Zusammenfassung der Veränderungen gegenüber den Leitlinien von 2010
Der traditionelle medizinorientierte Ansatz mit seiner Betonung auf „Tue Gutes“ („beneficence“) hat sich verschoben in Richtung eines ausgewogenen patientenzentrierten Ansatzes mit größerem Gewicht auf der Autonomie des Patienten. Dies hat zu vermehrter Verständnisbereitschaft und Interaktion zwischen Patient und professionellem Helfer geführt. Zukünftige Leitlinien können aus der Beteiligung aller Interessengruppen Nutzen ziehen: Vertreter der Öffentlichkeit, Patienten, Überlebende und die Gesellschaft als aktive Partner beim Verständnis und der Umsetzung der ethischen Prinzipien.
Inhalt und Umsetzung der traditionellen ethischen Prinzipien stehen im Kontext eines patientenbezogenen Ansatzes hinsichtlich der Reanimation:
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Autonomie, einschließlich der Respektierung persönlicher Präferenzen, die in Patientenverfügungen ausgedrückt werden; dies impliziert eine korrekte Information und Kommunikation.
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Fürsorge (Gutes tun – „beneficence“), einschließlich Prognosestellung, wann begonnen werden soll, Aussichtslosigkeit, Fortführung der CPR („cardiopulmonary resuscitation“ – kardiopulmonale Reanimation) während des Transports, besondere Situationen – mit klarer Unterscheidung zwischen plötzlichem Kreislaufstillstand und zu erwartendem Stillstand von kardialer Funktion und Atmung in terminalen Situationen.
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Schadensvermeidung („non-maleficence“), einschließlich DNAR/DNACPR-Anweisungen, wann beendet oder nicht begonnen werden soll, sowie Beteiligung des Patienten oder seines Vertreters.
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Gerechtigkeit und gleicher Zugang, einschließlich der Vermeidung von Ungleichheiten.
Während die traurige Realität zeigt, dass die meisten derjenigen, die einen Kreislaufstillstand erleiden, nicht überleben, liefern jüngere Studien den Nachweis für stetige Verbesserung beim Outcome, besonders dort, wo die Überlebensformel („formular of survival“) gut umgesetzt worden ist. Spezielle Fälle refraktären Kreislaufstillstands, die historisch aussichtslos waren, können von zusätzlichen interventionellen Ansätzen profitieren. Ein weiterer Anstieg der Überlebensraten kann erwartet werden, wenn klare Anleitungen bestehen hinsichtlich des Beginnens, des Nichtbeginnens oder des Abbruchs eines Wiederbelebungsversuchs sowie durch das Erkennen hartnäckiger Fälle, die möglicherweise auf erweiterte Interventionen ansprechen.
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1.
Europa ist ein Flickenteppich aus 47 Ländern (Europäischer Rat) mit Unterschieden in nationalen Gesetzen, Rechtsprechung, Kultur, Religion und ökonomischen Fähigkeiten. Daher interpretieren europäische Staaten die ethischen Empfehlungen zur Reanimation im Kontext dieser Faktoren.
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2.
In Zusammenhang mit diesen Leitlinien wurde eine Umfrage zur ethischen Praxis in Europa durchgeführt. Bei den Betrachtungsweisen von CPR und Lebensende wurden beträchtliche Unterschiede festgestellt. Neben der Identifikation von Optimierungsbereichen konnte ein Trend hin zur besseren Beachtung ethischer Prinzipien nachgewiesen werden.
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3.
Die Notwendigkeit einer Harmonisierung von Gesetzgebung, Rechtsprechung, Terminologie und Praxis bleibt bestehen. Die Mission des ERC und seiner Leitlinien besteht darin, zu dieser Harmonisierung beizutragen.
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4.
Eine neue Regelung der Europäischen Union (EU), mit der die nachträgliche Zustimmung ermöglicht wird, wird die Forschung über Notfallinterventionen in den EU-Mitgliedsstaaten harmonisieren und fördern.
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5.
Professionelle Helfer sind dafür verantwortlich, ihr Wissen, ihr Verständnis und ihre Fertigkeiten auf dem neuesten Stand zu halten und die ethischen Prinzipien zu begreifen, bevor sie es mit einer realen Situation zu tun bekommen, in der Reanimationsentscheidungen getroffen werden müssen.
Einführung
Der plötzliche, unerwartete Kreislaufstillstand stellt ein katastrophales, aber potenziell reversibles Ereignis dar, von dem die Familie, Freunde und die Gesellschaft betroffen sind. In Europa kommt es zu 0,5 bis 1,0 Kreislaufstillständen pro 1000 Einwohner und Jahr. Obwohl während der letzten Jahre ein leichter Anstieg beobachtet werden konnte, bleibt das Überleben nach außerklinischem Kreislaufstillstand niedrig, mit einer durchschnittlichen Quote des Überlebens bis zur Krankenhausentlassung von 7,6 % [1–9].
Der potenziell reversible plötzliche, unerwartete Kreislaufstillstand soll vom erwarteten Stillstand des Kreislaufs und der Atmung im terminalen Zustand unterschieden werden. Besseres medizinisches Wissen, neue und erweiterte Interventionen sowie zunehmende Erwartungen der Öffentlichkeit haben ethische Betrachtungen zu einem wichtigen Teil jeder Intervention oder Entscheidung am Lebensende gemacht. Dazu gehören optimierte Ergebnisse für individuelle Patienten und die Gesellschaft durch eine angemessene Verteilung von Ressourcen.
In letzter Zeit ist es zu einer Verschiebung von einer arztzentrierten Sichtweise mit Betonung auf Fürsorge hin zu einem patientenzentrierten Ansatz gekommen, bei dem der Autonomie des Patienten mehr Beachtung geschenkt wird. Dieser Wandel spiegelt sich in den ERC-Leitlinien von 2015 für Reanimation und Entscheidungen am Lebensende wider.
Das vorliegende Kapitel stellt Informationen und Orientierungsoptionen zu den ethischen Prinzipien zur Verfügung: ethische und professionelle Orientierung für professionelle Helfer, die dafür verantwortlich sind, Reanimationen durchzuführen, einschließlich der Frage, wann eine Reanimation begonnen und wann sie beendet werden soll, sowie spezielle Erwägungen, die bei Kindern und bei der Organspende nach erfolglosem Reanimationsversuch erforderlich sind.
Jeder professionelle Helfer soll mit den ethischen Prinzipien vertraut sein, bevor er in einer realen Situation eine Reanimationsentscheidung treffen muss.
Daneben berichten wir über die ersten Ergebnisse einer europäischen Umfrage zur ethischen Praxis, aus der hervorgeht, wie unterschiedlich die einzelnen Länder an Themen wie Reanimation und Entscheidungen am Lebensende herangehen [10].
Es besteht eine deutliche Notwendigkeit zur Harmonisierung von Gesetzgebung, Rechtsprechung und Praxis. Die Aufgabe der ERC-Leitlinien besteht darin, zu dieser Harmonisierung beizutragen
Aspekte einer Ethik für Reanimation und Entscheidungen am Lebensende
Unter Ethik versteht man die Wege, das moralische Leben zu untersuchen und zu verstehen, oder die Anwendung ethischer Überlegungen bei medizinischen Entscheidungen. Die Hauptprinzipien medizinischer Ethik sind Autonomie des Individuums („autonomy“), Fürsorge (Gutes tun – „beneficence“), Schadensvermeidung („non-maleficence“) und Gerechtigkeit („justice“). Daneben werden Würde und Aufrichtigkeit häufig als weitere wesentliche Elemente der Ethik genannt [11–13].
