Hintergrund

Die Karzinome des Magens und des Pankreas zählen zu den häufigsten malignen Tumoren im Bereich der Viszeralonkologie. Sie tragen weltweit erheblich zur Karzinommortalität bei [46]. Im Magen werden für die Entstehung des intestinalen Typs (nach Laurén) vorwiegend Umweltfaktoren verantwortlich gemacht, in erster Linie die Infektion mit Helicobacter pylori. Für die Entstehung des diffusen Typs sind genetische Faktoren von größerer Bedeutung [38, 48]. Die meisten Karzinome des Pankreas entstehen sporadisch. Erbliche Faktoren werden für 5–10 % der Tumoren verantwortlich gemacht [16, 34].

Erbliches Magenkarzinom

Die Mehrzahl der Magenkarzinome tritt sporadisch auf. Eine familiäre Häufung wird bei etwa 10 % der Fälle beobachtet. Nur 1–3 % weisen einen gesicherten Erbgang auf [47].

Zwei erbliche Magenkarzinomsyndrome wurden beschrieben: das hereditäre diffuse Magenkarzinom (engl. „hereditary diffuse gastric cancer“ [HDGC]) und das Magenkarzinom bei proximaler Polypose (engl. „gastric adenocarcinoma and proximal polyposis of the stomach“ [GAPPS]; [9]).

Ein erhöhtes Magenkarzinomrisiko besteht auch bei anderen Syndromen, so bei Patienten mit erblichem Brust- und Ovarialkarzinomsyndrom (engl. „hereditary breast ovarian cancer syndrome“ [HBOC]), Li-Fraumeni-Syndrom, Lynch-Syndrom, familiärer adenomatöser Polypose (FAP) und auch bei hamartomatösen Polyposesyndromen (Tab. 1; [33]).

Tab. 1 Erbliche Tumorsyndrome mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung eines Magen- oder Pankreaskarzinoms. (Modifiziert nach [36])

Hereditäres diffuses Magenkarzinom

Im Jahre 1998 wurden 3 neuseeländische Maori-Familien beschrieben, bei denen über mehrere Generationen im frühen Lebensalter ein diffuses Magenkarzinom aufgetreten war. Mutationen im CDH1-Gen wurden als verantwortlicher Gendefekt identifiziert [20]. Die Vererbung erfolgt autosomal dominant. Wie wir heute wissen, handelt es sich überwiegend um Frameshiftmutationen (38 %), aber auch Splice-site- (23 %), Missense- (17 %) und Nonsense- (17 %) Mutationen werden gefunden; große genomische Rearrangements sind selten [33].

E-Cadherin

Das CDH1-Gen kodiert für das Transmembranprotein E‑Cadherin, welches vornehmlich auf der basolateralen Membran epithelialer Zellen exprimiert wird. Es nimmt eine Schlüsselfunktion bei der Stabilisierung von Zell-Zell-Kontakten, bei der Signaltransduktion und der Erhaltung der Zellpolarität ein [48]. Die verminderte Expression von E‑Cadherin führt zu Verlust der Zelladhäsion bzw. Steigerung der Zellmotilität und korreliert so mit dem infiltrativen und metastasierenden Potenzial der Tumorzellen [12].

In der Regel weisen Patienten mit einem autosomal dominant vererbten Tumorleiden ein verändertes Allel in der Keimbahn auf, wohingegen das zweite (Wildtyp‑)Allel im Tumorgewebe inaktiviert vorliegt (entsprechend der „Two-hit-Hypothese“ von Knudson). Der beim hereditären diffusen Magenkarzinom beobachtete Expressionsverlust von E‑Cadherin basiert auf dieser biallelischen Inaktivierung des CDH1-Gens. Der Inaktivierung des zweiten Allels können verschiedene Mechanismen zugrunde liegen, wobei eine Promotorhypermethylierung als führender Mechanismus gilt [3, 33].

