Etablierung und permanente Weiterentwicklung der DNA-Technologie haben innerhalb der vergangenen 10 Jahre die forensische Untersuchung biologischer Spuren sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht geradezu revolutioniert. Praktisch sämtliche Spuren menschlicher Herkunft sind inzwischen DNA-analytisch typisierbar [1, 2, 3, 4, 5]. Eine zentrale Bedeutung bei der Aufklärung von Kapitalverbrechen haben zwischenzeitlich „latente“, d. h. nichtsichtbare Hautabriebspuren gewonnen [6]. Hammer et al. [7] haben gezeigt, dass durch bloßen Hautkontakt sowohl kernlose Korneozyten als auch kernhaltige Zellen des Stratum granulosum übertragen werden. Da grundsätzlich jede Person zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort Zellmaterial verliert, sind latente DNA-Spuren „omnipräsent“. Lässt sich nach einer Straftat der Tatablauf weitestgehend rekonstruieren, können vom Täter am Tatort hinterlassene Hautabriebspuren gezielt gesichert und zumindest theoretisch auch molekulargenetisch analysiert werden [8]. Die Erfolgsaussichten derartiger Untersuchungen sind jedoch deutlich geringer einzustufen als bei den klassischen Tatortspuren aus beispielsweise Blut oder Speichel. Dies liegt zum einen an der geringeren Menge übertragener Hautzellen, die zudem vorrangig kernlos sind, zum anderen an den bei dieser Spurenart häufig auftretenden komplexen und schwierig zu interpretierenden Mischspurbefunden [9].

Durch die erfolgreiche Typisierung latenter DNA-Spuren wurde in jüngster Zeit eine Vielzahl spektakulärer Aufklärungserfolge erzielt, mit der Konsequenz, dass aufseiten der Strafverfolgungsbehörden eine sehr hohe Erwartungshaltung existiert. So sollen immer häufiger alle Gegenstände, die ein Täter theoretisch angefasst haben könnte, auf „Fremd-DNA“ untersucht werden und zwar unabhängig von der Deliktart, der Schwere der Tat und der Frage nach der Tatrelevanz des Spurenmaterials. Die hieraus zwangsläufig resultierende Konsequenz eines dramatischen Anstiegs des Probenaufkommens hat bundesweit bei allen kriminaltechnischen Untersuchungsstellen zu extrem langen und teilweise unzumutbaren Bearbeitungszeiten geführt. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass über die Sicherung und die Auswertbarkeit latenter DNA-Spuren bislang keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, sollte im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main ein auf 12 Monate begrenzter Feldversuch zur „Sicherung und Auswertung von latenten DNA-Spuren im Bereich der Eigentumskriminalität“ durchgeführt werden. Der Feldversuch ist hierbei wesentlicher Bestandteil der modular aufgebauten hessischen Konzeption zur „Intensivierung von DNA-Maßnahmen unter Berücksichtigung von Effizienzaspekten“. Im Rahmen dieser Studie sollten alle bei Eigentumsdelikten gesicherten Tatortspuren systematisch erfasst, molekularbiologisch untersucht und die Befunde wissenschaftlich ausgewertet werden. Hierdurch sollte die Frage beantwortet werden, inwieweit es sinnvoll ist, die Sicherung latenter DNA-Spuren auch auf den Bereich des einfachen und des schweren Diebstahls auszudehnen und ob eine systematische Sicherung latenter DNA-Spuren zukünftig routinemäßig analog der daktyloskopischen Spurensicherung durchgeführt werden sollte.

Studienablauf und Methode

In der Zeit vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2006 wurden im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main an Tatorten von Eigentumsdelikten und an eingesandten Spurenträgern zu diesem Deliktsbereich insgesamt 4234 möglicherweise DNA-haltige Spuren mithilfe eines Wattetupferabriebs gesichert. Die Spurensuche und -sicherung erfolgte ausschließlich durch gesondert geschulte Mitarbeiter des Erkennungsdienstes des Polizeipräsidiums Frankfurt (K44). Alle Spuren wurden dort zunächst zentral erfasst und zur DNA-analytischen Untersuchung an das Zentrum der Rechtsmedizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt weitergeleitet.

