Einführung

Die vorliegenden Leitlinien zu den lebensrettenden Maßnahmen bei Kindern („paediatric life support“, PLS) basieren auf den folgenden Tatsachen:

  1. 1.

    Die Inzidenz kritischer Erkrankungen oder Verletzungen, insbesondere die eines manifesten Atem--Kreislauf-Stillstands, ist bei Kindern wesentlich niedriger als bei Erwachsenen.

  2. 2.

    Die Mehrzahl kindlicher Notfälle wird primär von pädiatrisch nichtspezialisierten Helfern versorgt, die somit nur über eine begrenzte pädiatrisch-notfallmedizinische Erfahrung verfügen.

Daher müssen Leitlinien zu den lebensrettenden Maßnahmen bei Kindern einerseits die bestmögliche wissenschaftliche Evidenz zugrunde legen, andererseits jedoch einfach und umsetzbar sein. Schließlich müssen internationale Leitlinien unterschiedliche nationale und lokale notfallmedizinische Infrastrukturen berücksichtigen und daher – wo erforderlich – eine gewisse Flexibilität erlauben.

Entstehung der Leitlinien

Der European Resuscitation Council (ERC) gab in den Jahren 1994, 1998, 2000 und 2005 jeweils Leitlinien zu den erweiterten lebensrettenden Maßnahmen bei Kindern heraus („paediatric life support“, PLS; [1, 2, 3, 4, 5]]. Die beiden letzten Versionen basierten dabei auf dem „International Consensus on Science“, der vom „International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR)“ verfasst wurde [6, 7, 8]. Dieser Evaluationsprozess wurde in den Jahren 2009/2010 wiederholt. Der daraus resultierende wissenschaftliche Konsensus mit den entsprechenden Behandlungsempfehlungen („Consensus on Science and Treatment Recommendations“, „CoSTR“) wurde zeitgleich in Resuscitation, Circulation und Pediatrics veröffentlicht [9, 10]. Basierend auf dem CoSTR 2010 und der zugrunde liegenden wissenschaftlichen Literatur hat die PLS-Arbeitsgruppe des ERC die PLS-Leitlinien des ERC verfasst. Die Leitlinien zur unmittelbar postpartalen Versorgung von Neugeborenen („newborn life support“, NLS) werden nunmehr in Sektion 7 behandelt [11].

Zusammenfassung der Veränderungen der Leitlinien von 2005

Die Leitlinien wurden auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse überarbeitet und im Sinne von Ausbildung und Merkbarkeit vereinfacht. Nach wie vor herrscht allerdings Mangel an hochwertiger Evidenz zur pädiatrischen Reanimation. Daher wurden, im Hinblick auf die Förderung der Verbreitung und Implementierung der PLS-Leitlinien, Änderungen nur durchgeführt, wenn es neue, hochwertige, wissenschaftliche Evidenz gab bzw. zur Gewährleistung der Kontinuität mit den Erwachsenenleitlinien. Dabei bleibt es weiterhin Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen, inwieweit die gleichen Leitlinien für Erwachsene und Kinder angewendet werden können. Wesentliche Änderungen der neuen Leitlinien betreffen u. a. die im Folgenden aufgeführten Themen.

Erkennen des Kreislaufstillstands

Auch professionelle Helfer sind nicht in der Lage, bei Säuglingen oder Kindern in weniger als 10 s zuverlässig zu bestimmen, ob bei ein Puls vorliegt oder nicht [12, 13]. Daher darf das Pulstasten nicht das einzige Entscheidungskriterium für die Diagnose „Kreislaufstillstand“ bzw. die Indikation zur Herzdruckmassage sein. Laienhelfer sollen bei einem komatösen Kind, das nicht normal atmet und keine anderen Lebenszeichen zeigt, mit der kardiopulmonalen Reanimation („cardiopulmonary resuscitation“, CPR) beginnen. Professionelle Helfer sollen auf Lebenszeichen achten und können zusätzlich – falls mit dieser Technik vertraut – versuchen, einen zentralen Puls zu tasten und damit die Diagnose „Kreislaufstillstand“ bzw. die Indikation zur Herzdruckmassage zu bestätigen oder zu verwerfen. Diese Entscheidung darf nicht länger als 10 s dauern. Je nach Alter des Kindes soll ein zentraler Puls entweder über der A. carotis communis (Kinder >1 Jahr), der A. brachialis (Säuglinge) oder der A. femoralis (alle Altersgruppen) getastet werden [14, 15].

Kompression-Ventilation-Verhältnis

Das Kompression-Ventilation- („compression-ventilation“-,CV-)Verhältnis richtet sich bei Kindern danach, ob ein oder mehrere Helfer anwesend sind [16]. Danach soll Laienhelfern, die in der Regel eher in Einhelfertechniken ausgebildet werden, ein Verhältnis von 30 Herzdruckmassagen zu 2 Beatmungen gelehrt werden. Dies entspricht den Erwachsenenleitlinien und ermöglicht somit jedem, der in der Durchführung von Basismaßnahmen bei Erwachsenen („basic life support“, BLS) ausgebildet wurde, auch Kinder zu reanimieren – mit nur wenigen notwendigen Zusatzinformationen. Professionelle Helfer hingegen sollen ein Verhältnis von 15:2 anwenden, da sich dieses in Tierversuchen und Studien am Übungsphantom als vorteilhaft erwiesen hat [17, 18, 19, 20, 21]. Daher sollen professionelle Helfer in der Reanimation von Kindern speziell ausgebildet werden. Es wäre nicht im Sinne einer Vereinfachung der Leitlinien, wenn es unterschiedliche Empfehlungen für einzelne und mehrere Laienhelfer gäbe. Schließlich können auch professionelle Einzelhelfer ein Verhältnis von 30:2 anwenden, insbesondere, wenn sie Schwierigkeiten haben, durch die Wechsel zwischen Beatmung und Thoraxkompressionen eine adäquate Zahl von Thoraxkompressionen zu erreichen. Die Beatmung beim asphyktischen Kreislaufstillstand bleibt ein sehr wichtiger Bestandteil der CPR [22]. Allerdings sollen Helfer, die keine Beatmung durchführen können oder wollen, dazu ermutigt werden, zumindest eine Herzdruckmassage vorzunehmen.

Qualität der kardiopulmonalen Reanimation

Für die Herzdruckmassage beim Säugling werden die Zweifingertechnik (Einzelhelfer) bzw. die thoraxumschließende Zweidaumentechnik (mehrere Helfer) empfohlen [23, 24, 25, 26, 27]. Bei Kindern >1 Jahr kann – je nach Präferenz des Helfers – sowohl die Ein- als auch die Zweihandtechnik angewendet werden [28]. Der Schwerpunkt liegt darauf, eine adäquate Kompressionstiefe zu erzielen: Diese beträgt mindestens ein Drittel des anterioposterioren Thoraxdurchmessers, d. h. bei Säuglingen ca. 4 cm und bei Kindern >1 Jahr ca. 5 cm. Zwischen den einzelnen Kompressionen muss der Thorax jeweils vollständig entlastet werden. Zur Minimierung der „No-flow“-Zeit müssen die Thoraxkompressionen mit geringst möglichen Unterbrechungen durchgeführt werden. Sowohl für Säuglinge als auch für Kinder >1 Jahr soll die Kompressionsfrequenz zwischen 100 und 120/min liegen.

Defibrillation

Automatisierte externe Defibrillatoren

Fallberichte deuten darauf hin, dass automatisierte externe Defibrillatoren (AED) bei Kindern >1 Jahr sicher und erfolgreich angewendet werden können [29, 30]. Dabei sind AED in der Lage, kindliche Arrhythmien zuverlässig zu erkennen, wodurch eine nichtindizierte Schockempfehlung extrem unwahrscheinlich ist [31, 32, 33]. Folglich ist die Verwendung von AED bei Kindern >1 Jahr indiziert [34]. Nichtsdestotrotz soll ein AED, der auch bei Kindern eingesetzt werden könnte, zuvor auf seine Tauglichkeit zur Erkennung pädiatrischer Arrhythmien überprüft werden. Zahlreiche Hersteller bieten inzwischen spezielle Kinder-“Paddles“ oder -Programme an, die die Energieabgabe auf 50–75 J begrenzen [35]. Diese Geräte sind für Kinder zwischen 1 und 8 Jahren empfohlen [36, 37]. Falls kein derart modifiziertes Gerät oder kein manueller Defibrillator zur Verfügung steht, kann bei Kindern von >1 Jahr auch ein herkömmlicher AED für Erwachsene verwendet werden [38]. Die gegenwärtige Datenlage für eine Verwendung von AED bei Säuglingen basiert auf einzelnen Fallberichten [39, 40]. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit von defibrillierbaren Arrhythmien bei Säuglingen ohne kardiale Vorerkrankung sehr gering [41, 42, 43]. In diesen seltenen Fällen kann, nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung, die Verwendung eines AED (wenn möglich mit Leistungsdämpfer) erwogen werden.

Manuelle Defibrillatoren

Die Empfehlung zur Therapie eines Kammerflimmerns („ventricular fibrillation“, VF) bzw. einer pulslosen Kammertachykardie („ventricular tachycardia“, VT) bei Kindern sieht nach wie vor eine zügige Defibrillation vor. Die Erwachsenleitlinien empfehlen zunächst einen einzelnen Schock, unmittelbar gefolgt von (weiterer) CPR – ohne Pulstasten und ohne erneute Herzrhythmusbeurteilung (s. Sektion 4 „Erweiterte Reanimationsmaßnahmen für Erwachsene“; [44, 45, 46, 47]). Um die No-flow-Zeiten möglichst gering zu halten, wird empfohlen, die Herzdruckmassage so lange fortzuführen, bis die Paddles oder die selbstklebenden Defibrillationselektroden platziert und geladen sind – sofern es die Größe des kindlichen Thorax erlaubt. Die Thoraxkompressionen sollen erst dann kurzzeitig unterbrochen werden, wenn der Defibrillator geladen ist, also unmittelbar vor der Schockabgabe. Die ideale Energiedosis für eine sichere und effektive Defibrillation bei Kindern ist unbekannt. Tierversuche und kleinere pädiatrische Fallserien zeigten jedoch, dass mit einer Dosis von mehr als 4 J/kgKG – bei vernachlässigbaren Nebenwirkungen – effektiv defibrilliert werden kann [29, 37, 48, 49]. Hingegen ist eine Dosis von 2 J/kgKG gemäß klinischen Studien bei Kindern in den meisten Fällen nicht ausreichend [13, 42, 50]. Biphasische Schocks sind mindestens ebenso effektiv wie monophasische und verursachen weniger myokardiale Funktionsstörungen nach der Defibrillation [36, 37, 49, 51, 52, 53]. Im Hinblick auf Einfachheit und Konsistenz mit den Erwachsenenleitlinien wird daher auch für die Defibrillation bei Kindern eine Einschockstrategie mit einer nichteskalierenden Energiedosis von 4 J/kgKG empfohlen, wenn möglich biphasisch (wobei monophasisch auch akzeptabel ist). Verwenden Sie bei Säuglingen und Kindern die jeweils größtmöglichen Defibrillator-Paddles oder -Klebeelektroden (jedoch ohne dass sich diese berühren) und zwar entweder in anterolateraler oder in anteroposteriorer Position [13].

Atemwege

Blockbare Endotrachealtuben

Blockbare Endotrachealtuben können auch bei Säuglingen und kleinen Kindern sicher eingesetzt werden. Die richtige Tubusgröße soll mithilfe einer validierten Formel bestimmt werden.

Krikoiddruck (Sellick-Handgriff)

Es ist unklar, ob der Krikoiddruck während der Intubation sicher und nützlich ist. Falls durch den Krikoiddruck die Ventilation behindert oder die Intubation verzögert oder erschwert wird, soll er entweder modifiziert oder ganz weggelassen werden.

Kapnometrie

Die Messung des endtidalen Kohlendioxids (etCO2), idealerweise mithilfe einer Kapnographie, ist hilfreich zur Lagekontrolle nach endotrachealer Intubation. Sie wird zudem empfohlen, um die Qualität der CPR einzuschätzen und zu optimieren.

Titration von Sauerstoff

Aufgrund zunehmender Evidenz zur potenziellen Schädlichkeit einer Hyperoxämie nach Atem-Kreislauf-Stillstand soll die erforderliche inspiratorische Sauerstoffkonzentration (FIO2) titriert werden, sobald ein Spontankreislauf wiederhergestellt („return of spontaneous circulation“, ROSC) wurde.

Innerklinische Notfallteams („rapid response system“)

Die Implementierung von innerklinischen Notfallteams in einer stationären Kindereinrichtung kann möglicherweise die Inzidenz eines Kreislauf- und/oder Atemstillstands bzw. die Krankenhausmortalität senken.

Neue Themen

Neue Themen, die in den Leitlinien 2010 erstmals Berücksichtigung finden, sind sog. Ionenkanalerkrankungen (z. B. das Long-QT-Syndrom) mit der damit verbundenen Bedeutung einer Autopsie bzw. einer konsekutiven familiären Testung sowie einige neue, besondere Reanimationsumstände: Trauma, univentrikuläre Zirkulation (vor und nach der ersten Korrekturoperation), Post-Fontan-Zirkulation und pulmonale Hypertension.

Terminologie

Im folgenden Text beinhaltet die verwendete männliche Personenform implizit die weibliche Form. Der Terminus „Kind“ umfasst, sofern nicht anders vermerkt, sowohl Säuglinge als auch Kinder. Der Ausdruck „unmittelbar Neugeborenes“ bezeichnet ein Kind unmittelbar nach der Geburt (engl. „newly born“). Ein „Neugeborenes“ hingegen ist ein Kind bis zu einem Lebensalter von 4 Wochen (engl. „neonate“). Ein „Säugling“ ist ein Kind <1 Jahr, und der Ausdruck „Kind“ umfasst Kinder zwischen 1 Jahr und dem Beginn der Pubertät. Ab der Pubertät werden Kinder als Adoleszenten (Jugendliche) bezeichnet. Für diese gelten die Erwachsenenleitlinien. Die Differenzierung in Säuglinge und ältere Kinder ist wichtig, da es Unterschiede bezüglich Diagnostik und Interventionen gibt. Der Beginn der Pubertät, also das physiologische Ende der Kindheit, ist das naheliegende Erkennungsmerkmal für die obere Altersgrenze der pädiatrischen Leitlinien. Wenn ein Helfer glaubt, dass es sich bei dem Patienten um ein Kind handelt, soll er die pädiatrischen Leitlinien anwenden. Falls es sich dabei wider Erwarten um eine Fehleinschätzung gehandelt hat und der Patient ein Jugendlicher war, wird daraus mit hoher Wahrscheinlichkeit kein relevanter Schaden entstehen. Ätiologiestudien haben nämlich gezeigt, dass sich die vorherrschenden kindlichen Charakteristika eines Atem-Kreislauf-Stillstands bis in das junge Erwachsenenalter fortsetzen [54].

