Einleitung

„Sitzen ist das neue Rauchen“! Es ist unumstritten, dass ausreichend Bewegung gesundheitsförderlich sein kann. Unabhängig davon stellen hohe Sitzzeiten einen eigenständigen Risikofaktor für Zivilisationskrankheiten dar, wie erst jüngst bekannt wurde [2, 9, 20]. Auch bei Studierenden sind Bewegungsmangel und hohe Sitzzeiten an Hochschulen weit verbreitet. Damit rücken sowohl Studierende mit ihrem Sitzverhalten als auch die Hochschulen selbst als deren Lebenswelt in den gesundheitswissenschaftlichen Fokus [7, 18, 19].

Aktueller Forschungsstand

Bewegungsmangel zählt zu den häufigsten Ursachen für die Entstehung von Zivilisationskrankheiten (wie z. B. Bluthochdruck, Diabetes mellitus Typ 2; [5, 23]). Neuere epidemiologische Studien mit Erwachsenenpopulationen zeigen – unabhängig des Ausmaßes an körperlicher Bewegung – kausale Zusammenhänge zwischen „sedentary behaviour“ (hohe und/oder dauerhafte Sitzzeiten) und Zivilisationskrankheiten auf [1, 3, 4, 8, 10, 14].

Gelten junge Erwachsene üblicherweise als gesündeste und aktivste Bevölkerungsgruppe, so zeigt sich beim Thema Sitzen in Deutschland, dass insbesondere Personen zwischen 18 und 29 Jahren mit einer täglichen Sitzzeit von bis zu 9 h den höchsten Wert aufweisen [12, 17, 25]. Deutschland verzeichnet im europäischen Vergleich überdurchschnittlich hohe Sitzzeiten, insbesondere bei Personen mit hohem Bildungsgrad. Hierzu gehören auch Studierende, die zudem weniger körperlich aktiv als ihre Altersgenossen sind [16]. Während in den letzten Jahrzehnten Bewegungs- und Sportmöglichkeiten von Hochschulen (z. B. Hochschulsport) stetig ausgebaut wurden, hat sich das Bild des „Lernens im Sitzen“ verfestigt: Hörsäle sind fest bestuhlt – eine Veränderung der Sitzhaltung während einer Vorlesung ist nicht möglich. Ebenso sieht es in vielen Bibliotheksbereichen aus, sodass Lesen, Lernen und Schreiben in erster Linie im Sitzen an Tischen durchgeführt werden muss. Die Handlungsmöglichkeiten der Studierenden, in veränderten Positionen (im Stehen, im Gehen, wechselnd) zu lernen, sind meist nicht gegeben [6, 14, 24]. Der Forschungsstand macht deutlich, dass Interventionsstudien, die Studierende dazu anregen, einen bewegteren Unialltag zu durchleben und während des Lernens Sitzen, Stehen und Bewegen möglichst variabel abwechseln zu können, aus gesundheitsförderlicher Sicht von großer Bedeutung sind. Für die Settings Betrieb und Schule konnten erste Interventionsstudien mit bewegungsfördernden Arbeitsplätzen eine hohe Akzeptanz aufweisen und positive Effekte auf das Sitzverhalten erzielen [1, 4, 26, 28].

Fragestellungen der Studie

Die durchgeführte Studie hat zum Ziel, bewegungsfördernde Arbeitsplätze als präventive Interventionsmaßnahme hinsichtlich ihrer Akzeptanz bei Studierenden und der Wirkung auf deren Sitzverhalten, Arbeitsproduktivität und gesundheitliches Wohlbefinden zu untersuchen. Daher werden die folgenden vier Fragestellungen (FS) behandelt:

FS 1.

Führt die Nutzung bewegungsfördernder Arbeitsplätze (BA) bei Studierenden zu erhöhten Stehzeiten, verringerten Sitzzeiten und vermehrten Sitzunterbrechungen?

FS 2.

Wie werden BA im universitären Setting von Studierenden akzeptiert und bewertet?

FS 3.

Beeinflusst die Nutzung von BA die Arbeitsproduktivität von Studierenden im universitären Setting?

FS 4.

