Die Osteoporose ist eine systemische Skeletterkrankung, die durch niedrige Knochenmasse und -qualität charakterisiert ist [1, 2]. Folgen der Knochenfragilität sind osteoporotische Frakturen, die wegen der damit verbundenen Schmerzen, eingeschränkter Mobilität, geringerer Alltags- und Arbeitsfähigkeit und erhöhter Mortalität eine erhebliche klinische Bedeutung haben. Osteoporotische Frakturen verursachen erhebliche Kosten für alle Gesundheitssysteme. In der Allgemeinbevölkerung ist Osteoporose (nach WHO-Definition, s. unten) häufig, und jede 2. Frau und jeder 4. bis 5. Mann erleidet in Folge ihrer eine osteoporotische Fraktur [1, 3, 4]. Neben diesen primären Formen der Osteoporose (postmenopausale und altersbedingte Osteoporose) gibt es Bevölkerungs- und Patientengruppen, die ein noch deutlich höheres Risiko für osteoporotische Frakturen haben – z. B. Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen [5,6,7]. So ist das Risiko für Hüft- und Wirbelkörperfrakturen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) verdoppelt – und das ist unabhängig von der Einnahme von Glukokortikoiden [8]. Eine wirksame antientzündliche Therapie der rheumatischen Entzündung kann den Knochenverlust aber trotz der Einnahme von Glukokortikoiden aufhalten [9, 10]. Pathophysiologisch führt die chronische Entzündung über Zytokin-geleitete Mechanismen zu erhöhter Osteoklastenaktivität und Knochenresorption [5, 7, 11].

Mit Verbreitung der Dual-Energie-Röntgenabsorptionsmessung (DXA) vor mehr als 30 Jahren wurde es möglich, den Verlust an Knochenmasse bzw. Knochendichte (KD) zu quantifizieren. Schon frühe WHO-Definitionen der Osteoporose haben sich daher weitgehend auf eine niedrige Knochendichte gestützt. Im Jahr 1994 wurde die Diagnose Osteoporose bei Vorliegen eines T‑Werts von ≤−2,5 etabliert [12, 13]. Die individuelle Risikoabschätzung einer Fraktur geht aber über die Messung der Knochendichte (KDM) hinaus. So haben Langzeitstudien gezeigt, dass mehr als 50 % der osteoporotischen Frakturen oberhalb eines T‑Wertes von −2,5 auftraten [1, 9, 13,14,15]. Deshalb wurde zur Vorhersage von Frakturen ein Risikorechner entwickelt, um das individuelle Frakturrisiko von Patienten zu bestimmen [16, 17]. Das mittlerweile weltweit am meisten hierfür benutze Instrument ist der 2008 veröffentlichte Fracture Risk Assessment Score (FRAX) – ein Rechentool, durch den eine individuelle Abschätzung des 10-Jahres-Risikos für das Erleiden einer Hüftfraktur oder einer sog. „major fracture“ (Wirbelkörperfraktur, distale Unterarmfraktur, proximale Humerus- und Femurfraktur) erfolgen kann. Die Berechnung mithilfe des Scores basiert auf 11 Risikofaktoren sowie auf der mittels DXA gemessenen Knochendichte am Schenkelhals. Zu diesen Risikofaktoren gehören sowohl die RA als auch die Therapie mit Glukokortikoiden [1, 13, 18]. Der FRAX-Rechner ist aber nicht das einzige Werkzeug zur Bestimmung des Frakturrisikos [9]. Der Dachverband Osteologie e. V. (DVO) hat ebenfalls ein Modell zur Vorhersage von Frakturen entwickelt. Hier ist nicht nur die RA ein Risikofaktor, sondern auch andere rheumatische Erkrankungen wie die axiale Spondyloarthritis oder der systemische Lupus erythematodes (Dachverband Osteologie e. V.; www.dv-osteologie.org/dvo_leitlinien/dvo-leitlinie-2017). Bei Patienten mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen und/oder höheren Glukokortikoiddosierungen treten osteoporotische Frakturen im Vergleich zur postmenopausalen oder altersbedingten Osteoporose schon bei T‑Werten >−2,5 (Osteopenie) auf [8, 19,20,21].

