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Allgemeine Empfehlungen der Spurenkommission zur statistischen Bewertung von DNA-Datenbank-Treffern

Recommendations of the German Stain Commission regarding the statistical evaluation of matches following searches in the national DNA database

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Zusammenfassung

Recherchen in der deutschen DNA-Analyse-Datei (DAD) sind ein sehr erfolgreiches Werkzeug zur Ermittlung von Tatverdächtigen in Hinsicht auf die Frage, ob diese als Spurenleger einer bisher nichtzugeordneten Tatortspur in Betracht kommen. Im Zusammenhang mit derartigen Datenbanktreffern wird oftmals ein Treffergutachten angefordert, in dem eine biostatistische Beurteilung des Datenbanktreffers vorgenommen werden soll. Die Frage, ob und in welchem Umfang bei derartigen Gutachtenaufträgen auch die Wahrscheinlichkeit eines „zufälligen“ Datenbanktreffers unter Einbeziehung der Datenbankgröße in die Bewertung einfließen muss, ist Gegenstand der vorliegenden Empfehlungen der Spurenkommission. Es wird dargelegt, dass ein um die Anzahl der Personen in der Datenbank korrigierter Wert und nicht allein die Häufigkeit der Merkmalskombination in der Population der eigentlich relevante Parameter bei der Bewertung eines Datenbanktreffers ist. Anhand von einfachen Fallbeispielen und theoretischen Überlegungen wird ein statistisches Konzept vorgestellt, welches eine Überschätzung des Beweiswertes eines Datenbanktreffers im Einzelfall vermeidet.

Abstract

Speculative searches in a National DNA database using DNA profiles from unsolved crime cases are a powerful tool to identify individuals who cannot be excluded from being contributors of these DNA profiles, and thus may be considered suspects in these cases. When a crime scene profile is matching a person’s profile following a database search, a statistical evaluation of the weight of evidence of this database match is often requested by the investigating authorities. The German Stain Commission has developed recommendations how to adequately take into account the probability of an adventitious match on the background of the database size. Following these recommendations, the relevant match probability can be derived from the frequency of the DNA profile corrected by the actual number of persons in the database. Based on theoretical considerations and using simple examples, a statistical concept is described that allows to calculate either a match probability or a likelihood ratio without overestimating the weight of evidence following a database search.

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Abb. 1

Notes

  1. Die genaue Berechnung mit Ableitung dieser Formel ist in Anhang A gezeigt.

Literatur

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Interessenkonflikt

Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Danksagung

Für die konstruktive Mitarbeit an den hier vorgestellten Empfehlungen wird K. Anslinger (München), I. Bastisch (Wiesbaden) und C. Hohoff (Münster) herzlich gedankt.

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Authors and Affiliations

Authors

Consortia

Corresponding author

Correspondence to P.M. Schneider.

Anhang

Anhang

A. Ableitung der näherungsweisen Berechnung für die Wahrscheinlichkeit eines Datenbanktreffers

Unter der Annahme, dass für alle Personen in der Datenbank der Größe d unabhängig die gleiche Frequenz f wie im Ein-Personen-Fall zugrunde liegt, ergibt sich die Wahrscheinlichkeit (mindestens) eines Datenbanktreffers T D von

(Equ6)

(wenn f∙d klein ist)

Dabei ist (1−f) die Wahrscheinlichkeit, bei einer Person keinen Treffer zu erzielen. Daraus ergibt sich (1−f)d als die Wahrscheinlichkeit, bei keiner von d Personen einen Treffer zu erzielen. 1−(1−f)d ist dann die Wahrscheinlichkeit, „nicht keinen“ also mindestens einen Treffer zu erzielen. Ausmultiplizieren des (1−f)d liefert die nächste Formel. Da

(Equ7)

und

(Equ8)

etc., fallen die weiteren Summanden nicht ins Gewicht, wenn f∙d klein ist, z. B. <0,1.

