Die Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus sollte an einem diabetologisch spezialisierten pädiatrischen Zentrum erfolgen [1, 2]. In einem solchen Zentrum soll ein Kinderdiabetologe (Kinderfacharzt mit Spezialisierung in pädiatrischer Diabetologie und Endokrinologie) im Rahmen eines multidisziplinären Teams (Diabetesberater, Diätologe, Psychologe sowie Sozialarbeiter) tätig sein.

Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus, die nicht an einem diabetologisch spezialisierten Zentren betreut werden können, zeigen ein höheres Risiko für die Entwicklung von diabetischen Komplikationen [1, 2]. Aufgrund dieser Datenlage muss es das Ziel der Arbeitsgruppe Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie Österreich (APEDÖ) sein, für alle Kinder und Jugendlichen mit Diabetes in Österreich eine Betreuung in ausgewiesenen Zentren durch spezialisierte Teams mit Fachärzten für pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie zu etablieren. Vernetzungen innerhalb der verschiedenen Betreuungsebenen sind wünschenswert. Der inhaltliche und patientenbezogene Austausch zwischen den multidisziplinären Teams (Tab. 1) sowohl bei stationären als auch bei ambulanten Patienten ist unbedingt notwendig und einzufordern. Zusätzlich ist eine Vernetzung und Schulung mit/von externen Teams (Kindergarten, Schule, Sozialarbeit, mobile Pflege) essenziell in der Betreuung.

Die zunehmende Technologisierung in der Diabetestherapie hat in den letzten Jahren zu einer Verbesserung der metabolischen Einstellung geführt [3]. Diese Diabetestechnologie ist deutlich komplexer, sehr zeitintensiv und benötigt für eine erfolgreiche Betreuung noch mehr Personalressourcen. Zusätzlich erfordert dies eine kontinuierliche Weiterbildung der Mitglieder des Schulungsteams, die gewährleistet sein muss.

Tab. 1 Personalbedarf: empfohlener Personalschlüssel für die Betreuung von je 100 Patienten mit Diabetes mellitus laut den Empfehlungen der International Society of Pediatric and Adolescent Diabetes (ISPAD), der deutschen Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Diabetologie (AGPD), sowie der SWEET-Initiative [1, 2, 4]. Das beinhaltet die vollzeitliche Betreuung (100 % bei Vollzeitanstellung) von Diabetespatienten anhand dieses Personalschlüssels

Für eine adäquate Versorgung der Kinder und Jugendlichen mit Diabetes mellitus in Österreich sollte der international empfohlene Personalschlüssel (Tab. 1) an österreichischen Zentren dringend umgesetzt werden.

Die International Society of Pediatric and Adolescent Diabetes (ISPAD) sieht folgenden Versorgungsauftrag der Diabeteszentren vor [1]:

  • Ambulante und stationäre Diabetesversorgung inklusive Behandlung assoziierter Erkrankungen

  • Ausführliche Diabetesschulung von Patienten, Familien und Betreuungspersonen, inklusive Insulintherapien, praktischer Schulung (Blutzuckermessung, Pen, Insulinpumpe, Glukosesensor etc.)

  • Ernährungsschulung durch Diätologen, insbesondere für die Berechnung der Kohlenhydrate

  • Beratung von Patienten und Betreuungspersonen im täglichen Diabetesmanagement, inklusive Hypoglykämie, Sport, Krankheit, Reisen und Sondersituationen

  • Folgeschulungen entsprechend dem Alter und der Reife des Kindes zur Vorbereitung auf entwicklungsentsprechende Ziele und Lebensereignisse (inklusive Verhütung, Fahrsicherheit, Alkohol, Rauchen und andere Substanzen sowie Risikoverhalten)

  • Vorstellung von neuen Therapiekonzepten und Technologien anhand aktueller Entwicklungen

  • Beratung bezüglich außerhäuslicher Betreuung (Kindergarten, Schule, Camps)

