Schwerverletztenversorgung in Deutschland

Im Jahr 2009 ereigneten sich in der Bundesrepublik Deutschland 8,1 Mio. Unfälle. Berechnungen zufolge erleiden von diesen Verunfallten jährlich etwa 33.000 bis 38.000 Patienten ein Polytrauma mit einem ISS>15 (ISS: „injury severity score“; [3, 10, 13, 14]). Dazu ist eine vergleichbar hohe Zahl an Patienten anzunehmen, die zwar leichter verletzt sind (ISS ≤ 15), jedoch zunächst aufgrund des Unfallmechanismus oder einer vorübergehenden Störung der Vitalparameter über den Schockraum einer Klinik aufgenommen und behandelt werden müssen.

Einerseits genießen die präklinische und klinische Schwerverletztenversorgung unseres Landes aufgrund des intensiven Engagements aller beteiligten medizinischen Disziplinen und der Rettungsdienste national und international einen vorzüglichen Ruf, andererseits wurde durch einzelne, in der Öffentlichkeit intensiv diskutierte Fälle sowie verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen deutlich, dass die Qualität der Schwerverletztenversorgung in Deutschland sehr inhomogen ist [1, 13]. Aus den Daten des statistischen Bundesamtes beispielsweise geht hervor, dass die Rate an tödlichen Verkehrsunfällen in den einzelnen Bundesländern stark variiert. Danach beträgt die Letalität bei Verkehrsunfällen mit Personenschaden in Brandenburg 2,0% gegenüber 0,9% in Nordrhein-Westfalen. In den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg beträgt sie nur 0,3–0,4% [22]. Des Weiteren können anhand der Daten des Traumaregisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU; TraumaRegister DGU®) deutliche Unterschiede in den Letalitätsraten nach schwerem Trauma in den teilnehmenden Krankenhäusern aufgezeigt werden [7].

Im Wesentlichen können 2 Hauptursachen für diese Qualitätsunterschiede verantwortlich gemacht werden:

  • geografische und infrastrukturelle Unterschiede zwischen den Bundesländern und Regionen sowie

  • differierende Behandlungskonzepte und interne Ausstattungen der einzelnen an der Schwerverletztenversorgung beteiligten Krankenhäuser.

Versorgungsfläche pro Krankenhaus

Sie variiert zwischen den einzelnen Bundesländern erheblich. Sie beträgt z. B. für ein Krankenhaus in Mecklenburg-Vorpommern 4634 km2 und in Nordrhein-Westfalen 541 km2. Vergleichbar hohe Unterschiede finden sich für die Versorgungsfläche pro Rettungshubschrauber und für die Strecke an überörtlichen Straßen pro Fläche des Bundeslandes [13].

Ausstattung der Krankenhäuser

Bedingt durch unterschiedliche Versorgungsstufen variieren die Organisation sowie die personelle und strukturelle Ausstattung der an der Schwerverletztenversorgung beteiligten Krankenhäuser erheblich. In einer Umfrage an 51 Kliniken, die am TraumaRegister DGU® teilnehmen, konnte aufgezeigt werden, dass in 14% der Krankenhäuser keine radiologische Diagnostik und in 23% keine Ultraschalldiagnostik im Schockraum möglich ist [1]. Diese Unterschiede können bei der Behandlung Schwerverletzter zu bedeutenden Differenzen der Behandlungsergebnisse führen.

Biewener et al. [2] führten in der Region um Dresden eine Analyse zur Qualität der Schwerverletztenversorgung in Abhängigkeit von der Versorgungsstufe des definitiven Zielkrankenhauses durch. Hierbei zeigte sich ein signifikanter Anstieg der Letalität nach schwerem Trauma (41% vs. 16% bei gleicher Verletzungsschwere) für Patienten, die ausschließlich in einem Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung behandelt wurden. Aber auch in universitären Traumazentren lassen sich Abweichungen in der Behandlungsqualität mit Einfluss auf die Letalität nach schwerem Trauma nachweisen. Dies konnte sowohl im Rahmen interner Qualitätsmanagementsysteme als auch in einer externen Qualitätskontrolle nachgewiesen werden [17, 18].