Zur Extraktion wurde jeder Wattetupfer komplett in die Zelllyse durch Proteinase-K-Verdau eingesetzt (56°C, über Nacht). Danach erfolgte die organische Extraktion der DNA mit Phenol-Chloroform und anschließender Alkoholfällung unter Zugabe von Glasmilch (Ultra Bind, Dianova). Vor der DNA-Typisierung wurde von allen Proben im Rahmen eines „Vorscreenings“ zunächst die DNA-Konzentration unter Verwendung des „human DNA Quantifiler Kit“ der Fa. ABI auf einem TaqMan ABI Prism 7300 bestimmt („TaqMan-Verfahren“). Eine Vorstudie an 395 Proben hatte zuvor gezeigt, dass Proben mit einem DNA-Gehalt von weniger als 30 pg/µl in weniger als 2% aller Fälle zu verwertbaren Befunden führen. Diese durch vorliegende Erfahrungswerte des Hessischen Landeskriminalamtes (HLKA) bestätigten Ergebnisse resultierten in der Festsetzung des Schwellenwerts für die Durchführung einer DNA-Typisierungsreaktion auf 30 pg/µl. Proben der Feldstudie mit einem DNA-Gehalt von weniger als 30 pg/µl wurden daher von der weiteren Untersuchung ausgeschlossen und nachfolgend als „TaqMan-negativ“ bezeichnet. Alle Proben mit einem DNA-Gehalt ≥30 pg/µl („TaqMan-positiv“) wurden zur Typisierung in den 8 für die DNA-Analyse-Datei (DAD) relevanten Merkmalssystemen eingesetzt. Hierzu wurden der Multiplex-Kit SGMPlus (Fa. ABI) nach Angaben des Herstellers und eine Duplex-PCR für die Merkmalssysteme SE33 (Primer nach [10]) und FGA (a: 5’-GGCATATTTACAAGCTAGTTTCT-3’; b: 5’-ATTTGTCTGTAATTGCCAGC-3’; BKA, unveröffentlicht) verwendet (jeweils 30 Zyklen). Die PCR-Fragmente wurden auf einem Kapillarelektrophoresegerät (ABI PRISM 3100) separiert und mithilfe der Genescan- und Genotyper-Software analysiert. Die Befunde wurden an das K44 des PP Frankfurt und von dort ggf. zur Erfassung in der DAD an das HLKA weitergeleitet.

Ergebnisse

Quantitative Voruntersuchung mit dem TaqMan-Verfahren

In den 12 Monaten des Feldversuchs wurden 4234 Spuren von ca. 1600 Tatorten einer Voruntersuchung mit dem „TaqMan-Verfahren“ unterzogen. Diese Tatortspuren repräsentierten die komplette Bandbreite aller möglichen gesicherten Spurenarten und umfassten sowohl konventionelle Blut- und Sekretanhaftungen als auch latente Hautabriebspuren in verschiedenen Varianten. Hierdurch ermöglichte die Studie den direkten Vergleich von latenten mit konventionellen DNA-Spuren. Von den 4234 Spuren wurden insgesamt 2663 Spuren (ca. 63%) als „TaqMan-negativ“ bewertet (Abb. 1), d. h. in ca. zwei Drittel aller gesicherten Spuren konnte keine oder keine zur Typisierung ausreichende DNA-Menge nachgewiesen werden. Die verbleibenden 1571 „TaqMan-positiven“ Spuren (ca. 37%) wurden nachfolgend einer DNA-Typisierung mit den beiden oben beschriebenen Multiplex-Systemen unterzogen.

Abb. 1
figure 1

Ergebnisse der TaqMan-Voruntersuchung (n=4234). Der Anteil der Proben mit einer DNA-Konzentration ≥30 pg/µl („TaqMan-positiv“) und <30 pg/µl („TaqMan-negativ“) ist dargestellt

DNA-Typisierung und Analyse der Datenbanktreffer

Für die DAD geeignete DNA-Profile wurden in 396 von 1571 typisierten Proben (ca. 9% der Gesamtzahl) bestimmt, d. h. eine von ca. 4 „TaqMan-positiven“ Proben (ca. 26%) ergab ein eindeutiges DNA-Profil (Abb. 2). Zur Speicherung in der DAD gelangten hiervon tatsächlich 287 DNA-Profile, da für mehrere Spuren eines Verursachers immer nur ein Meldebogen erstellt wurde.