Das Prinzip der Patientenautonomie
Die Achtung der Autonomie bezieht sich auf die Pflicht des Arztes, die Präferenzen eines Patienten zu respektieren und Entscheidungen zu treffen, die mit dessen Werten und Überzeugungen übereinstimmen. Eine patientenzentrierte Gesundheitsversorgung stellt den Patienten in den Mittelpunkt des Entscheidungsprozesses, statt ihn als Empfänger einer medizinischen Entscheidung anzusehen. Dies erfordert, dass Kranke über ein hinreichendes Verständnis der relevanten Aspekte ihrer Behandlungsoptionen verfügen, damit sie in der Lage sind, sachgerechte Entscheidungen zu treffen oder an gemeinsamen Entscheidungsprozessen teilzunehmen. Die Aufklärung von Patienten hat bedeutend zu dieser veränderten Gewichtung beigetragen. Das Prinzip der Autonomie wird durch die freie und informierte Einwilligung umgesetzt, wobei anerkannt wird, dass die Person ihre Entscheidung jederzeit ändern kann. Die Beachtung dieses Prinzips während eines Kreislaufstillstands, wenn der Patient nicht in der Lage ist, seine Präferenzen mitzuteilen, stellt eine Herausforderung dar [11, 14–16]. Außerdem sind die rechtmäßig dokumentierten Wünsche eines individuellen Patienten oft nicht leicht verfügbar, wodurch ein weiteres ethisches Dilemma entsteht: Wie können professionelle Helfer sich die Patientenzentrierung zu eigen machen, wenn die Vorstellungen des Patienten nicht bekannt sind? [11, 17–19].
Das Prinzip der Fürsorge
Fürsorge impliziert, dass Interventionen dem Patienten nützen, nach Abwägung relevanter Risiken und Vorteile. Bestehende evidenzbasierte Leitlinien unterstützen professionelle Helfer bei der Entscheidung, welche Therapieansätze am zweckdienlichsten sind [20–22]. Patienten werden zunehmend als aktive Partner am Prozess der Leitlinienentwicklung beteiligt, wodurch sichergestellt wird, dass sich ihre Ansichten und Perspektiven in der Beratung niederschlagen [23]. Eine derartige Beteiligung konnte in Zusammenhang mit den Reanimationsleitlinien indes noch nicht beobachtet werden.
Das Prinzip der Schadensvermeidung
Schadensvermeidung oder „primum non nocere“ entstammt dem Axiom des Hippokrates „Helfen oder zumindest nicht schaden“. Ein Wiederbelebungsversuch soll in aussichtlosen Fällen nicht durchgeführt werden. Es ist jedoch schwierig, Aussichtslosigkeit auf eine präzise und prospektive Weise zu definieren, die außerdem auf die Mehrheit der Fälle zutrifft. Die Wiederbelebung ist eine invasive Prozedur mit geringer Erfolgswahrscheinlichkeit. Patientenverfügungen stehen den professionellen Helfern nur selten zur Verfügung. Daher ist ein Wiederbelebungsversuch bei den meisten Patienten in akuten lebensbedrohlichen Situationen zur Regel geworden [24, 25].
Das Prinzip der Gerechtigkeit und des gleichberechtigten Zugangs
Gerechtigkeit impliziert, dass Gesundheitsressourcen gleich und gerecht verteilt werden, unabhängig vom sozialen Status des Patienten, ohne Diskriminierung, mit dem Recht jedes Individuums, nach dem aktuellen Stand versorgt zu werden. Die angemessene Verteilung von Ressourcen ist bei invasiven Prozeduren zu einer wichtigen Überlegung geworden. Die Reanimation ist eine Prozedur, die koordinierte Anstrengungen vieler professioneller Helfer erfordert. Ethische Betrachtungen hinsichtlich Wiederbelebung und Entscheidungen am Lebensende beinhalten, bestmögliche Resultate für den individuellen Patienten, die Angehörigen und die Gesellschaft als Ganzes zu erzielen, indem verfügbare Ressourcen angemessen verteilt werden. Es besteht kein Konsens bei der Frage, was eine gerechte und adäquate Methode begründet, mit der die Präferenzen und Wünsche individueller Patienten gegen die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gesellschaft abgewogen werden [11, 13, 19, 21, 26].
Jemandem aus finanziellen Gründen eine spezifische medizinische Versorgung vorzuenthalten, ist nicht akzeptabel, wohingegen es angebracht sein kann, die Gesamtkosten mit Blick auf den individuellen Patienten, die Familie und die Gesellschaft zu betrachten [13, 21, 27–29].
Es ist nachgewiesen, dass Angehörige niedrigerer sozioökonomischer Gruppen beim außerklinischen Kreislaufstillstand eine höhere Inzidenz bei gleichzeitig geringerer Überlebenschance aufweisen. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Person nach Kreislaufstillstand Ersthelfer mit der Reanimation beginnen, ist in Wohnvierteln mit hohem Sozialstatus nahezu 5-mal größer als in Vierteln mit niedrigem Durchschnittsverdienst. Weiße erhalten mit größerer Wahrscheinlichkeit eine Ersthelfer-Reanimation als Angehörige anderer ethnischer Gruppen [2, 30–39].
Medizinische Aussichtslosigkeit
Der Weltärztebund (World Medical Association, WMA) definiert eine aussichtslose Behandlung als eine Therapie, die „keinen vernünftigen Grund für Hoffnung auf Wiederherstellung oder Besserung bietet“ oder von der „der Patient dauerhaft keinen Nutzen erwarten kann“. Eine Wiederbelebung wird als aussichtslos angesehen, wenn nur minimale Chancen auf ein qualitativ gutes Überleben bestehen [40]. Um eine Behandlung als aussichtslos zu betrachten, muss zunächst geklärt werden, ob eine medizinische Indikation vorliegt oder nicht. Die Entscheidung, einen Wiederbelebungsversuch nicht zu beginnen, bedarf nicht der Zustimmung des Patienten oder der ihm Nahestehenden, weil die häufig unrealistische Erwartungen über Erfolgsaussichten und möglichen Nutzen der Reanimation haben [41, 42]. Eine aussichtslose Behandlung zu beginnen, weckt bei Familie und Patient eventuell falsche Hoffnungen, wodurch die Fähigkeit des Patienten zu rationaler Beurteilung und Autonomie untergraben werden kann [40, 43] Entscheidungsträger haben jedoch die Verpflichtung, den Patienten oder einen Vertreter, falls der Patient seine Belange nicht selbst wahrnehmen kann, zu konsultieren, in Übereinstimmung mit einer „klaren verfügbaren Richtlinie“ [44–46]. Das behandelnde Team muss erklären, dass die Entscheidung, nicht mit der Wiederbelebung zu beginnen, keinesfalls bedeutet, aufzugeben oder den Patienten zu ignorieren bzw. im Stich zu lassen, sondern dass beabsichtigt wird, den Patienten vor Schaden zu bewahren sowie Wohlergehen und Lebensqualität zu maximieren [44, 47].
In einigen Ländern sind Vorausverfügungen hinsichtlich des Nichteinleitens eines Reanimationsversuchs erlaubt, während es in anderen Ländern oder Religionen nicht gestattet oder illegal ist, von einer Wiederbelebung abzusehen. Bei Begriffen wie „Kein Reanimationsversuch“ („Do Not Attempt Resuscitation“, DNAR) oder „Keine kardiopulmonale Reanimation“ („Do Not Attempt Cardiopulmonary Resuscitation“, DNACPR) oder „Natürlichen Tod ermöglichen“ („Allow Natural Death“, AND) besteht ein Mangel an Einheitlichkeit. Dieser verwirrende Gebrauch von Akronymen kann in nationaler Gesetzgebung und Rechtsprechung zu Missverständnissen führen [48, 49].