Um dauerhaft eine ausgewogene flächendeckende Versorgung schwerverletzter Patienten auf einem möglichst hohen Niveau in unserem Land zu gewährleisten, wurde 2006 die Traumanetzwerkinitiative der DGU (TraumaNetzwerk DGU®) ins Leben gerufen.

TraumaNetzwerk DGU®

Die Prognose eines schwerverletzten Patienten hängt entscheidend von der möglichst zeitnahen adäquaten und prioritätengerechten Versorgung seiner Verletzungen ab. Diesbezüglich ist der möglichst schnelle Transport in ein Krankenhaus mit entsprechender struktureller und personeller Kompetenz von überragender Bedeutung.

Analysen aus den Vereinigten Staaten zur Qualität der klinischen Versorgung schwerverletzter Patienten konnten zeigen, dass durch die Einführung regionaler Traumasysteme die Rate vermeidbarer Todesfälle bei der Behandlung schwerverletzter Patienten um 50% reduziert werden konnte [4, 5, 16, 20, 21, 23]. Dabei konnte die Letalität nach schwerem Trauma um 15–20% verringert werden [10, 11, 12, 19, 21, 23].

Die Bundesrepublik Deutschland verfügt numerisch über ausreichend viele überregionale Traumazentren, um eine fachgerechte Behandlung aller etwa 35.000 Schwerverletzten auf höchstem Niveau zu gewährleisten. Das hieße, dass jede dieser Kliniken jährlich zwischen 300 und 400 Schwerverletzte behandeln müsste. Dem stehen in der Realität u. a. folgende Gründe entgegen:

  • Wie aus der Karte des TraumaNetzwerk DGU® ersichtlich ist (Abb. 1), sind überregionale Traumazentren (TZ) naturgemäß sehr inhomogen verteilt, sodass Anfahrtswege via Landweg – in Abhängigkeit der Lage der Unfallstelle – oft in Notsituationen nicht in Frage kommen.

  • Der über weitere Entfernungen mögliche Transport mittels Rettungshubschrauber ist per Gesetzeslage und aus technischen Gründen – von gewissen Ausnahmen abgesehen – nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang erlaubt bzw. möglich. Darüber hinaus erfordern bestimmte Verletzungsmuster notfallmäßige und zeitkritische Interventionen, die keinen Lufttransport erlauben.

  • Bei einer durchschnittlichen Intensivbehandlungsdauer eines Schwerverletzten von etwa 14 Tagen [7] müssten allein für 300 Patienten pro Jahr etwa 9 bis 12 Intensivbetten pro Einrichtung vorgehalten werden. Dies ist aus betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Gründen für die meisten Kliniken nicht zu gewährleisten.

Aus diesen Gründen wurde durch die Initiative TraumaNetzwerk DGU® ein Organisationskonzept für eine qualitätsgesicherte flächendeckende Versorgung von Schwerverletzten unter Einbindung von Kliniken aller Versorgungsstufen erarbeitet.

Abb. 1
figure 1

Deutschlandkarte mit zertifizierten und auditierten Kliniken (Stand 02/2012, Quelle s. Infobox 1), rote, blaue und grüne Kreise zertifizierte Traumazentren, rosa, hellblaue und hellgrüne Kreise auditierte Traumazentren, rot/rosa überregional, blau/hellblau regional, grün/hellgrün lokal

Konzept des TraumaNetzwerk DGU®

Die Etablierung der Traumanetzwerke basiert auf einer Kombination zwischen einem Top-down- und einem Bottom-up-Ansatz

Top down

Für die Kliniken (Traumazentren) und deren Interaktion in einem Traumanetzwerk wurden im Weißbuch Schwerverletztenversorgung der DGU [6] einheitliche strukturelle und organisatorische Vorgaben definiert. Deren Umsetzung in den einzelnen Traumanetzwerken wird dabei zentral durch einen Zertifizierungsprozess mit lokaler Überprüfung der Krankenhäuser (Audit) gesteuert.

Bottom up

Die Teilnahme am TraumaNetzwerk DGU® ist freiwillig. Interessierte Kliniken haben die Möglichkeit, selbst die bevorzugte Versorgungsstufe zu wählen. Die endgültige Einstufung hängt jedoch davon ab, inwieweit die Klinik die Vorgaben des Weißbuchs [6] erfüllen kann.

