner Darmflora trägt, nur ein sehr geringes Transmissionsrisiko aufweist.

Die Kolonisation mit MRGN als Bestandteil der Darmflora bleibt oft über viele Monate bestehen. Da sich die Bakterien wie antibiotikasensible Stämme ihrer Spezies verhalten, besteht kein Selektionsdruck, der zur Elimination führt. Antibiotikagaben sind nicht geeignet, eine sichere Elimination zu erzielen. Hingegen haben sie erhebliche Risiken, darunter die Förderung weiterer Resistenzen. Systemische Antibiotika sollten daher bei MRGN-Nachweis möglichst gemieden werden. Auch gibt es keine anderen, der MRSA-Situation vergleichbaren Dekolonisationsmaßnahmen. Weil das so ist und weil die Hygienemaßnahmen sich nicht am Nachweis der Bakterien, sondern an den Übertragungsrisiken orientieren, sollten keine Kontroll- oder Verlaufsabstriche genommen werden. Diese sind auch deshalb nicht zielführend, weil ein negativer Abstrich keineswegs bedeutet, dass das Bakterium nicht mehr im Darm siedelt.

Vancomycinresistente Enterokokken (VRE)

VRE sind grampositive Bakterien, die ähnlich den MRGN den Darm besiedeln. Sie können schwerwiegende Blutstrominfektionen auslösen; dies geschieht glücklicherweise selten. Hinsichtlich des Screenings und der Hygienemaßnahmen gelten die gleichen Überlegungen wie bei 3MRGN. Auch hier werden die Übertragungsrisiken betrachtet, nicht der Bakteriennachweis (hohes Risiko bei Durchfallerkrankung, niedriges bei ansonsten gesunden Dialysepatienten). Die Kolonisation bleibt über viele Monate bestehen. Nachweis von VRE bei Hygienekontrollen und nosokomiale Verbreitung von VRE sind ein untrüglicher Marker für unzureichende Basishygiene in einem Behandlungsbereich [7].

Merksatz

Nachweis von VRE bei Hygienekontrollen und nosokomiale Verbreitung von VRE sind ein untrüglicher Marker für unzureichende Basishygiene in einem Behandlungsbereich.

Akute infektiöse Durchfallerkrankungen

Akute Durchfallerkrankungen müssen stets zu erweiterten Hygienemaßnahmen führen, da eine infektiöse Genese sehr wahrscheinlich und die Ansteckungsgefahr hoch ist. In dieser Situation muss – wie auch bei Auftreten von VRE oder MRGN-Kolonisationen – stets auch an die sanitären Einrichtungen gedacht werden. Entweder nutzen betroffene Patienten ausschließlich einen Toilettenstuhl in ihrem separaten Behandlungsraum, oder die Toilette und die Oberflächen in Griffweite des Patienten werden unmittelbar nach Benutzung desinfizierend gereinigt.

Einige infektiöse Erreger sind besonders problematisch, weil sie besonders kontagiös sind (Noroviren) oder zu einer chronischen Besiedlung (Clostridien) führen können.

Allgemein gilt für alle infektiösen Diarrhöen, dass die Einzelzimmerisolation bis 48 h nach Sistieren der Durchfallsymptomatik aufrechterhalten werden muss. Die Entscheidung zur Aufhebung der Sondermaßnahmen hängt somit nicht von Abstrichen ab, sondern von der klinischen Symptomatik. Das gilt auch für Noroviren und Clostridien [8]. Bei Letzteren bleibt der Erreger- oder Toxinnachweis mitunter noch eine Weile positiv, was jedoch nicht zur Beibehaltung der Isolierung führen muss.

Noroviren und Clostridien sind nicht auf alle Hände- und Oberflächendesinfektionsmittel sensibel; sind diese Erreger nachgewiesen, muss auf viruzide („begrenzt viruzid plus“ ist auch geeignet) bzw. sporozoide Mittel ausgewichen werden.

Virale respiratorische Erkrankungen

Grundsätzlich sind Dialysepatienten – wie alle anderen Menschen auch – gehalten, bei oberen Atemwegsinfektionen Abstand zu anderen Menschen zu halten, hygienisch zu niesen und zu husten (in ein Einwegtaschentuch oder notfalls in die Ellenbeuge) und auf Händehygiene zu achten.