Vorausverfügungen
Vorausverfügungen sind Entscheidungen über eine Behandlung, die von einer Person im Vorhinein für den Fall getroffen werden, dass sie irgendwann in der Zukunft nicht in der Lage sein wird, sich direkt an medizinischen Entscheidungsfindungen zu beteiligen [50]. Vorausverfügungen können in zwei Formen verfasst werden, die sich nicht unbedingt gegenseitig ausschließen: 1) „Patientenverfügungen“ sind schriftliche Dokumente, in denen die Präferenzen einer Person hinsichtlich des Einleitens oder Unterlassens bestimmter Behandlungen niedergelegt sind für den Fall, dass die Person in der Zukunft nicht in der Lage sein wird, selbst Entscheidungen zu treffen (Einwilligungsunfähigkeit). 2) Mit einer „Vorsorgevollmacht“ kann ein Vertreter (z. B. ein vertrauenswürdiger Angehöriger oder Freund) benannt werden, der Entscheidungen über medizinische Behandlungen treffen kann, wenn die betreffende Person selbst nicht mehr einwilligungsfähig ist [51].
Eine Vorausverfügung muss drei Kriterien erfüllen: Sie muss vorliegen, sie muss gültig sein, und sie muss zutreffen. Ärzte dürfen es nicht zu Verzögerungen bei der Wiederbelebung kommen lassen, während sie versuchen festzustellen, ob eine Vorausverfügung vorliegt, welche die Reanimation untersagt [51]. Andererseits darf kein Reanimationsversuch begonnen werden, falls dieser eher schädlich als nützlich erscheint, selbst wenn dies im Widerspruch zu einer gültigen und zutreffenden Vorausverfügung steht.
In mehreren Ländern haben Vorausverfügungen die gleiche juristische Kraft wie aktuelle Entscheidungen. Ihre Anwendbarkeit wird jedoch durch das Problem erschwert, dass eine Verfügung abgefasst wird, die den zum Zeitpunkt der Niederschrift gültigen Willen des Patienten genau wiedergibt [52]. Tatsächlich passen sich Menschen oft an Behinderungen an, und Präferenzen können sich mit der Zeit ändern. Daher sollen Verfügungen regelmäßig überprüft werden, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Willen des Patienten ausdrücken und dass die Umstände akkurat berücksichtigt werden [41, 52, 53].
Artikel 9 der Konvention über Menschenrechte und Biomedizin verlangt, dass Ärzte vorher ausgedrückte Wünsche ihrer Patienten „berücksichtigen“ [19]. In den nationalen Gesetzgebungen europäischer Länder ist der rechtliche Status von Vorausverfügungen jedoch sehr uneinheitlich. Einige Länder haben spezielle Gesetze erlassen, die Vorausverfügungen zu Entscheidungen am Lebensende einschließlich Reanimation eine Bindungswirkung verleihen [51].
Relevante Rechte in Zusammenhang mit Reanimation und Entscheidungen am Lebensende
Richtlinien zur Reanimation und individuelle Entscheidungen von professionellen Helfern müssen mit den Menschenrechten übereinstimmen. Zu den Bestimmungen, die bei der Frage, ob ein Wiederbelebungsversuch unternommen werden soll, relevant sind, gehören folgende Rechte: das Recht auf Leben, auf Schutz vor inhumaner oder entwürdigender Behandlung, auf Respekt vor der Privatsphäre und dem Familienleben, auf Meinungsfreiheit, wozu auch das Recht gehört, eine Meinung beizubehalten und Informationen zu bekommen, sowie das Recht, in Hinblick auf diese Rechte frei zu sein von Diskriminierung [19]. Einen Patienten nicht an der Abfassung einer DNAR-Anweisung zu beteiligen, verletzt Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention [45].
Patientenzentrierte Versorgung
Die zunehmende Zentrierung auf den Patienten innerhalb der Gesundheitsversorgung verlangt, dass wir uns bemühen, die Perspektive des Überlebenden eines Kreislaufstillstands zu verstehen und bestrebt sind, klinische und auf Patientenangaben basierende kurz- und längerfristige Ergebnisse zu betrachten. Dies wurde in der überarbeiteten Vorlage des Utstein-Reanimationsregisters (Utstein Resuscitation Registry) für außerklinische Kreislaufstillstände insofern anerkannt, als hier empfohlen wird, Outcome-Berichte von Patienten und die Lebensqualität von Überlebenden zu bewerten [54]. Eine spezifische Anleitung zu einer derartigen Bewertung existiert derzeit allerdings nicht. Die COSCA-Initiative („Core Outcome Set – Cardiac Arrest“) wird einen internationalen Konsens zu der Frage anstreben, was in allen klinischen Studien zum Kreislaufstillstand wann gemessen werden soll, und Empfehlungen für sowohl klinische als auch von Patienten berichtete Ergebnisse herausgeben [55, 56]. Eine solche Orientierung vermag ebenso, über patientenzentrierte Ergebnisbewertung in täglicher Praxis Auskunft zu geben wie in Registern auf eine zielgenauere Behandlung und Verteilung von Ressourcen für Überlebende von Kreislaufstillständen Einfluss zu nehmen [54–58].
Ethisch betrachtet können wir die Perspektive des Patienten nicht ignorieren. Um sicherzustellen, dass patientenzentrierte Ergebnisse zum größten Nutzen erfasst werden, ist allerdings ein breiteres Verständnis dafür erforderlich, was für wen in welchem Kontext und wann von Bedeutung ist: Das verlangt in diesem Prozess zukünftiges Engagement bei der Zusammenarbeit mit der Öffentlichkeit sowie mit den Überlebenden von Kreislaufstillständen und ihren Familien als Partner [59].
Praktische Implikationen für inner- und außerklinischen Kreislaufstillstand
Ergebnisse (Outcome) nach Kreislaufstillstand
Reanimationsversuche bleiben in 70−98 % der Fälle ohne Erfolg. In präklinischen Systemen, in denen die Elemente der „Überlebensformel“ [20] gut organisiert umgesetzt sind, kann es bei einem Drittel bis zur Hälfte der Patienten durch CPR zur Wiederkehr eines Spontankreislaufs (ROSC) kommen, von denen ein kleinerer Prozentsatz bis zur Einlieferung auf die Intensivstation überlebt. Ein noch geringerer Anteil überlebt bis zur Krankenhausentlassung mit gutem neurologischem Ergebnis [8].
Das beste Reanimationsergebnis besteht für eine Person darin, dass sie kognitiv nicht beeinträchtigt ist und über eine akzeptable Lebensqualität verfügt oder dass es zu keiner bedeutsamen Verschlechterung gegenüber dem Zustand vor der Erkrankung gekommen ist.
Allerdings berichten Studien von einer kognitiven Beeinträchtigung bei bis zu 50 % der Überlebenden [9, 60, 61]. Wenn von akzeptablem Niveau der Lebensqualität geschrieben wird, dann beruhen die Einschätzungen auf der Verwendung von allgemeinen, präferenzbasierten Nutzwertmessungen, wie beim EuroQoL, EQ-5D oder Health Utility Index, oder von allgemeinen Messungen des Gesundheitszustands wie beim Short Form 12-item Health Survey (SF-12) [57, 62, 63]. Während diese einen groben Überblick über den Gesundheitszustand und einen nützlichen Vergleich mit der Gesamtbevölkerung bieten, können allgemeine Messinstrumente nicht die Komplexität spezieller Zustände erfassen, und es ist unklar, ob sie genau die Ergebnisse beurteilen, die für Überlebende von Kreislaufstillständen bedeutsam sind [55]. Mithin unterschätzen sie eventuell die gesundheitlichen Bedürfnisse und Erfahrungen von Überlebenden und reagieren häufig schlechter auf wichtige Veränderungen bei der Gesundung als gut entwickelte zustands- oder bereichsspezifische Instrumente [55].
