Hintergrund

Zweifelsohne stellt die Behandlung der suprakondylären Humerusfraktur im Kindesalter eine erhebliche Herausforderung dar. Die Gründe dafür sind vielseitig: Meist beginnt es mit einer schlechten Bildgebung, die Röntgenbilder sind nicht in der optimalen Ebene aufgenommen oder sonst von schlechter Qualität (Abb. 1), was dann wiederum in einer falschen oder ungenügenden Beurteilung der Verletzung endet. Den Knackpunkt stellt die Behandlung selbst dar. Auch hier sind mehrere Gründe zu nennen: zum einen wenig Erfahrung in geschlossener Reposition, zum anderen ungenügende Reposition, was wiederum eine suffiziente, stabile Fixierung erschwert (elektronisches Zusatzmaterial online, ESM-Abb. 1) oder verunmöglicht. Dies führt dann wiederum zu einer möglichen Fehlstellung wie Cubitus varus (Abb. 2).

Abb. 1
figure 1

Typisches schlechtes Röntgenbild mit schlechter Bild- und Projektionsqualität. Auf den Aufnahmen a und b sind die Fragmente kaum richtig zu erkennen. (Mit freundl. Genehmigung des Autors, alle Rechte vorbehalten)

Abb. 2
figure 2

Ausgeheilte suprakondyläre Humerusfraktur mit erheblichem Cubitus varus. (Mit freundl. Genehmigung des Autors, alle Rechte vorbehalten)

Dies führt meist dazu, dass zu einer offenen Reposition übergegangen wird. Doch ist heute in der Literatur sowie erfahrungsgemäß erwiesen, dass einerseits die offene Darstellung kaum eine bessere Reposition ergibt, andererseits zu schlechteren funktionellen Ergebnissen führt [15]. Daher sollte alles unternommen werden, um eine offene Reposition zu umgehen. Dies kann einerseits durch das Erlernen der geschlossenen Reposition erreicht werden, andererseits durch das Verwenden eines „Repositionshilfsmittels“, wie es der radiale Fixateur extern darstellt, welcher gleichzeitig auch die optimale Stabilisierung garantiert.

Diagnostik

Kinder mit suprakondylären Humerusfrakturen sind schwierig zu untersuchen und noch schwieriger ist es, ein korrektes Röntgenbild anzufertigen. Dies stellt auch für das Röntgenteam eine Herausforderung dar. Nur allzu oft erhalten wird Bilder ungenügender Qualität bzw. Projektion zur Beurteilung mit dem Vermerk „erschwerte Aufnahmebedingungen“. Dabei wird oft vergessen, dass sich die Röntgenröhre kippen lässt und man den Arm nicht unter Schmerzen drehen sollte (Abb. 3 und elektronisches Zusatzmaterial online, ESM-Abb. 2).

Abb. 3
figure 3

Korrekte Positionierung des Armes in einer Gipsschiene und Schrägstellung des Röntgengerätes zur optimalen a.p.-Darstellung des Ellbogens. Dies verursacht dem Kind keine Schmerzen. (Ursprünglich publiziert in: AO Surgery Reference – Pediatric Trauma: Distal humerus [22], Copyright by AO Foundation)

Schlussendlich gehört die qualitätsgemäße, korrekte Dokumentation postoperativ auch zur Diagnostik. Wir empfehlen, wenn immer möglich noch unter Narkose ein gipsfreies, rein seitliches Röntgenbild sowie eine a.p.-Aufnahme anzufertigen (Abb. 4). Nur diese Dokumentation ermöglicht eine einwandfreie Beurteilung des Behandlungsergebnisses. Die Untersuchung in Narkose hat zudem den Vorteil, dass im Falle einer ungenügenden Reposition oder nicht optimalen Stabilisierung reagiert werden kann. Das Kind sollte keinesfalls mit einer Fehlstellung den OP verlassen.