Übt die Nutzung von BA im universitären Setting einen Einfluss auf das physische und psychische Wohlbefinden von Studierenden aus?

Methodik

Design

Die Feldstudie ist in einem Prä‑/Post-Test mit Mixed-methods-Design angelegt und ist in die von 2018 bis 2021 laufende Studie „Smart Moving“Footnote 1 eingebettet. Diese zielt mit Hilfe eines kooperativen Ansatzes darauf ab, die universitären Rahmenbedingungen für eine Erhöhung des allgemeinen Bewegungsverhaltens sowie einer Verringerung des Sitzverhaltens von Studierenden zu verbessern [18]. Durchgeführt wurde die Erhebung in der Bibliothek einer bayerischen Universität im Juli 2019 gegen Ende der Vorlesungszeit, vor Beginn der Klausurenphase.

Untersuchungsstichprobe

Die Stichprobe zur Beantwortung von Fragestellung 1 besteht aus 10 Studierenden (m = 3, w = 7; Master = 4, Bachelor = 6) sieben verschiedener Studiengänge. Das durchschnittliche Alter der Proband*innen lag bei 23,7 (Standardabweichung = 1,56) Jahren. Die Vorgabe für die Proband*innen war, sich über den Interventionszeitraum von 2 Wochen an mindestens 4 Tagen pro Woche für mindestens 4 h in der Bibliothek aufzuhalten.

Die Stichprobe zur Beantwortung der Fragestellungen 2–4 stellt eine Teilstichprobe der Stichprobe aus FS 1 mit 4 Studierenden (m = 2; w = 2, je 2 Proband*innen verschiedener Studiengänge) dar. Die Proband*innen nahmen freiwillig an der Studie teil und konnten ihre Teilnahme zu jedem Zeitpunkt widerrufen.

Erhebungsmethoden und Datenauswertung

Die durchgeführte Studie verfolgt einen Mixed-methods-Ansatz mit dem Schwerpunkt der quantitativen Erfassung des Sitz- und Stehverhaltens. Inwiefern die Nutzung von BA zu Veränderungen im Sitz- und Stehverhalten führt, ist zentrales Forschungsinteresse. Nachhaltige Verhaltensänderungen sind nur dann hervorrufbar, wenn die zugrunde liegenden Rahmenbedingungen bei den Personen eine hohe Akzeptanz erfahren sowie als angenehm eingestuft werden. Daher wird die vorliegende Studie durch qualitative Erhebungen ergänzt, um die von den Nutzenden wahrgenommenen Auswirkungen auf Produktivität und Wohlbefinden sowie Bewertung und weitere Nutzungsabsicht der BA zu analysieren.

Quantitative Erhebungsmethoden

Zur Beantwortung von FS 1 wird das Bewegungsprofil (Art und Dauer von Bewegungen und Körperhaltungen in Bezug auf Sitz- und Stehzeiten) der Studierenden über 2 Wochen mittels ActivPal4®-Bewegungssensoren (PAL Technologies, Glasgow, Scotland) erfasst [22]. Der Messzeitraum der Sensoren beträgt zwei 5‑tägige Messungen (werktags). In einer Woche arbeiten die Proband*innen auf Anweisung an normalen Arbeitsplätzen (NA), d. h. herkömmliche, statische Bibliothekstische, an denen ausschließlich im Sitzen gearbeitet werden kann. In der anderen Woche studieren sie an BA. Die BA bestehen jeweils aus einem stufenlos höhenverstellbaren Tisch sowie einer Fußmatte (muvmat von aeris®, Haar, Deutschland) für die Arbeit im Stehen und zwei höhenverstellbaren Sitzmöglichkeiten ohne Rückenlehne (swopper und muvman von aeris®) zum aktiven Sitzen und assistierten Stehen ([15]; vgl. Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Darstellung des Aufbaus bewegungsfördernder Arbeitsplätze (BA) in der Bibliothek

Um mögliche Testeffekte einer Reihenfolge der Messung ausschalten zu können, sind die Proband*innen randomisiert einem Kreuzdesign unterzogen: Gruppe A: Woche 1 NA, Woche 2 BA; Gruppe B: Woche 1 BA, Woche 2 NA. Den Proband*innen wird die technische Nutzung der BA erklärt, sie erhalten für beide Testwochen jedoch keinerlei Hinweise, Tipps oder Vorgaben hinsichtlich ihres Sitz- und Stehverhaltens.