Besondere Bedeutung gewinnen diese Maßnahmen bei epidemischen (Influenza) oder gar pandemischen (SARS[„severe acute respiratory syndrome“]-CoV‑2 [Coronavirus 2]) Situationen. Kommt es zu einer solchen Infektionsverbreitung, sind zusätzliche Vorkehrungen zu ergreifen. Grundsätzlich unterschieden diese sich bei der jährlichen Influenzawelle und bei einer pandemischen Notlage nicht; stets geht es darum, die mit Tröpfchen und Aerosolen verbreiteten Viren daran zu hindern, bisher nichtinfizierte Personen zu erreichen. Für Dialyseeinrichtungen bedeutet dies: Patienten mit Symptomatik und/oder Fieber dürfen das Dialysezentrum nicht unangekündigt betreten. Sie müssen bereits vor Anfahrt telefonisch Rücksprache halten und das Vorgehen abstimmen. Im Dialysezentrum müssen sie einen MNS anlegen, die Hände desinfizieren und den Behandlungsplatz (Einzelzimmer oder Kohortenisolierung) aufsuchen, ohne Mitpatienten oder Personal ohne Schutzausrüstung zu begegnen. Bei der Behandlung muss das Dialysepersonal adäquate persönliche Schutzausrüstung tragen (bei aerosolübertragbaren Viren sind Atemschutzmasken der Schutzklasse FFP2 zu tragen). Nach der Behandlung ist eine Desinfektion der patientennahen Oberflächen im Behandlungsbereich erforderlich.

Merksatz

Besondere Bedeutung gewinnen die Hygienemaßnahmen bei epidemischen (Influenza) oder pandemischen Situationen.

SARS-CoV-2-Infektionen

Mit Beginn des Jahres 2020 trat ein neues Coronavirus zunächst in China auf, das schwere respiratorische Infektionen auslöst. Die weltweite Ausbreitung des Virus bis März führte dazu, dass die WHO eine Pandemiesituation feststellte. Auch in Deutschland wurden umfangreiche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung ergriffen. Chronisch Nierenkranke und Dialysepatienten gehören zur Risikogruppe für schwere Verläufe der SARS-CoV-2-Infektion. Aus Italien und Frankreich, Ländern mit rascherer Verbreitung des Virus und höherer Sterblichkeit, wurden besonders hohe Mortalitäten bei Dialysepatienten berichtet. Die besondere Behandlungssituation von Zentrumsdialysepatienten stellt eine Herausforderung für den Infektionsschutz dar, bei SARS-CoV‑2 noch mehr als bei allen anderen bakteriellen und viralen Infektionen.

Die Übertragung von SARS-CoV‑2 erfolgt ganz überwiegend durch Tröpfcheninfektion und Aerosole, eine Übertragung durch Schmierinfektionen ist möglich, steht aber nicht im Vordergrund. Die Vermeidungsstrategien gegen nosokomiale Ausbreitung in Dialysezentren fußen daher auf einer rechtzeitigen Erkennung und Isolierung Betroffener sowie auf einem Schutz von Personal und Mitpatienten durch allgemeine Hygienemaßnahmen und Einsatz geeigneter persönlicher Schutzausrüstung. Die rechtzeitige Erkennung ist dadurch erschwert, dass Infizierte das Virus bereits im Mittel 5 bis 6 Tage vor Eintreten einer klinischen Symptomatik (respiratorische Symptome, Husten, Halsschmerzen, Anosmie, Fieber, Dyspnoe) verbreiten und andere anstecken können.

Ansteckungsgefahren in ambulanten Dialysezentren können gemindert werden, wenn konsequent vermieden wird, Personen, die Kontakt zu Infizierten hatten, ohne Sicherungsmaßnahmen ins Zentrum einzulassen. Dies gilt für Patienten wie für das Personal. Auch Fieberkontrollen mittels Distanzmessung am Eingang sind sinnvoll. Patienten mit respiratorischen Symptomen müssen sich stets vor Betreten einer Einrichtung anmelden.

Kontaktpersonen oder Infizierte müssen in Dialyseeinrichtungen in separaten Räumen getrennt von nichtinfizierten Patienten behandelt werden. Die Diagnose kann innerhalb einiger Stunden aus einem Rachenabstrich mittels PCR („polymerase chain reaction“) gestellt werden. Die Serologie ist hingegen nicht zur Diagnostik der akuten Infektion geeignet. Anlasslose Routineabstriche bei Personal oder Patienten werden nicht empfohlen und derzeit (Stand Juni 2020) auch nicht von den Kostenträgern übernommen. Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion oder -Verdacht sollen, wenn dies aufgrund ihres klinischen Zustands vertretbar ist, einen MNS während ihres Aufenthalts im Dialysezentrum tragen. Ein MNS schützt die Umgebung vor Tröpfchen, die von seinem Träger ausgehen. Das Personal der Dialyseeinheit soll generell einen MNS tragen, bei Betreuung Infizierter hingegen eine Maske nach Schutzstandard mindestens FFP2 verwenden. Solche Masken schützen den Träger vor Aerosolen aus der Umgebung.

Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion können in Dialyseeinrichtungen kohortiert behandelt werden. Sie sollen durch Personal betreut werden, das während der Behandlungsschicht keine nichtinfizierten Patienten betreut. Die Betriebsorganisation während der Pandemie hängt sehr von der jeweiligen lokalen epidemiologischen Situation ab. Bei hoher Prävalenz akuter Infektionen kann es geboten sein, separate, sich nicht durchmischende Schichtbesetzungen zu bilden. Dies reduziert die Gefahr, dass große Teile des Personals bei Kontakt aufgrund von Quarantäneanordnungen ausfallen. Quarantäneverfügungen der Gesundheitsämter können leicht dazu führen, dass Dialyseeinrichtungen nicht mehr funktionsfähig sind. Für solche Situationen hat das Robert Koch-Institut die Möglichkeit geschaffen, einen Personalnotstand zu erklären. In einer solchen Situation kann nichterkranktes Dialysepersonal trotz Kontakt mit Infizierten unter Auflagen weiter eingesetzt werden. Eine Kohortierungsvariante kann auch darin bestehen, zwischen Dialyseeinrichtungen an einem Ort Absprachen zu treffen und SARS-CoV-2-infizierte Patienten nur in einem Zentrum zu behandeln.

Merksatz

Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion können in Dialyseeinrichtungen kohortiert behandelt werden.

Zur Verminderung von Fahrtkosten ist es in der ambulanten Dialyse üblich, Sammeltransporte zu organisieren. Das führt allerdings dazu, dass die Mitglieder der Risikogruppe für die SARS-CoV-2-Infektion auf engem Raum in den Fahrzeugen zusammensitzen. Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie empfiehlt daher, während der Pandemiesituation generell auf Sammeltransporte zu verzichten.

Verhinderung von Blutstrominfektionen

Blutstrominfektionen (BSI) sind bei Dialysepatienten eine der wesentlichen infektiösen Komplikationen. Sie kommen bei Patienten, die über ZVK dialysiert werden, häufiger vor als bei Nutzung von Dialyseshunts. Die Konsequenzen können sehr schwerwiegend sein und bis zur bakteriellen Endokarditis, zur Sepsis und zum Tod reichen. Sofern bei einem Patienten alle Zugangswege möglich und sinnvoll (kein Shunt bei schwerer Herzinsuffizienz!) sind, ist der arteriovenöse Shunt unbedingt zu bevorzugen.

Merksatz

Sofern bei einem Patienten alle Zugangswege möglich und sinnvoll sind, ist der arteriovenöse Shunt zu bevorzugen.

ZVK können in die V. jugularis, die V. subclavia oder die V. femoralis implantiert werden. Ein subkutaner Tunnel vor der Eintrittsstelle in die Vene vermindert das Infektionsrisiko. Aus praktischen Gründen sollte die obere Körperhälfte für die Katheteranlage bevorzugt werden. Optimale Barrieremaßnahmen (sterile Abdeckung, Kittel, Mundschutz, Haube beim Implanteur) sind wichtig, um primäre Infektionen zu vermeiden.

Bei optimaler Basishygiene und fachgerechtem Umgang mit dem Dialysekatheter sind Infektionen grundsätzlich vermeidbar. Die Hygiene ist nicht nur zur Vermeidung von Endokarditiden wichtig; Katheter sollen auch nicht bakteriell besiedelt werden, ansonsten bildet sich entlang des Lumens ein bakterieller Biofilm aus, der die chronische Inflammation dieser Patienten unterhält und fördert. Schlecht laufende Katheter sind besonders infektionsgefährdet, wahrscheinlich wegen der häufigeren Konnektions- und Spülvorgänge, die dann erfolgen.