Abb. 4
figure 4

Optimale Dokumentation mittels C‑Bogens einer ideal versorgten Fraktur. a streng seitliches Bild mit perfekter Reposition und guter K-Draht Lage, b a. p. Bild mit ebenfalls perfekter Reposition und optimaler K-Draht Lage. (Mit freundl. Genehmigung des Autors, alle Rechte vorbehalten)

Beurteilung

Wie bereits erwähnt, ist eine korrekte Röntgenuntersuchung der Schlüssel zur korrekten Beurteilung. Aufgrund dieser Beurteilung sollte auch die Entscheidung einerseits zur Art der Behandlung – konservativ oder operativ – sowie zur zu wählenden Operationstechnik gefällt werden. Heute sind wir in der glücklichen Lage, dass wir entsprechend der Morphologie der Fraktur verschiedene operative Optionen haben: die konventionelle K‑Draht-Fixierung in verschiedenen Varianten, die ESIN-Technik (ESIN, elastisch-stabile intramedulläre Marknagelung) sowie nun auch der radiale Fixateur extern.

Ein sehr wichtiger Punkt in der Beurteilung der Fraktur respektive der zu wählenden Versorgungstechnik stellt eine adäquate Klassifikation dar [17, 19]. Hier haben wir mit der neuen AO-Kinderfraktur-Klassifikation erstmals eine Klassifikation zur Verfügung, die einen Algorithmus zur Art der Behandlung vorgibt (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Algorithmus zur Klassifikation und Behandlung der suprakondylären Humerusfraktur gemäß der AO-Kinderfraktur-Klassifikation. (AO Pediatric Comprehensive Classification of Long Bone Fraktures 2007. By AO Publishing. Mit freundl. Genehmigung des Autors)

Behandlung

Eine optimale traditionelle Behandlung muss folgende Bedingungen erfüllen:

  1. 1.

    perfekte Reposition, denn nur diese ist erlaubt [3, 4, 13],

  2. 2.

    suffiziente Stabilisierung, sodass beide Fragmente optimal gefasst werden können,

  3. 3.

    normale seitengleiche Funktion und schlussendlich

  4. 4.

    seitengleiche kosmetische Situation.

Nur die im Folgenden auch dargestellt Behandlung mittels radialem Fixateur externe benötigt keine initiale Reposition und verhindert auch bei suboptimaler Reposition eine suffiziente Stabilität. Die Funktion und anatomische sowie kosmetische Stellung kann immer überprüft werden.

1. Reposition

Wir empfehlen Typ-III- und Typ-IV-Frakturen unter Narkose und in operativer Bereitschaft zur Fixierung zu reponieren. Dabei sollte bereits vor dem sterilen Abdecken, am besten direkt auf dem Durchleuchtungsgerät (elektronisches Zusatzmaterial online, ESM-Abb. 3), die Reposition durchgeführt werden. Dies hat den Vorteil, dass man einen besseren Griff und Zugang zum ganzen Arm hat und im Falle einer fehlgeschlagenen Reposition ein anderes Vorgehen wählen kann, zum Beispiel das Verwenden des radialen Fixateurs (siehe unten). Auch wäre dann noch Zeit, eventuell einen Kollegen hinzuzuziehen. Eine offene Einstellung sollte vermieden werden [2, 5].

Ist die Reposition korrekt gelungen, sollte der Arm in Hyperflexion mit ponierter Hand wie abgebildet fixiert werden. In dieser Stellung ist die Fraktur stabil. Dies erleichtert die anschließende K‑Draht-Fixierung [1, 16].

2. Stabilisierung

K-Draht-Fixierung

Die nach wie vor weit meistverbreitete Fixationsart ist die K‑Draht-Stabilisierung. Dabei können wir drei mögliche Fixationsarten unterscheiden, jede mit ihren spezifischen Vor- und Nachteilen, die es zu kennen und respektieren gilt (Abb. 6; [1, 6, 7, 9, 11]).