Diagnostische Kriterien

Bereits im Jahr 1999 wurden vom „International Gastric Cancer Linkage Consortium“ (IGCLC) diagnostische Kriterien festgelegt, um Richtlinien für die Betreuung betroffener Familien zu schaffen [8]. Diese Kriterien wurden im Jahr 2010 aktualisiert [17]. Dabei wurden die Kriterien für eine genetische Testung erweitert, was zur Folge hatte, dass sich die Zahl detektierter Mutationen im CDH1-Gen von 25–50 % (auf dem Boden der Kriterien von 1999) auf 10–18 % (auf dem Boden der Kriterien von 2010) verringerte [47]. Interessanterweise zeigt dieser Prozentsatz eine regionäre Abhängigkeit: So werden in Ländern mit geringer Inzidenz von Magenkarzinomen, wie Großbritannien, Nordamerika und Kanada, häufiger Mutationen gefunden als in Ländern mit hoher Inzidenz, wie Portugal und Italien [25]. Ein weiteres Update wurde 2015 veröffentlicht [47]. Den aktuell gültigen Testalgorithmus zeigt Abb. 1.

Abb. 1
figure 1

Klinisch-therapeutischer Algorithmus bei hereditärem diffusem Magenkarzinom. (Adaptiert nach [47])

Das Durchschnittsalter zum Diagnosezeitpunkt liegt bei 40 Jahren; ein Karzinom kann aber im Alter von 14 bis 85 Jahren diagnostiziert werden [21]. Das Lebenszeitrisiko (berechnet auf 80 Jahre) wurde mit 70 % (95 %-Konfidenzintervall 59–80 %) für Männer und mit 56 % (95 %-Konfidenzintervall 44–69 %) für Frauen ermittelt. Für Frauen ergibt sich ein 42%iges Risiko für die Entwicklung eines lobulären Mammakarzinoms (95 %-Konfidenzintervall 23–68 % [23]). Bei 16 von 144 (11 %) Indexpatienten, die keine Mutation im CDH1-Gen aufwiesen, wurden Mutationen in folgenden Genen identifiziert: CTNNA1, BRCA2, STK11, SDHB, PRSS1, ATM, MSR1 und PALB2 [23].

Darüber hinaus wurden kolorektale Karzinome (einschließlich siegelringzelliger Varianten) und auch andere Tumoren, wie zum Beispiel Karzinome der Prostata oder der Ovarien, bei Patienten mit hereditärem Magenkarzinom beobachtet. Es ist derzeit nicht abschließend zu beurteilen, ob diese Karzinome Teil der familiären Tumorerkrankung sind oder ob es sich um ein rein zufälliges Zusammentreffen verschiedener Tumorentitäten handelt. Zumindest für das Kolonkarzinom scheint jedoch ein kausal-pathogenetischer Zusammenhang zu bestehen [17, 47, 48].

Histologie

Klassifiziert nach Laurén besteht ein diffuses Magenkarzinom („poorly cohesive carcinoma“ nach WHO) mit Siegelringzellen und in späten Stadien eine Linitis plastica. Aufgrund vollständiger Aufarbeitung von Gastrektomiepräparaten von Patienten mit CDH1-Mutation weiß man, dass sich frühe Fälle mit multiplen Tumorherden beschränkt auf die oberflächliche Lamina propria präsentieren. Die Läsionen sind speziell bei prophylaktischer Gastrektomie makroskopisch zumeist nicht erkennbar (Abb. 2; [9]). Die Gesamtanzahl der Läsionen variiert erheblich, im Median werden 20 (Spannweite 1 bis 487) Herde beobachtet [10, 40].

Abb. 2
figure 2

Prophylaktische Gastrektomie bei gesicherter Keimbahnmutation im CDH1-Gen ohne makroskopisch nachweisbaren Tumor (a). Nach vollständiger Einbettung wurden insgesamt 8 Herde eines mukosalen Siegelringzellkarzinoms (pT1a, m2) entdeckt, maximale Herdgröße 2 mm (b, Originalvergrößerung 40:1; c, Originalvergrößerung 200:1). Darstellung der Tumorzellen mittels PAS-Färbung (d, Originalvergrößerung 200:1), Keratin- (e, Originalvergrößerung 200:1) und E‑Cadherin-Immunhistochemie (f, Originalvergrößerung 400:1)

Als Vorläuferläsion des hereditären diffusen Magenkarzinoms kann ein In-situ-Siegelringzellkarzinom gefunden werden [9]. Dieses tritt multifokal auf und betrifft die Halsregion gastraler Drüsen bzw. Foveolae, wo die gastralen Stammzellen (Progenitorzellen) lokalisiert sind. Die Kerne des In-situ-Siegelringzellkarzinoms sind hyperchromatisch und zeigen eine gestörte Polarität. Charakteristisch sind auch Läsionen mit pagetoider Ausbreitung der Siegelringzellen unterhalb erhaltenem nichtneoplastischem Epithel (engl. „pagetoid spread“); hier ist die Kernpolarität in der Regel noch erhalten. Die Anwendung einer PAS- oder D‑PAS-Färbung erleichtert die Entdeckung kleinster Tumorherde und sollte in der Biopsiediagnostik Standard sein [27, 47].

