Trotz vieler Verbesserungen der Inseltransplantation und deren erfolgreichen Einzug in den klinischen Alltag wird bis heute das Fehlen einer anhaltenden Insulinunabhängigkeit nach dieser Transplantationsmodalität kritisiert. Dennoch ist die Inseltransplantation bei vielen Patienten die alleinige Option, welche eine deutliche Verbesserung der Diabetesbehandlung und der Lebensqualität bewirken kann: Sie ist die einzige Möglichkeit, eine Stabilisierung der Glukosekontrolle und eine Reduktion schwerer Hypoglykämien mit einer nur wenig invasiven Therapie zu gewährleisten und sie kann eine Schädigung der transplantierten Niere mit gleicher Effektivität verhindern wie eine Pankreastransplantation.

Geschichte der Inseltransplantation

Vor nahezu 50 Jahren wurde erstmals eine β-Zell-Ersatztherapie bei einem Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 in Form der Transplantation eines vollständigen Pankreas durchgeführt [10]. Bereits früh kam auch der Wunsch auf, nur die für die Insulinproduktion bestimmten β-Zellen bzw. die Langerhans-Inseln zu transplantieren – machen diese wirklich benötigten Zellen doch nur 1–2 % des gesamten Pankreasgewebes aus. Trotz einzelner Versuche der Inseltransplantation seit den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts [12] fand das Verfahren allerdings erst im Jahr 2000 mit einer Studie aus Edmonton Eingang in den klinischen Alltag. In dieser Veröffentlichung wurde nachgewiesen, dass eine Insulinunabhängigkeit bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 erreicht werden kann, wenn bei der Inseltransplantation ein immunsuppressives Schema unter Verzicht auf Steroide angewendet und zudem mehrmals transplantiert wird, um die implantierte Inselmasse zu vergrößern [23].

Die Insulinunabhängigkeit nach Inseltransplantation ist oft nicht von Dauer

Die Autoren einer 6 Jahre später publizierten Zusammenstellung der Resultate verschiedener Transplantationszentren kamen allerdings zu dem ernüchternden Schluss, dass eine länger anhaltende Insulinunabhängigkeit bei der überwiegenden Mehrheit (> 70 %) der Patienten nicht gewährleistet ist [24], obwohl in dieser Studie durchschnittlich mehr als 2 Transplantationen pro Patient durchgeführt worden waren. Im Gegensatz hierzu ist das Erreichen einer Insulinunabhängigkeit nach Pankreastransplantation Routine: Über 70 % der Patienten benötigen auch nach 5 Jahren kein exogenes Insulin zur Diabeteskontrolle [9]. In ausgewählten Zentren jedoch, in denen speziell gute Donoren auf ideale Empfänger (geringes Gewicht, sehr gute Insulinsensitivität) in Bezug auf die Inseltransplantation abgestimmt werden, konnte eine 5-Jahres-Insulinunabhängigkeit von 50 % auch durch Inseltransplantation erreicht werden, was den Resultaten der alleinigen Pankreastransplantation entspricht [2]. Beim gegenwärtig nahezu überall herrschenden Organmangel lässt sich dieses sehr selektive Vorgehen (Ablehnung vieler Pankreasspenden) allerdings nicht anwenden, und eine über viele Jahre bestehende Insulinunabhängigkeit durch eine einzelne Inseltransplantation ist eher die Ausnahme als die Regel. Da bei einer alleinigen Inseltransplantation die lebenslange Immunsuppression mit allen ihren Komplikationen einen wesentlichen Nachteil bedeutet, versucht man dennoch, eine Insulinunabhängigkeit zu erreichen. Dies ist bei einer kombinierten Transplantation nicht der Fall: Die Transplantation der Niere verbessert die Lebensqualität und verlängert die Lebenserwartung am effektivsten, Aufgabe der Insel- oder Pankreastransplantation ist in diesem Fall, Folgekomplikationen durch eine gute Blutzuckerkontrolle zu verhindern, was mit einer endogenen Insulinsekretion auch ohne Insulinunabhängigkeit möglich ist.