  1. a)

    Aufsteigende, radioulnare, gekreuzte Technik

    Diese Technik ist nach wie vor die wohl meist verbreitete und angewandte Fixationsart [7, 8]. Während die radialseitige Fixierung meist wenig Probleme bereitet, so kann doch das Einbringen ulnarseitig problematisch sein, einerseits wegen der Schwellung ist oft der Epikondylus ulnaris schwer identifizierbar, andererseits besteht die erhebliche Gefahr der Verletzung des Nervus ulnaris. Hier ist es ratsam, über eine kleine Inzision den Epikondylus darzustellen (der Nerv muss nicht unbedingt dargestellt werden), um absolut sicher zu sein, dass man Knochenkontakt hat und nicht der Nerv über den Epikondylus läuft.

    Zudem ist darauf zu achten, dass der K‑Draht den radialen resp. ulnaren Pfeiler fixiert und die Kreuzungsstelle deutlich über der Fraktur liegt (Abb. 4b).

  2. b)

    Radiale, aufsteigende, divergierende Technik

    Aufgrund der möglichen Nervus-ulnaris-Verletzung und des doch recht schwierigen Einbringens des ulnaren K‑Drahtes (der Arm muss dabei sehr stark gedreht werden mit der Gefahr des Repositionsverlustes) hat diese Technik den Vorteil, nur von radial her zu fixieren. Die Gefahr, einerseits den Nervus radialis sowie den Nervus ulnaris zu verletzen, ist äußerst gering. Andererseits muss jedoch auch darauf geachtet werden, dass trotzdem beide Pfeiler fixiert werden, was nicht ganz einfach ist (Abb. 7). Als Trick sei hier erwähnt, dass man im Gegensatz zur übliche Fixationsart, wo wir meist 1,6-mm-K-Drähte verwenden, 2,0 mm verwenden sollten. Dies erhöht die Stabilität erheblich.

  3. c)

    Radiale, gekreuzte Technik

    Diese Technik hat die gleichen Vorteile wie die oben genannte, divergierende Technik. Sie ist jedoch von der Stabilität her der divergierenden Technik überlegen. Ihr wesentlichster Nachteil ist jedoch, dass man bei Nichteinhaltung der Vorgaben den Nervus radialis verletzen kann. Die Vorgaben sind folgende: Der proximale, radiale Eintrittspunkt sollte nie höher als 2 cm über der Fraktur sein. Zudem sollte man eher von dorsaler Richtung kommen, da der Nervus radialis nach Überkreuzung des Humerus nach ventral zieht (Abb. 8).

Abb. 6
figure 6

Grafische Darstellung der drei wichtigsten K‑Draht-Versorgungen. a „traditionelle“, gekreuzt aufsteigende K‑Draht Fixation, b radial aufsteigende, divergierende Technik, c radiale gekreuzte Technik. (Mit freundl. Genehmigung des Autors, alle Rechte vorbehalten)

Abb. 7
figure 7

Intraoperative Dokumentation einer radial divergierenden, aufsteigenden Fixierung (a). Das Modell zeigt eine etwas idealere Anordnung der Drähte, die sich außerhalb der Haut kreuzen sollten (b). In gelb Verlauf des Nervus radialis, in schwarz der Verlauf des Nervus ulnaris. (Mit freundl. Genehmigung des Autors, alle Rechte vorbehalten)

Abb. 8
figure 8

Modellaufnahme einer radialseitig gekreuzten K‑Draht-Fixation. Im Modell ist klar zu sehen, dass der Eintrittspunkt nicht zu hoch gewählt werden darf, um den Nervus radialis nicht zu verletzen. (Mit freundl. Genehmigung des Autors, alle Rechte vorbehalten)

Einfluss des Rotationsfehlers auf K‑Draht-Fixierung und Stabilität.

Es gilt eine simple „Binsenwahrheit“ – nur wenn die Fragmente perfekt kongruent reponiert sind, können diese durch einen K‑Draht suffizient gefasst und fixiert werden [10, 12, 14, 20]. Jeder verbleibende Rotationsfehler (Abb. 9) verkleinert die Kontaktfläche/Auflagefläche der Fraktur, was mit einer ungenügenden Fixierung einhergeht. Als weiterer negativer Effekt kommt es durch diese Kombination zu einem progredienten Abkippen der Fraktur und dem daraus resultierenden Cubitus varus (elektronisches Zusatzmaterial online, ESM-Abb. 4).