6a Lebensrettende Basismaßnahmen bei Kindern („paediatric basic life support“)

Handlungsablauf

Helfer, die in den BLS ausgebildet sind, jedoch über keine spezifischen Kenntnisse in der Reanimation von Kindern verfügen, können dem Ablauf für Erwachsene folgen, da das Outcome definitiv schlechter ist, wenn sie nichts unternehmen. Nichtspezialisierte Helfer mit professioneller Verantwortung für Kinder (z. B. Lehrer, Sozialarbeiter, Bademeister), die die Reanimation von Kindern erlernen möchten, sollen gelehrt werden, dass sie die BLS folgendermaßen modifiziert anwenden sollten: Zunächst 5 initiale Beatmungen, dann ungefähr 1 min lang CPR, dann Hilfe holen (s. Sektion 2 „Lebensrettende Basismaßnahmen für Erwachsene und Verwendung automatisierter externer Defibrillatoren“)

Der folgende Ablauf ist für Helfer gedacht, die verpflichtet sind, pädiatrische Notfälle zu versorgen, also üblicherweise professionelle Helfer oder Teams (Abb. 1).

1. Achten Sie auf die Sicherheit von Helfer(n) und Kind.

2. Prüfen Sie die Bewusstseinslage des Kindes.

  • Stimulieren Sie das Kind leicht und fragen Sie laut: „Ist alles in Ordnung?“

3a. Falls das Kind durch Antworten oder Bewegung reagiert:

  • Belassen Sie das Kind in der Position, in der Sie es vorgefunden haben (sofern es sich nicht mehr in Gefahr befindet).

  • Prüfen Sie seinen Zustand und holen Sie erforderlichenfalls Hilfe.

  • Überprüfen Sie es weiterhin regelmäßig.

3b. Falls das Kind nicht reagiert:

  • Rufen Sie um Hilfe.

  • Drehen Sie das Kind vorsichtig auf den Rücken.

  • Machen Sie die Atemwege des Kindes frei, indem Sie wie folgt den Hals überstrecken und das Kinn anheben:

    • Legen Sie Ihre Hand auf die Stirn des Kindes und wenden Sie den Kopf leicht nach hinten.

    • Heben Sie gleichzeitig mit Ihren unter der Kinnspitze platzierten Fingerspitzen das Kinn an. Komprimieren Sie dabei nicht die Halsweichteile, weil es sonst zur Atemwegsverlegung kommen kann.

    • Falls Sie Schwierigkeiten haben, die Atemwege frei zu machen, versuchen Sie es mit dem Esmarch-Handgriff (Vorschieben des Unterkiefers). Legen Sie dazu Zeige- und Mittelfinger beider Hände hinter die Kiefergelenke des Kindes und schieben Sie den Unterkiefer nach vorn.

Abb. 1
figure 1

Basismaßnahmen beim Kind

Falls Sie den geringsten Verdacht auf eine Halswirbelsäulenverletzung haben, versuchen Sie, die Atemwege nur mit dem Esmarch-Handgriff frei zu machen. Bleiben die Atemwege verschlossen, überstrecken Sie zusätzlich vorsichtig und langsam den Hals, bis die Atemwege frei sind.

4. Während Sie die Atemwege offen halten, sehen, hören und fühlen Sie, ob eine normale Atmung vorliegt. Dazu halten Sie Ihr Gesicht dicht an das des Kindes und schauen Sie auf seinen Brustkorb:

  • Sehen: Thoraxbewegungen,

  • Hören: Atemgeräusche an Nase und Mund des Kindes,

  • Fühlen: Luftbewegungen an Ihrer Wange.

In den ersten Minuten nach einem Atem-Kreislauf-Stillstand kann das Kind weiterhin langsame, einzelne Seufzer zeigen (Schnappatmung). Sehen, hören und fühlen Sie nicht länger als 10 s, bevor Sie eine Entscheidung treffen. Gehen Sie im Zweifel von einem Atemstillstand aus.

5a. Falls das Kind normal atmet:

  • Drehen Sie das Kind auf die Seite in die stabile Seitenlage (s. Abschn. „Stabile Seitenlage“).

  • Schicken Sie nach oder gehen Sie Hilfe holen. Wählen Sie zur Alarmierung des Rettungsdienstes die lokale Notfallnummer (in der Regel 112).

  • Überprüfen Sie, ob eine kontinuierliche Atmung vorliegt.

5b. Falls das Kind nicht normal oder gar nicht atmet:

  • Beseitigen Sie vorsichtig eine offensichtliche Verlegung der oberen Atemwege.

  • Geben Sie 5 initiale Beatmungen.

  • Achten Sie während der Beatmung auf Würge- oder Hustenreflexe des Kindes. Das Auftreten oder das Ausbleiben derartiger Reaktionen ist bereits Teil Ihrer Einschätzung auf „Lebenszeichen“ (s. unten).

Beatmung beim Kind >1 Jahr (Abb. 2):

  • Stellen Sie sicher, dass der Hals überstreckt und das Kinn angehoben ist.

  • Drücken Sie den weichen Teil der Nase mit Zeigefinger und Daumen Ihrer auf der Stirn liegenden Hand zusammen.

  • Öffnen Sie den Mund des Kindes ein wenig, wobei das Kinn angehoben bleibt.

  • Atmen Sie ein und legen Sie Ihre Lippen um den Mund des Kindes. Achten Sie auf eine gute Abdichtung.

  • Blasen Sie gleichmäßig über 1–1,5 s in den Mund des Kindes, sodass der Thorax sich sichtbar hebt.

  • Halten Sie den Hals überstreckt und das Kinn angehoben, nehmen Sie Ihren Mund von dem des Kindes ab und beobachten Sie, wie der Thorax sich senkt, wenn die Luft entweicht.

  • Atmen Sie erneut ein und wiederholen Sie diese Sequenz 5-mal. Achten Sie auf die Effektivität, indem Sie schauen, ob sich der Thorax des Kindes ähnlich wie bei normaler Atmung hebt und senkt.

Abb. 2
figure 2

Mund-zu-Mund-Beatmung beim Kind

Beatmung beim Säugling (Abb. 3):

  • Stellen Sie sicher, dass sich der Kopf in neutraler Position befindet und das Kinn angehoben ist. (Beim Säugling ist der Kopf in Rückenlage in der Regel nach vorn gebeugt, sodass eine leichte Streckung erforderlich sein kann.)

  • Atmen Sie ein und bedecken Sie Mund und Nasenöffnung des Säuglings mit Ihrem Mund, wobei Sie eine gute Abdichtung erreichen sollten. Falls bei einem älteren Säugling Nase und Mund nicht gleichzeitig bedeckt werden können, kann der Helfer versuchen, entweder nur die Nase oder nur den Mund des Säuglings mit seinem Mund zu umschließen. (Bei Verwendung der Nase werden die Lippen des Kindes verschlossen, um den Luftausstrom über den Mund zu verhindern.)

  • Blasen Sie gleichmäßig über 1–1,5 s in Mund und Nase des Säuglings, sodass der Thorax sich sichtbar hebt.

  • Halten Sie die Kopfposition und das Kinn angehoben, nehmen Sie Ihren Mund von dem des Säuglings und beobachten Sie, wie sich der Thorax senkt.

  • Atmen Sie erneut ein und wiederholen Sie diese Sequenz 5-mal.

Falls Sie Schwierigkeiten haben, effektive Beatmungshübe zu verabreichen, könnten die Atemwege verlegt sein:

  • Öffnen Sie den Mund des Kindes und entfernen Sie sichtbare Fremdkörper. Wischen Sie den Mund jedoch nicht blind mit dem Finger aus.

  • Stellen Sie sicher, dass der Hals adäquat (jedoch nicht zu sehr) überstreckt und das Kinn angehoben ist.

  • Falls sich die Atemwege durch Überstrecken des Halses und Anheben des Kinns nicht frei machen lassen, versuchen Sie es mit dem Esmarch-Handgriff.

  • Führen Sie bis zu 5 Versuche durch, um eine effektive Beatmung zu erzielen. Gehen Sie bei Erfolglosigkeit zur Herzdruckmassage über.

Abb. 3
figure 3

Mund-zu-Mund/-Nase-Beatmung beim Säugling

6. Beurteilen Sie den Kreislauf des Kindes:

Für die folgenden Maßnahmen sollen nicht mehr als 10 s verwendet werden:

  • Achten Sie auf Lebenszeichen. Dazu gehören Spontanbewegungen, Husten oder eine normale Atmung (nicht Schnappatmung oder einzelne, unregelmäßige Atemzüge).

Falls Sie den Puls prüfen, sollen Sie dafür keinesfalls mehr als 10 s verwenden.

Bei Kindern >1 Jahr tasten Sie den A.-carotis-Puls am Hals. Bei Säuglingen tasten Sie den A.-brachialis-Puls an der Innenseite des Oberarms. Bei Säuglingen und Kindern kann auch der A.-femorialis-Puls in der Leiste (in der Mitte zwischen Spina iliaca anterior superior und Symphyse) getastet werden.

7a. Falls Sie sicher sind, dass Sie innerhalb von 10 s Lebenszeichen festgestellt haben:

  • Setzen Sie, falls erforderlich, die Beatmung fort, bis das Kind selbst effektiv atmet.

  • Wenn das Kind bewusstlos bleibt, drehen Sie es in die stabile Seitenlage.

  • Überprüfen Sie engmaschig die Vitalfunktionen des Kindes.

7b. Falls keine sicheren Lebenszeichen vorliegen (und Sie nicht innerhalb von 10 s einen eindeutigen Puls mit der Frequenz von mehr als 60/min getastet haben):

  • Beginnen Sie mit Herzdruckmassage.

  • Kombinieren Sie Beatmung und Thoraxkompressionen.

Herzdruckmassage

Bei Kindern jedes Alters wird die untere Sternumhälfte komprimiert.

Lokalisieren Sie, um eine Kompression des Oberbauchs zu vermeiden, das Xiphoid, indem Sie den Rippenbogen aufsuchen. Komprimieren Sie das Sternum eine Fingerbreite darüber. Durch die Kompression soll das Sternum um etwa ein Drittel des Thoraxdurchmessers eingedrückt werden. Haben Sie keine Angst davor, zu fest zu drücken, sondern „drücken Sie fest und schnell!“ Sorgen Sie jeweils für eine vollständige Entlastung des Thorax. Führen Sie die Thoraxkompressionen mit einer Frequenz von 100 bis maximal 120/min durch. Überstrecken Sie nach 15 Thoraxkompressionen den Hals, heben Sie das Kinn an und geben Sie 2 effektive Beatmungen. Die optimale Technik der Herzdruckmassage variiert leicht zwischen Säuglingen und Kindern.

Herzdruckmassage beim Säugling (Abb. 4)

Ein einzelner Helfer komprimiert das Sternum mit 2 Fingerspitzen. Wenn 2 oder mehr Helfer anwesend sind, soll die thoraxumfassende Zweidaumentechnik verwendet werden. Legen Sie dazu beide Daumen flach nebeneinander auf die untere Hälfte des Sternums (s. oben), die Daumenspitzen zum kindlichen Kopf gerichtet. Umfassen Sie bei geschlossenen Fingern mit beiden Händen den unteren Teil des Brustkorbs, wobei die Fingerspitzen auf dem Rücken des Säuglings ruhen. Bei beiden Techniken wird das untere Sternum um mindestens ein Drittel des Thoraxdurchmessers komprimiert.

Abb. 4
figure 4

Herzdruckmassage beim Säugling

Herzdruckmassage beim Kind >1 Jahr (Abb. 5, Abb. 6)

Legen Sie einen Handballen auf die untere Hälfte des Sternums (s. oben). Heben Sie dabei die Finger an, um zu vermeiden, dass Druck auf die Rippen ausgeübt wird. Positionieren Sie sich senkrecht über dem Thorax des Kindes und komprimieren Sie mit durchgedrückten Armen das Sternum um mindestens ein Drittel des Thoraxdurchmessers. Bei größeren Kindern oder kleinen Helfern ist es am einfachsten, wenn dabei die Finger beider Hände verschränkt werden.

Abb. 5
figure 5

Herzdruckmassage mit einer Hand beim Kind

Abb. 6
figure 6

Herzdruckmassage mit 2 Händen beim Kind

8. Unterbrechen Sie die Reanimation nicht, bis:

  • das Kind Lebenszeichen zeigt (beginnt aufzuwachen, bewegt sich, öffnet die Augen, atmet normal oder hat einen anhaltenden, tastbaren Puls mit einer Frequenz von mehr als 60/min).

  • qualifizierte Hilfe eintrifft und übernimmt.

  • Sie körperlich erschöpft sind.

Wann soll Hilfe gerufen werden?

Beim Kollaps eines Kindes ist es von entscheidender Bedeutung, dass Ersthelfer so früh wie möglich Unterstützung bekommen.

  • Wenn mehr als ein Helfer anwesend sind, beginnt einer mit der CPR, während der andere Hilfe holt.

  • Falls nur ein Helfer anwesend ist, soll dieser für ungefähr 1 min (ca. 5 Zyklen) reanimieren, bevor er Hilfe holt. Um die Unterbrechung der CPR zu minimieren, ist es prinzipiell möglich, einen Säugling oder ein Kleinkind mit sich zu tragen, wenn Hilfe gerufen wird.

  • Die einzige Ausnahme, vor dem Hilfeholen über 1 min zu reanimieren, ist bei Kindern der beobachtete plötzliche Kollaps in Anwesenheit eines einzelnen Helfers. In diesem Fall beruht der Kreislaufstillstand mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einer kardialen Rhythmusstörung, die eine Defibrillation erfordert. Ist kein anderer Helfer anwesend, müssen Sie selbst umgehend Hilfe holen (gehen).

Stabile Seitenlage

Ein bewusstloses Kind, dessen Atemwege frei sind und das spontan atmet, soll in die stabile Seitenlage gedreht werden. Es gibt verschiedene Techniken zur stabilen Seitenlage. Allen ist gemeinsam, dass sie eine Verlegung der oberen Atemwege sowie die Aspiration von Speichel, Sekret oder Erbrochenem möglichst verhindern sollen.

Dabei sollen einige wichtige Prinzipien beachtet werden.

  • Bringen Sie das Kind soweit wie möglich in eine tatsächliche Seitenlage, mit nach unten gerichtetem Mund, damit Flüssiges abfließen kann.

  • Die Lagerung soll stabil sein. Beim Säugling ist dazu eventuell ein Kissen oder eine hinter den Rücken zusammengerollte Decke erforderlich, um zu verhindern, dass das Kind auf den Rücken oder Bauch rollt.

  • Vermeiden Sie jeglichen Druck auf den Thorax, da dies die Atmung behindern kann.

  • Es soll möglich sein, das Kind leicht und sicher auf die Seite und zurück zu drehen, wobei stets an eine mögliche Verletzung der Halswirbelsäule gedacht werden muss. Diese soll daher achsengerecht stabilisiert werden.

  • Zur Vermeidung von Druckschäden wechseln Sie regelmäßig (d. h. alle 30 min) die Seite.

  • Die stabile Seitenlage für Erwachsene eignet sich auch für Kinder.