Technik der Inseltransplantation

Für eine Inseltransplantation werden die Inseln eines Pankreas in einem mehrstündigen Prozess isoliert (Abb. 1a) und anschließend gereinigt (Abb. 1b). Hierzu wird das gekühlte Pankreas im Isolationslabor mit Kollagenase via Ductus pancreaticus perfundiert [11] und anschließend auf eine Temperatur von 35–37 °C erwärmt sowie einem Schüttelprozess unterzogen. Durch die wärmebedingte Aktivierung der Kollagenase und die mechanische Komponente des Schüttelns wird der Verdauungsprozess initiiert, welcher eine allmähliche Verdauung des Pankreas garantiert. Dabei entstehen immer kleinere Zellaggregate, bis schließlich Partikel von etwa 50–300 µm Größe freigesetzt werden ([21]; Abb. 1a). Der Verdauungsprozess wird durch die regelmäßige Entnahme von Proben, welche mikroskopisch untersucht werden, überwacht. Eine ständige Flüssigkeitszirkulation sorgt dafür, dass die abgetrennten Partikel bzw. die Inseln durch ein Gitternetz aus der Kammer geschwemmt und in einem separaten Zylinder gesammelt werden. Dort wird die Suspension sofort verdünnt und auf 4 °C gekühlt, um die enzymatische Verdauung zu stoppen.

Abb. 1
figure 1

a Isolierung der Pankreasinseln, b Reinigung der isolierten Pankreasinseln im COBE® 2991-Zellprozessor. (Adaptiert nach [26, 27]). c Schema der Inseltransplantation. (Adaptiert nach [26]), Erläuterung s. Text

In einem nächsten Schritt muss das endokrine (d. h. die Inseln) vom exokrinen Pankreasgewebe getrennt werden. Dies geschieht mit Hilfe einer Zentrifugation des Gewebes in einem kontinuierlichen Dichtegradienten (Ficoll-Dichtegradient im COBE® 2991-Zellprozessor): Aufgrund der unterschiedlichen Dichte der beiden Gewebearten (das exokrine Gewebe ist deutlich schwerer als die Inseln) reichern sich diese während der Zentrifugation in verschiedenen Bereichen des Gradienten an und können so separiert werden.

Insgesamt können etwa 1/2 Mio. pankreatische Inseln isoliert werden, was etwa der Hälfte der im Pankreas vorhandenen Inseln entspricht.

Mit Hilfe einer Software können die Inseln in einer Stichprobe gezählt werden, anschließend wird diese Zahl in standardisierte Inseläquivalente von 150 µm Durchmesser umgerechnet [20]. Das erhaltene Inselgewebe beansprucht je nach Reinheit ein Volumen von lediglich 1–5 ml.

Nach der in Abb. 1a,b dargestellten Isolation und Reinigung werden die Inseln qualitativen und quantitativen Tests unterzogen. Falls sie die Qualitätsbedingungen erfüllen, werden sie im Transplantationsmedium durch ein Infusionssystem via Pfortader in die Leber infundiert – im Fall einer gleichzeitigen Nierentransplantation durch Punktion einer Mesenterialvene durch den Chirurgen im Operationssaal (Abb. 1c). Wird eine isolierte Inseltransplantation durchgeführt, kann die Pfortader direkt transkutan durch den interventionellen Radiologen punktiert werden. Die Inseln werden langsam unter Kontrolle des portalen Drucks über 15–30 min infundiert und setzen sich im verjüngenden Pfortadersystem fest.

Direkt nach der Transplantation werden die infundierten Zellen ausschließlich über Diffusion mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, was die Inseln einem erheblichen Stress aussetzt. In den folgenden Tagen bis Monaten finden eine Vaskularisation und somit ein Anschluss an das Gefäßsystem der Leber statt, und die Zellen beginnen, ihre Funktion in der Leber aufzunehmen.

