Nachfolgend wird die aktuelle Datenlage aus Publikationen der letzten 4 Jahre zu Zwischenfällen bei manuellen Wirbelsäulenmanipulationen als Hintergrund zur Bewertung einer obligaten Röntgenindikation vor Manipulationen dargestellt.

Ein Review befasste sich mit der Aussagekraft der Berichte über Komplikationen bei zervikaler Manipulation. Bei 901 Dissektionen der A. vertebralis und 707 Fällen zerebraler Ischämie erfüllt kein Bericht die Kriterien, einen Zusammenhang sicher belegen zu können [9].

In einer einfach verblindeten, randomisierten, kontrollierten Parallelgruppenstudie erhielten 92 Patienten chiropraktische Zervikalmanipulationen und 91 Patienten Scheinmanipulationen, dabei jeweils 2 Behandlungen. In der Befragung über subjektive Nebenwirkungen machten beide Gruppen quantitativ und qualitativ ähnliche Angaben, ohne signifikanten Unterschied [8].

Eine Untersuchung an 20 gefäßgesunden Patienten ergab während zervikaler Manipulationen (nach Cyriax) keinerlei Unterschied des Blutflusses in den 4 hirnzuführenden Arterien gegenüber dem Ausgangswert, unabhängig von der endgradigen HWS-Einstellung [6].

In einer Publikation wird der Fall einer operierten zervikalen Diskushernie nach einer „osteopathischen“ Manipulation durch einen medizinischen Laien vorgestellt [3].

Von 2000 bis 2011 wurden in Kanada gerichtlich 6 Fälle einer lumbalen Diskushernie nach chiropraktischer Manipulation verhandelt. In allen Fällen erfolgte die Aufklärung nicht durch den Therapeuten, sondern durch Hilfspersonen und in allen Fällen wurde keine Anamnese erhoben – die Symptome einer Diskushernie bestanden schon vor der Manipulation [2].

In einem Fallbericht wird ein Duraeinriss nach zervikaler Manipulation durch einen nichtärztlichen Chiropraktor beschrieben, der zu Kopfschmerz durch Liquorverlust führte [5].

Eine Studie über unerwünschte Wirkungen chiropraktischer („naprapathischer“) Manipulationen durch Naprapathie-Studenten an 767 Patienten ergab zwar in 51 % der Fälle leichte, kurz anhaltende Muskelverspannungen, aber keine ernsten Zwischenfälle, bei insgesamt mehr Frauen als Männern [4].

Die Analyse von 15 schweren Komplikationen nach vertebralen Manipulationen bei Kindern ergab 3 Todesfälle (1-mal nach Behandlung durch einen Physiotherapeuten, 1-mal nach Behandlung durch einen nichtärztlichen Heiler, 1-mal nach Behandlung durch einen nichtärztlichen Kraniosakraltherapeuten) und 12 schwere Verletzungen nach Behandlung durch verschiedene Behandler (7-mal Chiropraktor, 1-mal Arzt, 1-mal nichtärztlicher Osteopath, 2-mal Physiotherapeut, 1-mal nichtidentifizierter Therapeut). In allen Fällen waren HVLA-Rotationsmanipulationen angewandt worden und in allen Fällen lagen nichterkannte Weichteilvariationen vor [7].

Nach Manipulationen an der HWS (n = 10) und der BWS (n = 10) wurden im Vergleich zu einer Placebokontrollgruppe (n = 10) keine Gewebemarker gefunden, die Hinweise auf eine Gewebeschädigung an Gelenken oder Muskeln ergeben hätten [1].