Frühzeitige und zweckmäßige CPR kann die Überlebensrate auf über 50 % anheben [64, 65]. Zwischen unterschiedlichen Gemeinden sind erhebliche Schwankungen beim Überleben zu verzeichnen [66–69]. Für wirkliche Verbesserungen beim globalen Ergebnis wird ein gemeindezentrierter Ansatz des öffentlichen Gesundheitswesens erforderlich sein [8, 70]. Diejenigen, die für entsprechende Richtlinien verantwortlich sind, müssen sich ihrer entscheidenden Rolle in diesem Prozess bewusst werden.
Innerklinischer Kreislaufstillstand (IHCA)
Nach innerklinischem Kreislaufstillstand besteht das Standardvorgehen darin, mit der Wiederbelebung zu beginnen, es sei denn, dass eine Entscheidung getroffen wurde, keine Reanimation einzuleiten. Entscheidungen zum Unterlassen einer Reanimation werden gewöhnlich von einem dienstälteren Arzt in Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des multiprofessionellen Teams getroffen [71]. Reanimationsentscheidungen sollen bei folgenden Anlässen aktualisiert werden: nach notfallmäßiger Aufnahme ins Krankenhaus, nach jeder bedeutsamen Änderung des Patientenzustands oder der Prognose, auf Verlangen des Patienten oder seiner Angehörigen sowie vor der Verlegung oder Überführung in eine andere Einrichtung [72]. Standardisierte Systeme, die das Unterlassen von Wiederbelebungsversuchen regeln, verringern die Inzidenz von aussichtslosen Versuchen [72]. Anweisungen sollen spezifisch und detailliert und über Einrichtungsgrenzen hinweg anwendbar und leicht verständlich sein [73, 74]. Es mag Situationen geben, in denen ein Kliniker entscheidet, dass es notwendig ist, sich über eine frühere Festlegung zum Unterlassen einer CPR hinwegzusetzen. Zu derartigen Umständen gehört der plötzliche Kreislaufstillstand aufgrund einer leicht behebbaren Ursache (z. B. Verlegung der Atemwege oder des Trachealtubus) oder im Rahmen einer speziellen Prozedur oder einer Allgemeinanästhesie. Wenn möglich sollen solche Gegebenheiten mit dem Patienten im Voraus besprochen werden, um seine frühere Willensbekundung zu bekräftigen.
Es ist häufig schwierig zu bestimmen, wann eine Wiederbelebung wahrscheinlich erfolglos oder, genauer gesagt, aussichtslos sein wird. Aus dem Programm der AHA „Get with the Guidelines“ (n > 50.000 Fälle) sind zwei klinische Entscheidungsregeln abgeleitet worden. In der ersten wurde ein Flussdiagramm entwickelt, das Hinweise auf die Wahrscheinlichkeit eines Überlebens bis zur Entlassung mit guter neurologischer Funktion liefert. In diesem Modell hatte eine Einlieferung aus einer Pflegeeinrichtung mit Cerebral Performance Category (CPC) 2 oder niedriger eine sehr geringe Überlebenschance (2,3 %) nach Kreislaufstillstand, ebenso wie die Einlieferung von zu Hause oder aus einem anderen Krankenhaus mit CPC 3 (Überlebensrate 2,2 %) [75]. Weitere wichtige Prädiktoren für ein schlechtes Outcome waren fortgeschrittenes Alter, Vorliegen von Organversagen, ein bösartiger Tumor und Hypotension. Die Abwesenheit von Komorbiditäten sowie das Vorliegen von Rhythmusstörungen und Myokardinfarkten gingen mit besserem Outcome einher. Der von derselben Gruppe geschaffene „Go-FAR“-Score verwendet 13 Pre-arrest-Variablen, um das Outcome vorherzusagen [75]. Ein niedriger Wert prognostizierte gutes Outcome (27 % positives Überleben), während ein hoher Wert schlechtes Outcome (0,8 % positives Überleben) vorhersagte. Gute neurologische Funktionen bei Einlieferung standen für gutes Outcome, während schweres Trauma, Schlaganfall, bösartige Tumoren, Sepsis, Einlieferung in die Innere Medizin wegen nicht kardialer Ursache, Organversagen und fortgeschrittenes Alter die hauptsächlichen bestimmenden Faktoren von schlechtem Outcome waren. Vorhersagestudien sind in besonderer Weise auf Systemfaktoren wie Zeit bis Beginn der CPR und Zeit bis zur Defibrillation angewiesen. Falls diese Intervalle in der gesamten Studienkohorte verlängert sind, muss dies nicht auf den Einzelfall zutreffen. Es ist unumgänglich, dass Beurteilungen auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen getroffen werden. Entscheidungen sollen niemals auf nur einem Element, etwa dem Alter, basieren [76]. Es verbleiben Grauzonen, in denen Urteilsvermögen hinsichtlich individueller Patienten erforderlich ist.
Es ist schwierig, die optimale Dauer eines Reanimationsversuchs festzulegen. In einer weiteren Studie des AHA-Get-with-the-Guidelines-Resuscitation(GWTG-R)-Registers erlangten 88 % der Patienten, bei denen es zur dauerhaften Wiederherstellung des Kreislaufs kam, diese innerhalb von 30 min [77]. In der Regel soll die Reanimation so lange fortgesetzt werden, wie Kammerflimmern anhält. Eine während erweiterter Maßnahmen länger als 20 min andauernde Asystolie ohne reversible Ursachen wird gemeinhin als Indikation angesehen, weitere Wiederbelebungsversuche abzubrechen. Es gibt jedoch Berichte über Ausnahmefälle, die diese allgemeine Regel nicht stützen, und jeder Fall muss individuell beurteilt werden.
Derzeit sind keine gültigen Instrumente verfügbar, mit denen sich während der ersten Stunden nach ROSC ein schlechtes Outcome vorhersagen ließe. Die Prognose des finalen neurologischen Outcomes bei Patienten, die nach ROSC komatös bleiben, ist während der ersten 3 Tage nach dem Kreislaufstillstand sowie bis 2−3 Tage nach Beendigung einer Hypothermie unzuverlässig.
Bei einer verlässlichen Prognosestellung schlechten Outcomes bei komatösen Überlebenden eines Kreislaufstillstands werden Gespräche mit Angehörigen und Entscheidungen über die Beendigung der lebenserhaltenden Therapie befürwortet. Leitlinien zur Prognosestellung bei solchen Patienten werden detailliert in Kap. 5, „Postreanimationsbehandlung“ der ERC-Leitlinien 2015 beschrieben [27].
Wir müssen stets daran denken, dass die Einführung eines Protokolls zur Beendigung von Reanimationen unvermeidlich so etwas wie eine selbst erfüllende Prophezeiung werden kann und daher regelmäßig infrage gestellt werden muss, wenn neue Therapieansätze entstehen.