Fremdkörperverlegung der Atemwege

Zu diesem Thema wurden während der Konsensuskonferenz 2010 keine neuen Erkenntnisse vorgestellt. Sowohl Schläge auf den Rücken als auch Thorax- und abdominelle Kompressionen steigern den intrathorakalen Druck und können Fremdkörper aus den Atemwegen ausstoßen. In etwa der Hälfte der Fälle ist mehr als eine Methode nötig, um die Obstruktion zu beseitigen [55]. Es gibt keine Daten, die belegen, welche der oben genannten Maßnahmen zuerst oder in welcher Reihenfolge sie angewendet werden sollten. Falls eine Maßnahme nicht zum Erfolg führt, versuchen Sie es abwechselnd mit der anderen, bis die Fremdkörperverlegung beseitigt ist.

In den 2005er Leitlinien war der Algorithmus zur Beseitigung einer Fremdkörperverlegung der Atemwege bei Kindern vereinfacht und dem für Erwachsene angeglichen worden. Dieser Algorithmus wird weiterhin empfohlen (Abb. 7).

Abb. 7
figure 7

Behandlung einer Fremdkörperverlegung der Atemwege beim Kind

Der bedeutsamste Unterschied zum Erwachsenenalgorithmus besteht darin, dass bei Säuglingen keine abdominellen Kompressionen durchgeführt werden sollen. Obwohl abdominelle Kompressionen in allen Altersgruppen zu Verletzungen führen können, ist dieses Risiko bei Säuglingen und sehr kleinen Kindern besonders hoch. Durch die horizontaler verlaufenden Rippen sind die Oberbauchorgane schlechter vor Verletzungen geschützt. Dies ist der Grund, weshalb sich die Leitlinien zur Behandlung einer Fremdkörperverlegung der Atemwege bei Säuglingen und Kindern unterscheiden.

Erkennen einer Fremdkörperverlegung

Tritt ein Fremdkörper in die Atemwege ein, reagiert ein Kind unverzüglich mit Husten und versucht, das Objekt auszustoßen. Spontanes Husten ist wahrscheinlich effektiver und sicherer als jedes von einem Helfer durchgeführte Manöver. Sollte jedoch das Husten ausbleiben oder ineffektiv sein und der Fremdkörper die Atemwege komplett verlegen, wird das Kind rasch asphyktisch. Aktive Maßnahmen zur Beseitigung einer Fremdkörperverlegung sind somit nur dann erforderlich, wenn der Husten ineffektiv wird. Dann müssen sie jedoch sehr schnell und beherzt initiiert werden. Am häufigsten kommt es bei Säuglingen und Kindern zu Erstickungsereignissen während des Spielens oder des Essens, also dann, wenn i. Allg. eine betreuende Person anwesend ist. Insofern sind die Ereignisse häufig beobachtet, und Maßnahmen werden in der Regel eingeleitet, wenn das Kind bei Bewusstsein ist.

Eine Fremdkörperverlegung der Atemwege ist durch das plötzliche Auftreten von Atemnot, verbunden mit Husten, Würgen oder Stridor gekennzeichnet (Tab. 1). Ähnliche Zeichen und Symptome können mit anderen Ursachen einer Atemwegsobstruktion einhergehen, etwa Laryngitis oder Epiglottitis, die ein anderes Vorgehen erfordern. Gehen Sie von einer Fremdkörperverlegung aus, wenn der Symptombeginn sehr plötzlich war, keine anderen Krankheitszeichen vorliegen und es anamnestische Hinweise gibt, die jeden Helfer alarmieren sollten, z. B. wenn das Kind unmittelbar zuvor gegessen oder mit kleinen Gegenständen gespielt hat.

Tab. 1 Zeichen einer Fremdkörperverlegung der Atemwege

Beseitigung einer Fremdkörperverlegung (Abb. 7)

1. Sicherheit und Hilfe holen:

  • Sicherheit hat Vorrang: Die Helfer dürfen sich nicht selbst in Gefahr bringen und sollen die sicherste Behandlung des erstickenden Kindes wählen.

  • Falls das Kind effektiv hustet, sind keine externen Maßnahmen erforderlich. Ermuntern Sie das Kind, weiter zu husten, und überwachen Sie es kontinuierlich.

  • Falls das Husten des Kindes ineffektiv ist oder wird, rufen Sie sofort um Hilfe und bestimmen Sie den Bewusstseinszustand des Kindes.

2. Ansprechbares Kind mit Fremdkörperverlegung der Atemwege:

  • Falls das Kind noch bei Bewusstsein ist, aber nicht oder nur ineffektiv hustet, verabreichen Sie Rückenschläge.

  • Falls Rückenschläge die Fremdkörperverlegung nicht beseitigen, verabreichen Sie bei Säuglingen Thoraxkompressionen und bei Kindern abdominelle Kompressionen. Diese Maßnahmen erzeugen einen künstlichen Husten, der den intrathorakalen Druck steigert und den Fremdkörper dadurch ausstoßen soll.

Rückenschläge:

Beim Säugling:

  • Halten Sie den Säugling in Bauchlage mit dem Kopf nach unten, damit die Entfernung des Fremdkörpers durch die Schwerkraft unterstützt wird.

  • In kniender oder sitzender Position soll der Helfer in der Lage sein, den Säugling sicher auf dem Schoß zu halten.

  • Stützen Sie den Kopf des Säuglings, indem Sie den Daumen der einen Hand an den unteren Kieferwinkel legen und 1 oder 2 Finger derselben Hand an die gleiche Stelle auf der anderen Seite des Kiefers.

  • Komprimieren Sie dabei nicht die Halsweichteile, weil dies die Atemwegsobstruktion verschlimmern würde.

  • Verabreichen Sie mit dem Handballen bis zu 5 scharfe Schläge auf die Mitte des Rückens zwischen die Schulterblätter.

  • Das Ziel besteht darin, die Verlegung mit jedem einzelnen Schlag zu beseitigen, und nicht, alle 5 Schläge zu verabreichen.

Beim Kind >1 Jahr:

  • Die Rückenschläge sind effektiver, wenn das Kind in eine Kopftieflage gebracht wird.

  • Ein kleines Kind kann wie ein Säugling auf dem Schoß des Helfers gelagert werden.

  • Falls dies nicht möglich ist, bringen Sie das Kind in eine vornüber gebeugte Position und verabreichen Sie die Rückenschläge von hinten.

Falls es nicht gelingt, den Fremdkörper mithilfe der Rückenschläge zu entfernen und das Kind weiterhin bei Bewusstsein ist, wenden Sie beim Säugling Thoraxkompressionen und beim Kind abdominelle Kompressionen an. Führen Sie keine abdominellen Kompressionen (Heimlich-Manöver) beim Säugling durch.

Thoraxkompressionen beim Säugling:

  • Drehen Sie den Säugling in Rückenlage mit dem Kopf nach unten. Das kann sicher bewerkstelligt werden, wenn der freie Arm des Helfers auf den Rücken des Säuglings gelegt und der Hinterkopf mit der Hand umfasst wird.

  • Halten Sie den Säugling in Kopftieflage mit dem auf (oder über) Ihrem Oberschenkel liegenden Arm.

  • Bestimmen Sie den Druckpunkt für Thoraxkompressionen (untere Sternumhälfte, etwa eine Fingerbreite oberhalb des Xiphoids).

  • Verabreichen Sie 5 Thoraxkompressionen. Diese ähneln denen bei der Herzdruckmassage, sind aber schärfer und werden mit geringerer Frequenz durchgeführt.

Abdominelle Kompressionen beim Kind >1 Jahr:

  • Stehen oder knien Sie hinter dem Kind. Legen Sie Ihre Arme unter die des Kindes und umfassen Sie seinen Rumpf.

  • Ballen Sie eine Faust und platzieren Sie diese zwischen Nabel und Xiphoid.

  • Greifen Sie diese Hand mit der anderen und ziehen Sie scharf nach innen und oben.

  • Wiederholen Sie dies bis zu 5-mal.

  • Vergewissern Sie sich, dass der Druck nicht auf das Xiphoid oder den unteren Brustkorb ausgeübt wird, da dies abdominelle Verletzungen verursachen könnte.

Untersuchen Sie das Kind im Anschluss an die Thorax- oder abdominellen Kompressionen erneut. Falls der Fremdkörper noch nicht ausgestoßen wurde und das Kind weiterhin bei Bewusstsein ist, setzen Sie die Sequenz aus Rückenschlägen und Thorax- (beim Säugling) oder abdominellen Kompressionen (beim Kind) fort. Rufen oder schicken Sie nach Hilfe, falls noch keine verfügbar ist. Lassen Sie das Kind in dieser Phase nicht allein.

Falls der Fremdkörper erfolgreich ausgestoßen wurde, beurteilen Sie den klinischen Zustand des Kindes. Es ist möglich, dass ein Teil des Fremdkörpers in den Atemwegen verbleibt und dadurch Komplikationen verursacht. Suchen Sie beim geringsten Zweifel medizinische Unterstützung. Darüber hinaus können abdominelle Kompressionen zu inneren Verletzungen führen, und alle derart behandelten Patienten sollen anschließend von einem Arzt untersucht werden [5].

3. Bewusstloses Kind mit Fremdkörperverlegung der Atemwege:

Falls das Kind mit Fremdkörperverlegung der Atemwege bewusstlos ist oder wird, legen Sie es auf eine feste, flache Unterlage. Rufen oder schicken Sie nach Hilfe, falls noch keine verfügbar ist. Lassen Sie das Kind in dieser Phase nicht allein, und gehen Sie wie folgt vor:

Freimachen der Atemwege

Öffnen Sie den Mund und schauen Sie nach sichtbaren Fremdkörpern. Falls ein solcher zu sehen ist, versuchen Sie, ihn durch einmaliges Auswischen mit dem Finger zu entfernen. Führen Sie keine blinden oder wiederholten Auswischversuche durch. Dadurch könnte der Fremdkörper noch tiefer in den Rachen geschoben werden und dort Verletzungen verursachen.

Atemspende

Machen Sie die Atemwege mithilfe von Halsüberstrecken und Kinnanheben frei und versuchen Sie, 5-mal zu beatmen. Prüfen Sie die Effektivität jedes Beatmungshubs. Falls keine Thoraxhebung sichtbar ist, verändern Sie die Position des Kopfes, bevor Sie den nächsten Versuch unternehmen.

Herzdruckmassage und kardiopulmonale Reanimation

  • Versuchen Sie, 5-mal zu beatmen, und gehen Sie, falls keine Reaktion (Bewegung, Husten, Spontanatmung) erfolgt, ohne weitere Überprüfung von Kreislaufzeichen zur Herzdruckmassage über.

  • Folgen Sie der Sequenz für die Einhelferreanimation (s. oben, Abschn. 7b) für etwa 1 min, bevor Sie den Rettungsdienst alarmieren, falls dies nicht schon von jemand anderem übernommen worden ist.

  • Wenn Sie die Atemwege zur Beatmung frei gemacht haben, schauen Sie, ob der Fremdkörper im Mund zu sehen ist.

  • Falls ein Fremdkörper zu sehen ist, versuchen Sie, ihn durch einmaliges Auswischen mit dem Finger zu entfernen.

  • Besteht der Anschein, dass die Atemwegsverlegung beseitigt ist, machen Sie die Atemwege frei und überprüfen Sie diese (s. oben). Falls das Kind nicht atmet, beatmen Sie es weiter.

  • Wenn das Kind wieder sein Bewusstsein erlangt und effektiv spontan atmet, bringen Sie es in eine sichere, stabile Seitenlage und überwachen Sie Atmung und Bewusstseinszustand, während Sie auf das Eintreffen des Rettungsdienstes warten.

6b. Erweiterte lebensrettende Maßnahmen („paediatric advanced life support“)

Prävention des Atem-Kreislauf-Stillstands

Der sekundäre Atem-Kreislauf-Stillstand, verursacht durch Atem- oder Kreislaufversagen, ist bei Kindern häufiger als der durch Arrhythmien bedingte primäre Herzstillstand [56, 57, 58, 59, 60, 61]. Asphyxie und Atemstillstand findet man auch im jungen Erwachsenenalter häufig, z. B. durch Trauma, Ertrinken oder Vergiftungen [62, 63]. Das Outcome nach Atem-Kreislauf-Stillstand ist bei Kindern schlecht; das Erkennen der Stadien, die einem Atem- oder Kreislaufversagen vorangehen, hat oberste Priorität und kann ebenso lebensrettend sein wie der frühzeitige Beginn von Maßnahmen.

Es wird empfohlen, zur Beurteilung und Behandlung eines kritisch kranken oder verletzten Kindes die ABC-Prinzipien anzuwenden:

  • A steht für Atemweg (beim Trauma: Ac für Atemweg und Immobilisation der Halswirbelsäule, engl. „cervical spine“),

  • B steht für Atmung (und Beatmung),

  • C steht für Kreislauf (zusätzlich Blutungskontrolle beim traumatisierten Kind).

Bei jedem Beurteilungsschritt werden, sobald Auffälligkeiten festgestellt wurden, entsprechende Maßnahmen durchgeführt. Der nächste Beurteilungsschritt soll erst durchgeführt werden, wenn das bestehende Problem behandelt und, wenn möglich, korrigiert wurde. Die Implementierung eines innerklinischen Notfallteams für einen pädiatrischen Versorgungsbereich kann möglicherweise die Inzidenz des Atem- und/oder Kreislaufstillstands außerhalb einer Intensiveinheit senken [64, 65, 66, 67, 68, 69]. Diesem Team sollen zumindest ein Pädiater und eine Kinderkrankenschwester mit spezieller Erfahrung angehören, die zur Beurteilung eines potenziell kritisch kranken Kindes gerufen werden sollten, das nicht bereits auf einer pädiatrischen Intensivstation oder in einer pädiatrischen Notaufnahme versorgt wird.

Erkennen einer respiratorischen Störung: Beurteilung von A und B

Die Untersuchung eines potenziell kritisch kranken Kindes beginnt mit der Beurteilung der Atemwege (A) und der Atmung (B). Atemwegsprobleme oder Störungen des Gasaustausches in den Lungen können zum Versagen der Atmung führen.

Zeichen einer respiratorischem Störung sind:

  • Atemfrequenz außerhalb der altersentsprechenden Normwerte – sowohl zu schnell als auch zu langsam;

  • Atemarbeit, die anfänglich erhöht ist, aber bei Erschöpfung und Versagen der Kompensationsmechanismen auch inadäquat oder vermindert sein kann; zudem pathologische Atemgeräusche, wie z. B. Stridor, Giemen, stöhnen (knorcksen, grunzen) oder der Verlust des Atemgeräuschs;

  • vermindertes Atemzugvolumen, gekennzeichnet durch oberflächliches Atmen, verminderte Thoraxexkursion oder auskultatorisch vermindertes Atemgeräusch;

  • Hypoxämie (mit oder ohne zusätzliche Sauerstoffgabe), i. Allg. klinisch erkennbar durch eine Zyanose, jedoch mithilfe der Pulsoxymetrie besser beurteilbar.