Unabhängig von den klinischen Risikofaktoren bleibt die durch DXA bestimmte KDM aber sowohl zur Diagnosestellung als auch zur Einschätzung des Frakturrisikos ein essenzielles Werkzeug. Die DXA kann aber nicht nur für die KDM benutzt werden, sondern auch für die Bestimmung anderer für das Frakturrisiko wichtiger Parameter wie das Vorliegen von (auch asymptomatischen) Wirbelkörperfrakturen, zur Abklärung einer Sarkopenie und auch für die Knochenmikroarchitektur in Wirbelkörpern [13]. Diese Methode wird als Trabecular Bone Score (TBS) bezeichnet. Der TBS ist ein in den letzten Jahren entwickelter Knochenstrukturparameter, welcher zunehmend Anwendung im klinischen Alltag findet. Der TBS ist ein Parameter für die die Bestimmung der Qualität der Mikroarchitektur des Knochens, was eine bessere Aussage über die Knochenstabilität ergeben soll. Berechnet wird der Score anhand von statistischen Graustufenmodellen, die auf der Grundlage von DXA-Messungen an der lumbalen Wirbelsäule angefertigt werden. Ähnlich wie bei der DXA werden die unterschiedlichen Absorptionseigenschaften von Röntgenstrahlen in verschiedenen Gewebestrukturen erfasst. Dafür werden 3‑dimensionale Gewebe in eine 2‑dimensionale Projektion mit verschiedenen Graustufen transformiert. Die Software quantifiziert dann die lokale Variation in den Graustufen von benachbarten Pixeln und berechnet daraus den TBS. Ein osteoporotischer Wirbelkörper mit einer hohen Variation hat statistisch sehr röntgenarme (wenig/kein Knochen) Bereiche und nur vereinzelte röntgendichte (Knochentrabekel) Bereiche. Ein gesunder Wirbelkörper mit dichter Trabekelstruktur hat eine homogenere Knochendichteverteilung mit weniger Variation [13, 22,23,24,25]. Bisher gibt es noch keine allgemeingültigen und verbindlichen Grenzwerte für die Ergebnisse von TBS-Messungen. Zur Einteilung und besseren Vergleichbarkeit mit DXA-Messungen wurde im Rahmen einer großen Metaanalyse 2016 ein Hoch‑, Mittel- und Niedrigrisikobereich definiert [26, 27]. Im Englischen spricht man dementsprechend von normal, „partially degraded“ und „degraded“, was die abgebaute oder geschädigte Mikroarchitektur des Knochens beschreibt. Das bedeutet auch, dass je höher der TBS Wert ist, umso besser ist die Wirbelkörpermikroarchitektur. Dank dieser Methode lässt sich also anhand einer durchgeführten KDM der lumbalen Wirbelsäule ohne eine zusätzliche Messung (und damit ohne zusätzliche Strahlenbelastung) über eine Software eine Aussage über die „Knochenqualität“ machen. Bei postmenopausalen Frauen und Männern über 50 Jahre wurden anhand von Daten aus prospektiven und Zulassungsstudien der diagnostische Nutzen und auch die von der Knochendichte unabhängige, prognostische Aussagekraft des TBS für osteoporotische Frakturen bereits nachgewiesen [27,28,29,30,31,32,33,34,35,36,37]. Erste Studien haben dies auch bei Patienten unter Glukokortikoidtherapie und/oder bei chronisch entzündlichen Erkrankungen gezeigt [38,39,40,41,42,43,44,45,46].

Inwieweit der Score auch bei Real-world-Patienten mit RA von Vorteil ist, ist bislang noch nicht endgültig geklärt. In der vorliegenden Arbeit wurde deshalb untersucht, inwieweit es Unterschiede der mit TBS erzielten Ergebnisse im Vergleich zur einfachen KDM zwischen Patienten mit RA und Patienten ohne entzündlich rheumatische Erkrankungen gibt. Als sekundäre Fragestellung wurde untersucht, inwieweit Patienten mit einer osteoporotischen Fraktur einen niedrigeren TBS haben als Patienten ohne Fraktur und ob sich die Ergebnisse des TBS von den KDM-Werten von Patienten mit einer oder mehreren osteoporotischen Frakturen unterscheiden.