Für die Erfassung des Sitz- und Stehverhaltens werden für jeden Messtag beider Testwochen vier Kennzahlen des täglichen Bewegungsprofils der Proband*innen herausgegriffen: reine Steh- bzw. Sitzzeit in Minuten, Anzahl der Phasen ununterbrochenen Sitzens über 30 min bzw. 60 min. Die Datenanalyse findet mittels einfaktorieller Varianzanalysen mit Messwiederholung statt (SPSS 26, IBM, Ehningen, Deutschland), um neben deskriptiven Werten, Signifikanzniveaus und Effektgrößen potenzieller Mittelwertunterschiede zu ermitteln. Da sich keine signifikanten Einflüsse der Variablen Geschlecht sowie Gruppenzugehörigkeit (A oder B) im Hinblick auf das Kreuzdesign zeigen, wurden diese nicht weiter berücksichtigt.

Qualitative Erhebungsmethoden

Zur Beantwortung der FS 2–4 werden Leitfadeninterviews mit einer Teilstichprobe geführt mit der Abfrage folgender drei Hauptkategorien:

Akzeptanz und Bewertung F 2

Es wird eine umfassende Bewertung der BA der Intervention eingeholt. Die Fragestellung untergliedert sich in Beurteilung, Weiternutzung, Weiterempfehlung sowie Wunsch zur Ausweitung.

Auswirkungen Produktivität F 3

Die festgestellten Veränderungen der Arbeitsweise unter Nutzung der BA stehen im Vordergrund dieser Hauptkategorie.

Physische und psychische Gesundheitswirkungen F 4

Es werden wahrgenommene, physische und psychische Gesundheitsauswirkungen bei der Nutzung von BA thematisiert.

Zur Auswertung der erhobenen Daten wird auf die Analysetechnik der inhaltlich strukturierten, qualitativen Inhaltsanalyse zurückgegriffen [21].

Darstellung der Ergebnisse

Quantitative Analyse des Sitz- und Stehverhaltens (FS 1)

Bei der Untersuchung des Bewegungsprofils zeigt sich, dass sich das Steh- und Sitzverhalten der Studierenden in beiden Testwochen in allen vier Parametern unterscheidet (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Graphische Darstellung der quantitativen Analyse des Sitz- und Stehverhaltens: a durchschnittlich tägliche Stehzeit (in min), b durchschnittlich tägliche Sitzzeit (in min), c durchschnittlich tägliche Anzahl an Sitzphasen >30 min, d durchschnittlich tägliche Anzahl an Sitzphasen >60 min. NA Messtage an normalen Arbeitsplätzen, BA Messtage an bewegungsfördernden Arbeitsplätzen

Bei der täglichen Stehzeit lässt sich ein signifikanter, starker Effekt zwischen der Nutzung der BA und NA erkennen (NA/BA: F df=1 = 38,38; p = 0,00; η2 = 0,81). Die Studierenden stehen in der BA-Woche durchschnittlich mehr als doppelt so lange wie in der NA-Woche (vgl. Abb. 2a). Analog dazu sitzen die Studierenden in der NA-Woche signifikant länger pro Tag als in der BA-Woche (NA/BA: F df=1 = 49,50; p = 0,00; η2 = 0,85; vgl. Abb. 2b). Die Anzahl der Phasen, die täglich 30 min oder länger ununterbrochen im Sitzen stattfinden, fällt in der BA-Woche deutlich niedriger als in der NA-Woche aus; der Mittelwertunterschied ist signifikant mit einem großen Effekt (NA/BA: F df=1 = 23,01; p < 0,01; η2 = 0,72; vgl. Abb. 2c). Analog zeigt sich auch hinsichtlich der Anzahl ununterbrochener Sitzphasen von 60 min oder länger ein signifikanter, großer Effekt. In der NA-Woche ist der Mittelwert mehr als 3‑mal so hoch wie in der BA-Woche (NA/BA: F df=1 = 26,74; p < 0,01; η2 = 0,75; vgl. Abb. 2d).