Gleichzeitig können durch inadäquate Ventilation und Oxygenierung auch andere Organsysteme betroffen sein, ggf. auch infolge einer versuchten Kompensation der respiratorischen Störung. Diese Zeichen werden im Schritt C (s. unten) erfasst und umfassen:

  • zunehmende Tachykardie (Kompensationsmechanismus zur Steigerung der Sauerstoffangebots),

  • Blässe,

  • Bradykardie (bedrohliches Zeichen im Sinne eines Verlusts der Kompensationsmechanismen),

  • Bewusstseinsänderung (Zeichen erschöpfter Kompensationsmechanismen).

Erkennen des Herz-Kreislauf-Versagens: Beurteilung von C

Das Herz-Kreislauf-Versagen (oder der Schock) ist durch die Imbalance zwischen metabolischem Bedarf des Gewebes und Angebot von Sauerstoff sowie Energiebereitstellung durch den Kreislauf gekennzeichnet [70]. Physiologische Kompensationsmechanismen führen zur Veränderung der Herzfrequenz, des Systemwiderstands (steigt normalerweise im Rahmen der Kompensation an) und der Gewebe- bzw. Organperfusion. Zeichen des Herz-Kreislauf-Versagens umfassen:

  • steigende Herzfrequenz (die Bradykardie ist ein bedrohliches Zeichen der physiologischen Dekompensation),

  • verminderter systemischer Blutdruck,

  • verminderte periphere Perfusion (verlängerte Rekapillarisierungszeit, verminderte Hauttemperatur, Blässe oder marmorierte Haut),

  • schwache oder fehlende periphere Pulse,

  • vermindertes oder erhöhtes intravaskuläres Volumen,

  • verminderte Harnausscheidung und metabolische Acidose.

Andere Systeme können ebenso betroffen sein, z. B.:

  • Die Atemfrequenz kann initial erhöht sein, um das Sauerstoffangebot zu verbessern. Im Verlauf kommt es, im Zusammenhang mit der Dekompensation der Kreislaufstörung, zu einem Abfall der Atemfrequenz.

  • Die Bewusstseinslage ist aufgrund einer reduzierten zerebralen Perfusion beeinträchtigt.

Erkennen des Atem-Kreislauf-Stillstands

Zeichen des kombinierten Atem- und Kreislaufversagens umfassen:

  • Reaktionslosigkeit auf Schmerz (Koma),

  • Apnoe oder Schnappatmung,

  • fehlender Kreislauf,

  • Blässe oder tiefe Zyanose.

Das Pulstasten ist als alleiniger bestimmender Faktor für die Notwendigkeit einer Herzdruckmassage nicht zuverlässig [71, 72]. Wird ein Kreislaufstillstand vermutet und fehlen Lebenszeichen, soll der Helfer (Laie und Professioneller) unverzüglich mit der CPR beginnen, außer er ist sich sicher, innerhalb von 10 s einen zentralen Puls zu tasten (Säugling: A. brachialis oder A. femoralis, Kind: A. carotis oder A. femoralis). Im Zweifel ist mit der CPR zu beginnen [72, 73, 74, 75]. Steht jemand mit Erfahrung in Echokardiographie zur Verfügung, kann diese Untersuchung bei der Beurteilung der kardialen Funktion und dem Erkennen von behandelbaren Ursachen hilfreich sein [76]. Die Echokardiographie darf jedoch nicht die Durchführung der Thoraxkompressionen behindern.

Management von Atem- und Kreislaufstörungen

Die Ursachen für respiratorisches und zirkulatorisches Versagen sind bei Kindern vielfältig. Die Symptome können allmählich oder plötzlich beginnen. Beide Störungen sind anfangs kompensiert, dekompensieren allerdings ohne adäquate Therapie. Eine unbehandelte respiratorische oder zirkulatorische Dekompensation führt zu einem kombinierten Atem- und Kreislaufversagen. Die Ziele der lebensrettenden Maßnahmen bei Kindern sind es, durch frühzeitige und effektive Interventionen das Fortschreiten in den manifesten Atem- und Kreislaufstillstand zu verhindern.

Atemwege und Atmung

  • Machen Sie die Atemwege frei und stellen Sie eine adäquate Beatmung und Oxygenierung sicher. Verwenden Sie die höchstmögliche Sauerstoffkonzentration.

  • Legen Sie ein Atem-Monitoring an (in erster Linie: Pulsoxymetrie).

  • Um eine ausreichende Ventilation und Oxygenierung zu erzielen, können die Verwendung von Hilfsmitteln zum Öffnen der Atemwege, die Beutel-Maske-Beatmung („bag-mask ventilation“, BMV), die Larynxmaske, sowie die Sicherung der Atemwege durch Intubation und Beatmung notwendig werden.

  • Sehr selten besteht die Notwendigkeit, die Atemwege chirurgisch zu sichern.

Kreislauf („circulation“)

  • Legen Sie ein Herz-Kreislauf-Monitoring an (in erster Linie: Pulsoxymetrie, EKG und nichtinvasive Blutdruckmessung).

  • Legen Sie einen Gefäßzugang; dieser kann peripher venös sein oder durch eine intraossäre (i.o.-)Kanülierung erfolgen. Liegt bereits ein zentralvenöser Katheter, soll dieser verwendet werden.

  • Geben Sie einen Flüssigkeitsbolus von 20 ml/kgKG und/oder Medikamente (z. B. Inotropika, Vasopressoren, Antiarrhytmika), je nach Bedarf.

  • Unabhängig von der Art des Schocks (auch bei septischem Schock) wird bei Säuglingen und Kindern eine isotone, kristalloide Lösung als erster Flüssigkeitsbolus empfohlen [77, 78, 79, 80].

  • Beurteilen Sie das Kind kontinuierlich. Beginnen Sie stets mit den Atemwegen, bevor Sie mit der Atmung und dem Kreislauf fortfahren.

  • Während die genannten Maßnahmen durchgeführt werden, können Kapnographie, invasives Monitoring des arteriellen Blutdrucks, Blutgasanalyse, Messung des Herzzeitvolumens, Echokardiographie und zentralvenöse Sauerstoffsättigung (ScvO2) hilfreich sein, um die Therapie respiratorischer und/oder zirkulatorischer Störungen zu steuern.

Atemwege

Zum Öffnen der Atemwege werden die Techniken der BLS angewendet. Oropharyngeale (Guedel) und nasopharyngeale (Wendl) Atemwegshilfen können helfen, die Atemwege frei zu halten. Verwenden Sie einen Guedel-Tubus nur beim bewusstlosen Kind ohne Würgereflex. Verwenden Sie die korrekte Größe (gemessen von den Schneidezähnen bis zum Kieferwinkel), um eine Rückverlagerung der Zunge, eine Obstruktion der Epiglottis oder eine direkte Kompression der Glottis zu verhindern. Bei der Einführung des Guedel-Tubus kann der weiche Gaumen des Kindes verletzt werden. Beugen Sie dem vor, indem Sie dieses Manöver mit Vorsicht und ohne Gewalt durchführen. Der Wendl-Tubus wird vom bewusstseinsklaren oder bewusstseinsgetrübten Kind mit intaktem Würgereflex besser toleriert. Er soll jedoch bei Vorliegen einer Schädelbasisfraktur oder Gerinnungsstörung nicht eingesetzt werden. Die richtige Einführtiefe wird durch den Abstand vom Nasenloch zum Kieferwinkel bestimmt, muss jedoch nach dem Einführen nochmals klinisch überprüft werden. Diese einfachen Atemwegshilfsmittel schützen die Lungen nicht vor der Aspiration von Sekret, Blut oder Mageninhalt.

Larynxmaske

Obwohl die BMV weiterhin als initiale Methode zur kontrollierten Beamtung von Kindern empfohlen wird, stellt die Larynxmaske (LMA) eine akzeptierte Alternative für geübte Anwender dar [81, 82]. Ihr Einsatz kann bei einer Atemwegsobstruktion durch supraglottische Fehlbildungen oder wenn die BMV nicht gelingt, besonders hilfreich sein. Die LMA schützt die Atemwege nicht zuverlässig vor der Aspiration von Sekret, Blut und Mageninhalt, sodass eine engmaschige Überwachung erforderlich ist. Die Verwendung einer LMA bei kleinen Kindern ist im Vergleich zu Erwachsenen mit einer höheren Inzidenz an Komplikationen verbunden [83, 84]. Auch andere supraglottische Atemwegshilfen (z. B. der Larynxtubus, LT), die erfolgreich in der Kinderanästhesie eingesetzt werden, können in Notfallsituationen brauchbar sein. Allerdings gibt es derzeit nur wenige Daten über deren Einsatz in pädiatrischen Notfallsituationen [85].

Endotracheale Intubation

Die endotracheale Intubation ist der sicherste und effektivste Weg, die Atemwege offen zu halten. Sie verhindert eine Magenüberblähung, schützt die Lungen vor Aspiration und erlaubt gleichzeitig die optimale Kontrolle über Beatmungsdruck und positivem endexspiratorischen Druck („positive end-expiratory pressure“, PEEP). Im Rahmen der Reanimation ist die orale Intubation zu bevorzugen. Sie ist im Vergleich zur nasalen Intubation schneller, einfacher und mit weniger Komplikationen verbunden. Beim wachen Kind ist der Einsatz von Anästhetika, Sedativa und Muskelrelaxanzien unumgänglich, um multiple Intubationsversuche oder Fehlintubationen zu vermeiden [86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95]. Die Anatomie des kindlichen Atemwegs unterscheidet sich wesentlich von der des Erwachsenen. Die Intubation eines Kindes bedarf speziellen Trainings und Erfahrung. Zur Bestätigung der korrekten endotrachealen Tubuslage sollen eine klinische Beurteilung und die Kapnographie verwendet werden. Der Tubus muss fixiert und die Vitalzeichen müssen überwacht werden [96]. Sollte die Intubation fehlschlagen, ist es wichtig, einen alternativen Plan für das weitere Vorgehen zur Sicherung der Atemwege zu haben.

Es gibt nach wie vor keine evidenzbasierte Empfehlung, in der klare Kriterien definiert sind, welches Kind wo, wann und vom wem präklinisch intubiert werden sollte. Die präklinische Intubation von Kindern kann in Erwägung gezogen werden, wenn

  1. 3.

    die Atemwege und/oder die Atmung ernsthaft beeinträchtigt oder bedroht sind.

  2. 4.

    die Transportart bzw. die Transportdauer eine frühzeitige Sicherung der Atemwege erfordern (z. B. Lufttransport) und

  3. 5.

    der Versorgende in den erweiterten Maßnahmen zur Sicherung der kindlichen Atemwege versiert ist, einschließlich der endotrachealen Intubation und der Verwendung der dazu notwendigen Medikamente [97].

Blitzeinleitung und -intubation [“rapid sequence induction (RSI) and intubation“]

Das komatöse Kind mit Atem-Kreislauf-Stillstand benötigt zur Intubation weder eine Sedierung noch eine Analgesie. Alle anderen Kinder müssen zunächst präoxygeniert werden (ggf. mithilfe einer sanften BMV zur Vermeidung einer Hypoxie) und erhalten dann in rascher Abfolge Sedierung, Analgesie und Muskelrelaxierung, um Intubationskomplikationen und Fehlintubationen zu vermeiden [98]. Der Intubierende muss im Umgang mit den dabei verwendeten Medikamenten vertraut sein. Durch einen Krikoiddruck kann die Regurgitation von Mageninhalt verhindert oder begrenzt werden [99, 100]. Andererseits können durch diesen jedoch die Atemwege verlagert und damit Laryngoskopie und Intubation erschwert werden [101]. Der Krikoiddruck darf nicht eingesetzt werden, wenn damit Intubation oder Oxygenierung beeinträchtigt werden.

Tubusgröße

Eine allgemeine Empfehlung für die altersabhängigen Innendurchmesser (ID) von Endotrachealtuben wird in Tab. 2 gezeigt [102, 103, 104, 105, 106, 107]. Diese stellt jedoch lediglich eine Orientierungshilfe dar, und eine Nummer größer bzw. kleiner sollen jederzeit zur Verfügung stehen. Die Tubusgröße kann auch anhand der Körpergröße des Kindes unter Verwendung eines Kindernotfallbands bestimmt werden (z. B. Broselow Tape®; [108]).

Tab. 2 Generelle Empfehlungen für die Größe geblockter und ungeblockter Endotrachealtuben bei Kindern (innerer Durchmesser in Millimetern)

Blockbare versus ungeblockte Endotrachealtuben

Traditionell wurden bei Kindern bis zum 8. Lebensjahr ungeblockte Endotrachealtuben verwendet, doch blockbare Tuben können in bestimmten Situationen vorteilhafter sein (z. B. schlechte Lungen-Compliance, hoher Atemwegswiderstand oder großes Luftleck auf Glottisebene; [102, 109, 110]). Bei der Verwendung von blockbaren Tuben erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, beim ersten Versuch die richtige Größe zu nehmen [102, 103, 111]. Ein korrekt passender, blockbarer Tubus ist für Säuglinge und Kinder (Cave: jedoch nicht für Neugeborene) genauso sicher wie ein ungeblockter, vorausgesetzt, man achtet sorgfältig auf korrekte Größe, Lage und Cuff-Druck [109, 110, 112]. Da ein zu hoher Cuff-Druck zu ischämischen Schleimhautläsionen und in der Folge zu Stenosen führen kann, soll der Cuff-Druck überwacht und <25 cmH2O gehalten werden [112].

Bestimmung der korrekten Tubuslage

Dislokation, Fehllage oder Obstruktion eines Endotrachealtubus treten bei intubierten Kindern häufig auf und erhöhen die Mortalität [113, 114]. Es gibt keine alleinige Technik, die zu 100% verlässlich zwischen ösophagealer und endotrachealer Tubuslage unterscheiden kann [115, 116, 117].

Die Kontrolle der korrekten endotrachealen Tubuslage:

  • Unter laryngoskopischer Sicht passiert der Tubus die Stimmbänder,

  • Bestimmung des etCO2 (kolorimetrisch oder Kapnometrie-/graphie), wenn ein Herzkreislauf vorhanden ist. (Ggf. auch bei effektiver CPR, aber nicht verlässlich),

  • Beobachtung symmetrischer Thoraxbewegungen unter Beatmung,

  • Der Tubus beschlägt in der Exspirationsphase,

  • Fehlen einer Magenüberblähung,

  • Seitengleiche Auskultation von Atemgeräuschen, jeweils beidseits in der Achselregion und am oberen Thorax,

  • Verbesserung oder Stabilisierung der pulsoxymetrisch ermittelter Sauerstoffsättigung (SpO2) im erwarteten Bereich (spätes Zeichen!),

  • Verbesserung der Herzfrequenz in den altersentsprechenden Bereich (oder Verbleiben innerhalb des Normbereichs; spätes Zeichen!).

Ist im Atem-Kreislauf-Stillstand das exspiratorische CO2 trotz adäquater Herzdruckmassage nicht nachweisbar oder besteht irgendein Zweifel, soll die korrekte Tubuslage durch direkte Laryngoskopie bestätigt werden. Wenn die korrekte Lage bestätigt ist, soll der Tubus fixiert und erneut lagekontrolliert werden. Lagern Sie den Kopf des Kindes in Neutralposition. Bei Beugung (Flexion) des Kopfes verlagert sich der Tubus tiefer in die Trachea hinein, während er bei Überstreckung (Extension) aus den Atemwegen herausrutschen kann [118]. Bestätigen Sie die korrekte Tubuslage abschließend durch ein Thoraxröntgenbild. Die Tubusspitze soll sich auf den 2. oder 3. Brustwirbel projizieren.