Abb. 9
figure 9

Grafische Darstellung des Einflusses eines Rotationsfehlers auf die Stabilität und Fixierungsmöglichkeit. Man beachte, dass bei einem Drehfehler von 50° praktisch nur mehr ein punktueller Knochenkontakt besteht. (Aus Slongo [21])

Intramedulläre Fixierung mittels ESIN-Technik

Diese Fixierungsart (Abb. 10) hat viele Vorteile, jedoch auch gewisse Nachteile.

Abb. 10
figure 10

a Modelldarstellung der ESIN-Versorgung. b, c Radiologisches Beispiel mit perfekter Reposition und Ausheilung. (a Mit freundl. Genehmigung des Autors, alle Rechte vorbehalten. b, c Mit freundl. Genehmigung von Peter Schmittenbecher, alle Rechte vorbehalten)

Die Vorteile liegen in der:

  1. a)

    sehr stabilen Fixierung, welche

  2. b)

    eine gipsfreie, funktionelle Nachbehandlung erlaubt und

  3. c)

    eine anatomisch korrekte Stellung garantiert, denn nur wenn die Fraktur perfekt reponiert ist, können die Markraumschienen in die jeweiligen Pfeiler eingebracht werden.

Als Nachteile müssen erwähnt werden:

  1. a)

    lange Lernkurve,

  2. b)

    sehr aufwendig,

  3. c)

    benötigt perfekte Reposition,

  4. d)

    benötigt zweite Narkose für die ESIN-Entfernung.

Radialer Fixateur externe

Diese erstmals am XVIIth International Symposium of Pediatric Surgical Research 2004 in Liverpool vorgestellten Technik handelt es sich um ein Verfahren, das wie auch bei anderer Anwendung eines Fixateurs extern, initial keine Reposition braucht [18, 19]. Der Fixateur wird dabei in einem ersten Schritt als Repositionsinstrument verwendet und im zweitem Schritt, um eine definitive Stabilisierung zu erreichen (Abb. 11).

Abb. 11
figure 11

Modelldarstellung der Anordnung der Pins und des Antirotations-K-Drahtes beim kleinen radialen Fixateur externe. a Anordnung und Pin-Dicke für die Verwendung bei größeren/älteren Kindern, ab 8–9 Jahren, b Anordnung und Pin-Dicke für die Anwendung bei kleineren/jüngeren Kindern unter 8 Jahren. (Mit freundl. Genehmigung des Autors, alle Rechte vorbehalten)

Biomechanisches Prinzip (Abb. 12).

Auf Niveau einer typischen suprakondylären Fraktur weist der distale Humerus die Form einer liegenden 8 auf. Dabei macht die radiale Auflagefläche ca. 60–65 % aus, die ulnare entsprechend 35–40 %. Da der Fixateur radial angebracht ist, ist selbst bei einer nichtoptimalen Reposition ein guter Kontakt der Frakturflächen radialseits gegeben. Aufgrund der biomechanischen Eigenschaften eines Fixateur externe mit stabiler Verbindung Knochen – Schanz-Schraube – äußerer Rahmen ist ein Kollabieren der Fragmente, was zu einem Cubitus varus führen würde, nicht möglich. Somit ist klinisch lediglich die optimale bzw. perfekte Funktion und seitengleiche anatomische Achse entscheidend. Alle kleinen radiologischen Inkongruenzen werden durch Resorption oder Adaptation eliminiert. So könnte dieses Verfahren rein praktisch auch ohne radiologisches Monitoring angewendet werden.

Abb. 12
figure 12

Biomechanisch-anatomische Situation am distalen Humerus. Man beachte, dass durch die Anordnung des radialen Fixateurs der radiale Pfeiler immer in Knochenkontakt bleibt. Zudem ist ein nachträgliches Verkippen der Fragmente nicht möglich. a in blau ist der etwas größere, radiale Pfeiler markiert, in gelb der ulnare. (a Adaptiert nach Slongo et al. [24], b aus Slongo [21])

Die Stabilität ist die höchste aller beschrieben Verfahren und erlaubt immer eine gipsfreie Nachbehandlung.