Die Immunsuppression bei Inseltransplantation entspricht der bei Nierentransplantation

Die Immunsuppression bei einer simultanen Nieren-Insel-Transplantation erfolgt heute an den meisten Zentren analog zur Nierentransplantation (NTx) mit Tacrolimus und Mycophenolat-Mofetil. Letzteres hat Sirolimus wegen dessen häufiger Nebenwirkungen weitgehend ersetzt [24]. Zudem wird eine Induktionstherapie mit Thymoglobulin (bzw. Basiliximab bei Retransplantation) durchgeführt. Als ergänzende Medikation zur Schaffung optimaler Verhältnisse für die transplantierten Inseln wird initial postoperativ meist eine Therapie mit einem TNFα-Blocker (Etanercept [TNF: Tumornekrosefaktor]) sowie einem GLP1-Agonisten (GLP: „glucagon-like peptide“) durchgeführt [5].

Optionen und Langzeitresultate der Inseltransplantation

Hauptziel einer Transplantation von β-Zellen sind die Verbesserung der Glukosekontrolle durch eine endogene, glukoseabhängige Insulinproduktion und damit die langfristige Reduktion möglicher diabetischer Spätkomplikationen mit gleichzeitiger Verbesserung der auftretenden Schwankungen des Blutzuckerspiegels – insbesondere soll die Anzahl der auftretenden Hypoglykämien reduziert werden.

Eine Indikation zur NTx und damit die mögliche Kombination der Verfahren ist die beste Indikation für die Inseltransplantation. Zu den oben genannten Vorteilen kommen die Vorteile der Nierentransplantation hinzu: Für diese ist der Überlebensvorteil gegenüber der Dialyse klar belegt [25]. Die längerfristige Immunsuppression ist für Patienten nach Nierentransplantation bzw. Nieren-Insel-Transplantation praktisch identisch und birgt somit kaum zusätzliche Risiken bei hinzukommender Inseltransplantation.

Auch die Inseltransplantation führt zu langfristig stabiler Glukosekontrolle

Als Alternative zur gleichzeitigen Nieren-Insel-Transplantation kommt die Insel-nach-Nieren-Transplantation in Frage. Diese Option ist in erster Linie für Patienten geeignet, bei welchen die Nierentransplantation in Form einer Lebendspende durchgeführt wird und entsprechend nicht gleichzeitig ein Pankreasorgan zur Inselisolation zur Verfügung steht. Bezüglich des Transplantatüberlebens der Niere zeigt die präemptive Transplantation eines Lebendspenderorgans die besten Resultate [1].

Für die alleinige Transplantation von Inseln bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 liegen bezüglich des Patientenüberlebens keine sicheren Daten vor. Die Indikation hierfür sollte daher mit entsprechender Vorsicht gestellt werden. Hauptsächlicher Grund für eine solche Transplantation sind häufige, höhergradige Hypoglykämien, welche sich mit bestmöglicher konservativer Therapie (Pumpentherapie, kontinuierliche Glukosemessung) nicht reduzieren lassen bzw. eine adäquate Glukosekontrolle unmöglich machen. Für Details sei hier auf eine gute Übersichtsarbeit von Choudhary et al. aus dem Jahr 2015 verwiesen [3].

Eine Reduktion von Hypoglykämien bei gleichzeitiger deutlicher Verbesserung der Glukosekontrolle ist tatsächlich sehr gut durch eine oder wiederholte (alleinige oder kombinierte) Inseltransplantationen möglich – auch wenn der Anteil insulinunabhängiger Patienten nach 5 Jahren trotz bis zu 3 initialen Transplantationen laut Daten des Zentrums in Edmonton auf unter 10 % fällt [22].