DOPES ist ein hilfreiches Akronym, um die Ursachen der plötzlichen Verschlechterung eines intubierten Kindes zu finden:

  • Dislokation des Tubus,

  • Obstruktion des Tubus oder des Beamtungsfilters („heat and moisture exchanger“, HME),

  • Pneumothorax,

  • Equipmentfehler (Sauerstoffquelle, Beutel-Maske, Beatmungsgerät etc.),

  • stomach“ (engl.: Magen; eine Magenüberblähung kann die Zwerchfellmechanik beeinträchtigen).

Atmung

Oxygenierung

Während der Reanimation soll die höchstmögliche Sauerstoffkonzentration verabreicht werden (100%iges O2). Sobald ein ROSC gesichert ist, soll so viel Sauerstoff gegeben werden, dass die arterielle Sauerstoffsättigung (SaO2) zwischen 94–98% gehalten wird [119, 120].

Studien bei Neugeborenen zeigen, dass Raumluft während der Reanimation vorteilhaft sein kann (s. Sektion 7; [11, 121, 122, 123, 124]). Bei älteren Kindern gibt es allerdings keinerlei Evidenz dafür, dass Raumluft gegenüber 100%igem Sauerstoff Vorteile hat. Verwenden Sie daher zur initialen Reanimation 100%igen Sauerstoff und titrieren Sie nach gesichertem ROSC die FIO2 so, dass eine SaO2 zwischen 94 und 98% erreicht wird. Bei einer Rauchgasinhalation (Kohlenmonoxidvergiftung) und bei schwerer Anämie soll hingegen eine hohe FIO2 so lange beibehalten werden, bis das zugrunde liegende Problem beseitigt ist. In diesen Fällen spielt der physikalisch gelöste Sauerstoff im Blut (determiniert durch den O2-Partialdruck) eine wichtige Rolle für den Sauerstofftransport.

Beatmung

Professionelle Helfer neigen während der CPR häufig dazu, den Patienten zu hyperventilieren. Dies kann schädlich sein. Eine Hyperventilation bewirkt einen erhöhten intrathorakalen Druck, eine verminderte zerebrale und Koronarperfusion und führt zu einer schlechteren Überlebensrate bei Tieren sowie Erwachsenen [125, 126, 127, 128, 129, 130, 131]. Das Ziel während der CPR ist daher die Normoventilation. Die genaue Bestimmung des abgegebenen Minutenvolumens ist allerdings schwierig. Eine einfache Orientierungshilfe für ein adäquates Atemzugvolumen ist ein sich mäßig hebender Thorax. Verwenden Sie ein CV-Verhältnis von 15:2 mit einer Frequenz von 100–120/min [125]. Sobald ein ROSC erreicht ist, beatmen Sie mit altersentsprechenden Frequenzen und Tidalvolumina weiter. Verwenden Sie so früh wie möglich ein etCO2-Monitoring und eine Blutgasanalyse.

Sobald die Atemwege durch eine endotracheale Intubation gesichert sind, führen Sie die Beatmung mit 10–12 Atemhüben/min kontinuierlich weiter, ohne die Thoraxkompressionen zu unterbrechen. Achten Sie dabei darauf, dass während der Thoraxkompressionen die Lungen adäquat belüftet werden. Sobald ein Herzkreislauf wiederhergestellt ist, beatmen sie mit 12–20 Atemhüben/min weiter, um einen normalen arterielle Kohlendioxiddruck (paCO2) zu erzielen. Sowohl Hyper- als auch Hypoventilation sind schädlich.

Beutel-Maske-Beatmung

Die BMV ist eine effektive und sichere Methode zur kurzzeitigen Atemunterstützung oder Beatmung von Kindern, v. a. in präklinischen Situationen oder in der Notfallaufnahme [114, 132, 133, 134, 135]. Die Beurteilung einer effektiven BMV erfolgt durch die Beobachtung von Thoraxexkursion, durch das Überwachen der Herzfrequenz, durch die Auskultation von Atemgeräuschen sowie durch die Messung der SpO2. Jeder, der für die Notfallsversorgung von Kindern verantwortlich ist, muss eine effektive BMV sicher beherrschen.

Prolongierte Beatmung

Bei notwendiger Fortführung der Beatmung ist der Vorteil eines gesicherten Atemwegs größer als die potenziellen Risiken der Intubation. Für die notfallmäßige Intubation sind sowohl blockbare als auch ungeblockte Tuben akzeptabel.

„Monitoring“ von Atmung und Beatmung

Endtidale Kohlendioxidmessung

Durch Überwachung des etCO2 mithilfe eines Farbindikators oder Kapnometers kann die Tubuslage bei Kindern über 2 kgKG bestätigt werden. Die Messung kann im prä- und innerklinischen Bereichen oder auch während des Transports zum Einsatz kommen [136, 137, 138, 139]. Eine Farbänderung oder eine Wellenform am Kapnometer nach 4 Atemhüben zeigt, dass der Tubus endotracheal liegt; dies gilt auch im Kreislaufstillstand. Die Kapnographie schließt die Dislokation des Tubus in einen Hauptbronchus nicht aus. Das Fehlen des exspiratorischen CO2 während des Kreislaufstillstands ist nicht mit der Fehllage des Tubus gleichzusetzen, da niedrige oder fehlende CO2-Werte den geringen oder fehlenden pulmonalen Blutfluss widerspiegeln [140, 141, 142, 143].

Die Kapnographie kann auch Informationen über die Effektivität der Thoraxkompressionen geben und so frühzeitig einen ROSC anzeigen [144, 145]. Eine Verbesserung der Qualität der Herzdruckmassage bei etCO2-Werten unter 15 mmHg (2 kPa) ist anzustreben. Vorsicht ist bei der Interpretation von etCO2-Werten nach Gabe von Adrenalin und anderen Vasokonstriktoren geboten. Hier kann es zu einem vorübergehenden Abfall [146, 147, 148, 149, 150], nach Verwendung von Bikarbonat hingegen zu einem Anstieg der Werte kommen [151]. Es gibt derzeit keine Evidenz, die die Verwendung der etCO2-Werte als Indikator, eine Reanimation zu beenden, unterstützt.

Ösophagusdetektoren („oesophageal detector devices“)

Ein selbstaufblasbarer Ballon oder Spritzenkolben (Ösophagusdetektor, ODD) kann zur Bestätigung der endotrachealen Tubuslage bei Kindern mit erhaltenem Kreislauf verwendet werden [152, 153]. Es gibt jedoch keine Studien über den Einsatz eines ODD bei Kindern im Atem-Kreislauf-Stillstand.

Pulsoxymetrie

Die klinische Beurteilung der SaO2 ist unsicher; das Monitoring der peripheren Sauerstoffsättigung erfolgt durch die Pulsoxymetrie (SpO2). Unter bestimmten Bedingungen kann die Pulsoxymetrie aber auch ungenau sein, z. B. bei Kindern im Kreislaufversagen, Atem-Kreislauf-Stillstand und mit schlechter peripherer Perfusion. Die Pulsoxymetrie ist eine relativ einfach einsetzbare Methode, jedoch ein schlechter Indikator für eine korrekte endotracheale Tubuslage. Mithilfe der Kapnographie kann die Tubusfehllage viel schneller erkannt werden als mit der Pulsoxymetrie [154].

Kreislauf (Circulation)

Gefäßzugang

Ein Gefäßzugang ist unerlässlich, um Medikamente und Infusionen verabreichen bzw. Blutproben erhalten zu können. Unter CPR-Bedingungen kann bei Säuglingen und Kindern das Legen eines venösen Zugangs schwierig sein. Steht bei einem kritisch kranken Kind ein venöser Zugang nicht sofort zur Verfügung, soll möglichst frühzeitig ein i.o.-Zugang in Erwägung gezogen werden, insbesondere beim Kreislaufstillstand oder beim dekompensierten Kreislaufversagen [155, 156, 157]. In jedem Fall soll beim kritisch kranken Kind, bei dem nicht innerhalb von 1 min ein i.v.-Zugang gelegt werden kann, stattdessen eine i.o.-Kanüle eingebracht werden [155, 158].

Intraossärer Zugang

Der i.o.-Zugang ist ein schneller, sicherer und effektiver Weg, um Medikamente, Flüssigkeiten sowie Blutprodukte zu verabreichen [159, 160, 161, 162, 163, 164, 165, 166, 167, 168]. Der Wirkbeginn eines Medikaments und das Erreichen einer adäquaten Plasmakonzentration sind mit der eines zentralvenösen Zugangs vergleichbar [169, 170]. Knochenmarkproben sind für Blutgruppenbestimmung, Kreuzprobe [171], laborchemische Analysen [172, 173] und für Blutgasanalysen verwertbar. (Die Werte sind mit zentralvenösen Blutgasen vergleichbar, sofern vorangehend noch kein Medikament i.o. verabreicht wurde [172, 174, 175, 176].) Allerdings können diese Proben Autoanalysegeräte schädigen, sodass bevorzugt Analysepatronen verwendet werden sollten. Nach jeder Medikamentengabe soll ein Bolus 0,9%iger Kochsalzlösung injiziert werden, um die Verbreitung in die ableitenden Knochenmarkvenen sicherzustellen und damit eine raschere Verteilung in die zentrale Zirkulation zu ermöglichen. Größere Flüssigkeitsmengen sollen besser manuell injiziert werden. Der i.o.-Zugang kann belassen und verwendet werden, bis ein i.v.- Zugang gesichert ist. Ob halbautomatisierte i.o.-Systeme vorteilhafter sind, bleibt abzuwarten. Bisherige Erfahrungen und Untersuchungsergebnisse zeigen allerdings, dass sie einen raschen und effektiven Gefäßzugang ermöglichen [167, 168, 177, 178].

Intravenöser Zugang

Periphervenöse Zugänge versprechen vergleichbare Plasmakonzentrationen und Wirkungseintritte wie zentralvenöse oder i.o.-Zugänge [156, 157, 179, 180, 181]. Zentralvenöse Zugänge sind zwar sicherere Langzeitzugänge, verglichen mit i.o.- oder periphervenösen Zugängen bieten sie jedoch während der CPR keine Vorteile [156, 179, 180, 181].

Endotrachealer Zugang

Zur Verabreichung von Medikamenten ist der i.o.- oder i.v.-Zugang dem endotrachealen der Vorzug zu geben [182]. Endotracheal verabreichte Medikamente werden sehr unterschiedlich resorbiert. Als Anhaltswerte werden folgende Dosierungen empfohlen:

  • Adrenalin: 100 μg/kgKG,

  • Lidocain: 2–3 mg/kgKG,

  • Atropin: 30 μg/kgKG,

  • die optimale Dosis von Naloxon ist unbekannt.

Die Medikamente werden in 5 ml 0,9%iger Kochsalzlösung verdünnt und appliziert, gefolgt von 5 Beatmungshüben [183, 184, 185]. Nichtfettlösliche Medikamente (z. B. Glucose, Bikarbonat, Kalzium) dürfen nicht endotracheal verabreicht werden, da sie die Schleimhaut der Atemwege schädigen.

Flüssigkeitstherapie und Medikamente

Eine Volumentherapie ist angezeigt, wenn Symptome des Kreislaufversagens ohne Zeichen von Volumenbelastung bestehen [186]. Bei jeder Form des Kreislaufversagens werden für Säuglinge und Kinder kristalloide Lösungen als Therapie der ersten Wahl empfohlen. Bei inadäquater Perfusion wird ein Bolus von 20 ml/kgKG einer kristalloiden Lösung verabreicht, auch wenn der systemische Blutdruck im Normbereich liegt. Nach jedem Bolus erfolgt die klinische Wiederbeurteilung (ABC) zur Entscheidung, ob weitere Bolusgaben oder eine andere Therapie notwendig sind.

Es gibt eine unzureichende Datenlage, um eine hypertone Kochsalzlösung beim Kreislaufversagen in Kombination mit einem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) oder einer Hypovolämie zu empfehlen [187, 188]. Gleiches gilt für die Empfehlung zu einer verzögerten Volumengabe beim hypotensiven Kind mit stumpfem Trauma [189]. Glucosehaltige Lösungen sind, außer bei Nachweis einer Hypoglykämie, zu vermeiden [190, 191, 192, 193]. Hypoglykämien sind mithilfe von Glucosebestimmungen zu vermeiden; Säuglinge und Kleinkinder neigen zu Hypoglykämien.

Adenosin

Adenosin ist ein endogenes Nukleotid und bewirkt einen kompletten artrioventrikulären (AV-)Block von sehr kurzer Dauer. Reentrymechanismen über ein akzessorisches Bündel werden blockiert. Adenosin wird zur Behandlung der supraventrikulären Tachykardie (SVT; [194]) empfohlen. Aufgrund der kurzen Halbwertszeit (10 s) ist die Anwendung sicher; um die Kreislaufzeit kurz zu halten, soll es über einen periphervenösen Zugang im Bereich der oberen Extremitäten oder zentralvenös verabreicht werden. Injizieren Sie Adenosin rasch, gefolgt von einem Bolus 3–5 ml 0,9%iger Kochsalzlösung als Spülung. Vorsicht ist beim Einsatz von Adenosin bei Asthmatikern, bei AV-Block II. oder III. Grades, beim Long-QT-Syndrom und bei Herztransplantierten geboten.

Adrenalin (Epinephrin)

Adrenalin ist ein endogenes Katecholamin mit starker α-, β1- und β2-stimulierender Wirkung. Adrenalin wirkt vorwiegend vasokonstriktiv und wird in der Behandlung des Kreislaufstillstands eingesetzt, sowohl im Algorithmus für defibrillierbare als auch in dem für nichtdefibrillierbare Herzrhythmen. Adrenalin führt zu Vasokonstriktion, erhöht den diastolischen Druck und verbessert so den koronaren Perfusionsdruck. Außerdem steigert es die myokardiale Kontraktilität, stimuliert die spontane Erregungsbildung, steigert Amplitude und Frequenz des VF und erhöht so die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Defibrillation. Für die erste und alle weiteren Adrenalingaben ist bei Kindern die empfohlene i.v.-/i.o.-Dosis 10 μg/kgKG. Die maximale Einzeldosis ist 1 mg. Adrenalin wird alle 3–5 min, sofern notwendig, verabreicht. Die endotracheale Adrenalingabe wird nicht mehr empfohlen [196, 197, 198, 199]. Falls dieser Applikationsweg dennoch gewählt wird, so ist die Dosis 10-fach höher (100 μg/kgKG). Eine höhere Dosierung i.v. oder i.o. wird routinemäßig nicht empfohlen, da sie weder Überleben noch neurologisches Outcome nach Atem-Kreislauf-Stillstand verbessert [200, 201, 202, 203].

