Zusammenfassung.
Der Meraner Reform wird die Einführung der Funktionenlehre und der Differential- und Integralrechnung in den höheren Mathematikunterricht zugeschrieben, und damit eine tiefgreifende Auswirkung auf die gymnasialen Curricula im 20. Jahrhundert. Von diesem Standpunkt sieht es so aus, als seien die Ideen der Reformer um Felix Klein seit Beginn des 20. Jahrhunderts inzwischen erfolgreich in die Schulpraxis eingeflossen. Der Funktionsbegriff steht im Zentrum der Sekundarstufe I, und der Analysisunterricht ist heute wesentlicher Bestandteil der Oberstufenmathematik.
Mißt man den Erfolg der Meraner Reform jedoch an deren ursprünglichem Hauptziel „Erziehung zur Gewohnheit des funktionalen Denkens”, so ergibt sich ein anderes Bild. Im folgenden soll gezeigt werden, daß vor diesem Hintergrund die Meraner Reform als gescheitert betrachtet werden kann. Um Belege und auch Ursachen für das Scheitern zu finden, ist es notwendig, zunächst die Vielschichtigkeit des Begriffs „funktionales Denken” darzulegen.
Was verstanden die Meraner Reformer unter „funktionalem Denken”? Eine Antwort soll im Rahmen didaktischer Vorbemerkungen aus dem Meraner Lehrplan und anhand zweier konkreter Beispiele aus dem damaligen Mathematikunterricht gegeben werden. Danach stellt sich aus heutiger Sicht die Frage, inwiefern die „alten” Ideen der Meraner Reformer gegenwärtig für den schulischen Mathematikunterricht wirksam sind.
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Eingegangen am 07. Januar 2000 / Angenommen am 31. Januar 2000
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Krüger, K. Kinematisch-funktionales Denken als Ziel des höheren Mathematikunterrichts – das Scheitern der Meraner Reform. Math Semesterber 47, 221–241 (2000). https://doi.org/10.1007/s005910070004
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