Dieses Sonderheft ist dem Thema Neuropathie in der Diabetologie gewidmet, und mit ihm sollen neben der Übersicht über die verschiedenen Formen der Neuropathien bei Menschen mit Diabetes und deren Differenzialdiagnosen einige neuere Entwicklungen beleuchtet werden.

Von diabetischer Neuropathie sind 30 % aller Menschen mit Diabetes mellitus betroffen, was eine Zahl von weltweit mehr als 100 Mio. Menschen ergibt [1]. Bei ca. 1/3 aller Betroffenen ist die Neuropathie schmerzhaft. Das Risiko eines Diabetespatienten, ein Fußulkus zu erleiden, beträgt 25 %, meist ist die Neuropathie ein wichtiger Kofaktor [2, 3]. Nichtsdestotrotz darf bei einem Patienten mit Neuropathie und Diabetes nicht sofort der Kurzschluss diabetische Neuropathie gezogen werden. Auch bei Menschen mit Diabetes kann die Neuropathie andere Ursachen haben, sie kann z. B. genetisch oder entzündlich bedingt sein.

Auch bei Menschen mit Diabetes kann die Neuropathie eine nichtdiabetische Ursache haben

Von der Pathophysiologie der diabetischen Neuropathie sind viele Aspekte bekannt, auch wenn das umfassende Bild komplex ist. Im Artikel von Frau Dr. Baum werden 2 spezielle Faktoren, nämlich die Entzündung und der Eisenstoffwechsel, in der Genese der diabetischen Neuropathie diskutiert. Diätetisch fehlendes Eisen scheint zur Beschleunigung der Entwicklung einer diabetischen Neuropathie zu führen, was einen interessanten Therapieansatz bedingen könnte.

In der Diagnostik ergaben sich neue Befunde, die auch unser Verständnis der Pathophysiologie modifizieren. Nach klinischen und elektrophysiologischen Befunden betrachten wir die typische diabetische Polyneuropathie als distal betont, distal symmetrisch und ggf. nach proximal aufsteigend. Die Gruppe um Prof. Bendszus wies mittels Magnetresonanztomographie nach, dass auch bei klinisch rein distaler Symptomatik im proximalen Nerven Läsionen vorhanden sind. Diese könnten sogar Ausgangspunkt der distalen Schädigung sein.

Die meisten Patienten bemerken ihre diabetische Polyneuropathie aufgrund von Dysästhesien oder Schmerzen. Daher wird das Thema Schmerz in diesem Sonderheft 2‑mal aufgegriffen. Geber und Birklein geben eine Übersicht über die Pathophysiologie der Schmerzen bei diabetischer Neuropathie und weisen zudem auf Differenzialdiagnosen hin. Auch hier gilt, nicht jeder Schmerz bei Neuropathie ist neuropathischer Schmerz, und mancher Schmerz muss anders als neuropathisch verursachter behandelt werden. Frau Prof. Üçeyler, ein Mitglied der Leitliniengruppe der DGN (Deutsche Gesellschaft für Neurologie) zur Behandlung neuropathischer Schmerzen, beschreibt die aktuellen Behandlungsstrategien für die schmerzhafte diabetische Neuropathie.

Mit einer Fallbeschreibung wird versucht, einige der oben genannten Aspekte aus der klinischen Praxis zu illustrieren.

Wir hoffen, dass diese Kurzdarstellungen der Themen zur Neuropathie bei Diabetes für Sie nützlich sind und wünschen viel Vergnügen beim Lesen.

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Prof. Dr. Claudia Sommer