Nach ROSC kann die Notwendigkeit zur kontinuierlichen Adrenalininfusion gegeben sein. Die hämodynamische Wirkung ist dosisabhängig; die Ansprechbarkeit ist individuell unterschiedlich. Deshalb wird die Infusionsrate bis zum Erreichen des gewünschten Effekts titriert. Eine hohe Infusionsrate kann zur exzessiver Vasokonstriktion führen und die Extremitätenperfusion sowie den mesenterialen und renalen Blutfluss beeinträchtigen. Eine hohe Adrenalindosierung kann eine schwere Hypertonie und Tachyarrhythmie verursachen [204]. Um Gewebeschäden zu vermeiden, muss Adrenalin über einen sicheren i.v.- oder i.o.-Zugang gegeben werden. Adrenalin und andere Katecholamine werden durch eine alkalische Lösung inaktiviert und sollen niemals zusammen mit Natriumbikarbonat verabreicht werden [205].

Amiodaron

Amiodaron ist ein nichtkompetitiver Inhibitor adrenerger Rezeptoren: Es unterdrückt die Leitfähigkeit im Myokard und verlangsamt so die AV-Überleitung, verlängert das QT-Intervall und die Refraktärzeit. Außer bei der Behandlung der therapieresistenten VF/pulslosen VT wird Amiodaron langsam injiziert (20 min) unter Monitoring des Blutdrucks und EKG, um eine arterielle Hypotonie zu vermeiden. Diese Nebenwirkung ist seltener, wenn eine wässrige Lösung verwendet wird [206]. Andere sehr seltene, jedoch ausgeprägte Nebenwirkungen sind Bradykardie und eine polymorphe VT [207].

Atropin

Atropin steigert durch Blockade des Parasympathikus die Sinusknoten- und Vorhofaktivität sowie die AV-Überleitung. Kleine Dosen (<100 μg) können zu einer paradoxen Bradykardie führen [208]. Bei Bradykardie mit schlechter Perfusion, die sich auf suffiziente Beatmung und Oxygenierung nicht bessert, wird als erste Wahl Adrenalin verabreicht, nicht Atropin. Atropin wird bei vagusinduzierter Bradykardie oder Intoxikation durch Cholinergika empfohlen [209, 210, 211, 212].

Kalzium

Kalzium ist essenziell für die myokardiale Funktion [213, 214], doch verbessert der routinemäßige Gebrauch von Kalzium nicht das Outcome nach Atem- und Kreislaufstillstand [213, 214, 215, 216, 217]. Die Indikation für Kalzium ist bei Hypokalzämie, Kalziumkanalblockerüberdosierung, Hypermagnesiämie und Hyperkalämie gegeben [218, 219, 220].

Glucose

Daten von Neugeborenen, Kindern und Erwachsenen zeigen, dass sowohl Hyper- als auch Hypoglykämien nach Atem- und Kreislaufstillstand mit einem schlechten Outcome verbunden sind [221, 222, 223]. Es ist nicht sicher, ob es sich um einen kausalen Zusammenhang oder ein bloßes Zusammentreffen handelt [224]. Bestimmen Sie die Blut- oder Plasmaglucosekonzentration engmaschig bei jedem kranken oder traumatisierten Kind, inklusive jenen nach Kreislaufstillstand. Verabreichen Sie keine glucosehaltigen Flüssigkeiten während einer CPR, es sei denn, es liegt eine Hypoglykämie vor. Vermeiden Sie Hyper- und Hypoglykämien nach ROSC. Bei Erwachsenen zeigten strenge Blutglucosekontrollen, verglichen mit moderaten, keinen Vorteil im Hinblick auf die Überlebensrate [225, 226]; sie erhöhen jedoch das Risiko von Hypoglykämien bei Neugeborenen, Kindern und Erwachsenen [227, 228, 229, 230, 231].

Magnesium

Es gibt keine Evidenz, Magnesium routinemäßig während eines Atem- und Kreislaufsillstands [232] zu verabreichen. Magnesium ist indiziert bei einer nachgewiesenen Hypomagnesiämie oder einer Torsades-de-pointes-VT, unabhängig von deren Ursache [233].

Natriumbikarbonat

Natriumbikarbonat soll in der Routine während eines Atem-Kreislauf-Stillstands oder nach ROSC nicht gegeben werden. Die Gabe von Natriumbikarbonat kann erwogen werden, wenn trotz effektiver Reanimation und nach der Applikation von Adrenalin weiterhin ein prolongierter Atem-Kreislauf-Stillstand besteht oder eine schwere metabolische Acidose vorliegt. Des Weiteren kann die Verabreichung von Natriumbikarbonat bei hämodynamischer Instabilität und gleichzeitig bestehender Hyperkalämie oder bei der Behandlung einer Überdosierung mit trizyklischen Antidepressiva erwogen werden.

Exzessiv hohe Mengen an verabreichtem Natriumbikarbonat können die Abgabe von Sauerstoff an das Gewebe verschlechtern. Sie können eine Hypokalämie verursachen und erhöhen die Osmolalität des Serums. Die Wirkung von Katecholaminen kann verringert werden.

Lidocain

Lidocain ist nicht das Mittel der ersten Wahl bei der Behandlung von defibrillationsrefraktärem VF oder pulsloser VT, da bei Erwachsenen Amiodaron in seiner Wirkung der des Lidocains überlegen ist [236].

Procainamid

Procainamid verzögert die intraatriale Überleitung, verbreitert den QRS-Komplex und verlängert das QT-Intervall. Procainamid kann bei SVT oder VT mit stabilen hämodynamischen Verhältnissen eingesetzt werden, wenn andere antiarrhythmische Medikamente keine Wirksamkeit zeigen [237, 238, 239, 240]. Allerdings ist die Datenlage bezüglich Procainamid im Kindesalter spärlich, und es soll daher nur nach strenger Indikationsstellung eingesetzt werden [241, 242]. Procainamid ist ein potenter Vasodilatator, und seine Gabe kann zu einer systemarteriellen Hypotension führen. Die Verabreichung soll daher langsam und unter kontinuierlichem EKG-Monitoring erfolgen.

Vasopressin und Terlipressin

Vasopressin ist ein körpereigenes Hormon, das mit spezifischen Rezeptoren interagiert. Über die V1-Rezeptoren führt seine Wirkung zu einer systemischen Vasokonstriktion und über die V2-Rezeptoren zu einer Reabsorption von Wassermolekülen in den Nierentubuli [246]. Die Datenlage lässt derzeit keine Empfehlung für oder gegen die Gabe von Vasopressin oder seines Analogons Terlipressin als Alternative oder in Kombination mit Adrenalin bei allen Formen von akut lebensbedrohlichen kardialen Rhythmen zu [247, 248, 249, 250, 251, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258].

Einige Studien haben einen positiven Effekt von Terlipressin (ein Vasopressin-Analogon mit länger anhaltenden, doch vergleichbaren Wirkungen) auf die Hämodynamik von Kindern im refraktären septischen Schock gezeigt. Die Auswirkungen auf das Überleben bleiben jedoch unklar [255, 256, 257, 259, 260]. Zwei pädiatrische Untersuchungen deuten auf einen positiven Effekt von Terlipressin beim Kreislaufstillstand hin [258, 261]. Vasopressin und Terlipressin können beim Kreislaufstillstand eingesetzt werden, wenn wiederholte Gaben von Adrenalin keinen Effekt zeigen.

Defibrillatoren

Defibrillatoren verfügen über automatische oder manuelle Modi und geben entweder mono- oder biphasische elektrische Impulse ab. Bei manuell bedienbaren Defibrillatoren müssen altersentsprechend benötigte Energiemengen vom Neonaten bis zum Erwachsenen abgegeben werden können. Sie werden in allen medizinischen Institutionen eingesetzt, in denen Kinder mit der potenziellen Gefahr eines Atem-Kreislaufstill-Stillstands behandelt werden. Automatisierte externe Defibrillatoren sind voreingestellt und verfügen nur über fixierte Energiedosen bei der Defibrillation.

Pad- bzw. Paddle-Größe zur Defibrillation

Es sollen die Paddles benutzt werden, die eine möglichst große Kontaktfläche zum Thorax herstellen. Die ideale Größe ist nicht ausreichend untersucht, aber folgende Paddle-Größen können bei einzelnen Patientengruppen empfohlen werden [13, 262, 263]:

  • 4,5-cm-Durchmesser für Säuglinge und Kleinkinder mit <10 kgKG,

  • 8- bis 12-cm-Durchmesser für Kinder >10 kgKG (>1 Jahr).

Um den elektrischen Widerstand durch die Haut und den Thorax zu reduzieren, ist zwischen den Paddles und der Haut des Patienten ein elektrisch leitendes Gel aufzutragen. Selbstklebende Elektroden zur Defibrillation oder vorgefertigte Gel-Pads sind effektive Alternativen. Ultraschallgel und mit Kochsalzlösung oder Alkohol getränkte Tupfer sind zur Senkung des Widerstands nicht geeignet und dürfen nicht verwendet werden.

Position der Paddles

Die Paddles werden in anterolateraler Position fest auf den vorher entblößten Thorax gesetzt. Ein Paddle wird dabei unterhalb der rechten Klavikula und das andere in die linke Axilla positioniert (Abb. 8). Falls die Paddles zu groß sind und die Gefahr eines Spannungsbogens zwischen den Paddles besteht, kann ein Paddle auch unter den Rücken unterhalb der linken Skapula gelegt werden. Das andere Paddle wird links neben dem Sternum platziert. Diese anteroposteriore Postionierung ist ebenfalls akzeptabel.

Abb. 8
figure 8

Paddle-Positionen zur Defibrillation beim Kind

Optimaler Auflagedruck

Um den transthorakalen Widerstand gering zu halten, sollen die Paddles mit einem Anpressdruck von 3 kg bei Kindern mit <10 kgKG und einem Druck von 5 kg bei größeren Kindern aufgesetzt werden [264, 265]. Vereinfacht gesagt: Die Paddles müssen fest aufgesetzt werden.

Energiedosis bei Kindern

Die ideale Energiedosis für eine sichere und effektive Defibrillation ist nicht bekannt. Biphasische Schocks sind mindestens so effektiv wie monophasische, verursachen aber eine geringere Postdefibrillationsdysfunktion des Myokards [36, 49, 51, 52, 53, 266]. In Tiermodellen finden sich bessere Ergebnisse mit einer Energiedosis von 3–4 J/kgKG als mit niedrigeren oder den Dosen von Erwachsenen [38, 49]. Klinische Studien bei Kindern legen nahe, dass Dosen von nur 2 J/kgKG in den meisten Fällen insuffizient sind [12, 38, 42]. Bei höheren Energiedosen bis zu 9 J/kgKG wurden keine wesentlichen Nebenwirkungen beobachtet [29, 48]. Bei Verwendung eines manuellen Defibrillators werden 4 J/kgKG für den initialen und alle weiteren Schocks abgegeben. (Bevorzugt wird eine biphasische Schockabgabe.)

Falls kein manueller Defibrillator verfügbar ist, muss ein AED eingesetzt werden. Dieser muss pädiatrische defibrillierbare Herzrhythmen erkennen können [31, 32, 267]. Der AED soll die Fähigkeit haben, eine Leistungsdämpfung für Kinder im Alter von 1 bis 8 Jahren auf 50–75 J durchzuführen [34, 37]. Falls ein solcher AED nicht verfügbar ist, muss ein AED mit voreingestellten Energiedosen für Erwachsene genutzt werden.

Für Kinder älter als 8 Jahre wird immer ein Standard-AED mit standardisierten Paddles für Erwachsene eingesetzt.

Obwohl es keine evidenten Daten zum Einsatz von AED bei Säuglingen gibt, kann bei fehlenden alternativen Therapieoptionen durchaus der AED auch bei diesen Anwendung finden, wenn möglich mit einem Gerät, das über eine Option zur Leistungsdämpfung bei Kindern verfügt [39, 40].

Erweitertes Management des Atem-Kreislauf-Stillstands (Abb. 9)

Abb. 9
figure 9

Erweiterte lebensrettende Maßnahmen beim Kind. PEA pulslose elektrische Aktivität

A, B, C: Beginnen Sie mit BLS-Maßnahmen und führen Sie diese fort.

A and B: Oxygenieren und beatmen Sie mit Beutel und Maske:

  • Beatmen Sie mit hoher FIO2.

  • Verabreichen Sie 5 Beatmungen, gefolgt von Thoraxkompressionen und Beatmungen im Verhältnis 15:2.

  • Vermeiden Sie eine Ermüdung der Helfer, indem Sie die Person, die die Thoraxkompressionen durchführt, häufig auswechseln.

  • Etablieren Sie ein kardiales Monitoring.

C: Prüfen Sie den Herzrhythmus, und suchen Sie nach Lebenszeichen.

(Tasten Sie für maximal 10 s nach einem zentralen Puls.)

Nichtdefibrillierbare Rhythmen: Asystolie und pulslose elektrische Aktivität

  • Geben Sie Adrenalin i.v. oder i.o. (10 μg/kgKG), Wiederholung alle 3–5 min (Abb. 10).

  • Identifizieren und behandeln Sie reversible Ursachen (4 Hs und HITS; s. unten).

Abb. 10
figure 10

Kreislaufstillstand: nichtdefibrillierbarer Rhythmus

Defibrillierbare Rhythmen: Kammerflimmern/pulslose Kammertachykardie

Unternehmen Sie sofort einen Defibrillationsversuch (4 J/kgKG; Abb. 11):

  • Laden Sie den Defibrillator, während ein anderer Helfer die Thoraxkompressionen fortsetzt.

  • Ist der Defibrillator geladen, unterbrechen Sie die Thoraxkompressionen und stellen Sie sicher, dass alle Helfer Abstand zum Patienten halten. Minimieren Sie die Zeit zwischen Unterbrechung der Thoraxkompressionen und Defibrillation; selbst eine Verzögerung von 5–10 s reduziert den Erfolg einer Defibrillation [268, 269].

  • Geben Sie einen Schock ab.

  • Führen Sie sofort und ohne erneute Herzrhythmuskontrolle die CPR fort.

  • Kontrollieren Sie nach 2 min am Monitor kurz den Herzrhythmus.

  • Verabreichen Sie einen zweiten Schock mit 4 J/kgKG, falls weiterhin VF/pulslose VT besteht.

  • Beginnen Sie sofort wieder für 2 min mit der CPR, ohne erneute Herzrhythmuskontrolle.

  • Unterbrechen Sie die CPR kurz zur Überprüfung des Herzrhythmus; falls VF/pulslose VT weiterbesteht, verabreichen Sie einen dritten Schock mit 4 J/kgKG.

  • Geben Sie nach dem 3. Schock Adrenalin (10 µg/kgKG) und Amiodaron (5 mg/kgKG), nachdem Sie die CPR fortgeführt haben.

  • Geben Sie Adrenalin zu jedem zweiten Zyklus (d. h. alle 3–5 min während der CPR).

  • Falls nach dem fünften Schock weiterhin VF/pulslose VT besteht, geben Sie eine zweite Dosis Amiodaron (5 mg/kgKG; [270]).