  • Screening nach Komorbiditäten, Komplikationen und dem Risiko für Komplikationen

  • Notfalltelefon oder 24-Stunden-Hotline für Patienten bzw. Familien

  • Psychosoziale Unterstützung für alle Patienten und Familien

  • Besondere Beachtung und Betreuung (inklusive psychosozialer Evaluation und Unterstützung) bei Hochrisikokindern, die aufgrund von suboptimaler metabolischer Kontrolle gefährdet sind, akute und/oder chronische Komplikationen zu erleiden

  • Beratung und Unterstützung für Ärzte/Health Care Professionals, die Diabetespatienten betreuen und keinen direkten Zugang zu einem Diabetesteam haben

  • Empfehlung, Impfungen termingerecht laut den gültigen Richtlinien und zusätzlich eine jährliche Influenzaimpfung durchführen zu lassen

Eine qualifizierte und altersgerechte Betreuung beinhaltet neben dem Bemühen um eine möglichst optimale Stoffwechseleinstellung auch die Unterstützung von Patienten und Familie bei der Integration dieser chronischen Erkrankung in den Alltag. Das schließt auch Hilfestellungen bei psychosozialen Problemen ein, wobei hier das multidisziplinäre Team Therapiekonzepte gemeinsam mit der Familie erstellt [1, 2].

Zur Beurteilung der metabolischen Einstellung sind zumindest 3‑monatliche Kontrollen mit Evaluation des Diabetesmanagements, HbA1c-Messung, der Überprüfung des Wachstums (Gewichts‑, Längen- und Body-Mass-Index-Messung), der Entwicklung (inklusive körperlicher Untersuchung und Pubertätsstatus), Überwachung des Blutdrucks und Überprüfung der Stichstellen empfohlen [1]. Zwischen den Routinebesuchen sollte eine Kommunikation z. B. über Telefon oder E‑Mail ermöglicht werden, um z. B. die Insulindosis anzupassen. Einmal jährlich ist eine Überprüfung der Diabetesschulungsinhalte (inklusive Kohlenhydratberechnung, Selbstmanagement), die Erfassung möglicher psychosozialer Bedürfnisse und das Screening nach Langzeitkomplikationen und Komorbiditäten empfohlen [1, 2].

Ein zentraler Teil der Diabetesbetreuung ist eine strukturierte Diabetesschulung. Diese sollte durch ein qualifiziertes Diabetesteam bei Neumanifestation durchgeführt und im Verlauf der Erkrankung regelmäßig wiederholt werden (Folgeschulungen). Schulungswiederholungen sind vor allem bei Kindern, die in jungen Jahren an Diabetes erkranken, einzufordern, um sicherzustellen, dass nicht nur Eltern und Betreuungspersonen, sondern auch die Kinder selbst regelmäßige strukturierte und altersgerechte Diabetesschulungen erhalten.

Im Sinn der Verlaufsdokumentation und Qualitätssicherung sollte die Dokumentation mittels standardisierter Bögen elektronisch erfolgen (z. B. Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation, DPV), um Parameter wie Wachstum, Pubertätsentwicklung, Laborwerte (vor allem HbA1c), Zusatzerkrankungen und Komplikationen zu dokumentieren. Das DPV-Benchmarking hat gezeigt, dass eine kontinuierliche Verbesserung der metabolischen Kontrolle möglich ist [5]. Die APEDÖ empfiehlt ausdrücklich die Teilnahme am DPV, um im Sinn der Qualitätssicherung eine standardisierte Diabetestherapie für Kinder und Jugendliche in Österreich sicherstellen zu können. Aktuell sind rund 80 % der Kinder- und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes in Österreich im DPV erfasst.

Eine geplante, strukturierte Übergabe der Betreuung von jungen Erwachsenen von einem pädiatrischen an ein internistisches Diabeteszentrum ist empfohlen, wobei das Transitionsalter je nach individuellen bzw. lokalen Gegebenheiten variieren kann [1].