Die Vertebroplastie entspricht dem Auffüllen von Defekten eines Wirbelkörpers nach Fraktur, pathologischer Fraktur oder im Sinne der Defektauffüllung nach Tumorausräumung. In den 80er Jahren wurde dieses Verfahren durch Daniaux etabliert, der bei dorsaler Instrumentation von Berstungsfrakturen den Wirbelkörper transpedikulär mit autologer Spongiosa auffüllte. Das Verfahren der Kyphoplastie ist erst seit wenigen Jahren bekannt und wird vornehmlich bei osteoporotischer Fraktur des alten Menschen angewandt. Dabei wird der in sich kollabierte Wirbelkörper vorzugsweise transpedikulär über ein eingeführtes Ballonsystem aufgerichtet, somit die Kyphose beseitigt und anschließend der Defekt mit PMMA-Knochenzement aufgefüllt.

Zum heutigen Stand der Technik wird berichtet, dass letzteres Verfahren in der Hand eines erfahrenen Operateurs nur eine sehr geringe Komplikationsrate aufweist, dem alten Menschen eine sehr rasche Schmerzlinderung verschaffe und eine frühe Mobilisation erlaube. Nach einer größeren Fallstudie (n=2,194) zeigte sich bei der Vertebroplastie eine Lechage von 30%, bei der Kyphoplastie von 10%. Eine ernsthafte Komplikation mit Paraparese (n=2) und letaler Embolisation bei Verwendung von PMMA-Zement (n=1) sind nur im Promille-Bereich beobachtbar.

Im Rahmen der Zementoptimierung wird versucht, statt PMMA-Zement, der 30–40 Vol.-% Röntgenkontrastmittel benötigt, heute zunehmend mehr Kalziumphosphat mit einem geringeren spezifischen Gewicht zu verwenden, wenngleich das Kalziumphosphat mit 55 MPa eine geringere axiale Belastbarkeit als das PMMA mit 95 MPa aufweist. Die präliminären Ergebnisse einer experimentellen Studie am Schaf zeigen, dass es jedoch zu Auswaschphänomenen bei Verwendung von Kalziumphosphat kommt, sodass daran gearbeitet wird, die geringeren Scher- und Zugbelastbarkeiten von Kalziumphosphat durch Faserverstärkung mit Aramid, Karbon oder Bioglas zu verstärken. Durch zusätzliche osteoinduktive Substanzen wie BMP soll außerdem ein rascheres Einheilen der Knochenersatzsubstanz gewährleistet werden. Die vorläufigen Ergebnisse in einer Random-Studie, die 60 Patienten umfasst und ein Follow-up bis zu 2 Jahren vorsieht, zeigen, dass bei einer bisher kontrollierten n-Zahl von 22 Patienten 10 von 19 unmittelbar nach dem Eingriff signifikant weniger Schmerzen haben, die Grunddeckplattenaufrichtung mindestens 5° beträgt und nur 3 von 18 Patienten einen Korrekturverlust bei Verwendung von Kalziumphosphat erkennen lassen. Eine Extravasation nach epidural konnte in immerhin 4 Fällen bei Verwendung von PMMA nach epidural gesehen werden, ohne dass es zu neurologischen Störungen kam. Eine Extravasation unter Verwendung von Kalziumphosphat konnte ausschließlich extrakorporal beobachtet werden. Die Vorteile bei Verwendung von Kalziumphosphat können v. a. in der fehlenden thermischen Schädigung gesehen werden, die Nachteile derzeit v. a. im nachweisbaren Auswascheffekt.

Zur Frakturversorgung nichtpathologischer Frakturen wird allgemein zur Literatur verwiesen, dass bei ausschließlicher dorsaler Instrumentation von zahlreichen Autoren ein Korrekturverlust zwischen 3,7–10,1° nach Implantatentfernung angegeben wird. Auch eine nachweisbare Spongiosaresorption ist in bis zu 41% der Fälle bekannt. Neu ist, dass PMMA-Zement im Sinne der Vertebroplastie neuerdings auch bei A3.3-Frakturen eingesetzt wird, um eine primäre Stabilität zu erreichen, da bei Verwendung von den bisherigen Kalziumphosphaten durch die verminderten Zug- und Scherbelastbarkeiten mit einer raschen Fragmentierung zu rechnen ist.

In der Diskussion wird deutlich, dass aus dem gesamten Auditorium nur 5–6 diese neue Option der Kyphoplastie bei osteoporotischer Fraktur ihren Patienten anbieten. Dies mag daran liegen, dass

  1. 1.

    insgesamt noch relativ wenig Erfahrung mit dieser Methodik besteht,

  2. 2.

    die möglichen Komplikationsraten nicht von der Hand zu weisen,

  3. 3.

    die Kosten enorm sind, sodass dieses Verfahren zur Minimierung der Risiken und Optimierung der Knochenzemente an wenigen Zentren weiterentwickelt werden sollte.

Unerwähnt bleibt, dass diese Verfahren nicht nur von Chirurgen, Unfallchirurgen, Orthopäden und Neurochirurgen angewandt wird, sondern vorzugsweise auch von Radiologen, die vor allem CT-gestützt vorgehen. Ein großes Interesse scheint von Seiten der Industrie zu bestehen, die international mit Verfahren der Kyphoplastie auf den Markt drängt. Wünschenswert wäre die Entwicklung eines resorbierbaren Ballons, der eine Extravasation verhindert und einen primär stabilen, rasch einheilenden und sich integrierenden Knochenzement enthält, der ähnliche biomechanische Eigenschaften wie die natürliche Spongiosa des Wirbelkörpers aufweist.