Abb. 11
figure 11

Kreislaufstillstand: defibrillierbarer Rhythmus

Falls ein VF bzw. eine pulslose VT weiter bestehen bleibt, verabreichen Sie nach jeweils 2 min CPR einen Schock mit 4 J/kgKG. Falls Lebenszeichen auftreten, überprüfen Sie am Monitor, ob ein organisierter Herzrhythmus vorliegt. Ist dieser vorhanden, suchen Sie nach Lebenszeichen sowie einem zentralen Puls und überprüfen Sie die Hämodynamik des Kindes (Blutdruck, peripherer Puls, Rekapillarisierungszeit).

Identifizieren und behandeln Sie reversible Ursachen (4 Hs und HITS; s. unten) und bedenken Sie, dass die ersten beiden Hs (Hypoxie und Hypovolämie) bei kritisch kranken oder verletzten Kindern die höchste Prävalenz aufweisen.

Falls die Defibrillation erfolgreich war, das VF oder die pulslose VT jedoch auftreten, nehmen Sie die CPR unverzüglich wieder auf, geben Sie erneut Amiodaron und defibrillieren Sie wieder mit 4 J/kgKG. Beginnen Sie mit einer kontinuierlichen Amiodaroninfusion.

Reversible Ursachen eines Kreislaufstillstands

Die reversiblen Ursachen eines Kreislaufstillstands können rasch unter den Akronymen 4 Hs und HITS erinnert werden:

Vier Hs:

  • Hypoxie,

  • Hypovolämie,

  • Hyper/Hypokalämie und

  • Hypothermie.

HITS:

  • Herzbeuteltamponade.

  • Intoxikation.

  • Thrombose (koronar oder pulmonal) und

  • Spannungspneumothorax.

Handlungsablauf bei Atem-Kreislauf-Stillstand

  1. 1.

    Wird ein Kind bewusstlos und zeigt keine Lebenszeichen (keine Atmung, Husten oder feststellbare Bewegung), beginnen Sie unverzüglich mit der CPR.

  2. 2.

    Führen Sie eine BMV mit 100%igem Sauerstoff durch.

  3. 3.

    Etablieren Sie ein EKG-Monitoring. Schicken Sie nach einem manuellen Defibrillator oder einem AED, um so schnell wie möglich einen defibrillierbaren Herzrhythmus zu erkennen und zu behandeln.

Im selteneren Fall eines beobachteten plötzlichen Kollapses ist es eventuell sinnvoller, schnell den Rettungsdienst zu alarmieren und einen AED zu besorgen; beginnen Sie so früh wie möglich mit der CPR.

Kardiales Monitoring

Bringen Sie so früh wie möglich die Ableitungen eines EKG-Monitors oder die Defibrillations-Paddles an, um einen defibrillierbaren von einem nichtdefibrillierbaren Herzrhythmus unterscheiden zu können. Die invasive Messung des systemischen Blutdrucks kann dazu beitragen, die Effektivität der Herzdruckmassage zu steigern [271], darf allerdings nicht die Durchführung von BLS- oder ALS-Maßnahmen der CPR verzögern.

Defibrillierbare Rhythmen sind die pulslose VT und das VF. Diese Herzrhythmen treten vornehmlich beim plötzlichem Kollaps von Kindern mit Herzerkrankungen oder bei Jugendlichen auf [41, 42, 43]. Nichtdefibrillierbare Rhythmen sind die pulslose elektrische Aktivität (PEA), die Bradykardie (<60/min und ohne Zeichen eines Kreislaufs) und die Asystolie. Bei PEA und Bradykardie liegen häufig weite QRS-Komplexe vor.

Die Echokardiographie kann zum Erkennen potenziell therapierbarer Ursachen eines Kreislaufstillstands bei Kindern verwendet werden. Mit ihr kann die myokardiale Aktivität dargestellt [76] und eine Perikard- (Herzbeutel-)Tamponade diagnostiziert werden [272]. Allerdings müssen entsprechend qualifizierte Untersucher zur Verfügung stehen, und die Durchführung der Echokardiographie muss gegen eine Unterbrechung der Herzdruckmassage abgewogen werden.

Nichtdefibrillierbare Herzrhythmen

Der Atem-Kreislauf-Stillstand im Kindes- und Jugendalter hat meist eine respiratorische Ursache [54, 58, 273, 274, 275]. In dieser Altersgruppe ist daher eine unverzügliche CPR obligatorisch, bevor ein AED oder ein manueller Defibrillator geholt wird, da dessen unmittelbare Verfügbarkeit das Outcome bei einem respiratorischen Stillstand nicht verbessern würde [17, 276]. Die Reanimation durch zufällig anwesende Personen ist bei Kindern und Erwachsenen mit einem besseren neurologischen Outcome verbunden [277, 278, 279]. Die häufigsten EKG-Befunde bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen im Atem-Kreislauf-Stillstand sind Asystolie und PEA. Die PEA ist durch eine organisierte, schmale oder breite elektrische Aktivität, gewöhnlich (aber nicht immer) mit einer niedrigen Frequenz und fehlenden Pulsen charakterisiert. Üblicherweise ist die PEA Folge einer Hypoxie bzw. einer myokardialen Ischämie, gelegentlich kann aber auch eine reversible Ursache zugrunde liegen (z. B. eine der 4 Hs und HITS), die zu einem raschen Abfall des Herzzeitvolumens geführt hat.

Defibrillierbare Herzrhythmen

Primäres VF tritt in 3,8–19% bei einem Atem-Kreislauf-Stillstand im Kindesalter auf [13, 41, 42, 43, 60, 274, 275, 277]. Die Inzidenz des VF und der pulslosen VT nimmt mit zunehmendem Alter zu [267, 280]. Die bestimmende Größe für das Überleben bei VF bzw. pulsloser VT ist die Zeit bis zur Defibrillation. Eine präklinische Defibrillation innerhalb der ersten 3 min bei beobachtetem, durch VF verursachtem Kreislaufstillstand resultiert in einer Überlebenswahrscheinlichkeit von >50%. Der Defibrillationserfolg sinkt jedoch dramatisch mit der zeitlichen Verzögerung der Defibrillation: Pro Minute der Zeitverzögerung (ohne CPR) geht die Überlebensrate um 7–10% zurück. Besteht VF bei erwachsenen Patienten länger als 12 min, beträgt die Überlebenswahrscheinlichkeit <5% [281]. Eine CPR vor der Defibrillation bei Hilfsfristen von mehr als 5 min verbesserte in einigen Studien das Outcome der Patienten [282, 283], in anderen jedoch nicht [284]. Ein sekundäres VF unter einer innerklinischen CPR tritt in bis zu 27% der Fälle auf und hat ein schlechteres Outcome als ein primäres [43].

Medikamente bei defibrillierbaren Rhythmen

Adrenalin (Epinephrin)

Adrenalin wird alle 3–5 min i.v. oder i.o. verabreicht. Diese Art der Applikation ist der endotrachealen vorzuziehen.

Amiodaron bei VF/pulsloser VT

Amiodaron ist bei defibrillationsrefraktärem VF bzw. pulsloser VT indiziert. Die experimentellen und klinischen Erfahrungen mit Amiodaron bei Kindern sind gering. Die aus Studien an erwachsenen Patienten [236, 285, 286] hergeleitete Evidenz zeigt eine höhere Überlebensrate bei Aufnahme in die Klinik, aber jedoch nicht zum Zeitpunkt der Entlassung aus dem Krankenhaus. Eine pädiatrische Fallstudie konnte die Effektivität von Amiodaron bei lebensbedrohlichen ventrikulären Arrhythmien nachweisen [287]. Insofern hat Amiodaron seinen Platz bei der Therapie von defibrillationsrefraktären oder wieder auftretenden VF bzw. pulsloser VT im Kindesalter.

Extrakorporaler Organersatz

Extrakorporaler Organersatz soll bei Kindern mit einem trotz konventioneller CPR refraktärem Kreislaufstillstand erwogen werden, wenn sich der Stillstand in einer eng überwachten Umgebung ereignet, mit entsprechender Verfügbarkeit von Fachkompetenz und Ausrüstung, um den extrakorporalen Organersatz („extracorporeal life support“, ECLS) unverzüglich zu beginnen.

Arrhythmien

Instabile Arrhythmien

Untersuchen Sie jedes Kind mit einer bestehenden Arrhythmie auf Lebenszeichen und einen zentralen Puls. Falls keine Lebenszeichen feststellbar sind, muss das Kind wie bei einem Atem-Kreislauf-Stillstand behandelt werden. Sind Lebenszeichen und ein zentraler Puls erkennbar, muss der hämodynamische Status erhoben werden. Ist die Hämodynamik beeinträchtigt, sind die Folgenden die ersten Schritte:

  1. 1.

    Machen Sie die Atemwege frei.

  2. 2.

    Verabreichen Sie Sauerstoff und unterstützen Sie die Atmung, je nach Notwendigkeit.

  3. 3.

    Bringen Sie einen EKG-Monitor oder einen Defibrillator an und beurteilen Sie den Herzrhythmus.

  4. 4.

    Beurteilen Sie, ob der Herzrhythmus altersbezogen schnell oder langsam ist.

  5. 5.

    Beurteilen Sie, ob der Herzrhythmus regelmäßig oder unregelmäßig ist.

  6. 6.

    Messen Sie die Dauer der QRS-Komplexe (schmale Komplexe: <0,08 s, weite Komplexe: >0,08 s)

  7. 7.

    Die Therapieoptionen werden durch die hämodynamische Stabilität des Kindes bestimmt.

Bradykardie

Eine Bradykardie ist meist Folge einer Hypoxie, einer Acidose und/oder einer schweren Hypotension. Sie kann in einen Atem-Kreislauf-Stillstand übergehen. Verabreichen Sie jedem Kind mit bestehender Bradykardie oder Kreislaufversagen 100%igen Sauerstoff und, falls notwendig, eine Beatmung.

Ist ein Kind mit Anzeichen einer verminderten Perfusion bradykard (<60/min) und bessert sich dieser Zustand nicht rasch durch eine Beatmung mit Sauerstoff, beginnen Sie mit der Herzdruckmassage und verabreichen Sie Adrenalin. Wurde die Bradykardie durch eine vagale Stimulation ausgelöst z. B. durch nasale Einführung einer Magensonde, kann die Gabe von Atropin effektiv sein.

Eine kardiale Schrittmacherstimulation (entweder transvenöses oder transthorakales „pacing“) ist unter einer Reanimation generell nicht von Nutzen. Sie kann jedoch bei einem AV-Block oder einer Dysfunktion des Sinusknotens erwogen werden, wenn diese auf Sauerstoff, Ventilation, Herzdruckmassage und Medikamente nicht ansprechen. Pacing ist bei Asystolie oder bei Arrhythmien, die durch Hypoxie oder Ischämie verursacht sind, wirkungslos [288].

Tachykardie

Schmalkomplextachykardie

Liegt eine SVT vor, soll beim hämodynamisch stabilen Kind zuerst ein vagales Manöver (Valsalva-Manöver oder Eisbeutel) versucht werden. Auch bei einem hämodynamisch instabilen Kind ist dies eine Option, jedoch darf dadurch eine medikamentöse oder elektrische Kardioversion nicht verzögert werden [289]. Ist das Kind instabil und bereits bei eingeschränktem Bewusstsein, soll sofort eine elektrische Kardioversion durchgeführt werden.

Adenosin ist gewöhnlich wirksam, um eine SVT in einen Sinusrhythmus zu konvertieren. Es wird möglichst herznah (s. Abschn. „Flüssigkeitstherapie und Medikamente“) als rascher i.v.-Bolus gegeben, unmittelbar gefolgt von einem Bolus physiologischer Kochsalzlösung. Falls das Kind hämodynamisch zu unstabil ist, unterlassen Sie vagale Manöver und die Gabe von Adenosin und versuchen Sie sofort eine elektrische Kardioversion. Die elektrische Kardioversion (mit der R-Zacke synchronisiert) ist auch bei fehlendem i.v.-Zugang oder wenn es mit Adenosin nicht gelungen ist, den Herzrhythmus zu konvertieren, indiziert. Die initiale Energiedosis für die elektrische Kardioversion einer SVT beträgt 0,5–1 J/kgKG, die zweite Dosis 2 J/kgKG. Geben Sie bei ausbleibendem Erfolg vor dem dritten Versuch Amiodaron oder Procainamid, unter der Anleitung eines Kinderkardiologen oder eines pädiatrischen Intensivmediziners. Bei älteren Kindern kann Verapamil als medikamentöse Alternative erwogen werden; es soll bei Säuglingen allerdings nicht routinemäßig verwendet werden.

Amiodaron hat sich gemäß einiger pädiatrischer Studienals effektives Medikament bei der Behandlung von SVT bewährt [270, 287, 290, 291, 292, 293, 294, 295, 296, 297]. Da die meisten Studien über die Verwendung von Amiodaron bei Schmalkomplextachykardien sich jedoch auf junktionale ektope Tachykardien bei postoperativen Kindern beziehen, ist die Anwendungserfahrung bei der SVT insgesamt begrenzt. Ist das Kind hämodynamisch stabil, soll vor der Gabe von Amiodaron frühzeitig ein Experte konsultiert werden. Ebenso soll ein Experte hinsichtlich alternativer Behandlungsstrategien konsultiert werden, da die Evidenz für andere Medikamente zur Behandlung der SVT begrenzt und uneindeutig ist [298, 299]. Wenn Amiodaron unter diesen Umständen verabreicht wird, vermeiden Sie eine zu schnelle Applikation, weil es sonst verbreitet zu einer Hypotension kommt.

Breitkomplextachykardie

Bei Kindern sind Tachykardien mit breiten Kammerkomplexen selten und eher supraventrikulär als ventrikulär bedingt [300]. Bei hämodynamisch instabilen Kindern mit einer Breitkomplextachykardie muss jedoch bis zum Beweis des Gegenteils stets von einer VT ausgegangen werden. Eine VT tritt bevorzugt bei Kindern mit zugrunde liegender Herzerkrankung auf (z. B. nach Herzoperation, Kardiomyopathie, Myokarditis, Elektrolytstörung, verlängertem QT-Intervall, intrakardial liegendem zentralem Venenkatheter). Die synchronisierte Kardioversion ist die Therapie der Wahl bei der instabilen VT mit noch vorhandenem Puls. Erwägen Sie eine antiarrhythmische Therapie, wenn ein zweiter Kardioversionsversuch erfolglos bleibt oder die VT erneut auftritt.

Amiodaron hat sich als effektives Medikament bei Arrhythmien im Kindesalter bewährt [291], allerdings sind unerwünschte kardiovaskuläre Nebenwirkungen häufig [270, 287, 292, 297, 301].

Arrhythmien mit stabiler Hämodynamik

Überwachen und unterstützen Sie Atemwege, Atmung und Kreislauf des Kindes, und nehmen Sie vor Einleitung einer antiarrhythmischen Therapie Kontakt zu einem Experten auf. In Abhängigkeit von der Anamnese des Kindes, dem bestehenden klinischen Zustand und der EKG-Diagnose kann ein Kind mit einer bestehenden stabilen Breitkomplextachykardie wie ein Kind mit einer SVT behandelt werden, also zunächst mit vagalen Manövern oder Adenosin. Die Gabe von Amiodaron kann erwogen werden, wenn die genannten Methoden keinen Erfolg bringen oder wenn im EKG die sichere Diagnose einer VT gestellt wird. Procainamid kommt bei einer stabilen, auf vagale Manöver und Adenosin nichtansprechenden SVT ebenfalls infrage [239, 302, 303, 304], wie auch bei einer stabilen VT [239, 240, 305, 306]. Geben Sie Procainamid nicht zusammen mit Amiodaron.