Methoden

Patientenrekrutierung

Für diese retrospektive Fall-Kontroll-Studie wurden über das Klinikinformationssystem des Rheumazentrums Ruhrgebiet in den Jahren 2016 und 2017 Patienten rausgesucht, die im Zeitraum von Ende 2006 bis 2014 (also ca. 8 Jahre) eine radiologische Wirbelkörperfraktur hatten und zusätzlich eine DXA mit TBS-Messung in einem Zeitraum von ±1 Jahr. Aus diesem Kollektiv wurden dann Patienten mit RA und Patienten ohne entzündlich rheumatische Erkrankungen ausgewählt und diesen in Alter (±1 Jahr) und Geschlecht gleiche Patienten zugeordnet.

Bestimmung der Knochendichte und des Trabecular Bone Score

Die DXA-Messungen wurde mit einem GE/Lunar Prodigy Densitometer, wie in den aktuellen DVO-Leitlinien empfohlen, an Lendenwirbelsäule (LWS) und Hüften durchgeführt und die Ergebnisse mit der GE/Lunar Software „enCore Version 16“ (GE/Lunar, Madison, WI, USA) ausgewertet. Zur Bewertung der Knochendichte wurden die LWS (Bereich LWK1 bis LWK4) und Hüften (Schenkelhals und gesamter proximaler Femur) ausgewählt. Zur Berechnung des TBS-Wertes wurde die installierte Software „TBS iNsight®“ der Firma Medi-Maps (Genf, Schweiz) verwendet. Anhand der gemessenen T‑Scores wurden die Patienten als „normale“ Knochendichte, Osteopenie oder Osteoporose gemäß den WHO-Empfehlungen klassifiziert. Dabei wurden T‑Scores von −1,0 oder besser als normal kategorisiert, T‑Scores von −1,1 bis −2,4 als Osteopenie und T‑Scores von −2,5 als Osteoporose bewertet. Für einige Analysen wurden die Patienten in eine Gruppe mit pathologischer KD (T-Score ≤−1,0) und in eine mit normaler KD (T-Scores −1,0 oder besser) aufgeteilt, um eine dichotome Analyse durchführen zu können. Ähnlich wurde mit den TBS-Werten verfahren [27]. Patienten mit einem TBS-Wert von 1,23 oder niedriger wurden als Mikroarchitektur abgebaut („degraded“) klassifiziert, Patienten mit Werten zwischen 1,24 und 1,31 als teilweise abgebaut und Patienten mit Werten von 1,31 oder besser als normal klassifiziert. Die dichotome Einteilung pathologischer TBS/normaler TBS wurde über einen Schwellenwert von 1,31 definiert. Da der TBS zurzeit nur an der Wirbelsäule verfügbar ist, wurden für die Einteilung der Knochendichte auch nur die Ergebnisse der lumbalen Wirbelsäule zum Vergleich herangezogen.

Statistische Analysen

Der Vergleich zwischen den beiden untersuchten Gruppen wurde für kontinuierliche Variablen mit dem Mann-Whitney-Test und für binäre Variablen mit dem Wilcoxon-Test durchgeführt. Die statistische Datenanalyse erfolgte mit dem Statistikprogramm SPSS, Version 23 (SPSS, IBM, Armonk, NY, USA).

Ergebnisse

Deskriptive Darstellung der untersuchten Gruppen

Das Untersuchungskollektiv umfasste 143 Patienten mit RA, davon waren 103 weiblichen Geschlechts (72 %). Daten zur Dauer der Erkrankung lagen bei 112 der 143 RA-Patienten vor. Die durchschnittliche Erkrankungsdauer war 7,5 Jahre (Standardabweichung ±10,3 Jahre). In dieser Gruppe hatten 52 Personen eine osteoporotische Wirbelkörperfraktur (36,4 %). Patienten mit Wirbelkörperfraktur hatten eine deutlich längere Krankheitsdauer (12 Jahre) als Patienten ohne Fraktur (4 Jahre, p = 0,0002). Die Kontrollgruppe umfasste 106 Patienten ohne entzündlich rheumatische Erkrankung (degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Osteoarthrose, Fibromyalgiesyndrom), davon waren 79 Frauen (74,5 %). Bei 24 Patienten lag eine osteoporotische Wirbelkörperfraktur vor (22,6 %). Die Patienten mit RA hatten häufiger Frakturen als die Kontrollen (p = 0,02). In der RA-Gruppe hatten die Patienten im Durchschnitt 1,9 Wirbelkörperfrakturen (Standardabweichung ±1,8), in der Kontrollgruppe waren es 1,5 Wirbelkörperfrakturen (Standardabweichung ±0,8, p = 0,36). Frauen waren im Mittel kleiner und leichter als Männer (1,58/1,73 m, p < 0,0001 und 70/81 kg, p = 0,086). Die demografischen Daten sind in Tab. 1 und 2 zusammengefasst. Die Unterschiede zwischen den Gruppen in Alter, Größe und Gewicht waren statistisch nicht signifikant.