Qualitative Analyse von Akzeptanz und Auswirkungen von BA (FS 2–4)

Zur spezifischen Betrachtung der Akzeptanz und Bewertung von BA, der Auswirkungen auf die Produktivität und der Gesundheitsauswirkungen werden im Folgenden die Ergebnisse der Inhaltsanalyse der Interviews zu FS 2–4 dargestellt.

Akzeptanz und Bewertung (FS 2)

Bei den Befragten zeigt sich eine hohe Akzeptanz und positive Bewertung der BA:

„Viel. Besser als erwartet“ (IP1); „sehr hilfreich“ (IP2); „Ich finde das Konzept gut“ (IP3).

Begründet wird dies z. T. durch die Möglichkeit der individuellen Anpassung an die eigene Körpergröße, was die Befragten als angenehm bezeichnen:

… weil alles so ist, wie ich es möchte. (IP2)

Zudem wird die Möglichkeit des Wechselns zwischen Sitzen und Stehen für die positive Bewertung genannt:

… irgendwie war es dieser Mix aus Sitzen und dann mal Hinstellen (…) was mich begeistert hat. (IP3)

Die Fußmatte als Teil der BA wird in diesem Zusammenhang als wichtige Unterstützung bei der stehenden Arbeit beschrieben:

Also vor allem die Matte finde ich super bequem. (IP4)

Reine Stehtische ohne entsprechende Fußmatten und Sitzmöglichkeiten beurteilen die Befragten aus Vorerfahrungen im Vergleich als wenig geeignet:

„… ich habe die Stehtische vorher nicht genutzt“ (IP2);

„… man braucht auf jeden Fall so eine Matte auf dem Boden oder halt einen Sitz, weil zwei Stunden oder mehr kann man nicht stehen, also das ist fast unmöglich auf dem harten Boden.“ (IP4)

Alle Befragten möchten die BA in ihrem Studienalltag weiterhin nutzen. Eine Befragte gibt an, die BA herkömmlichen Tischen vorzuziehen, ein weiterer würde ausschließlich BA benutzen wollen:

Hätte ich jeden Tag so einen Tisch und die Ausrüstung zur Verfügung, würde ich das auch jeden Tag in der Universität nutzen. (IP3)

Alle würden die BA weiterempfehlen:

Auf jeden Fall. Habe ich jetzt auch nach der Studie gemacht; ich habe gesagt, dass ich positiv überrascht bin. (IP3)

Auswirkungen auf Produktivität (FS 3)

Die Auswertung der Interviews zeigt, dass keiner der Befragten eine Einschränkung der Produktivität wahrnimmt, sondern dass geringe bis starke Produktivitätssteigerungen berichtet werden:

… ich habe dementsprechend produktivere Arbeitszeiten und gleichzeitig ist es […] so, dass ich länger arbeiten kann. (IP2)

Begründet wird dies mehrfach mit einer gesteigerten Wachheit bei der Arbeit durch Haltungswechsel:

… dass ich das Gefühl hatte, wenn man mal (…) ein Tief hatte und sich dann hinstellt oder am Platz einfach Bewegung reinkommt, dass man dann produktiver wurde. (IP3)

Physische und psychische Gesundheitsauswirkungen (FS 4)

Einige Probanden berichten von geringeren Rückenschmerzen durch Nutzung von BA:

Ja eher im Sinne, dass die (Rückenbeschwerden), die ich an den normalen Tischen gehabt hätte, eben nicht hatte. (IP1)

Manche der Befragten bejahen die Frage, ob sie sich durch die Nutzung der BA vergleichsweise gesünder fühlen:

„Schon zum Teil, wenn man es auch am Körper merkt, dass man etwas gemacht hat, dann schon“ (IP3);

„Ja, also ich glaube schon, du beanspruchst ja viel mehr Muskeln“. (IP4)