Spezielle Krankheitsbilder

Erkrankungen der kardialen Ionenkanäle

Tritt ein plötzlicher, unerklärlicher Herztod bei einem Kind oder einem jungen Erwachsenen auf, müssen eine eingehende Anamnese und die Evaluierung der Familiengeschichte erfolgen (einschließlich der Erfassung vorbestehender synkopaler Ereignisse, Anfälle, unerklärlicher Unfälle/Ertrinken oder plötzlicher Todesfälle). Alle Vor-EKG sollen erneut auf etwaige Hinweise begutachtet werden. Alle Kinder mit plötzlichem und unerklärlichem Tod sollen, wenn möglich, obduziert werden, vorzugsweise durch Pathologen mit einer speziellen Expertise in kardiovaskulären Erkrankungen [307, 308, 309, 310, 311, 312, 313, 314, 315, 316]. Besonderes Augenmerk soll hierbei auf genetische Gewebeanalysen in Bezug auf eine Erkrankung der kardialen Ionenkanäle gelegt werden. Überweisen Sie die Familien von Patienten, deren Todesursache bei der Autopsie nicht gefunden wurde, an Experten oder Einrichtungen mit speziellen Erfahrungen in Herzrhythmusstörungen.

Maßnahmen bei stumpfem oder penetrierendem Trauma

Das schwere Trauma (stumpf oder penetrierend) geht mit einer sehr hohen Mortalität einher [317, 318, 319, 320]. Es liegen kaum evidente Daten über den Erfolg weiterer spezifischer Interventionen vor, die über die übliche Behandlung des Kreislaufstillstands hinausgehen. Bei Kindern mit penetrierenden Verletzungen kann allerdings eine Notthorakotomie zur Reanimation erwogen werden [321, 322, 323, 324, 325].

Univentrikuläres Herz (nach erster Korrekturoperation)

Die Inzidenz für das Auftreten eines Kreislaufstillstands bei Säuglingen mit univentrikulärem Herzen nach der ersten Korrekturoperation liegt bei etwa 20%; nur 33% dieser Patienten überleben bis zur Entlassung [326]. Es gibt keine Evidenz dafür, dass spezifische, vom generellen Vorgehen abweichende Reanimationsmaßnahmen angewendet werden sollten. Die Einschätzung eines Präarreststatus ist bei diesen Kindern schwierig. Sie kann durch die Überwachung der Sauerstoffausschöpfung (ScvO2 in der V. cava superior) oder durch ein Monitoring der zerebralen und der Splanchnikusperfusion mithilfe einer „near-infrared spectroscopy“ (NIRS)unterstützt werden [327, 328, 329]. Die Behandlung eines hohen systemischen Gefäßwiderstands mit einer α-adrenergen Rezeptor-Blockade kann den systemischen Sauerstofftransport verbessern [330], die Inzidenz einer kardiovaskulären Dekompensation verringern [331] und die Überlebensrate erhöhen [332].

Univentrikuläres Herz (nach Fontan-Korrektur)

Kinder mit lebensbedrohlich eingeschränkter Hämodynamik (Präarreststatus) nach einer Fontan- oder Hemi-Fontan-Operation können von einem erhöhten Sauerstoffangebot profitieren; durch eine Negativdruckbeatmung kann zudem ihr Herzzeitvolumen gesteigert werden [333, 334]. Der Einsatz einer extrakorporalen Membranoxygenierung („extracorporeal membrane oxygenation“, ECMO) kann bei Kindern mit einem Versagen der Fontan-Zirkulation hilfreich sein, doch können keine Empfehlungen für oder gegen eine ECMO bei Kindern mit Zustand nach einer Hemi-Fontan-Operation oder als Ultima Ratio unter einer Reanimation gegeben werden.

Pulmonalarterielle Hypertension

Kinder mit einer bestehenden pulmonalarteriellen Hypertension haben ein erhöhtes Risiko für einen Kreislaufstillstand [336, 337]. Folgen Sie bei diesen Patienten dem üblichen Reanimationsalgorithmus, mit besonderem Augenmerk auf einer hohen FIO2 und einer Alkalose bzw. Hyperventilation, da dies den pulmonalarteriellen Widerstand ebenso effektiv senken kann wie inhalativ verabreichtes Stickstoffmonoxid (NO; [338]). Bei Patienten mit einer reversiblen Ursache ist der Reanimationserfolg am wahrscheinlichsten, wenn diese mit i.v.-Epoprostenol oder inhalativem NO behandelt werden [339]. Waren vor der Reanimation Medikamente zur Senkung des pulmonalarteriellen Widerstands abgesetzt worden, sollen diese erneut gegeben und zusätzlich ein inhalatives Epoprostenol oder NO erwogen werden [340]. Auch Unterstützungssysteme für den rechten Ventrikel können die Überlebenswahrscheinlichkeit verbessern [341, 342, 343, 344].

Versorgung nach Kreislaufstillstand

Nach einer langen, kompletten Hypoxie bzw. Ischämie des gesamten Organismus wird der ROSC als ein unphysiologischer Zustand aufgefasst, der durch eine erfolgreiche CPR hervorgerufen wurde [345]. Das Management der Postreanimationsphase muss multidisziplinär sein und muss alle Maßnahmen beinhalten, die für eine komplette neurologische Erholung erforderlich sind. Hauptziele sind die Rückbildung von Hirnschäden und myokardialer Dysfunktion sowie die Behandlung von systemischen Ischämie- bzw. Reperfusionsreaktionen und allen persistierenden Folgeerkrankungen.

Myokardiale Dysfunktion

Nach einer CPR kommt es häufig zu einer myokardialen Dysfunktion [345, 346, 347, 348]. Vasoaktive Substanzen (Adrenalin, Dobutamin, Dopamin und Noradrenalin) können die hämodynamischen Parameter bei Kindern nach einem Kreislaufstillstand verbessern, doch müssen sie entsprechend des klinischen Zustands titriert werden [349, 350, 351, 352, 353, 354, 355, 356, 357, 358, 359].

Kontrolle und Management der Körpertemperatur

Nach einer CPR tritt beim Kind häufig eine Hypothermie auf [360]. Eine zentrale Hypothermie (32–34°C) kann von Vorteil sein, während Fieber für das geschädigte Gehirn nachteilig ist. Eine milde Hypothermie ist ein etabliertes und sicheres Verfahren bei Erwachsenen [361, 362] und Neugeborenen [363, 364, 365, 366, 367, 368]. Obwohl sie das neurologische Outcome von Kindern verbessern kann, wird die therapeutische Hypothermie nach kindlichem Kreislaufstillstand gemäß einer Beobachtungsstudie weder empfohlen noch abgelehnt [369].

Ein anhaltend komatöses Kind mit ROSC nach Atem-Kreislauf-Stillstand kann von einer Kühlung auf eine Körperkerntemperatur von 32–34°C über mindestens 24 h profitieren. Ein erfolgreich reanimiertes, hypothermes Kind mit ROSC soll nicht aktiv wiedererwärmt werden, es sei denn, die Körperkerntemperatur fällt unter 32°C. Nach einer Phase mit milder Hypothermie soll die anschließende Erwärmung langsam mit 0,25–0,5°C/h erfolgen.

Es gibt verschiedene Methoden, um bei Kindern die Körpertemperatur zu beeinflussen, zu überwachen und aufrechtzuerhalten. Für die Kühlung stehen externe und interne Techniken zur Verfügung [370, 371, 372]. Muskelzittern kann durch tiefe Sedierung und Relaxierung verhindert werden. Komplikationen wie ein erhöhtes Infektionsrisiko, kardiovaskuläre Instabilität, Gerinnungsstörungen, Hyperglykämie und Elektrolytentgleisungen sind möglich [373, 374, 375].

Die vorliegenden Leitlinien zur Kühlung von Kindern basieren auf den Erfahrungen bei der Hypothermiebehandlung von Neonaten und Erwachsenen. Die therapeutische Hypothermie bei Kindern nach einem inner- oder außerklinischen Kreislaufstillstand wird derzeit in prospektiven, randomisierten, multizentrischen Studien untersucht (http://www.clinicaltrials.gov NCT00880087 und NCT00878644).

Das Auftreten von Fieber nach einer CPR ist häufig und mit einem schlechten neurologischen Outcome verbunden [376, 377, 378], wobei das Risiko mit jedem Grad Körpertemperatur über 37°C steigt [376]. Allerdings gibt es nur wenige experimentelle Daten, die darauf hinweisen, dass die Senkung des Fiebers mit Antipyretika oder physikalischer Kühlung den neurologischen Schaden vermindern kann [379, 380]. Da jedoch die Gabe von Antipyretika und anderen üblichen Medikamenten zur Fiebersenkung sicher ist, sollen diese konsequent zur Behandlung von Fieber eingesetzt werden.

Kontrolle des Blutzuckers

Sowohl eine Hyperglykämie als auch eine Hypoglykämie können das Outcome bei kritisch kranken Erwachsenen und Kindern verschlechtern und sollen daher vermieden werden [228, 229, 230, 381, 382, 383]. Eine zu enge Einstellung des Blutzuckers kann allerdings ebenfalls zu nachteiligen Effekten führen [231, 384]. Obwohl es keine klare Evidenz für ein spezifisches Management der Blutglucosewerte von Kindern mit ROSC nach Kreislaufstillstand gibt [225, 226, 345], sollen der Blutzucker überwacht und sowohl eine Hypoglykämie als auch eine anhaltende Hyperglykämie vermieden werden.

Prognose nach einem Atem-Kreislauf-Stillstand

Obwohl verschiedene Faktoren das Outcome nach Atem-Kreislauf-Stillstand und CPR bestimmen [41, 60, 385, 386, 387, 388, 389], gibt es keine einfachen Leitlinien, die definieren, wann Wiederbelebungsbemühungen aussichtslos werden.

Nach einer 20-minütigen Reanimation soll der Leiter des Reanimationsteams prüfen, ob die Mapnahmen abgebrochen werden oder nicht [273, 390, 391, 392, 393, 394]. Relevante Überlegungen zur Entscheidungsfindung umfassen die Ursache des Atem-Kreislauf-Stillstands [60, 395], den vorbestehenden Gesundheitszustand, das Alter [41, 389], den Ort des Stillstands, ob der Kollaps beobachtet wurde [60, 394], die Dauer des unbehandelten Atem-Kreislauf-Stillstands (No-flow-Zeit), die Zahl der Adrenalingaben, den etCO2-Wert, das Vorliegen eines defibrillierbaren Herzrhythmus als primärer oder Folgerhythmus [386, 387], die Verfügbarkeit einer extrakorporalen Unterstützung für potenziell reversible Krankheitsprozesse [396, 397, 398] sowie weitere spezielle Begleitumstände (z. B. Ertrinken in eiskaltem Wasser [277, 399, 400] oder Vergiftungen).

Anwesenheit der Eltern

In einigen westlich orientierten Gesellschaften wünscht die Mehrzahl der Eltern, bei der Reanimation ihres Kindes anwesend zu sein [401, 402, 403, 404, 405, 406, 407, 408, 409, 410]. Dabei wird die Anwesenheit der Eltern wird vom medizinischen Personal üblicherweise nicht als störend [403, 411, 412, 413, 414, 415] oder Stress erhöhend wahrgenommen [401, 403, 412]. Eltern, die bei der Reanimation ihres Kindes anwesend sein wollen, glauben, dass sich ihr Beisein positiv auf ihr Kind auswirkt [401, 402, 403, 410, 414, 415, 416, 417]. Wird den Eltern erlaubt, an der Seite ihres Kindes zu bleiben, können sie leichter eine realistische Einschätzung der therapeutischen Bemühungen und des Todes ihres Kindes erlangen. Des Weiteren kann ihnen die Möglichkeit gegeben werden, von ihrem Kind Abschied zu nehmen. Familien, die beim Versterben ihres Kindes präsent sind, können sich besser damit abfinden und durchlaufen einen günstigeren Trauerprozess [402, 403, 404, 414, 415, 417, 418].

Die Anwesenheit der Eltern kann auch dem medizinischen Personal helfen, seine professionelle Haltung während der Reanimation zu bewahren und das Kind als menschliches Individuum und Mitglied einer Familie zu sehen [411]. Allerdings fühlen sich bei außerklinischen Reanimationen manche Helfer durch die Anwesenheit von Familienmitgliedern belastet und haben Bedenken, dass die Angehörigen die Reanimationsmaßnahmen behindern könnten [419]. Die wissenschaftliche Evidenz zur Anwesenheit von Eltern während einer Reanimation kommt jedoch aus ausgewählten Ländern und kann daher vermutlich nicht auf ganz Europa übertragen werden, wo es möglicherweise unterschiedliche soziokulturelle und ethische Vorstellungen gibt.

Leitlinien zur Anwesenheit von Familienmitgliedern

Ist die Anwesenheit von Angehörigen während der Reanimation erlaubt, soll sich ein bestimmtes Mitglied des Reanimationsteams den Eltern widmen. Dieses soll auf empathische Weise das Vorgehen erklären und sicherstellen, dass die Reanimation nicht durch die Eltern gestört wird. Falls die Anwesenheit der Eltern den Ablauf der Reanimation behindert, sollen sie einfühlsam aufgefordert werden, den Raum zu verlassen. Wenn es sich einrichten lässt, soll ein körperlicher Kontakt mit dem Kind ermöglicht werden, und wenn irgendmöglich, sollen die Eltern in der letzten Phase bei ihrem sterbenden Kind sein können [411, 420, 421, 422, 423].

Der Leiter des Reanimationsteams entscheidet, wann die Reanimation beendet wird. Dies soll den Eltern einfühlsam und verständnisvoll vermittelt werden. Nach dem Reanimationsereignis soll eine Teambesprechung („debriefing“) stattfinden, in dessen Rahmen eventuelle Bedenken formuliert werden können und das Team Gelegenheit hat, in geeigneter Umgebung das eigene klinische Handeln zu reflektieren.

Korrespondenzadresse der Übersetzer

PD Dr. med. Christoph B. Eich

Zentrum Anaesthesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin

Universitätsmedizin Göttingen

Robert-Koch-Str. 40

37075 Göttingen

E-Mail: ceich@med.uni-goettingen.de

Dr. med. Michael Sasse

Klinik für Pädiatrische Kardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin

Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Str. 1

30625 Hannover

E-Mail: sasse.michael@mh-hannover.de

Dr. med. Gudrun Burda

Abteilung für Pädiatrische Pulmologie, Allergologie und Endokrinologie

Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde

Medizinische Universität Wien

Währinger Gürtel 18–20

1090 Wien

Österreich

E-Mail: gudrun.burda@meduniwien.ac.at