Um bestehende Kooperationen zwischen den Kliniken in das Traumanetzwerk zu integrieren, wurde den Sprechern eines Traumanetzwerks zunächst freigestellt, dessen Größe und die Anzahl der beteiligten Kliniken selbst zu bestimmen. Durch den Arbeitskreis Umsetzung Weißbuch/Traumanetzwerk in der DGU (AKUT, s. unten) wurde überprüft, ob tatsächlich auch alle an der Schwerverletztenversorgung beteiligten Kliniken in der betreffenden Region mit eingebunden wurden, und gleichzeitig darauf geachtet, dass das Traumanetzwerk nicht zu groß bzw. klein gestaltet war.

Für die Netzwerkabstimmung innerhalb eines Bundeslandes wurde zusätzlich die Position des Bundeslandmoderators geschaffen, der die flächendeckende Umsetzung der Traumanetzwerke in einem Bundesland mit den Sprechern koordiniert.

Inhalte eines Traumanetzwerks

Die strukturellen, personellen und organisatorischen Mindestvoraussetzungen und Qualitätsstandards der mit der Schwerverletztenversorgung betrauten Kliniken und eines regionalen Traumanetzwerks wurden im Weißbuch Schwerverletztenversorgung veröffentlicht [6].

Die Struktur der Traumanetzwerke basiert auf der Einteilung der teilnehmenden Kliniken in 3 Versorgungsstufen:

  • überregionales Traumazentrum,

  • regionales Traumazentrum und

  • lokales Traumazentrum.

Durch die Initiierung von regionalen Traumanetzwerkstrukturen zwischen den Traumazentren soll sichergestellt werden, dass jeder schwerverletzte Patient innerhalb von 30 min vom Unfallort in den Schockraum einer geeigneten, d. h. für die Behandlung des individuellen Verletzungsmusters vorbereiteten und ausgestatteten Einrichtung, transportiert werden kann.

Die wichtigsten Ziele eines regionalen TraumaNetzwerk DGU® sind:

  • Erhalt und Verbesserung der flächendeckenden Versorgungsqualität von Schwerverletzten durch verbesserte Kommunikation, abgestimmte Versorgungsstandards und qualitätsgestützte Kooperation,

  • Steigerung der Effizienz durch Nutzung vorhandener Ressourcen und bestehender Kooperationen zwischen den Kliniken,

  • Nutzung von Möglichkeiten zur Einrichtung eines Verbundsystems zur Fort- und Weiterbildung und

  • Nutzung von Möglichkeiten zur interklinischen Regelung einer aufwandsadaptierten Erlösaufteilung im DRG-System (DRG: „diagnosis related groups“).

Wesentliche Bestandteile eines regionalen TraumaNetzwerk DGU® sind:

  • definierte Kriterien zur Aufnahme eines Patienten vom Unfallort in ein Traumazentrum [9],

  • Einführung einheitlicher personeller, struktureller und organisatorischer Voraussetzungen (z. B. Schockraumausstattung) entsprechend dem Weißbuch [6],

  • Formulierung von standardisierten Behandlungsabläufen und Verlegungskriterien für die Frühphase der Schwerverletztenversorgung auf Basis der evidenzbasierten Leitlinien der DGU, insbesondere der aktuellen S3-Leitlinie Schwerverletztenversorgung der DGU ([8], Infobox 1),

  • Ärztliche Qualifizierung durch verpflichtende Teilnahme an speziellen Ausbildungsprogrammen [z. B. ATLS® („advanced trauma life support“); [2, 20], Infobox 1],

  • Teilnahme an internen und externen qualitätssichernden Maßnahmen und Erfassung der aktuellen Versorgungszahlen und -abläufe auf Basis des TraumaRegister DGU® (Infobox 1) und weiterer Programme [z. B. Evaluierung notärztlicher präklinischer Tätigkeit; BAND (Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands)],

  • Einrichtung von präklinischen und klinischen Telekommunikationssystemen, die es den Rettungsdiensten und den teilnehmenden Kliniken ermöglichen, bereits an der Unfallstelle oder in der Notaufnahme wesentliche Befunde zu übermitteln, um die notwendigen Maßnahmen z. B. für Interventionen ohne Zeitverzögerung einleiten zu können.