In diesem Kontext stellt sich die Frage nach dem Langzeitverlauf bzw. ob eine adäquate Unterstützung der Diabetestherapie auch über viele Jahre durch die Inseltransplantation erwartet werden kann und ob diese dem Vergleich mit einer Transplantation des gesamten Pankreas standhält. Die bisher längsten Verlaufsdaten (Follow-up bis 13 Jahre) mit einem Vergleich von Insel- und Pankreastransplantation wurden an unserem Zentrum gesammelt. Dabei wurden beide Optionen stets in Kombination mit einer Nierentransplantation (simultan oder Insel- nach Nierentransplantation) durchgeführt [8, 14]. Wir fanden bei unseren Patienten eine deutliche Verbesserung der Glukosekontrolle im ersten Jahr nach der Inseltransplantation, mit einem HbA1c-Wert (HbA1c: Hämoglobin Typ A1c), der von nahezu 8 % auf etwa 6,5 % gesenkt werden konnte. Diese Reduktion ist zwar etwas geringer als diejenige, welche durch eine Transplantation des gesamten Pankreas erreicht wird. Es zeigten sich aber über den ganzen Verlauf nach der Transplantation eine stabile Glukosekontrolle und kein erneuter Anstieg des HbA1c (Abb. 2) bei praktisch nicht mehr vorhandenen schweren Hypoglykämien. Die Insulinunabhängigkeit war allerdings auch in unserer Kohorte nach 5 Jahren in nur noch weniger als 10 % der Patienten gegeben.

Abb. 2
figure 2

Werte für Hämoglobin Typ A1c (HbA 1c) transplantierter Patienten vor (0) und über 13 Jahre nach erfolgter Pankreas- oder Inseltransplantation, jeweils in Kombination mit einer Nierentransplantation, ± Standardabweichung. (Nach [14])

Die Tatsache, dass trotz der bei fast allen Patienten notwendigen Insulintherapie eine gute Glukosekontrolle mit wenigen Hypoglykämien aufrechterhalten werden kann, ist darauf zurückzuführen, dass hierfür auch kleine Mengen einer endogenen Insulinproduktion, welche noch Jahre nach der Transplantation vorhanden sind, hilfreich sein können. Diese glukoseregulierte Insulinproduktion auch von wenigen funktionierenden Inseln kann Hyperglykämien abfangen und gleichzeitig helfen, Hypoglykämien zu vermeiden, da die endogene Insulinproduktion sofort gestoppt werden kann und die (nach Transplantation kleineren) exogenen Insulinmengen meist zu keinen schweren Hypoglykämien führen.

Die langfristige Nierenfunktion ist bei kombinierter Transplantation besser

Der Effekt der Transplantation kann aber auch – statt anhand der Insulinunabhängigkeit – anhand der auf einen Nahrungsstimulus hin provozierten C-Peptid-Sekretion beurteilt werden. Diese an unserem Zentrum routinemäßig bei allen inseltransplantierten Patienten gemessenen Werte ergaben, dass sich der Anteil von Patienten mit positiver C-Peptid-Sekretion selbst am Ende unseres Langzeit-Follow-up praktisch nicht verändert hat und diese immer bei fast 90 % der Patienten nachgewiesen werden kann (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Anteil der Patienten mit positiver C-Peptid-Antwort unmittelbar vor (0) und während 13 Jahren nach kombinierter Insel-Nieren-Transplantation