Operationsschritte.

  1. 1.

    Lagerung (Abb. 13)

    Wir bevorzugen eine normale Rückenlagerung. Der Arm ist direkt auf der Kamera des C‑Bogens oder auf einem Handtisch gelagert.

  2. 2.

    Material/Equipment (elektronisches Zusatzmaterial online, ESM-Abb. 5)

    Je nach Alter und Größe des Kindes werden zwei Schanz-Schrauben, max. 3 mm, verwendet, bei kleineren Kindern 2,5-mm-K-Drähte mit kurzem Gewinde.

    Zwei Backen zur Fixierung der 4‑mm-Verbindungsstange, einen 1,6-mm- oder 2,0-mm-K-Draht zur Stabilisierung der Flexion/Extension des distalen Fragmentes.

    Bohrmaschine, Schraubenschlüssel.

    → Hinweis: Es kann auch ein Monotubesystem verwendet werden, doch ist dieses zur Reposition weniger geeignet.

  3. 3.

    Eintrittspunkte (Abb. 14)

    Die wichtigste Landmarke ist der proximale Eintrittspunkt, der nie mehr als 2 cm proximal der proximalen Fraktureben sein darf! Dies entspricht normalerweise der Verlängerung der Unterarmlinie. Der distale Eintrittspunkt ist, je nach Fragmentgröße, proximal oder distal (Zentrum des Capitulum) zu wählen.

  4. 4.

    Proximaler Pin (elektronisches Zusatzmaterial online, ESM-Abb. 6)

    Kurze Hautinzision auf der beschriebenen Höhe. Eingehen auf den Knochen mit stumpfem Instrument, ansetzen des Pins von ventral wegen der dreieckigen Form des Humerus, partielles Einbohren und nach sicherem Halt des Pins Aufrichten desselben rechtwinklig zur Humerusachse. Der Pin sollte die gegenüberliegende Kortikalis knapp perforieren.

  5. 5.

    Distaler Pin (elektronisches Zusatzmaterial online, ESM-Abb. 7)

    Nach Platzierung des proximalen Pins kann die Stellung des proximalen Fragmentes wiederum vernachlässigt werden.

    Durch Drehung/Manipulation des Unterarmes wird nun das distale Fragment in streng seitlicher Projektion dargestellt; je nach Fragmentgröße wird eine kleine Inzision über dem Zentrum des Capitulum oder im metaphysären Fragment gemacht. In gleicher Weise wie oben beschrieben wird nun auch der distale Pin ca. zu 2/3 der distalen Fragmentweite eingebohrt.

  6. 6.

    Frakturreposition (elektronisches Zusatzmaterial online, ESM-Abb. 8)

    Sind beide Pins sicher und korrekt platziert, kann die Fraktur direkt über Manipulation der Fragmente absolut perfekt reponiert werden. Dabei kann die Translokation, Rotation und Flexion/Extension genau eingestellt werden.

  7. 7.

    Definitive Fixation (elektronisches Zusatzmaterial online, ESM-Abb. 9)

    Ist die Fraktur zufriedenstellend reponiert, werden die Backen des Fixateurs definitiv angezogen; dennoch lässt sich durch Zug oder Druck in Längsrichtung des Unterarmes das distale Fragment um den Pin bewegen. Deshalb wird ein sog. Antirotations-K-Draht von distal eingebracht

  8. 8.

    Einstellung Flexion/Extension und einbringen des Antirotations-K-Drahtes

    Wie in Abb. 15 dargestellt, kann durch Längszug und Druck am Unterarm die Flexion des distalen Fragmentes genau anatomisch eingestellt werden. Nach dieser Fixation ist die Fraktur absolut bewegungs- und partiell belastungsstabil fixiert.

  9. 9.

    Kontrolle der Funktion und der klinischen Achse (Abb. 16)

    Aufgrund der guten Stabilität kann problemlos die Funktion und die korrekte klinische Achse (im Vergleich zur Gegenseite) eingestellt bzw. geprüft werden.