Der Schwerpunkt der meisten publizierten Studien lag auf der Vorhersage schlechten Outcomes bei komatösen Überlebenden eines Kreislaufstillstands. Zukünftige Forschungsarbeiten sollen auch Faktoren berücksichtigen, die ein gutes Outcome vorhersagen würden, um damit Einfluss auf Therapieentscheidungen und Gespräche mit Angehörigen zu nehmen.
Außerklinischer Kreislaufstillstand (OHCA)
Die Entscheidung, eine Wiederbelebung zu beginnen oder abzubrechen, ist außerhalb des Krankenhauses meist bedeutend schwieriger [78, 79]. Zu den besonderen Herausforderungen gehört der Mangel an ausreichenden, eindeutigen Informationen über den Willen und die Wertvorstellungen eines Patienten, über Komorbiditäten sowie die gesundheitliche Ausgangslage. Der Zugriff auf diagnostische Tests zur Feststellung reversibler Ursachen ist begrenzt; außerdem sind die Teams gewöhnlich klein und bestehen in vielen Ländern nur aus Rettungssanitätern oder Rettungsassistenten/Notfallsanitätern. Mit einer Prognoseabschätzung hinsichtlich Überleben und nachfolgender Lebensqualität ist ein hohes Risiko zu Voreingenommenheit und damit Ungerechtigkeit verbunden [80, 81]. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren und der nachgewiesenen Korrelation zwischen dem Zeitintervall bis zum Beginn der Basismaßnahmen oder der ersten Defibrillation und dem Outcome muss die Vorgabe bei außerklinischem Kreislaufstillstand weiterhin lauten, so schnell wie möglich mit der Reanimation zu beginnen und Fragen später zu stellen. Ausnahmen bilden jene Zustände, die das Lebensende klar erkennen lassen, wie massive kraniale und zerebrale Schäden, Dekapitation, Verwesung oder Fäulnis, Verkohlung, abhängige Totenflecke (Hypostasis) mit Leichenstarre sowie fötale Mazeration. In derartigen Fällen kann auch ein Nichtarzt den Tod feststellen, ihn aber nicht bescheinigen; dies kann in den meisten Ländern nur ein Mediziner tun.
Ein Wiederbelebungsversuch, der keine Aussicht auf Erfolg im Sinne von Überleben oder akzeptabler Lebensqualität hat, ist sinnlos und verletzt gegebenenfalls das Recht auf Barmherzigkeit und Würde im Angesicht des Todes. Dieses „Keine Erfolgsaussicht“ zu definieren ist jedoch sehr schwierig, und im Gegensatz zu anderen medizinischen Interventionen ist argumentiert worden, dass Überlebensraten von weniger als 1 % noch Reanimationsbemühungen rechtfertigen [78, 81, 82]. Institutionelle Leitlinien zur Beendigung der Reanimation im präklinischen Umfeld sind sehr vonnöten, um die unerwünschte Variabilität bei diesem Entscheidungsprozess zu verringern.
Verschiedene Autoren haben eindeutige Regeln zum Reanimationsabbruch entwickelt und prospektiv getestet. Eine solche Studie zeigte, dass eine Abbruchregel für Basismaßnahmen zu 100 % prädiktiv für den Tod war, wenn sie von Rettungssanitätern angewendet wurde, denen nur die Defibrillation erlaubt war. Nachfolgende Studien erbrachten eine externe Verallgemeinerbarkeit dieser Regel, andere hingegen stellten dies infrage. Die Einführung einer Regel zum Reanimationsabbruch reduzierte signifikant den Anteil transportierter Patienten, führte in zwei getrennten Studien indes zu einer unerwarteten Überlebensrate von 3,4 % bzw. 9 % bei Patienten nach außerklinischem Kreislaufstillstand, die präklinisch keinen Spontankreislauf entwickelt hatten.
Einige Rettungsdienstsysteme verwenden nur diese eine Komponente, nämlich dass es präklinisch nicht zu einem Spontankreislauf (ROSC) kommt, als Kriterium, den Reanimationsversuch abzubrechen, und dies kann ganz klar potenzielle Überlebende vom Transport ausschließen [78, 83–87].
Patienten, die im anhaltenden Kreislaufstillstand unter Fortführung der Reanimation ins Krankenhaus transportiert werden, haben eine sehr schlechte Prognose [88, 89]. In einem sich bewegenden Fahrzeug ist die manuelle Wiederbelebung schwierig, sodass die Verwendung mechanischer Hilfsmittel erwogen werden kann. Da erweiterte Therapieansätze und spezielle auf die Situation bezogene Interventionen immer verfügbarer werden und Erfolgsraten steigen, kommt es entscheidend darauf an, die Patienten zu bestimmen, die davon profitieren könnten [90–92].
Nichteinleiten oder Abbruch der Reanimation − Transport unter Fortführung der Reanimation
Professionelle Helfer sollen erwägen, bei Kindern und Erwachsenen eine Reanimation nicht zu beginnen oder abzubrechen, wenn:
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die Sicherheit des Helfers nicht länger gewährleistet ist,
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eine offensichtlich tödliche Verletzung vorliegt oder der irreversible Tod eingetreten ist,
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eine gültige und zutreffende Vorausverfügung vorliegt,
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es einen anderen starken Hinweis darauf gibt, dass weitere Reanimationsmaßnahmen gegen die Wertvorstellungen und Präferenzen des Patienten verstoßen würden oder die Maßnahmen als aussichtslos betrachtet werden,
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trotz laufender erweiterter Maßnahmen und ohne reversible Ursache eine Asystolie länger als 20 min besteht.
Nach Abbruch einer Reanimation soll mit Blick auf eine Organspende die Möglichkeit geprüft werden, den Kreislauf weiterhin zu unterstützen und den Patienten in ein geeignetes Zentrum zu transportieren.
Sind die erwähnten Kriterien zur Nichteinleitung einer Reanimation nicht gegeben, sollen professionelle Helfer einen Transport ins Krankenhaus unter Fortführung der Reanimation erwägen, wenn eines der folgenden Kriterien zutrifft:
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vom Rettungsdienst beobachteter Stillstand,
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Spontankreislauf (ROSC) zu irgendeinem Zeitpunkt,
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Kammerflimmern/Kammertachykardie (VF/VT) als vorliegender Rhythmus,
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mutmaßlich reversible Ursache (z. B. kardial, toxisch, Hypothermie).
Diese Entscheidung soll frühzeitig im Prozess erwogen werden, nach 10 min ohne ROSC und unter Berücksichtigung der Umstände, wie Entfernung, Verzögerung der Reanimation und vermutliche Qualität der Maßnahmen, mit Blick auf die Merkmale des Patienten, wie z. B. die zu erwartende Lebensqualität.
Pädiatrischer Kreislaufstillstand
Trotz Differenzen bei Pathophysiologie und Ätiologie unterscheidet sich der ethische Entscheidungsrahmen beim pädiatrischen Kreislaufstillstand nicht wesentlich vom oben beschriebenen [93, 94]. Die meisten Ärzte werden aus emotionalen Gründen bei Kindern noch eher einen Irrtum zugunsten einer Intervention in Kauf nehmen und einen Reanimationsversuch länger fortsetzen, obwohl im Großen und Ganzen die Prognose bei Kindern oft schlechter ist als bei Erwachsenen. Es ist daher für Kliniker wichtig, die Faktoren zu kennen, die den Reanimationserfolg beeinflussen, sowie die Grenzen ihrer Behandlung. Wie bei Erwachsenen kann eine aussichtslose Reanimation als Dsythanasie (unbarmherzige Lebensverlängerung) bezeichnet werden, die es zu vermeiden gilt [81]. Das beste Interesse eines Kindes kann in Widerspruch stehen zu den Rechten von Eltern oder Erziehungsberechtigten. Aus gesellschaftlicher Perspektive lassen wir zu, dass die Entscheidungen der Eltern vom sog. Standard des besten Interesses abweichen, solange dem Kind kein unakzeptabler Schaden zugefügt wird. Übertragen auf den Kontext der Reanimation bedeutet dies, dass die Rechte und Entscheidungen der Eltern bis zu einem Punkt gelten, ab dem ein Schaden entstünde. Die verlängerte aussichtslose Reanimation könnte ein Beispiel für einen derartigen Schaden sein. Die Vermittlung geeigneter Informationen in einer klaren, aber empathischen Weise ist für diesen Entscheidungsprozess von großer Bedeutung.
