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Tätigkeit als Notfallsanitäter im öffentlichen Rettungsdienst

Anwendung von Maßnahmen zur Lebensrettung und zur Abwehr schwerer gesundheitlicher Schäden

Employment as a public emergency services paramedic

Practice of live-saving procedures and prevention of severe damage to health

  • Medizinrecht
  • Published:
Notfall + Rettungsmedizin Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Hintergrund

Nach Inkrafttreten des Notfallsanitätergesetzes (NotSanG) am 1.1.2014 stellen sich nach wie vor die Fragen, zu welchen konkrete Maßnahmen entsprechend der Vorgaben im Gesetz Notfallsanitäter befähigt werden sollen, eigenverantwortlich (auch) invasive (§ 4 Abs. 2 Nr. 1c NotSanG) und eigenständig im Rahmen der Mitwirkung heilkundliche Maßnahmen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2c NotSanG) durchzuführen, wobei Letztere nach standardmäßigen Vorgaben des Ärztlichen Leiters Rettungsdienst (ÄLRD) vorgegeben, überprüft und verantwortet werden sollen. Die medizinisch-fachliche Ausgestaltung wurde durch den Pyramidenprozess ermöglicht.

Fragestellung

Unbeantwortet bleibt im Notfallsanitätergesetz jedoch insbesondere, wie sich zum einen aus dem Erreichen des Ausbildungsziels ein konkretes Dürfen am Patienten herleiten und zum anderen, wie sich aufgrund eines Ausbildungsgesetzes eine konkrete Verantwortlichkeit auf ÄLRD übertragen lässt. Offen bleibt auch, welchen Verantwortungsumfang – wenn überhaupt – der einzelne ÄLRD bereit und in der Lage ist, zu übernehmen.

Lösungsansatz

In dieser Arbeit wird ausgehend von den bereits vielerorts praktizierten Leistungskontrollen durch die ÄLRD ein Gestaltungsmodell dargestellt, in dem diese standardisierten Überprüfungen zu einer zeitlich und örtlich befristeten behördlichen Erlaubnis für den einzelnen Notfallsanitäter führen können, wenn er/sie bestimmte Vorgaben (z. B. Algorithmen) einhält. Diese behördliche Erlaubnis durch die Rettungsdienstbehörde ist dabei als Verwaltungsakt gestaltet, wodurch dem Umstand Rechnung getragen wird, dass der ÄLRD häufig nicht Dienstvorgesetzter von bei einem rettungsdienstlichen Leistungserbringer beschäftigten Notfallsanitäter ist. Damit werden komplizierte Umwege über arbeitsrechtliche Gestaltungsmodelle vermieden. Darüber hinaus sind die Notfallsanitäter ebenso rechtlich besser abgesichert wie die ÄLRD, welche durch das hier vorgeschlagene Modell eine wirksame Kontrolle über die – nach der Vorstellung des NotSanG – in ihrer Verantwortung ausgeübten Maßnahmen erhalten.

Abstract

Background

The Paramedics Act (“Notfallsanitätergesetz”, NotSanG) came into force on 1.1.2014. However, it remains unclear which specific (even invasive) procedures paramedics should be empowered to perform autonomously at their own discretion (§ 4 para. 2 no. 1c NotSanG) or within the scope of medical assistance procedures (§ 4 para. 2 no. 2c NotSanG) still remain; although the latter should (according to the Paramedic Act) be governed, checked, and accounted for by standard Ärztlicher Leiter Rettungsdienst (ÄLRD; Emergency Services Medical Directorate) guidelines. The specialist medical design was enabled by a pyramid process.

Issue

In particular, the Paramedics Act leaves open whether paramedics (“Notfallsanitäter”) will not only be trained, but also legally authorized to perform invasive procedures on patients; and, moreover, how legal accountability can be transferred to the ÄLRD on the basis of an act (only) governing staff training and if, to what extend, given the differences in ÄLRD preparation for a legal position of such kind.

Approach

Based on performance controls already carried out by the ÄLRD in many areas today, this work resents a design model to allow conversion of these standardized checks into a regionally fixed-term official permit for individual paramedics, provided these individuals adhere to specific guidelines (e.g. algorithms). This official permit from the emergency services authorities could be designed as administrative act, which takes into account that the ÄLRD frequently is not the duty supervisor of a paramedic actively employed in the emergency services. This solution avoids complicated diversions into labor legislation models. Furthermore, paramedics as well as ÄLRDs would have better legal cover and effective control over the procedures paramedics perform—in accordance with NotSanG—for which they are legally accountable.

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Notes

  1. Umfassend zur juristischen Diskussion unter dem Rettungsassistentengesetz Neupert, M: Medikamentengabe durch Rettungsassistenten? MedR 2009, 649–654.

  2. Stellungnahme der Bundesärztekammer zur Notkompetenz von Rettungsassistenten und zur Delegation ärztlicher Leistungen im Rettungsdienst vom 2.11.1992 (http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/BAEK_Stellungnahme_Rettungsassistenten.pdf).