Im Gastrointestinaltrakt können verschiedene nichtneoplastische (entzündliche und nicht entzündliche) Veränderungen eine an Siegelringzellen erinnernde Morphologie („Pseudosiegelringzellen“) zeigen [14]. Hier ist besondere Vorsicht geboten, die Diagnosestellung hat sich an strikten Kriterien zu orientieren, eine Überdiagnose ist zu vermeiden [47].

Die Expression von E‑Cadherin ist bereits beim In-situ-Karzinom reduziert (eventuell „dot-like“) oder fehlend, sodass die Inaktivierung von E‑Cadherin als ein frühes Ereignis gesehen werden kann [10]. Dieses ist aber nicht in allen Fällen der Fall und hängt u. a. auch vom Typ der Mutation ab [47].

Zu beachten ist, dass Mitosen seltener als in der umgebenden nichtneoplastischen Mukosa gefunden werden. Auch der Proliferationsmarker Ki67 (MIB-1) färbt die In-situ-Läsionen und die frühinvasiven Tumorherde zumeist nur schwach an, sodass dieser Marker nicht zur Diagnosesicherung geeignet ist [47].

Befundung

Die Aufarbeitung bzw. Beurteilung des prophylaktischen Gastrektomiepräparats stellt für die Pathologie eine besondere Aufgabe dar. Sie sollte einem strikten Protokoll folgen und zumindest mit einer Skizze, besser fotografisch dokumentiert werden [47]. Bei blander Makroskopie muss häufig der gesamte Magen aufgearbeitet werden, denn es besteht keine Prädilektionsstelle. Die Angaben hierzu in der Literatur sind jedoch widersprüchlich. So findet sich das hereditäre diffuse Magenkarzinom in nordamerikanischen und europäischen Familien in allen Abschnitten des Magens: Herde wurden von der Kardia bis zur präpylorischen Region gefunden und zeigten keine Häufung in einer bestimmten Region. Dagegen berichteten Rogers et al. [40] über 8 systematisch aufgearbeitete Gastrektomiepräparate, bei denen 70 % der Tumorherde im proximalen Drittel des Magens lokalisiert waren. In einer englischen Serie wurden 45 % der Tumorherde im Fundus und 40 % im Korpus beschrieben, bei Aussparung des Antrums [4]. Bei den Maori-Fällen wurden der distale Magen und die Korpus-Antrum-Grenzregion als Prädilektionsstellen angegeben [5, 11].

Im pathologischen Befund ist die Zahl der gefundenen Läsionen, ihre Lage, ihre Größe und die Tiefe der Invasion genau anzugeben. Auch auf Veränderungen in der umliegenden nichtneoplastischen Mukosa ist einzugehen. Eine (zugegebenermaßen sehr umfangreiche) Checkliste für die Abfassung der Diagnose eines prophylaktischen Gastrektomiepräparats ist in den aktuellen internationalen Leitlinien enthalten [47].

Magenkarzinom bei proximaler Polypose

Im Jahr 2011 wurde ein weiteres erbliches Magenkarzinomsyndrom identifiziert und unter der Bezeichnung „gastrales Adenokarzinom und proximale Polypose des Magens“ (engl. „gastric adenocarcinoma and proximal polyposis of the stomach“ [GAPPS]) vorgestellt [49].

Hierbei handelt es sich um ein autosomal dominant vererbtes Polyposesyndrom, welches nur den Magen betrifft, und hier nur die Bereiche des Korpus und Fundus (engl. „oxyntic mucosa“). Betroffene zeigen multiple Polypen in diesem Bereich, welche die Schleimhaut gleichsam austapezieren, während die Antrumschleimhaut charakteristischerweise ausgespart ist. Die Polypen entsprechen weitgehend Fundusdrüsenpolypen, häufig jedoch mit relativ gering ausgebildeten Zysten, dafür dysplastischen Veränderungen, die über die gesamte Höhe der Läsion oder auch nur herdförmig nachweisbar sind. Insgesamt ist das Bild dieser Karzinomvorstufen heterogen, es kommen auch Polypen vor, die eher an hyperplastische Polypen erinnern, mit und ohne Dysplasie [26].

