Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Ad-hoc-Kommission COVID-19 und der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh) haben sich mit dem Thema „Impfung gegen SARS-CoV-2“ befasst. Folgende Überlegungen sind dazu gedacht, drängende Fragen zu diesem Thema zu beantworten, Sorgen und Ängste zu nehmen und erste Empfehlungen für Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen auszusprechen.

  1. 1.

    Mit Stand 30.11.2020 gibt es noch keine Daten zur Sicherheit und Effektivität der verschiedenen SARS-CoV-2-Vakzine bei Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen bzw. bei Patienten unter immunsuppressiver/immunmodulierender Therapie.

  2. 2.

    Totimpfstoffe sind bei Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen und bei Patienten unter immunsuppressiver/immunmodulierender Therapie uneingeschränkt einsetzbar. Klassische Totimpfstoffe, die sich in der Entwicklung für eine Impfung gegen SARS-CoV‑2 befinden, sind Vakzine auf der Grundlage adjuvantierter Proteine. Auch Vakzine auf der Grundlage nichtreplizierbarer Vektoren und Vakzine auf der Grundlage von mRNA („mRNA-Vakzine“) sind als Totimpfstoffe anzusehen und dürften daher für Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen und unter immunsuppressiver/immunmodulierender Therapie keine Gefahr darstellen.

  3. 3.

    Lebendimpfstoffe (Vakzine auf der Grundlage attenuierter Viren) sollen bei Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen und bei Patienten unter immunsuppressiver/immunmodulierender Therapie nicht eingesetzt werden.

  4. 4.

    Für „mRNA-Vakzine“ gilt: Es handelt sich nicht um Lebendimpfungen. Es handelt sich nicht um eine Gentherapie. Die mRNA integriert sich nicht in das menschliche Genom, und es werden keinerlei Substanzen mit der Vakzine verabreicht, aus denen der geimpfte Organismus komplette oder infektiöse Viruspartikel zusammensetzen könnte. Eine „mRNA-Vakzine“ führt zur vorübergehenden Produktion von Virusproteinen, gegen die das Immunsystem potenziell protektive Antikörper produzieren kann. Somit kann der Einsatz einer „mRNA-Vakzine“ auch bei Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen und unter immunsuppressiver/immunmodulierender Therapie empfohlen werden.

  5. 5.

    Wenn Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen und Patienten unter immunsuppressiver/immunmodulierender Therapie keinen ausreichend hohen oder lang wirksamen Titer neutralisierender Antikörper aufbauen können, muss eine Auffrischung ggf. früher erfolgen. Dazu werden Daten laufender Impfstudien und -beobachtungen kontinuierlich ausgewertet.

  6. 6.

    Unabhängig von den Überlegungen zu SARS-CoV‑2 sollten Impfungen gegen Pneumokokken und v. a. gegen Influenza gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission erfolgen, zumal es auch Hinweise dafür gibt, dass Personen, welche gegen Influenza geimpft wurden, ein geringeres Risiko aufweisen, sich mit SARS-CoV‑2 zu infizieren, als nicht gegen Influenza Geimpfte [1].

  7. 7.

    Aus grundsätzlichen Überlegungen zur Effektivität einer Impfung sollte die Immunsuppression zum Zeitpunkt der Impfung so gering wie möglich sein. Für SARS-CoV‑2 gilt: Das Risiko einer Reaktivierung der rheumatischen Erkrankung nach Absetzen einer immunmodulierenden/immunsuppressiven Therapie zur potenziellen Verbesserung der Impfantwort wird als so erheblich eingeschätzt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht empfohlen wird, die bestehende immunmodulierende/immunsuppressive Therapie wegen einer Impfung, deren Verfügbarkeit zurzeit nicht flächendeckend garantiert ist, zu verändern. Als Ausnahme gilt hier die Gabe von lang wirksamen B‑Zell-depletierenden Substanzen (Rituximab). Hier sollte unter Abwägung der Gefahr einer Reaktivierung der Grunderkrankung einerseits und der Verbesserung einer potenziellen Impfantwort andererseits ein Pausieren oder die Umstellung auf alternative Therapien erwogen werden.

Prof. Dr. Christof Specker

für die Ad-hoc-Kommission COVID-19 der DGRh

Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops

für den Vorstand der DGRh