Zusammenfassung
Identität ereignet sich im Übergangsraum zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft. Dabei bedeutet Identität, dass der Einzelne das Empfinden hat, ein einmaliges Wesen sowie ein Wesen mit Vergangenheit und Zukunft zu sein, sich von anderen zu unterscheiden, in vielem anderen aber auch ähnlich zu sein und viel mit anderen zu teilen. Dieses Empfinden der Kohärenz und Kontinuität im Kontext der sozialen Bezogenheit prägt das Leben. Dabei wird zwischen Uridentität, persönlicher und aktueller Identität unterschieden. Für ihre Entwicklung spielen vorsprachliche interpersonelle Prozesse die entscheidende Rolle. Wenn die Balance kippt, die das Identitätsgefühl aufrechterhält, dann entstehen Störungen der Identität, die das Befinden speziell in sozialen Kontakten nachhaltig beeinträchtigen. Es entsteht eine Identitätsdiffusion. Je nach Verwurzelung wird klinisch zwischen einer phasenspezifischen Identitätskrise, einer entwicklungsbedingten Identitätsstörung und einer reaktiven Identitätsstörung unterschieden.
Abstract
Identity takes place in the transitional space between the individual and society. It means that the individual has the feeling to be a unique being with past and future, to be different from others but also to be similar to them in many aspects and share a great deal with them. This sense of coherence and continuity in the context of social relatedness shapes life. A differentiation is made between primary identity, personal identity and current identity. The development is essentially determined by preverbal interpersonal processes. If the balance which sustains the feeling of identity becomes lost then disturbances of the identity occur, which compromise the sense of identity especially in social contexts. An identity diffusion arises. Depending on the fixation, a differentiation is made between phase-specific identity crisis, developmental disorder and reactive identity disturbance.
Notes
In der Lindauer Vorlesung „Identitäten im Lebenszyklus“ 2002 hat sich der Autor ausführlich mit der Thematik befasst, vgl. auch Ermann (2003, 2004).
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Interessenkonflikt
Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Überarbeitete Fassung eines Vortrags anlässlich der Lindauer Psychotherapiewochen 2010.
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Ermann, M. Identität, Identitätsdiffusion, Identitätsstörung. Psychotherapeut 56, 135–141 (2011). https://doi.org/10.1007/s00278-011-0813-8
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