B. Berechnungsbeispiel nach Datenbanktreffer mit typischer Verbalisierung

In einem angenommenen Spurenfall wird eine Tatortspur S mit dem Umfang von 10 STR-Systemen typisiert. Die kombinierte Merkmalshäufigkeit aller 10 Systeme auf der Basis mitteleuropäischer Frequenzen beträgt ca. 1,0∙10−11. Da sich aus den Ermittlungen kein konkreter Tatverdacht gegen eine Person ergeben hat, erfolgt eine Recherche in einer Datenbank mit angenommenen 1.000.000 Personeneinträgen (d=1.000.000). Die Wahrscheinlichkeit T D für mindestens einen Datenbanktreffer errechnet sich gemäß 2.1 als

(Equ9)

Dies entspricht näherungsweise einer Trefferwahrscheinlichkeit von 1 zu ca. 100.000. Kommt es bei einer Datenbankrecherche zu einem Treffer, so kann dieser Sachverhalt unter gleichzeitiger Angabe der Datenbankgröße und der Häufigkeit der Merkmalskombination wie folgt mitgeteilt werden:

  1. a)

    „Die Datenbankrecherche hat eine Übereinstimmung der Merkmalskombination der Spur mit dem Datensatz einer Person ergeben. Die Wahrscheinlichkeit für das zufällige Auftreten eines solchen Ereignisses zum Zeitpunkt der Recherche beträgt ca. 1 in 100.000.“

Bei Bewertung dieses Szenarios auf Basis eines Likelihood-Quotienten gemäß 2.2 ergibt sich ein Wert von LQ=100.000. Dieser Sachverhalt kann wie folgt mitgeteilt werden:

  1. a)

    „Die Datenbankrecherche hat eine Übereinstimmung der Merkmalskombination der Spur mit dem Datensatz einer Person ergeben. Die Wahrscheinlichkeit für die Beobachtung der Spur ist 100.000-mal größer, wenn der Spurenleger aus der Datenbank stammt, als wenn der Spurenleger aus der Vergleichspopulation stammt.“

C. Beispiel einer DAD-Recherche

Die Problematik eines drastisch reduzierten Beweiswertes von beobachteten Treffern nach einer DAD-Recherche bei unvollständigen DNA-Profilen, die sich aus weniger als den derzeit 8 routinemäßig erfassten DAD-Systemen zusammensetzen (vgl. 1.3), soll an einem Beispiel verdeutlicht werden. Es wurden 6 STR-Systeme mit zufällig ausgewählten Genotypen verwendet, um eine Recherche im Bestand der am 16.04.2009 verfügbaren Daten der DAD mit 6, 5 und 4 STR-Systemen durchzuführen (Tab. 1). Unter Einbeziehung der Datenbankgröße von 630.162 Personen sowie der Häufigkeit der Merkmalskombination (im vorliegenden Beispiel aus der mitteleuropäischen Bevölkerung) wurde die erwartete Häufigkeit von zufälligen Treffern berechnet und mit der tatsächlich beobachteten Anzahl übereinstimmender Identifizierungsmuster verglichen. Es zeigt sich, dass die beobachteten Trefferzahlen den erwarteten Werten entsprechen bzw. sogar darüber liegen. Dies belegt, dass die bei der Berechnung der erwarteten Trefferzahlen zugrunde liegenden Annahmen realistisch sind und daher bei der Bewertung von Treffern nach einer DAD-Recherche berücksichtigt werden müssen.

Tab. 1 Vergleichende Darstellung der theoretisch zu erwartenden und tatsächlich beobachteten Trefferzahlen auf der Grundlage einer DAD-Recherche für 6, 5 und 4 STR-Systeme

D. Glossar

Identifizierungsmuster: Das Identifizierungsmuster umfasst die zwischen Spur und Person übereinstimmenden DNA-Merkmale. Es ist nicht notwendigerweise identisch mit dem vollständigen Merkmalsmuster der Spur bzw. der Person.

Identitätswahrscheinlichkeit: Wahrscheinlichkeit, zufällig eine identische Merkmalskombination in einer Population zu finden; dies entspricht üblicherweise der Häufigkeit (Frequenz) der Merkmalskombination f.

Trefferwahrscheinlichkeit T D : Wahrscheinlichkeit, in einer Datenbank mit der Größe D mindestens eine zufällige Übereinstimmung zu finden.

Likelihood-Quotient (LQ): Grundlage der Berechnung des LQ sind 2 sich ausschließende Hypothesen über die Zusammensetzung der Merkmale einer Spur. Unter den alternativen Hypothesen ergeben sich unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten (Likelihoods) für die Beobachtung dieser Merkmale. Der LQ setzt diese beiden Wahrscheinlichkeiten in ein Verhältnis zueinander.

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Schneider, P., Schneider, H., Fimmers, R. et al. Allgemeine Empfehlungen der Spurenkommission zur statistischen Bewertung von DNA-Datenbank-Treffern. Rechtsmedizin 20, 111–115 (2010). https://doi.org/10.1007/s00194-009-0652-x

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