Kürzlich wurde der zugrunde liegende Gendefekt entschlüsselt: Betroffene Familien weisen Punktmutationen im APC-Promotor 1B auf [28]. Das Syndrom wurde in Australien, Kanada und den USA entdeckt. Eine erste europäische Familie wurde unlängst in der Tschechischen Republik beschrieben [37].

Wie hoch das Karzinomrisiko für Mutationsträger ist, ist derzeit noch schwer abzuschätzen. In der Primärpublikation wurde bei verschiedenen Familienmitgliedern eine prophylaktische Gastrektomie durchgeführt, allein schon weil die endoskopische Überwachung bzw. Karzinomfrüherkennung bei ausgeprägter Polypose problematisch ist [49].

Erbliches Pankreaskarzinom

An die Möglichkeit einer zugrunde liegenden erblichen Disposition ist zu denken bei mehrfachem Auftreten von Pankreaskarzinomen innerhalb einer Familie, bei Patientinnen oder Patienten mit anderen syn- oder metachronen Tumoren und/oder ganz allgemein bei einem Alter unter 50 Jahren bei Diagnosestellung [45].

Als erbliches (hereditäres) Pankreaskarzinom wird dabei ein Tumor bezeichnet, der sich auf dem Boden einer bekannten (identifizierten) Keimbahnmutation entwickelt hat. Dieses ist nur bei etwa 20 % der familiären Pankreastumoren der Fall. Ist keine Mutation bekannt und treten in ein und derselben Familie Pankreaskarzinome bei 2 oder mehr erstgradig Verwandten auf, wird diese Konstellation als familiäres Pankreaskarzinom bezeichnet [18, 45]. Das Krebsrisiko nimmt mit der Zahl betroffener Familienmitglieder zu (Tab. 2). Rauchen erhöht das Risiko weiter [41].

Tab. 2 Familiäres Pankreaskarzinom: Risikobewertung in Abhängigkeit von der Zahl betroffener Familienmitglieder. (Modifiziert nach [35])

Verschiedene erbliche Krebssyndrome, die mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Adenokarzinoms des Pankreas einhergehen, wurden in den letzten Jahren aufgeklärt bzw. beschrieben (Tab. 1). Im Rahmen dieser Übersicht kann nur auf die häufigsten Formen eingegangen werden. Neuroendokrine Tumoren oder Karzinome werden nicht berücksichtigt.

Molekularpathologie

Beim hereditären Brust- und Ovarialkarzinomsyndrom (engl. „hereditary breast ovarian cancer syndrome“ [HBOC]) handelt es sich um ein autosomal dominant vererbtes Leiden. Betroffene weisen ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs (47–55 % bis zum 70. Lebensjahr) und auch für Eierstockkrebs (17–39 %) auf. Bei 90–95 % der Patientinnen besteht eine Mutation im BRCA1- oder BRCA2-Gen [45]. Aber auch für andere Tumoren ist das Risiko erhöht [31].

Brose et al. [6] ermittelten für Träger der BRCA1-Mutation ein 2‑ bis 3‑fach erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms. Eine Altersabhängigkeit wurde beobachtet (< 65 Jahre: relatives Risiko 3,1 [95 %-Konfidenzintervall 1,43 bis 6,70]; ≥ 65 Jahre: relatives Risiko 1,54 [95 %-Konfidenzintervall 0,63 bis 3,76]). Andere Gruppen konnten die Ergebnisse in dieser Form nicht bestätigen. So bleiben die Daten derzeit widersprüchlich und das Risiko scheint für Träger von BRCA1-Mutationen insgesamt nur gering erhöht zu sein [1, 32, 35].