Dialyseeinrichtungen sollten eine Infektionsstatistik ihrer Katheterpatienten führen und die Qualitätsmessgröße BSI/1000 Kathetertage für ihre Patienten kennen. Je niedriger diese Zahl ist, desto besser. Liegt sie oberhalb von 1 BSI/1000 Tage, müssen dringend Verbesserungsmaßnahmen ergriffen werden. Evidenzbasierte Interventionen in dieser Situation können sein [9]:

  • Nachschulung des Personals (in jedem Fall obligat),

  • Verwendung von antibakteriell wirksamen Locklösungen,

  • Verwendung von transparenten Folienverbänden mit chlorhexidinfreisetzenden Gelkissen am Katheterexit,

  • zeitlich begrenzte Anwendung von antibakteriellen Salben zur Dekontamination der Nasenvorhöfe (besonders bei Nachweis einer Staphylokokkenbesiedlung).

Hygienemaßnahmen für Wasseraufbereitung und Dialysemaschinen

Moderne Dialysewasseranlagen müssen heute validiert betrieben werden. Das bedeutet, dass die Betriebsbedingungen im Rahmen eines Qualitätsmanagements sichergestellt werden. Aus der Validierung der Anlage ergibt sich, dass bei Einhaltung der vorgeschriebenen Bedingungen das Dialysewasser stets die erforderliche mikrobiologische und chemische Qualität aufweist. Dialysemaschinen verfügen in der Regel über einen Dialysatvorfilter. Das System aus Dialysemaschine und Vorfilter ist ebenfalls validiert; sofern nicht von den Qualitätsstandards des zugeführten Dialysewassers abgewichen wird, muss die Dialysierflüssigkeit nicht separat mikrobiologisch überwacht werden. Eine solche Überwachung ist hingegen für das in Ringleitungen geführte Dialysewasser erforderlich und wird mindestens 2‑mal jährlich vorgenommen. Zur Überwachung wird auf das Vorhandensein von Bakterien und Endotoxin getestet. Der Bakteriennachweis erfolgt mit speziellen bakteriologischen Methoden, die Wasserkeime gut nachweisen können.

Die Gefahr für das Ringleitungssystem geht bei bakterieller Kontamination weniger von den temporär mit dem Wasserstrom schwimmenden Bakterien aus. Vielmehr droht eine Biofilmbildung in den Rohrleitungen. Im Biofilm können sich Bakterien dauerhaft ansiedeln und dort auch eine erhebliche Widerstandskraft gegen Desinfektionsmaßnahmen (chemisch, thermisch) entwickeln. Ringleitungen mit bakteriellem Biofilm sind mitunter nicht zu reinigen und müssen ausgetauscht werden. Eine Überwachung hinsichtlich dieses Problems kann nicht mit sporadischem Bakteriennachweis im Wasser erfolgen. Sensitiver ist hierfür der Nachweis von Endotoxin, einem bakteriellen Zellwandprodukt, das auch dann nachgewiesen werden kann, wenn gerade keine Bakterien aus dem Biofilm ausgeschwemmt werden.

Zur mikrobiologischen Überwachung wurden 2 Grenzwerte definiert (Tab. 2). Oberhalb des Maximalwertes darf eine Anlage nicht weiterbetrieben werden, ohne umgehend Desinfektionsmaßnahmen einzuleiten und deren Erfolg nachzuweisen. Der niedrigere Aktionsgrenzwert ist hinweisend auf eine Besiedlung und sollte zur Vermeidung einer Verschlechterung ebenfalls zeitnah zur Desinfektion führen.

Tab. 2 Mikrobiologische Grenzwerte für die Überwachung von Dialysewasser

In vielen Dialyseeinrichtungen wird auch das saure Konzentrat in Ringleitungen zu den Behandlungsplätzen geführt. Diese Ringe sind mikrobiologisch unproblematisch, da in den sauren Konzentraten keine Bakterien wachsen. Bikarbonat wird heute nicht mehr als Lösung zu den Geräten geführt, sondern in Form von Trockenkonzentraten. Damit hat man u. a. auf die mögliche bakterielle Besiedlung dieser Konzentrate reagiert.

Fazit für die Praxis

  • Schulen Sie das Dialysepersonal regelmäßig hinsichtlich der Inhalte des Hygieneplans, und achten Sie besonders auf die Händehygiene!

  • Screenen Sie auf Hepatitis B und C bei Eintritt eines Patienten in ein Dialyseprogramm, impfen Sie gegen Hepatitis B und legen Sie geeignete Maßnahmen zur Transmissionsverhinderung fest!

  • Führen Sie streng risikobasiertes (nicht universelles) Screening auf Kolonisation mit antibiotikaresistenten Bakterien durch, und richten Sie Hygienemaßnahmen am individuellen Patientenrisiko aus!

  • Führen Sie eine regelmäßige Surveillance aller Katheterdialysepatienten auf Blutstrominfektionen!