Der Notarzt als Manager sozialer Krisen

Zusammenfassung

Rettungsdienstliche Einsätze bei psychosozialen Notlagen und allgemeinen Lebenskrisen nehmen stetig zu. Von einer psychosozialen Notlage betroffene Menschen gehören häufig gesellschaftlichen Randgruppen an. Bedingt durch unzureichendes soziales Orientierungswissen sowie mangelnde Erfahrung mit psychiatrischen Erkrankungen ist der Umgang mit diesen, oft suchtkranken, Patienten vielfach durch einen Mangel an Professionalität gekennzeichnet. Eine nachhaltige Hilfe scheitert vielfach auch an der fehlenden Vernetzung des Rettungsdienstes mit den zwar in großer Zahl existenten, jedoch meist nicht zeitgerecht verfügbaren, sozialen Diensten. Somit geraten immer häufiger die Notaufnahmen der Kliniken in die Rolle eines “Auffangbeckens” für diese Patientengruppe, ohne dass hier die Voraussetzungen für eine wirksame Intervention gegeben sind. Eine der vordringlichsten Aufgaben der Notfallmedizin muss zukünftig darin bestehen, die durch die gesellschaftlichen Bedürfnisse vorgegebene Herausforderung anzunehmen und ihre immer noch weitestgehend auf die Wiederherstellung gestörter Vitalfunktionen ausgerichteten Strukturen ihrer künftigen Bedeutung als zentraler Bestandteil eines umfassenden akutmedizinischen Netzwerkes anzupassen. Unter dieser Prämisse wird den Leitstellen ein wesentlich erweitertes Aufgabenspektrum, auch im Sinne eines “socio-medical call center”, erwachsen.

Abstract

Emergency medical services (EMS) are more and more enlisted in cases of psychiatric and psychosocial emergencies, situations less reflecting endangered somatic functions but the breakdown of social resources. Currently the management of these events is often characterized by a lack of professionalism due to poor knowledge of the social background, inadequate training in handling psychiatric emergencies, and the lack of adequate documentation tools. In addition limited on-site access to existing social services mandate that many of these patients be transported and admitted to hospitals without clear medical indication. The increasing demand for easily accessible psychosocial care as well as the dictate to provide the highest economic efficiency in times of limited financial funding clearly define the need for a far-reaching modification of the existing structures in acute psychosocial and medical care. To fulfill these requirements we strongly recommend the creation of a comprehensive socio-medical network with adequately trained emergency physicians routinely responding as a first tier in both medical and psychosocial emergencies.