Die größten Auswirkungen verspürt eine Probandin, die wegen Rückenschmerzen aufgrund von Wirbelsäulenproblemen in ihrer Arbeit an herkömmlichen Schreibtischen eingeschränkt ist. Sie gibt an, dass sich dadurch ihre Haltungsprobleme:

„sehr viel gebessert“ haben (IP2);

„Also die Verspannungen in den Schultern, die ich normalerweise hatte, wenn ich gesessen habe an einem normalen Schreibtisch, waren dann weg, also ich habe abends, wenn ich nach Hause gekommen bin, (…) keinerlei Rückenschmerzen“. (IP2)

Weiterhin werden psychische Auswirkungen auf das Wohlbefinden bei der Nutzung von BA abgefragt. Hierbei reichen die Aussagen von keinerlei Veränderungen über leicht positive bis zu stark positive Veränderungen.

… bei der Gemütslage war jetzt auch nicht wirklich eine Veränderung zu spüren. (IP1)

Eine Befragte verspürte dagegen durch die Nutzung der BA größere Auswirkungen auf ihr psychisches Wohlbefinden. Sie berichtet:

… meine Gemütslage hat sich sehr viel […] verbessert. (IP2)

Dies begründet sie mit der Abwesenheit von Schmerzen und produktiverer Arbeitsweise:

… und gleichzeitig ist die Zeit produktiver, weshalb ich besser gelaunt bin und mehr mit dem Lernen klar komme. (IP2)

Diskussion

Hohe Sitzzeiten mit wenig Unterbrechung sind ein weit verbreitetes Phänomen in der Bevölkerung, auch bei Studierenden. Daher rückt das Setting Hochschule in den Fokus der Gesundheitsförderung, um bewegungsfreundliche Rahmenbedingungen für das Studium zu schaffen [11].

Die Ergebnisse zur Beantwortung von FS 1, ob die Nutzung von BA bei Studierenden zu verändertem Sitz- und Stehverhalten führt, zeigen signifikante Veränderungen zwischen der BA-Woche und der NA-Woche. In der NA-Woche entsprach ihre durchschnittliche tägliche Sitzzeit (9 h 19 min) ziemlich genau der durchschnittlichen Sitzzeit bei 18- bis 29-Jährigen [14]. Hierzu steht im Vergleich eine reduzierte, tägliche Sitzzeit von rund 6 h unter Nutzung der BA. Die tägliche, durchschnittliche Stehzeit der Studierenden in der BA-Woche steigert sich zur NA-Woche signifikant um über 2 h. Konkrete Angaben zu empfohlenen, maximalen täglichen Sitzzeiten aus gesundheitsorientierter Sicht liegen bisher in der Literatur nicht vor. Die Bewegungsempfehlungen formulieren vage, dass hohe Sitzzeiten möglichst vermieden werden sollten [24]. Die vorliegenden Befunde zeigen, dass durch die Nutzung der BA in Bibliotheken eine signifikante Reduktion der Sitzzeit von täglich gut 3 h und damit eine Annäherung an die Empfehlungen zu erreichen ist. Die Ergebnisse reihen sich in aktuelle – bisher jedoch im Setting Betrieb durchgeführten – Interventionen im Bereich „sedentary behavior“ ein [1].

Zusätzlich ist die Anzahl der für mindestens 30 bzw. 60 min oder länger ununterbrochenen Sitzphasen in der BA-Woche jeweils signifikant niedriger. In der Literatur wird als Richtwert gesehen, das Sitzen alle 30 min zu unterbrechen und die Körperhaltung zu wechseln, um positive metabolische Effekte erzielen zu können [9]. Das Wechseln der Arbeitsposition zeigt sich hinsichtlich präventiver Wirkung sogar moderater körperlicher Aktivität überlegen. Somit wird gezeigt, dass ein mehrfaches Wechseln von Sitzen zu Stehen und zurück (z. B. Stehen für 15 min alle 30 min) im Arbeitsalltag gesundheitsfördernde Effekte auf kardiovaskuläre Parameter (z. B. Blutdruck, Glukose) aufweisen kann, die durch eine einmalige 30-minütige moderate körperliche Aktivität nicht erreicht werden [3].