In mehreren Studien wurde untersucht, inwiefern der positive Einfluss auf die Glukosekontrolle auch zu einer Verbesserung bezüglich diabetischer Spätfolgen führt. Dabei ergaben sich Hinweise auf positive Effekte bezüglich einer bestehenden Nephro- [6] oder Neuropathie [4]. Auch hinsichtlich der Funktion einer gleichzeitig transplantierten Niere ist eine gute Glukosekontrolle von entscheidender Bedeutung: Unsere eigenen Daten ergaben, dass sich über den Langzeitverlauf von 13 Jahren die Nierenfunktion nach kombinierter Transplantation nur wenig verschlechtert und hierbei kein Unterschied zwischen Insel- und Pankreastransplantation besteht – im Gegensatz zur Nierentransplantation alleine bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1, bei welcher im Langzeitverlauf die Nierenfunktion aufgrund der persistierenden Hyperglykämie deutlich schneller abnimmt. So beträgt der jährliche GFR-Abfall (GFR: glomeruläre Filtrationsrate) bei der Pankreastransplantation 1,0 ml/min, bei der Inseltransplantation 1,3 ml/min und bei der Nierentransplantation ohne β-Zell-Ersatz fast das Doppelte, 2,5 ml/min (bei einem HbA1c von 8,1 %), was auch in einer kürzlich publizierten Studie mit simultaner Pankreas-Nieren-Transplantation vs. Nierentransplantation allein bestätigt werden konnte: Der jährliche Abfall der GFR war identisch mit unseren Zahlen: 1,1 ml/min für Pankreas- und 2,3 ml/min für Nierentransplantation allein ([14, 16]; Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Abnahme der Transplantatnierenfunktion nach 1–13 Jahren nach erfolgter Pankreas- oder Inseltransplantation (im Vergleich zum 1. Jahr nach Transplantation), ± Standardabweichung, GFR glomeruläre Filtrationsrate. (Nach [14])

Wie oben erwähnt ist einer der Vorteile der Inseltransplantation (anstelle einer Pankreastransplantation) der minimalinvasive Ansatz. In den ersten 3 Monaten nach Pankreastransplantation ist in über 40 % der Fälle eine Relaparotomie aufgrund verschiedenster Komplikationen notwendig [19]. Die häufigsten hiervon sind Blutungen, Thrombosen, Ileus oder Volvulus sowie Infektionen bzw. Pankreatitis. In unserer Kohorte konnten wir diese Zahlen bestätigen, mit einer Relaparotomierate von 37 % bei Patienten nach Pankreastransplantation verglichen mit lediglich 5 % bei Patienten nach Inseltransplantation.

Schlussendlich gilt ein Augenmerk natürlich auch den Kosten – diese sind zum Zeitpunkt der Intervention für die Transplantation im Vergleich zur konservativen Therapie hoch. Unsere Hochrechnungen ergaben aber, dass aufgrund der guten Langzeitresultate nach etwa 15 Jahren Kostenneutralität zu erwarten ist, da die Ausgaben, welche mit einer intensiven Therapie sowie häufigeren Hypoglykämien einhergehen, nach der Transplantation deutlich reduziert sind [7].

Empfehlungen zur Inseltransplantation

Zusammenfassend sollte an eine Inseltransplantation zum einen dann gedacht werden, wenn bei einem Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 eine gute Glukosekontrolle mit den Mitteln der heutigen optimierten konservativen Therapie (wie etwa Insulinpumpe, kontinuierliche Glukosemessung) nicht erreicht bzw. schwere, höhergradige Hypoglykämien nicht vermieden werden können. Zum anderen sollte ein β-Zell-Ersatz immer diskutiert werden, wenn eine Nierentransplantation bei zunehmender Niereninsuffizienz evaluiert wird.

Bei hohem kardiovaskulärem Risiko kommt nur die Inseltransplantation in Frage

In beiden Fällen kommt bei hohem kardiovaskulärem Risiko nur die Inseltransplantation in Frage, während bei jüngeren Patienten mit tiefem kardiovaskulärem Risiko sowohl die Insel- als auch die Pankreastransplantation evaluiert werden sollten. Falls Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 vor der Transplantation eine gute Stoffwechselkontrolle mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln (kontinuierliche Blutzuckermessung und/oder Insulinpumpe) erreichen, ist unserer Meinung nach auch eine kombinierte Insel-Nieren-Transplantation eine sehr gute Option, weil die häufigen, schweren Nebenwirkungen der Pankreastransplantation vermieden werden können und der Schutz der transplantierten Niere vor einem erneuten Auftreten einer diabetischen Nephropathie mit dem bei einer Pankreastransplantation vergleichbar ist.