Tab. 1 Demografische Daten der Patienten mit rheumatoider Arthritis
Tab. 2 Demografische Daten der Kontrollen

Analyse der Knochendichte-T-Scores und der TBS-Werte

Sowohl der konventionelle T‑Score als auch der TBS an LWS und Hüften waren in der Untersuchungsgruppe numerisch niedriger als in der Kontrollgruppe. Im statistischen Vergleich der Mittelwerte zeigte sich aber nur ein signifikanter Unterschied für den T‑Score an der rechten Hüfte. Die Ergebnisse der konventionellen KDM- und die TBS-Werte sind für beide Gruppen in Tab. 3 dargestellt.

Tab. 3 Vergleich der T‑Scores und der TBS-Werte zwischen den Gruppen

Klassifizierung nach LWS-T-Scores und TBS-Werten

Pathologische Werte, wie in den Methoden definiert, lagen bei den RA-Patienten häufiger vor als in der Kontrollgruppe: 71,3 % vs. 57,5 % für pathologische T‑Scores (p = 0,05) und 87,5 % vs. 74,5 % für pathologische TBS-Werte (p = 0,009). Daraufhin wurde untersucht, bei wie vielen Patienten pathologische TBS-Werte vorlagen, während die konventionellen KDM-Werte noch normal waren und umgekehrt. Pathologische TBS-Werte bei normaler mit DXA gemessener KDM lagen in beiden Gruppen bei >40 % der Untersuchten vor – der umgekehrte Fall dagegen in nur <1 % der Fälle. In der Kategorie TBS und DXA normal lag der Prozentsatz bei den RA-Patienten mit 7,7 % der Patienten niedriger als in der Kontrollgruppe (p = 0,005) (Tab. 4).

Tab. 4 Klassifizierung nach Knochendichte und TBS-Werten

Ergebnisse, bezogen auf das Vorliegen einer Wirbelkörperfraktur

Patienten mit Wirbelkörperfrakturen hatten unabhängig von der Gruppenzugehörigkeit eine niedrigere KD an der LWS und den Hüften und auch niedrigere TBS-Werte (p-Werte in beiden Gruppen bei allen Parametern unter 0,001). Im Vergleich der einzelnen T‑Scores bzw. TBS-Werte ergab sich bei Teilnehmern mit und ohne Fraktur zwischen RA-Patienten und Kontrollen kein signifikanter Unterschied. Bei 27 % der RA-Patienten und bei 25 % der Kontrollen mit osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen fand sich eine normale KD an der LWS.

Bei wie vielen Patienten mit schon eingetretener Fraktur ein pathologisch veränderter TBS-Wert (<1,31) vorlag, während die KD-Werte der LWS noch normal waren, zeigen Tab. 5 und 6. Unter den RA-Patienten hatten 17 (32,7 %) eine normale KD an der LWS, während der TBS-Wert pathologisch war. Umgekehrt war dies nur bei 2 RA-Patienten (3,8 %) der Fall (p = 0,001). Bei den Kontrollen hatten 20,8 % eine normale LWS-KD bei pathologischem TBS-Wert, während der umgekehrte Fall gar nicht vorkam (p = 0,025).