  3. http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/Notfallkompetenz__Medikamente.pdf

  4. Diesbezüglich näher Neupert, M: Die konkurrierende Gesetzgebung im Gesundheitswesen am Beispiel der „Regelkompetenz“ von Rettungsassistenten, MedR 2004, 134–138.

  5. Bundestagsdrucksache 17/11689, S. 21.

  6. Wie hier im Ergebnis Müssig: „Stellung des ärztlichen Leiters im Rettungsdienst“, Der Notarzt 1/2015, S. 15 (18).

  7. Siehe dazu Brose: „Aufgaben und Befugnisse nichtärztlichen Rettungsdienstpersonals“, VersR 2014, 1172–1178, S. 2.

  8. Bundestagsdrucksache 17/11689, S. 22.

  9. Siehe dazu etwa Kern, in: Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl. 2010, § 45 Rn. 6.

  10. Auch, weil diskutabel erscheint, ob es mit den rechtsstaatlichen Anforderungen vereinbar wäre, wenn Ärztliche Leiter darüber entscheiden, in welchem Ausmaß und für wen das Heilpraktikergesetz in einem bestimmten örtlichen Bereich und spiegelbildlich, wie weit die Berufserlaubnis als Notfallsanitäter in diesem örtlichen Bereich gilt (davon hängt immerhin die Reichweite der im Heilpraktikergesetz enthaltenen Strafvorschrift ab). Unklar bliebe ferner das juristische Schicksal einer solchen ausfüllungsbedürftigen Berufszulassung: Ginge sie wieder verloren, wenn sich die Standardvorgaben ändern? Kann es ein sozusagen „atmendes“ Berufsbild geben?

  11. BVerwGE 35, 308 (312); OLG Oldenburg, Urteil vom 6. 3. 1979 – Ss 1/79, NJW 1980, 652; dem folgend Schelling, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2011, HeilPraktG § 1 Rn. 10.

  12. Dies wäre im Übrigen auch im Hinblick auf die Frage klärungsbedürftig, ob der Bund den Ländern die implizite Vorgabe machen dürfte, einen ÄLRD mit den entsprechenden Zuständigkeiten vorzuhalten.

  13. Bundestagsdrucksache 17/12524, S. 24. Noch darüber hinaus ist auch ein Abgleich des Referentenentwurfs der Bundesregierung mit dem in den Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf (Bundestagsdrucksache 17/11689) aufschlussreich: War im Referentenentwurf noch von einer „inzidenten Rechtsgrundlage“ die Rede – im Zusammenhang mit Nr. 1 c) des Absatzes 2 – so ist diese Formulierung später entfallen.

  14. Wie hier Müssig: „Stellung des ärztlichen Leiters im Rettungsdienst“, Der Notarzt 1/2015, S. 15 (17 f.).

  15. Rettungsdienstbezogenes Beispiel: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.01.2013 – 8 Sa 355/12, BeckRS 2013, 69196.

  16. BAG, Urteil vom 18. 3. 2009 – 5 AZR 192/08, NJW 2009, 2907.

  17. Man kann dieses Problem zwar ein Stück weit durch die Einführung von Vertragsstrafen bekämpfen, aber bei Vertragsstrafen handelt es sich (ebenso wie bei eventuellen arbeitsrechtlichen Konsequenzen, die an Verstöße gegen individuelle Pflichten anknüpfen können) um reagierende Sanktionen, um deren Berechtigung im konkreten Fall wiederum gestritten werden kann.

  18. Auch dagegen sind zwar Rechtsmittel möglich, bei Eilbedürftigkeit können Behörden ihre Weisungen aber so gestalten, dass sie vorläufig vollziehbar sind, obwohl Rechtsmittel eingelegt werden.

  19. Erlaubnisse nach dem Heilpraktikergesetz können zum Beispiel mit Nebenbestimmungen versehen werden, siehe OVG Koblenz, Teilurteil vom 28. 4. 2009 – 6A 10050/08, NVwZ-RR 2009, 890; inzident auch VG Berlin, Urteil vom 22.01.2014 – VG 14K 124.12, BeckRS 2014, 47455.

  20. Lechleuthner A.: Der Pyramidenprozess – die fachliche Abstimmung der invasiven Maßnahmen im Rahmen der Umsetzung des Notfallsanitätergesetzes. Notarzt 2014; 30:112–117.

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Interessenkonflikt

A. Lechleuthner und M. Neupert geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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C. Jäkel, Lübben

H.-D. Lippert, Ulm

P.M. Lissel, München

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Lechleuthner, A., Neupert, M. Tätigkeit als Notfallsanitäter im öffentlichen Rettungsdienst. Notfall Rettungsmed 18, 413–420 (2015). https://doi.org/10.1007/s10049-015-0039-3

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