In den meisten Ländern existieren Verfahren zur rechtsmedizinischen Untersuchung von Fällen des plötzlichen, ungeklärten Todes im Säuglingsalter („sudden unexplained death of iInfancy“, SUDI). In vielen SUDI-Fällen kann keine endgültige Ursache gefunden werden. Der Tod ist eventuell mit einer intrinsischen Anfälligkeit verbunden, mit Umstellungen während der Entwicklung und mit Umweltfaktoren [95]. Einige Todesfälle werden dagegen durch Infektionen oder neurometabolische Erkrankungen oder durch Unfälle oder bewusst zugefügte Verletzungen verursacht. In den meisten Ländern werden in Fällen des plötzlichen, ungeklärten oder durch Unfall verursachten Todes Behörden eingeschaltet. In einigen Ländern findet eine systematische Untersuchung aller Fälle von Kindstod statt, um ein besseres Verständnis und Kenntnisse für die Prävention zukünftiger kindlicher Todesfälle zu erlangen [96]. Obwohl weiterhin große Probleme bestehen, können formale Untersuchungen des Kindstods sehr viel zu Prävention, Versorgung und Outcome des pädiatrischen Kreislaufstillstands beitragen.
Besondere Umstände
Verhaltene Reanimation („slow code“)
Einige präklinische professionelle Helfer halten es für schwierig, einen einmal begonnenen Reanimationsversuch abzubrechen, und plädieren, besonders bei jungen Patienten, für die Fortsetzung der Maßnahmen bis zur Ankunft im Krankenhaus. Einige verteidigen ein derartiges Vorgehen damit, dass das „beste Interesse“ der Familie gegenüber dem des Patienten überwiegen könnte [97, 98]. Diese Sichtweise wird durch keine Evidenz gestützt. Bei posttraumatischem Kreislaufstillstand scheint es so, dass die Familien von Patienten, die außerklinisch versterben, den Verlust besser verarbeiten können, wenn aussichtlose Reanimationsbemühungen vor Ort abgebrochen werden [93]. Eine aussichtslose Wiederbelebung durchzuführen, um damit der Trauer und den Bedürfnissen "wichtiger Personen" zu entsprechen, ist sowohl irreführend als auch paternalistisch und somit ethisch unseriös [43].
Ähnlich argumentierten einige Autoren zugunsten einer „verhaltenen“ Reanimation, bei der mit einigen symbolischen Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen wird, aber ohne Eile oder aggressive Techniken. Damit sollen dem Arzt und der Familie das hilflose Gefühl des Nichtstuns erspart und potenzielle Konflikte ebenso vermieden werden wie die Notwendigkeit, schlechte Nachrichten kommunizieren zu müssen, besonders in Situationen ohne eine starke Arzt-Patienten-Beziehung und mit fehlenden Informationen [43]. Ein solches verhaltenes Vorgehen ist ebenfalls in gleichem Maße irreführend wie paternalistisch und untergräbt sowohl das Arzt-Patienten-Verhältnis als auch die Ausbildung unserer Teams [93].
Eine nützliche Alternative kann ein „zugeschnittenes“ Vorgehen sein, bei dem Reanimationsmaßnahmen von hoher Qualität durchgeführt, aber klare Grenzen definiert werden. Familienangehörige werden auf transparente Weise darüber informiert, was getan wird und was nicht [99, 100].
Sicherheit der Helfer
Die Sicherheit des professionellen Helfers ist von vitaler Bedeutung. Epidemien von Infektionskrankheiten haben diesbezügliche Bedenken hervorgerufen, die mit der Versorgung von Kreislaufstillstandspatienten zu tun haben. Besondere Aufmerksamkeit gebührt der richtigen Verwendung von Schutzausrüstung, besonders wenn es unzureichende Informationen über die Anamnese eines Patienten und seinen möglichen Infektionsstatus gibt. Bis heute liegen nur wenige Hinweise über das genaue Übertragungsrisiko bei der Reanimation eines infektiösen Patienten vor, sodass Helfer – wenn sie ordnungsgemäß geschützt sind – auch bei diesen Patienten einen Wiederbelebungsversuch beginnen sollen. Mögliche Ausnahmen von dieser allgemeinen Regel wären Infektionen oder Situationen, bei denen für den professionellen Helfer eine klare Gefahr verbleibt, selbst wenn er geschützt ist. In diesen Fällen hätte die eigene Sicherheit des Helfers oberste Priorität. Beim Reanimationsversuch an einem infektiösen Patienten müssen professionelle Helfer ordnungsgemäße Schutzausrüstung verwenden und in deren Gebrauch geschult sein [101, 102].
Reanimation nach Suizidversuch
Eine Person mit einer psychiatrischen Erkrankung wird nicht notwendigerweise als geistig inkompetent angesehen und kann das gleiche Recht haben, eine Behandlung abzulehnen und sich für eine palliative Versorgung zu entscheiden. Vom Konzept der Autonomie ausgehend könnte man argumentieren, dass ein Suizidversuch an sich schon Ausdruck der persönlichen Präferenzen einer Person ist. Im Notfall ist es schwierig, die geistigen Fähigkeiten verlässlich einzuschätzen, selbst wenn ein Abschiedsbrief gefunden wird. Vorausgesetzt, dass das Unterlassen einer Behandlung zu ernsthaften Schäden führen würde, lautet die Vorgabe, mit der Wiederbelebung so schnell wie möglich zu beginnen und mögliche Fragen später zu klären [103, 104].
Organspende
Das primäre Ziel einer Reanimation besteht darin, das Leben des Patienten zu retten [105]. Gleichwohl können Wiederbelebungsbemühungen zum Hirntod führen. In solchen Fällen kann das Ziel der Reanimation sich dahingehend verändern, dass Organe für eine mögliche Spende erhalten werden [106]. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die Ergebnisse von Organen, die von hirntoten Patienten nach Reanimation transplantiert wurden, sich nicht von den Ergebnissen nach Organtransplantation von Patienten, die aus anderen Gründen für hirntot erklärt worden sind, unterscheiden (s. Kap. 5, „Postreanimationsversorgung“) [107–109]. Die Verpflichtung des Reanimationsteams gegenüber dem lebenden Patienten soll indes nicht mit der Verpflichtung von Ärzten gegenüber dem toten Spender durcheinandergebracht werden, wobei Organe erhalten werden, um das Leben anderer Personen zu retten. Auf der anderen Seite wäre der Vorschlag vernünftig, dass alle europäischen Länder ihre Anstrengungen steigern, die Möglichkeiten der Organspende von Kreislaufstillstandspatienten, die im Falle des Einstellens der Maßnahmen bei erfolgloser Reanimation hirntot sind, zu maximieren [110] Dabei sollen geeignete Vorkehrungen sicherstellen, dass jede mögliche Einflussnahme des Transplantationsteams auf die Entscheidungsfindung des Reanimationsteams vermieden wird.