Tab. 5 Beurteilung von TBS- und -Knochendichteergebnissen bei RA-Patienten mit Wirbelkörperfraktur
Tab. 6 Beurteilung von TBS- und Knochendichteergebnissen bei Kontrollen mit Wirbelkörperfraktur

Diskussion

In dieser Real-world-Fall-Kontroll-Studie wurde bestätigt, dass sowohl Patienten mit RA als auch nichtentzündliche Kontrollpatienten mit osteoporotischer Wirbelkörperfraktur niedrigere T‑Scores und TBS-Werte hatten als solche ohne Fraktur. So hatten etwa 25 % aller Teilnehmer mit vorhandener Wirbelkörperfraktur eine normale Knochendichte an der LWS. Auch wenn der TBS-Wert bei Patienten mit RA in dieser Studie nicht niedriger war als bei Patienten ohne entzündlich rheumatische Erkrankung, hatten RA-Patienten doch häufiger pathologische TBS-Werte als die Kontrollen. Insgesamt hatten viele Patienten einen normalen T‑Score, während der TBS-Wert schon im pathologischen Bereich war. Dieses Ergebnis hat klinische Relevanz, weil man bei einer normalen Knochendichte eher ein niedriges Frakturrisiko annimmt, obwohl das tatsächliche Frakturrisiko schon nachweisbar erhöht ist. Ein pathologischer TBS-Wert könnte als weiterer Messparameter zusätzlich zu klinischen Risikofaktoren (z. B. Kortison, rheumatologische Grunderkrankung, prävalente Frakturen) hinzugezogen werden und früher Anlass zu therapeutischen Interventionen geben als eben die konventionell gemessene Knochendichte. Da die TBS-Bestimmung im Rahmen der üblichen DXA-Messung der Knochendichte erfolgt, sind keine weitere Bildgebung und damit auch keine zusätzliche Strahlenexposition erforderlich. Fairerweise muss hier aber auch gesagt werden, dass die (einmalige) Anschaffung der TBS-Software zusätzliche Kosten erzeugt.

Dass die Kombination aus pathologischem TBS-Wert bei normaler konventionell gemessener Knochendichte so viel häufiger auftritt als umgekehrt, lässt sich aus unserer Sicht hauptsächlich durch 2 Faktoren erklären. Erstens gibt es in der Wirbelsäule sehr häufig degenerative Veränderungen, die die konventionell gemessene LWS-Knochendichte falsch hoch erscheinen lassen können [47, 48]. Dies liegt an der DXA-Messtechnik, bei der der Wirbelkörper als 3‑dimensionale Struktur auf eine 2‑dimensionale Fläche reduziert wird. Das beinhaltet eben auch, dass degenerative Veränderungen, wie z. B. Spondylophyten, Facettengelenkarthrosen, Längsbandverkalkung und DISH im Bereich der LWS, zu einer artifiziellen Erhöhung der Knochendichte führen können, aber eben keine reduzierende Wirkung auf die Kräfte haben, die zu Wirbelkörperfrakturen führen. In einer zusätzlichen Analyse, in der sowohl die T‑Scores der LWS als auch die der Hüfte eingingen, sank die Zahl von Teilnehmern mit osteoporotischer Wirbelkörperfraktur, normaler Knochendichte und pathologischem TBS von 27 % auf 13,5 % bei RA-Patienten und von 25 % auf 8 % bei den Kontrollen – ein Zeichen dafür, wie wichtig es ist, auch die Knochendichte an der Hüfte zu messen. Dass es aber selbst nach Hinzunehmen der Knochendichte an der Hüfte immer noch ca. 10 % Patienten mit osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen gibt, die pathologische TBS-Werte und eine normale Knochendichte aufweisen, zeigt, dass es nicht nur um Effekte der konventionellen DXA-Messung geht. So lässt sich pathophysiologisch als zweiten Grund anführen, dass es Knochendichte-unabhängige Faktoren gibt, die das Frakturrisiko erhöhen. Die trabekuläre Mikroarchitektur, für die der TBS ein Surrogatparameter ist, ist ein solcher Faktor. Die Verschlechterung der Knochenarchitektur (charakterisiert durch eine kleinere Anzahl an Trabekeln im spongiösen Knochen, einem vergrößerten Abstand zwischen den Trabekeln, sowie einem Rückgang der Konnektivität zwischen den Trabekeln) führt dazu, dass einwirkende Kräfte schneller zur Fraktur führen [25, 30, 35, 49, 50].