Eine BRCA2-Keimbahnmutation ist die bisher häufigste bekannte genetische Alteration beim familiären Pankreaskarzinom [39]. Im Vergleich mit der Normalbevölkerung findet sich ein etwa 3‑ bis 4‑fach erhöhtes Risiko, entsprechend einem Lebenszeitrisiko von 5–7 % [31, 32, 35]. Schon vor rund 20 Jahren untersuchten Goggins et al. [19] Patienten mit Pankreaskarzinom ohne Hinweis auf eine familiäre Disposition und fanden BRCA2-Keimbahnmutationen in 7 % der Fälle. In einer aktuellen Studie untersuchten Salo-Mullen et al. [42] 151 Patienten mit Pankreaskarzinom und detektierten ein hereditäres Brust- und Ovarialkarzinomsyndrom in 11 % der Fälle (4 BRCA1-Mutationen, 13 BRCA2-Mutationen). Obwohl Mutationen in BRCA2 die häufigste identifizierte Mutation in dieser Studie waren, war kein Patient mit BRCA2-Mutation bei Diagnosestellung jünger als 50 Jahre. In dieser Altersgruppe betrug die allgemeine Mutationsfrequenz 29 %, mit nachgewiesenen Mutationen in BRCA1 (n = 2), p16 (n = 2), MSH2 (n = 1) und MLH1 (n = 1).

Die hereditäre Pankreatitis wurde erstmals 1952 beschrieben [13]. Sie wird mit 80%iger Penetranz autosomal dominant vererbt und führt bereits im Kindes- und Jugendlichenalter zu rezidivierenden Schüben einer akuten Pankreatitis. Das mittlere Erkrankungsalter bei Erstmanifestation beträgt 5 bis 19 Jahre [18, 35]. Verantwortlich sind in erster Linie Mutationen des kationischen Trypsinogen-Gens auf Chromosom 7 (PRSS1). Auch eine Mutation des Trypsininhibitors SPINK1 kann für eine hereditäre Pankreatitis verantwortlich sein. Die Mutationen bewirken, dass Trypsin lokal, d. h. bereits in der Bauchspeicheldrüse aktiviert wird und dort seine enzymatische Wirkung ungehemmt entfalten kann [35]. Folge der Entzündung ist ein deutlich erhöhtes Krebsrisiko: Dieses beträgt bis zum 70. Lebensjahr 40–55 %, wobei die Karzinome selten vor dem 50. Lebensjahr manifest werden [29, 30].

Morphologie

Bei der großen Mehrzahl der Pankreaskarzinome handelt es sich um duktale Adenokarzinome. Diese entwickeln sich auf dem Boden mikroskopischer (pankreatische intraepitheliale Neoplasie [PanIN]) oder makroskopischer zystischer Vorläuferläsionen (intraduktale papillär-muzinöse Neoplasie [IPMN], muzinöse zystische Neoplasie [MCN]; [15, 22]).

Auch das familiäre Pankreaskarzinom tritt primär als duktales Adenokarzinom in Erscheinung. Hinsichtlich der Lokalisation innerhalb des Organs, Tumorgröße, Differenzierung, Vorhandensein von Lymph- und Blutgefäßinvasion, Perineuralscheideninfiltration, Lymphknotenmetastasierung, Stadium und Prognose ergeben sich keine Unterschiede im Vergleich mit dem sporadischen Karzinom [24, 44]. Humphris et al. [24] berichteten von einem häufigeren (multifokalen) Auftreten nichtinvasiver Vorläuferläsionen (speziell PanIN2 und PanIN3) im tumorfernen Drüsengewebe (36,8 vs. 23,9 %; p = 0,032). Diese Daten werden von anderen Autoren bestätigt, welche auch IPMN-Läsionen vermehrt beobachteten [7, 43].

Banville et al. [2] beschrieben ein medulläres Pankreaskarzinom bei einem Patienten mit Lynch-Syndrom. Der Tumor war mikrosatelliteninstabil (MSI-H) und wies immunhistochemisch einen Verlust von MSH2 und MSH6 im Tumorgewebe auf.

Fazit für Praxis

  • Das hereditäre diffuse Magenkarzinom und das Magenkarzinom bei proximaler Polypose sind für etwa 1–3 % der Magenkarzinome verantwortlich.

  • Erbliche Faktoren werden für 5–10 % der Pankreaskarzinome verantwortlich gemacht.

  • Bei prophylaktischen Gastrektomiepräparaten ist (gerade auch bei makroskopisch unauffälligem Befund) systematisch nach frühen Veränderungen zu suchen und deren Vorkommen im Präparat exakt zu dokumentieren.

  • Das Karzinomrisiko schwankt je nach Grundkrankheit bzw. in Abhängigkeit von der verantwortlichen Mutation beträchtlich; dieses ist für die Planung von Screeninguntersuchungen zu berücksichtigen und im multidisziplinären Team zu besprechen.