Zur Umsetzung der Anforderungen des Weißbuchs [6] wurde im November 2006 der Arbeitskreis Umsetzung Weißbuch/Traumanetzwerk in der DGU (AKUT; Infobox 1) gegründet, dem ausgewiesene Experten aus Unfallchirurgie, Qualitätssicherung und Zertifizierung angehören.

Daneben beschäftigt sich der Arbeitskreis mit Fragen der Evaluierung sowie der wissenschaftlichen und technischen Weiterentwicklung des Traumanetzwerkkonzepts.

Qualitätsmanagement

Die Datenerfassung im TraumaRegister DGU® ist für alle am TraumaNetzwerk DGU® teilnehmenden Kliniken verpflichtend. Die Entscheidung über die Teilnahme am ursprünglichen Register oder der auf 40 Variablen gekürzten Version bleibt der einzelnen Klinik überlassen.

Über einen Onlinekurzbericht ist es möglich, die Statistik der eigenen Fälle mit denen des eigenen Netzwerks insgesamt und allen am Register teilnehmenden Kliniken zu vergleichen. Die umfassende Datenerhebung im TraumaRegister DGU® hat nicht nur den Vorteil, dass sich für die einzelne Klinik Problembereiche schneller und gezielter identifizieren lassen, sondern auch, dass die Daten wissenschaftlich analysiert werden können.

Innerhalb der DGU wird sich der Arbeitskreis Versorgungsforschung (Leiter PD Dr. C.A. Kühne) der Sektion Notfall-, Intensivmedizin und Schwerverletztenversorgung (NIS) mit den Daten des TraumaNetzwerk DGU® befassen, um herauszufinden, welchen Einfluss die Gründung von Netzwerken auf die Schwerverletztenversorgung hat. Anhand der bislang erfassten Daten lässt sich bereits ersehen, dass sich die Weiterverlegungsrate von lokalen Traumazentren in Zentren höherer Versorgungsstufe von durchschnittlich 14% (2002–2008) auf 21% (2009) erhöhte; die Weiterverlegungsrate aus regionalen in überregionale Traumazentren stieg von durchschnittlich 5% (2002–2008) auf 9% (2009).

Des Weiteren soll die Qualität der Schwerverletztenversorgung in einem Netzwerk durch regelmäßige Treffen im Rahmen eines Qualitätszirkels, der sich aus verantwortlichen Ärzten der beteiligten Kliniken und führenden Mitarbeitern der Rettungsdienste bzw. Rettungsleitstellen zusammensetzt, überprüft werden.

Ergebnisse

Angemeldete Kliniken

Anfang 2012 sind mit 881 Kliniken nahezu alle in Deutschland an der Polytraumaversorgung beteiligten Häuser registriert und in 50 regionalen Traumanetzwerken organisiert, von denen bereits 29 vollständig zertifiziert sind (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Zertifizierte Traumanetzwerke (farbige Flächen, Stand 02/2012, Quelle s. Infobox 1), rote, blaue und grüne Kreise zertifizierte Traumazentren, rosa, hellblaue und hellgrüne Kreise auditierte Traumazentren, rot/rosa überregional, blau/hellblau regional, grün/hellgrün lokal

Auditierte Kliniken und Maßnahmen vor dem Audit

Deutschlandweit konnten bislang 541 Kliniken mit positivem Ergebnis auditiert werden (Abb. 1, Stand 31.01.2012). Im Rahmen der Auditierung werden die Veränderungen erfasst, die von der betreffenden Klinik mit dem Ziel der Zertifizierung durchgeführt wurden. Dabei zeigte sich, dass von Kliniken häufig relevante strukturelle und personelle Veränderungen eingeführt wurden, um erfolgreich zertifiziert zu werden [15]. Im Vordergrund standen dabei die organisatorischen (43,6%) vor den personellen (24,3%) und strukturellen Änderungen (17,3%). Wie z. B. aus Abb. 3 ersichtlich, stieg die Anzahl der in ATLS® ausgebildeten Ärzte erheblich an, im Jahr 2011 waren dies entsprechend der Anmeldungen mehr als 1200.