  10. 10.

    Das postoperative Bild (Abb. 17) zeigt eine perfektes Alignment der Fraktur. Eine Gipsversorgung ist obsolet, je nach Schmerzen soll sofort beweget werden.

Abb. 13
figure 13

Darstellung der beiden möglichen Armpositionierungen: auf dem Bildwandler (a), auf einem Armtisch (b). (a Aus Slongo [21], b mit freundl. Genehmigung des Autors, alle Rechte vorbehalten)

Abb. 14
figure 14

Darstellung der Pin-Eintrittsstellen. Die beiden roten Punkte markieren die üblichen Eintrittsstellen, der grüne Punkt markiert die Eintrittsstelle bei großem metaphysären Fragment. Es ist unbedingt die Distanz 2 cm bis 2,5 cm über dem proximalen Frakturende einzuhalten, um eine Verletzung des Nervus radialis sicher zu vermeiden. In der Regel entspricht diese Höhe der volaren Unterarmverlängerung. (a Mit freundl. Genehmigung des Autors, alle Rechte vorbehalten, b ursprünglich publiziert in: AO Surgery Reference – Pediatric Trauma: Distal humerus [22], Copyright by AO Foundation)

Abb. 15
figure 15

Wie in der Abbildung dargestellt kann nun durch Zug am Unterarm (a, führt zur vermehrten Flexion des distalen Fragmentes) oder Längsdruck (b, führt zur Extension des distalen Fragmentes) die Stellung optimiert werden. (Ursprünglich publiziert in: AO Surgery Reference – Pediatric Trauma: Distal humerus [22], Copyright by AO Foundation)

Abb. 16
figure 16

Ist die perfekte bzw. klinisch optimale Stellung erreicht, werden die beiden Fragmente mit einem K‑Draht hinsichtlich der Rotation gesichert. Danach wird die Funktion und Achse klinisch kontrolliert (a, b). Diese muss voll gewährleistet sein. (Aus Slongo [23], mit freundl. Genehmigung des Autors, alle Rechte vorbehalten)

Abb. 17
figure 17

Verlaufsröntgenbild bzw. Heilungsbild. Hier ist die genaue Anordnung der Pins und des Antirotationsdrahtes perfekt zu sehen. (Ursprünglich publiziert in: AO Surgery Reference – Pediatric Trauma: Distal humerus [22], Copyright by AO Foundation)

In den meisten Fällen ist das Kind zum Zeitpunkt der Metallentfernung fähig, seinen Ellbogen normal zu gebrauchen. Dies deshalb, da im Gegensatz zum distalen Femur keine Faszie fixiert wird, welche die Bewegung behindert oder gar blockiert (elektronisches Zusatzmaterial online, ESM-Abb. 10).

Indikationen für den Einsatz des radialen Fixateur externe:

  • nichtreponierbare Frakturen,

  • eine stabile Fixierung kann nicht konventionell erreicht werden,

  • Frakturen vom Flexionstyp,

  • vaskuläre Probleme wie „pink pulseless hand“,

  • Nervenverletzung,

  • schwerwiegende Schwellung,

  • vernachlässigte Frakturen bis 14 Tage nach Unfall,

  • sekundäre Intervention/Remanipulation nach vorangegangener insuffizienter/fehlgeschlagener Reposition oder Fixation.

Fazit für die Praxis

  • Da die suprakondyläre Humerusfraktur im Kindesalter häufig ist, sollte diese flächendeckend korrekt versorgt werden können. Da jedoch die individuelle Erfahrung oft fehlt, sehen wir leider immer wieder problematisch versorgte Frakturen.

  • Mit gewissen erlernbaren Tricks sowie vor allem mit dem Einsatz eines kleinen radialen Fixateur externe, sollte in schwierigen Fällen diese Problematik umgangen werden können. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass eine offene Einstellung keine besseren Ergebnisse ergibt. Daher sollte, bevor über ein offenes Vorgehen nachgedacht wird, der Einsatz des Fixateurs in Erwägung gezogen werden.