Seit die TBS-Technik 2008 implementiert wurde, haben viele Studien den Nutzen dieses Parameters untersucht. In verschiedenen Querschnittstudien wurde dabei gezeigt, dass ein niedriger TBS-Wert mit osteoporotischen Frakturen bei postmenopausalen Frauen assoziiert ist [22, 28, 29, 34]. Auch prospektive Studien kamen zu dem Ergebnis, dass der TBS-Wert das Auftreten von Frakturen bei postmenopausalen Frauen und älteren Männern vorhersagt [31,32,33, 35, 51]. Eine Metaanalyse, in welcher 14 populationsbasierte Kohorten aus Nordamerika, Asien, Australien und Europa mit 17.809 Patienten untersucht wurden, kam zu dem Schluss, dass der TBS-Wert ein vom durch FRAX ermittelten Risiko unabhängiger Parameter ist, um die Wahrscheinlichkeit einer Fraktur vorherzusagen. Außerdem erlaubt eine Kombination des TBS mit dem FRAX-Score eine bessere Vorhersage für Hüft- und andere osteoporotische Frakturen. Dies gilt auch für die Kombination des TBS mit einzelnen Risikofaktoren, welche in das FRAX-Instrument einfließen [27]. Wie oben erwähnt, ist ein weiterer Vorteil des TBS gegenüber der konventionell gemessenen KDM der Wirbelsäule eine größere Unabhängigkeit von Messungsartefakten. So können degenerative Veränderungen das Ergebnis der KDM fälschlicherweise anheben. Studien belegen, dass der TBS von solchen Störeinflüssen weniger abhängig ist [26, 52].

Patienten mit RA haben grundsätzlich ein höheres Risiko, eine Fraktur zu erleiden, als die Normalbevölkerung [8, 21, 53]. Studien zeigen, dass Patienten mit RA per se ein höheres Risiko für Wirbelkörperfrakturen haben als solche mit postmenopausaler Osteoporose. Dies spiegelt sich allerdings nicht unbedingt in der gemessenen Knochendichte wider [8, 21, 54,55,56,57]. Dies liegt daran, dass die konventionell gemessene Knochendichte Veränderungen der Knochenqualität nur partiell erfasst. Bei entzündlichen Erkrankungen wie der RA wie auch unter einer systemischen Glukokortikoidtherapie kommt es im Vergleich zur postmenopausalen Osteoporose vermehrt zu einem Abbau der Mikroarchitektur und negativen Einflüssen auf die Reparaturmechanismen des Knochens („bone remodeling“), da nicht nur die Funktion der Osteoklasten (verstärkt), sondern auch der Osteozyten und Osteoblasten (verringert) beeinflusst wird [20, 47, 53, 58,59,60,61]. So frakturieren Patienten mit Glukokortikoid-induzierter Osteoporose bei gleicher Knochendichte häufiger als Patienten mit postmenopausaler Osteoporose oder sogar früher bei besseren Knochendichtewerten [21, 53]. Inwieweit der TBS als Parameter für die Mikroarchitektur bei rheumatischen Erkrankungen eine bessere Vorhersage auf Frakturereignisse treffen kann, ist aber noch nicht abschließend geklärt, da nur wenige Studien zu dieser Fragestellung vorliegen. Eine Studie aus Korea mit RA-Patientinnen kam zu dem Schluss, dass der TBS sowohl besser mit dem FRAX korreliert als die Knochendichte und auch der konventionell gemessenen Knochendichte in der Identifikation von Patienten mit Wirbelkörperfrakturen überlegen ist [36]. Ähnliche Ergebnisse wurden bei Patienten mit Polymyalgia rheumatica publiziert [45]. In einer französischen Arbeit zeigte der TBS-Wert eine bessere Vorhersage für das Auftreten von Wirbelkörperfrakturen bei Patienten mit RA an als die konventionell gemessene Knochendichte. Insbesondere scheint der TBS hilfreich zu sein, wenn diese nur ein niedriges Frakturrisiko vorhersagt [38].