Abb. 3
figure 3

Anzahl der jährlich in ATLS® (ATLS: „advanced trauma life support“) geschulten Ärzte bundesweit, Stern Schätzung

Maßnahmen bis zur Zertifizierung

Laut einer Zwischenauswertung der erfolgreich zertifizierten Traumanetzwerke im Mai 2011 beträgt die Dauer zwischen der Anmeldung und der Zertifizierung 36 Monate (19 bis 52 Monate). Zur Gestaltung eines Traumanetzwerks wurden im Schnitt bis zur Zertifizierung 7 (4 bis 14) Treffen durchgeführt.

Die Etablierung dieser Netzwerke war von 5 (1 bis 13) Fortbildungsveranstaltungen mit durchschnittlich 76 (16 bis 250) Teilnehmern begleitet.

In den zertifizierten Traumanetzwerken erreichten 81% der ursprünglich angemeldeten Kliniken die Zertifizierung als ein Traumazentrum in einer der 3 Stufen. Etwa 1/5 der Kliniken (19%) wurden nicht zertifiziert.

Durchschnittlich bestand ein Netzwerk aus 15 (5 bis 27) Kliniken mit 2 (0 bis 6) überregionalen, 5 (1 bis 9) regionalen und 8 (2 bis 14) lokalen Traumazentren.

Rehabilitation im TraumaNetzwerk DGU®

Da bislang wenig über die weitere Behandlung Schwerverletzter nach der initialen Versorgungsphase bekannt ist, wurde das Projekt Rehabilitation im Traumanetzwerk initiiert. Hierbei soll analog dem TraumaNetzwerk DGU® eine Verbesserung der rehabilitativen Versorgung erreicht werden, indem zunächst

  • eine Erfassung der aktuellen Versorgungslandschaft,

  • die Auswertung eines Fragebogens zum Thema Rehabilitation nach Polytrauma und

  • die Nachuntersuchung eines entsprechenden Patientenkollektivs mit Schwerpunkt auf Rehabilitation, Arbeitsfähigkeit und QoL („quality of life“)

stattfinden.

Ausblick

Entsprechend der aktuellen Anmeldung für Zertifizierungen in Netzwerken mit fast vollständiger Rate an auditierten Kliniken ist davon auszugehen, dass im Jahr 2012 alle am TraumaNetzwerk DGU® teilnehmenden Kliniken Deutschlands zertifiziert sein werden.

Des Weiteren wird der Prozess der Rezertifizierung beginnen. Entgegen dem ersten Audit wird hierbei auch die Zahl der im TraumaRegister DGU® erfassten Fälle als ein weiteres Kriterium zur Beurteilung des Status eines Traumazentrums herangezogen werden. Für regionale Traumazentren wird dabei eine Mindestzahl von 20 und für überregionale Traumazentren eine Zahl von 40 schwerverletzten Patienten gefordert werden.

Aufgrund der Erfahrungen im Prozess der Netzwerkentwicklung sowie der Erkenntnisse in der Traumaversorgung wird 2012 eine erste revidierte Version des Weißbuchs Schwerverletztenversorgung [6] publiziert werden.

Fazit für die Praxis

Numerisch gesehen verfügt die Bundesrepublik Deutschland über ausreichend Krankenhäuser zur Behandlung Schwer- und Schwerstverletzter. Große Gebiete sind jedoch weit entfernt von einem infrastrukturellen qualitätsgesicherten Versorgungsprofil. Eine kompetente qualitätsorientierte Versorgung kann aber nicht alleine durch hierfür personell und strukturell adäquat ausgerüstete Krankenhäuser der Maximal- und Schwerpunktversorgung erreicht werden. Daher ist es wichtig, Einrichtungen der chirurgischen Basisversorgung – ggf. unter Anpassung der infrastrukturellen Bedingungen – in die Versorgungskette einzubinden.

Ziel der Einrichtung von regionalen Traumanetzwerken ist es, jedem Schwerverletzten durch definierte und überprüfte organisatorische, personelle und strukturelle Standards von Kliniken und Netzwerken eine kompetente, interdisziplinäre und qualitätsgesicherte Versorgung auch außerhalb von Ballungszentren zu ermöglichen.

Die bisherige Entwicklung zeigt eine sehr gute Akzeptanz des Traumanetzwerkkonzepts mit einer Einbindung aller an der Schwerverletztenversorgung beteiligten Kliniken in Deutschland.