Der zweite, qualitative Teil (FS 2–4) zielt darauf ab, die Eignung von BA im universitären Setting aus Sicht der Studierenden zu ermitteln. Die Aussagen aller 4 Befragten zeigen eine äußerst positive Bewertung. Zudem lassen die weitere Nutzungsabsicht sowie die Beurteilung aller Befragten als empfehlenswert auf eine hohe Akzeptanz der BA und dem Gerechtwerden der Bedarfe und Bedürfnisse von Studierenden durch die BA schließen. Die Ergebnisse zur Akzeptanz reihen sich in Forschungserkenntnisse zur Reduktion des „sedentary behavior“ bei Erwachsenen ein [27].

In FS 3 soll herausgefunden werden, ob bei der Nutzung der BA Veränderungen in der Arbeitsproduktivität festgestellt werden können. Die Bibliothek ist für Studierende ein wichtiger Ort der Leistungserbringung. Die vorgestellte Intervention zielt darauf ab, die Lebensumwelt in gesundheitsfördernder Weise zu gestalten, dabei aber nicht den gewohnten Arbeitsfluss zu stören. Die Studierenden berichten von kleinen bis großen, subjektiven Produktionssteigerungen. Begründet wird dies mehrfach mit einer gesteigerten Wachheit bei der Arbeit durch den Wechsel zwischen sitzender und stehender Haltung. Vergleichen lässt sich dieses Ergebnis mit einer australischen Studie zu Produktivitätssteigerungen bei Büroangestellten durch höhenverstellbare Tische [13].

Hinsichtlich der Beantwortung der FS 4, ob die Nutzung bewegungsfördernder Arbeitsplätze einen Einfluss auf das physische und psychische Wohlbefinden von Studierenden ausübt, werden neutrale bis positive, subjektive Entwicklungen der physischen Gesundheit, insbesondere Rückenschmerzen, berichtet. Rückenschmerzen stellen in der Gesellschaft und auch bei Studierenden ein verbreitetes Phänomen dar, welches in Teilen durch hohe, ununterbrochene Sitzzeiten ausgelöst oder zumindest verstärkt werden kann [8, 16]. Die Aussagen verdeutlichen den Bedarf an Interventionsmaßnahmen und zeigen präventive Potenziale, die in der vorliegenden Studie durch kurzfristige Änderung der Arbeitsumgebung in Teilen realisiert werden. Die Rückmeldungen zu psychischen Gesundheitsauswirkungen reichen von keiner wahrnehmbaren Veränderung bis hin zu einem besseren psychischen Wohlbefinden bei der Nutzung von BA durch die Abwesenheit von Schmerzen und einer erhöhten Produktivität.

Zusammenfassend lässt sich die vorliegende Intervention zur Reduktion der Sitzzeit unter Nutzung höhenverstellbarer Schreibtische als vielversprechend hinsichtlich der gesundheitserhaltenden bzw. -fördernden Wirkung und Akzeptanz bei Studierenden einschätzen. Der Einsatz bewegungsfördernder Arbeitsplätze in Bibliotheken kann einen Beitrag zur Steigerung gesundheitsfördernder Rahmenbedingungen im universitären Setting und damit zur Förderung eines bewegteren Lebensstils bei Studierenden leisten.

Fazit für die Praxis

  • Bewegte Arbeitsmöglichkeiten können durch Verringerung von Sitz- und Erhöhung von Stehzeiten zu einem gesundheitsförderlichen Arbeitsverhalten von Studierenden beitragen.

  • Bewegungsfördernde Arbeitsplätze werden sehr positiv von Studierenden angenommen und können das Wohlbefinden fördern.

  • Bewegungsfördernde Arbeitsmöglichkeiten sollten in Universitätsbibliotheken vermehrt zur Verfügung gestellt werden.

  • Um ein Arbeiten mit höherem Wohlbefinden zu ermöglichen, können unterstützende Fußmatten an den bewegungsfördernden Arbeitsplätzen bereitgestellt werden.

  • Weitere Informationen zur Verringerung der Sitzzeit und Erhöhung von Bewegung, z. B. aktive Pausen beim Lernen, sollten Studierenden zur Verfügung gestellt werden.