Eine Stärke der hier vorliegenden Arbeit ist die große Anzahl an Patienten mit der gesicherten Diagnose einer osteoporotischen Fraktur bei Vorliegen einer RA und die ähnlich große Kontrollgruppe. Eine Limitation dieser Arbeit ist das retrospektive Studiendesign und die fehlende Adjustierung nach Glukokortikoidexposition. Eine retrospektive Fall-Kontroll-Studie wie die vorliegende erlaubt grundsätzlich keine Rückschlüsse auf eine kausale Beziehung zwischen TBS-Wert und dem Auftreten einer Fraktur. Ob in dieser Studie die niedrigeren TBS-Werte in der RA-Gruppe auf die chronisch rheumatische Entzündung oder auf Nebenwirkungen der Glukokortikoidtherapie zurückzuführen sind, lässt sich nicht näher differenzieren. Daten zu Krankheitsaktivität, Glukokortikoiddosis, DMARD- und Biologikatherapie wurden nicht dokumentiert. Daten zur Knochengesundheit wie Kalzium- und Vitamin-D-Substitution, Knochenumbauparameter oder nichtvertebrale Frakturen wurden ebenfalls nicht erfasst. Diese Limitationen erschweren es, die Ergebnisse dieser Studie zu generalisieren und Rückschlüsse zu ziehen, ob es bestimmte rheumatologische Patientenpopulationen gibt, die besonders vom Einsatz des TBS profitieren können. Bisher gibt es nur wenige Studien, die dies untersucht haben. In einer Studie war der TBS bei Patienten mit RA oder systemischer Sklerose im Vergleich zu gesunden Kontrollen signifikant niedriger. Unterschiede in der Glukokortikoiddosis konnten dies potenziell erklären [39]. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass Patienten, die eine systemische Glukokortikoidtherapie erhielten, einen niedrigeren TBS-Wert im Vergleich zu Kontrollen hatten [40, 62, 63]. Da Patienten mit RA oft mit Glukokortikoiden behandelt werden, beeinflussen diese sicherlich die Knochendichte und den TBS in dieser Patientengruppe. In einer anderen Studie wurde bei RA-Patienten zwar eine Assoziation zwischen der kumulativen Glukokortikoiddosis und den TBS-Werten gefunden, nicht aber zwischen TBS und Krankheitsaktivität [37]. Größere und v. a. prospektive Studien werden nötig sein, um den Effekt von Glukokortikoiden und Krankheitsaktivität besser differenzieren zu können. Ähnliches gilt für den Einfluss von anderen Medikamenten, insbesondere der verschiedenen DMARDs und osteologischen Medikamenten. Die derzeitige Studienlage zeigt, dass sowohl antiresorptive als auch osteoanabole Therapien den Verlust an Knochendichte stoppen bzw. sogar zu einer Zunahme an Knochendichte führen. Bei konventionellen und biologischen DMARDs sind die Daten gemischt, wobei man annehmen kann, dass diese Medikamente auch einen positiven Effekt auf die Knochendichte haben. Dies lässt sich wahrscheinlich auf eine Reduktion der Entzündung zurückführen. Neuere Studien finden auch Zeichen dafür, dass Autoantikörper der RA selbst Osteoklastenaktivität beeinflussen können [7, 64, 65]. Inwiefern TBS als Methode zur Therapieüberwachung bei Osteoporose eingesetzt werden kann, ist noch nicht endgültig geklärt. Erste Studien zeigen, dass sich der TBS unter osteoanaboler Therapie verbessert, unter Bisphosphonat-Therapie sich aber nicht verändert [46, 66]. Daten zum Einfluss von DMARD-Therapie auf den TBS fehlen.

Zusammenfassend zeigt diese Studie, dass eine nicht zu vernachlässigende Anzahl von Patienten mit frakturierender Osteoporose normale Knochendichtewerte hat, besonders in der LWS-Messregion. Bei der Mehrheit dieser Patienten war der TBS-Wert schon im pathologischen Bereich, wenn die konventionell gemessenen Knochendichtewerte noch normal waren. Die Bestimmung des TBS-Wertes hat deshalb wegen der besseren Einschätzung des Frakturrisikos klinische Relevanz, besonders bei Menschen mit entzündlich rheumatischen Erkrankungen und/oder Glukokortikoidtherapie, da diese Patienten bei besseren Knochendichtewerten häufiger und schneller frakturieren. Um die prognostische Aussagekraft des TBS bei Patienten mit RA weiter zu verifizieren, sind längerfristige prospektive Studien mit größeren Patientenkollektiven erforderlich.