Unterschiede bei der ethischen Praxis in Europa
10 Jahre nach dem Bericht von Baskett u. Lim [111] haben Meinungsführer, die 32 europäische Länder mit ERC-Aktivitäten repräsentieren, auf Fragen zur lokalen ethischen Gesetzgebung und Praxis bei der Reanimation sowie zur Organisation von prä- und innerklinischen Reanimationsdiensten geantwortet. Die Methoden und Ergebnisse der Umfrage werden an anderer Stelle dargelegt und diskutiert [112].
Die Umfrage zeigte, dass bei der Umsetzung ethischer Praktiken weiterhin eine große Variabilität zwischen europäischen Ländern besteht.
Ein gleicher Zugang zu Notfallversorgung und frühzeitiger Defibrillation ist mittlerweile gut etabliert: Das ersteintreffende Rettungsfahrzeug erreicht den Notfallort in der Mehrzahl der Länder innerhalb von zehn Minuten (18/32 in ländlichen und 24/32 in städtischen Gebieten). Die Defibrillation durch die zuerst eintreffenden Kräfte ist in 29/32 Ländern eingeführt.
Das Prinzip der Patientenautonomie wird in der Mehrzahl der Länder rechtlich gestützt (Vorausverfügungen in 20 Ländern und DNAR-Anweisungen in 22 Ländern).
Allerdings wurden auch Verbesserungsmöglichkeiten festgestellt: In weniger als der Hälfte der Länder ist es der Familie normalerweise erlaubt, während der Reanimation anwesend zu sein (bei Erwachsenen 10/32 und bei Kindern 13/32 Länder). Hier hat es während der letzten 10 Jahre keine bedeutenden Veränderungen gegeben.
Derzeit werden Euthanasie und ärztlich unterstützter Suizid in vielen europäischen Ländern kontrovers diskutiert, und in einigen dieser Länder ist die Debatte sehr aktuell.
Gewisse Formen der Therapiebegrenzung wie etwa die Unterlassung einer Reanimation sind in den meisten europäischen Ländern erlaubt (19 Länder) bzw. werden praktiziert (21 Länder).
Die Harmonisierung der Gesetzgebung hinsichtlich Reanimation und Lebensende würde ethische Verfahren weiter fördern.
Professionelle Helfer sollen etablierte nationale und lokale Gesetze und Richtlinien kennen und anwenden.
Kommunikation
Anwesenheit der Familie während der Reanimation
Seit den 1980er Jahren ist das Konzept, dass ein Familienmitglied während des Wiederbelebungsprozesses anwesend ist, in vielen Ländern zum akzeptierten Verfahren geworden [113–117]. Die Mehrzahl der Angehörigen und Eltern, die bei einem Reanimationsversuch anwesend waren, würde dies wieder wollen [114]. In einer jüngeren europäischen Umfrage wird berichtet, dass es Familienangehörigen in nur 31 % der Länder normalerweise erlaubt ist, während der innerklinischen Reanimation eines Erwachsenen anwesend zu sein, und nur etwas mehr, wenn es sich bei dem Patienten um ein Kind handelte (41 %) [112].
Der ERC befürwortet, dass Angehörigen die Möglichkeit angeboten wird, während eines Wiederbelebungsversuchs anwesend zu sein, wobei man über kulturelle und soziale Besonderheiten Bescheid wissen und mit diesen sensibel umgehen soll. Das Beobachten eines Reanimationsversuchs kann den Familienangehörigen insofern Nutzen bringen, als Schuldgefühle oder Enttäuschung dadurch reduziert werden, dass Zeit gewährt wird, die Realität des Todes zu akzeptieren und den Trauerprozess zu unterstützen. Wenn möglich, soll ein erfahrener Mitarbeiter die Angehörigen während des Wiederbelebungsversuchs unterstützen und bestätigen [115, 116]. Die Anwesenheit der Familie während des Reanimationsversuchs wird zu einer zunehmend offenen Haltung gegenüber der Autonomie von sowohl Patient als auch Angehörigen beitragen und ihre Anerkennung fördern [111, 113]. Es gibt keine Daten, welche die Bedenken bestätigen, dass Familienangehörige durch das Beobachten einer Reanimation traumatisiert werden könnten oder die medizinischen Abläufe behindern würden [118]. Wir sollen unsere Anstrengungen darauf konzentrieren, mit den Überlebenden eines Kreislaufstillstands, Familienangehörigen und der Öffentlichkeit als Partner bei der gemeinsamen Erarbeitung zukünftiger Leitlinien zusammenzuarbeiten.
Überbringen schlechter Nachrichten und Trauerbegleitung
Ein multidisziplinärer Versorgungsansatz am Ende des Lebens, einschließlich Kommunikation und Berücksichtigung kultureller, sozialer, emotionaler, religiöser, spiritueller Präferenzen und lokaler Unterschiede, bedarf weiterer Entwicklung und Umsetzung in den weltweiten Gesundheitssystemen.
Die mitfühlende Kommunikation mit Patienten und nahen Angehörigen hat große Bedeutung, wenn es um die Versorgung am Lebensende geht. Das Ziel besteht darin, die Absichten und Erwartungen des Patienten hinsichtlich der medizinischen Behandlung zu verstehen, um die individuelle Auswahl der besten Versorgung zu unterstützen. Einige Patienten wollen ihr Leben so lange wie möglich verlängern, während andere auf Würde und Schmerzlinderung Wert legen, auch zum Preis einer möglicherweise verkürzten Lebenszeit. Ruhige Ungestörtheit und ausreichend Zeit sind entscheidend für eine gute Kommunikation über die Werte des Lebens und bedeutsame Entscheidungen [119].
Multidisziplinäre Programme zur Trauerbegleitung sind für Familien von Patienten, die in der Notfallaufnahme sterben, von Vorteil [120]. Der Trauerprozess kann unterstützt werden, indem unbegrenzte Besuchsmöglichkeiten zugelassen, klare mündliche und schriftliche Informationen zur Verfügung gestellt, die Möglichkeit zum Besuch des Verstorbenen geschaffen und religiöse Handlungen erleichtert werden [121, 122]. Patienten und ihre nahen Angehörigen verdienen Respekt. Kliniker sollen ehrlich sein hinsichtlich dessen, was erreicht werden kann und was nicht. Der gemeinsame Blick auf die Realität der Situation kann als symbolischer Ausdruck einer Reihe von Verpflichtungen fungieren [29]. Dies wird den Patienten ermöglichen, informierte Entscheidungen über die ihnen verfügbaren Optionen und ihr Lebensende zu treffen.
Dokumentation von DNAR-Anweisungen in der Krankenakte des Patienten
DNAR-Entscheidungen und zu DNAR gehörige Besprechungen sollen klar in der Akte des Patienten aufgezeichnet werden [72, 73, 123, 124]. Welches System auch immer verwendet wird, es muss klar ersichtlich sein, damit das Personal unmittelbar informiert ist.
Mit der Zeit können sich die Situation oder die Ansichten des Patienten ändern, sodass DNAR-Anweisungen entsprechend überprüft werden sollen [125]. Ausnahmen von einer DNAR-Anweisung sollen klar gegeben werden (z. B. Kreislaufstillstand als Komplikation eines diagnostischen Verfahrens, wie allergischer Schock nach Kontrastmittel oder intrakardiale Katheteruntersuchung), um sicherzustellen, dass der Patient die erforderliche Behandlung erhält.