Eine Übersicht über die Schritte der Evaluation und die Wahl der richtigen Transplantationsoption findet sich bei Lehman u. Gerber [13] bzw. in Abb. 5. Die Abklärung sowie die Transplantation selbst finden optimaler Weise an einem Referenzzentrum mit interdisziplinärer Betreuung der Patienten (Diabetologen, Nephrologen, Transplantationschirurgen) statt.

Abb. 5
figure 5

Transplantationsverfahrenswahl bei Diabetes mellitus Typ 1. (Adaptiert nach [3]), eGFR errechnete glomeruläre Filtrationsrate, Stern aufgrund der Immunsuppression hohes Risiko für die Entwicklung einer terminalen Niereninsuffizienz [17, 18], Doppelstern Insulinpumpentherapie, kontinuierliche subkutane Glukosemessung, sensorunterstützte Insulinpumpentherapie, semiautomatisierte Pumpentherapie (ausgesetzte Insulininfusion bei niedrigen Blutzuckerwerten), Dreifachstern Lebendnierenspende + anschließende Leichenspende von Inseln oder Pankreas, simultane Pankreas- oder Insel-Nieren-Transplantation, Leichenspende Niere alleine + anschließende Leichenspende von Inseln oder Pankreas

Die Frage nach einer allfälligen Inselretransplantation wird v. a. anhand der erreichten Glukosekontrolle und Hypoglykämiereduktion beantwortet. Während lange das Konzept mehrmaliger initialer Inseltransplantationen in kurzer Abfolge im Vordergrund stand, um möglichst eine Insulinunabhängigkeit erreichen zu können (v. a. im Fall einer isolierten Inseltransplantation, d. h. ohne gleichzeitige Nierentransplantation), schlugen wir demgegenüber ein neues Paradigma der Inseltransplantation vor, welches als Ziel nicht die Insulinunabhängigkeit, sondern eine gute Glukosekontrolle ohne schwere Hypoglykämien hat [15]. Eine Retransplantation erfolgt hierbei nur in denjenigen Fällen, in denen dieses Ziel nicht erreicht werden kann. Insbesondere in Anbetracht der bestehenden Organknappheit kann mit diesem Konzept einer größeren Anzahl von Patienten geholfen und bei Bedarf auch zu einem späteren Zeitpunkt erneut eine Inseltransplantation vorgenommen werden. Hochrechnungen ergaben, dass generell insgesamt nur 1–2 % der Patienten mit schweren Hypoglykämien transplantiert werden können [3].

Fazit für die Praxis

  • Die Inseltransplantation kann Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 zu einer ähnlich guten Glukosekontrolle und Reduktion schwerer Hypoglykämien verhelfen wie die Pankreastransplantation.

  • Im Gegensatz zur Pankreastransplantation wird bei der Inseltransplantation eine langfristige Insulinunabhängigkeit seltener erreicht, dagegen ist das Verfahren deutlich weniger invasiv und zudem komplikationsärmer.

  • Für eine isolierte Inseltransplantation sollten nur Patienten evaluiert werden, welche trotz optimaler konservativer Therapie eine ungenügende Glukosekontrolle zeigen und unter häufigen schweren Hypoglykämien leiden.

  • Eine kombinierte Transplantation (mit Nierentransplantation) kommt für alle Patienten in Frage, bei welchen eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz besteht bzw. eine solche absehbar ist.

  • Für Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko kommt nur die Inseltransplantation in Frage, bei jungen Patienten mit niedrigem Risiko sowohl die Insel- als auch die Pankreastransplantation.