Ausbildung, Forschung und Audit
Es liegt in der persönlichen Verantwortung von professionellen Helfern, ihre Kenntnisse, ihr Verständnis und ihre Fertigkeiten hinsichtlich der Reanimation permanent aufzufrischen. Ihre Kenntnisse über relevante nationale gesetzliche und organisatorische Richtlinien sollen auf dem neuesten Stand gehalten werden.
Verbesserung der öffentlichen Bildung hinsichtlich kardiopulmonaler Reanimation
Die Verschiebung von medizin- hin zu patientenzentriertem Vorgehen stellt eine bedeutende Entwicklung dar. Sie erfordert, dass sich der Patient der tatsächlichen Grenzen und des möglichen Outcomes der Reanimation bewusst ist (und nicht fehlinformiert) [126–128]. Medizinische Laien haben eventuell unrealistische Erwartungen an die Reanimation [129, 130] und die Darstellung realistischer Outcome-Daten kann persönliche Präferenzen beeinflussen [131].
Ausbildung von professionellen Helfern über DNAR-Aspekte
Professionelle Helfer sollen in den rechtlichen und ethischen Grundlagen von DNAR-Entscheidungen ausgebildet werden und auch darin, wie mit Patienten, Verwandten und Angehörigen effektiv kommuniziert wird. Lebensqualität, palliative Versorgung und Entscheidungen am Lebensende müssen als feste Bestandteile ärztlichen und pflegerischen Handelns erklärt werden [132]. Die Ausbildung muss dabei sensibel persönliche, moralische und religiöse Vorstellungen und Gefühle berücksichtigen.
Durchführung von Maßnahmen an gerade Verstorbenen
Zur Durchführung von Maßnahmen an gerade Verstorbenen existiert eine große Bandbreite an Meinungen, von völliger Nichtakzeptanz wegen immanenten Respekts gegenüber Verstorbenen [133] bis zur Akzeptanz von nichtinvasiven Maßnahmen, bei denen keine größeren Spuren zurückbleiben [134]. Andere akzeptieren die Ausbildung jeglicher Maßnahmen an Leichen, wobei das Training von Fertigkeiten mit der überragenden Bedeutung für das Wohlergehen zukünftiger Patienten gerechtfertigt wird [135–138].
Medizinstudierenden und professionell Lehrenden wird geraten, die etablierten rechtlichen, regionalen und lokalen Richtlinien kennenzulernen und zu befolgen.
Forschung und informierte Einwilligung
Forschung im Bereich der Reanimation ist nötig, um allgemein eingesetzte Interventionen mit unsicherer Wirksamkeit oder neue, potenziell nutzbringende Therapien zu testen [112, 139]. Um Teilnehmer in eine Studie einzuschließen, muss eine informierte Einwilligung eingeholt werden. In Notfällen ist oft nicht ausreichend Zeit, eine solche zu erlangen. Eine nachträgliche Einwilligung oder eine Ausnahme von der informierten Einwilligung mit vorausgehender Konsultation der Öffentlichkeit wird als ethisch akzeptable Alternative angesehen, um die Autonomie zu achten [140, 141]. Nach 12 Jahren Ungewissheit wird von einer neuen Verordnung der Europäischen Union (EU) zur Zulassung der nachträglichen Einwilligung erwartet, dass sie die Notfallforschung zwischen den Mitgliedstaaten harmonisiert und fördert [112, 140, 142, 143]. Für die notfallchirurgische Forschung [144] und die Forschung über nichtmedizinische Interventionen sind weitere regulatorische Verbesserungen nötig [112]. Zusätzlich zu diesem Fortschritt müssen die Vorschriften auf internationaler Ebene angeglichen werden, um die multinationale Notfallforschung zu harmonisieren [145].
Audit des innerklinischen Kreislaufstillstands und Register-Analysen
Das lokale Management der Reanimation kann durch Besprechungen nach Reanimationseinsätzen und Rückkopplung (Feedback) verbessert werden, um den PDCA-Zyklus („plan-do-check-act“) des Qualitätsmanagements zu gewährleisten. Durch Nachbesprechung und Rückkopplung können Qualitätsfehler bei der Reanimation identifiziert und ihre Wiederholung vermieden werden [146–148]. Die Weitergabe von Reanimationsdaten an nationale Audits und/oder internationale Register hat Outcome-Vorhersagemodelle hervorgebracht, welche die Versorgungsplanung erleichtern [149–153] sowie die Häufigkeit von Systemfehlern und ihren Einfluss auf die innerklinische Mortalität zu quantifizieren helfen [154]. Daten aus Registern haben für den Zeitraum 2000 bis 2010 signifikante Verbesserungen beim Outcome nach Kreislaufstillstand nachgewiesen [3, 155–157].
Publizierte Hinweise legen nahe, dass eine teambasierte Reanimationsinfrastruktur mit einem auf mehreren Ebenen institutionalisierten Audit [158], die genaue Dokumentation [54] der Reanimationsversuche auf Ebene eines nationalen Audits und/oder eines multinationalen Registers sowie nachfolgend eine Datenanalyse mit Rückkopplung der Ergebnisse zur kontinuierlichen Verbesserung der innerklinischen Reanimationsqualität und des Outcomes nach Kreislaufstillstand beitragen können [2, 3, 159–161].
Verantwortlicher Übersetzer
Dr. Jan Bahr, FERC
Auf dem Thie 8
D-37120 Bovenden
jan.bahr@t-online.de
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Danksagungen
Die Autoren danken Hilary Phelan für ihre professionelle Unterstützung bei der Vorbereitung des Online-Fragebogens für die Umfrage European Survey on Ethical Practices und für die Organisation der Daten in einer speziellen Datenbank.
Die Autoren danken denen, die sich an der Umfrage European Survey on Ethical Practices beteiligt haben: M. Baubin, A. Caballero, P. Cassan, G. Cebula, A. Certug, D. Cimpoesu, S. Denereaz, C. Dioszeghy, M. Filipovic, Z. Fiser, M. Georgiou, E. Gomez, P. Gradisel, JT. Gräsner, R. Greif, H. Havic, S. Hoppu, S. Hunyadi, M. Ioannides, A. Janusz, J. Joslin, D. Kiss, J. Köppl, P. Krawczyk, K. Lexow, F. Lippert, S. Mentzelopoulos, P. Mols, N. Mpotos, P. Mraz, V. Nedelkovska, H. Oddsson, D. Pitcher, V. Raffay, P. Stammet, F. Semeraro, A. Truhlar, H. Van Schuppen, D. Vlahovic, A. Wagner.
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Authors and Affiliations
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
G.D. Perkins ist Editor der Zeitschrift Resuscitation J.P. Nolan ist Editor-in-Chief der Zeitschrift Resuscitation T. Xanthos ist Präsident der Hellenic Society CPR und erhält Forschungsgelder der ELPEN Pharma, H. Askitopoulou, K.L. Haywood, P. van de Voorde, R. Greif, S. Mentzelopoulos und V. Raffay haben keinen Interessenkonflikt.
Additional information
zu diesem Kapitel haben beigetragen:
Marios Georgiou, American Medical Center, University of Nikosia, Cyprus
Freddy K Lippert, Emergency Medical Services Copenhagen, University of Copenhagen, Denmark
Petter A Steen, University of Oslo, Oslo University Hospital Ulleval, Oslo, Norway
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Bossaert, L., Perkins, G., Askitopoulou, H. et al. Ethik der Reanimation und Entscheidungen am Lebensende. Notfall Rettungsmed 18, 1035–1047 (2015). https://doi.org/10.1007/s10049-015-0083-z
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DOI: https://doi.org/10.1007/s10049-015-0083-z