Abb. 2
figure 2

Typisierungsbefunde der TaqMan-positiven Proben (n=1571). Dargestellt sind die verschiedenen Befundklassen mit ihrem jeweiligen prozentualen Anteil bezogen auf die Anzahl aller Proben mit einer DNA-Konzentration ≥30 pg/µl

Die verbleibenden 1175 Proben lieferten entweder unvollständige Teilprofile (ca. 5% der „TaqMan-positiven“ Proben, ca. 2% der Gesamtprobenzahl), mehr oder weniger komplexe Mischspurbefunde (ca. 20% der „TaqMan-positiven“ Proben, ca. 7% der Gesamtprobenzahl) oder vollständig negative Typisierungsergebnisse (ca. 49% der „TaqMan-positiven“ Proben, ca. 18% der Gesamtzahl; Abb. 2).

Nach Erfassung der datenbankfähigen DNA-Muster in der DAD ergaben sich im Erfassungszeitraum 92 Datenbanktreffer (Abb. 3), von denen bislang 62 Treffer (Stand 31.12.2006) zur möglichen Identifizierung des Spurenverursachers führten (Spur-Person-Treffer). Die übrigen 30 Treffer lieferten Ermittlungsansätze über mögliche Tatzusammenhänge (Spur-Spur-Treffer). Etwa 30 Treffer beruhten auf der Untersuchung von konventionellen, nichtlatenten Blut- und Speichelspuren. Ausschließlich auf die latenten DNA-Spuren bezogen, ergaben sich somit 62 Datenbanktreffer.

Abb. 3
figure 3

Schematische Darstellung der Ergebnisse des Feldversuchs. Die prozentualen Angaben geben den Anteil an der Gesamtzahl aller untersuchten Tatortspuren an

Kriminalwissenschaftliche Auswertung in Abhängigkeit von der Spurenart

Für eine detaillierte Bewertung des Feldversuchs wurden die ausgewerteten Spuren nachfolgend einer näheren Betrachtung unterzogen. Die 4234 untersuchten Spuren setzen sich aus ca. 150 verschiedenen Spurentypen mit stark voneinander abweichenden Probenzahlen zusammen. Diese Zahlenwerte variieren im Extremfall zwischen einem Wert von ca. 900 Proben für Kabel-/Steckverbindungen bis hin zu einer einzelnen Probe, z. B. an einem Staubsaugerrohr. Für die sinnvolle Bewertung der Untersuchungsergebnisse wurden die verschiedenen Spurentypen zunächst in verschiedenen Spurenklassen mit statistisch relevanten Probenzahlen zusammengefasst. Insgesamt wurden 12 Spurenklassen (Kategorien; Abb. 4) gebildet. Diese Klassifizierung erfasst ca. 80% aller Spuren. Alle übrigen, nicht eindeutig zu klassifizierenden Spuren wurden unter dem Sammelbegriff „Gebrauchsspuren/Sonstige“ zusammengefasst (z. B. Anhaftungen an einem Sicherungskasten und an einer Mülltonne). Zur Gruppe der latenten DNA-Spuren (ca. 90% der Gesamtanzahl) zählen alle Kategorien außer den mutmaßlichen Blut- und Speichelspuren (ca. 10%). Eine Zusammenfassung der erhobenen Daten zeigt Tab. 1. Die Tabelle enthält die Auswertung der TaqMan-Befunde, der DNA-Profile/Meldebögen und der DAD-Treffer unterteilt in Spur-Person- und Spur-Spur-Treffer. In den ersten 3 Spalten der TaqMan-Befunde steht die Gesamtzahl der untersuchten Proben der entsprechenden Spurenkategorie jeweils dem Anteil der „TaqMan-positiven“ Proben dieser Kategorie gegenüber. Den prozentual höchsten Anteil positiver Proben stellen hierbei erwartungsgemäß Hautabriebspuren von Kleidungsstücken (69,2%), die gesicherten Blut- (62,7%) und Speichelspuren (50,5%) sowie Griffspuren an Handtaschen (51,1%) dar. Die niedrigste Quote „TaqMan-positiver“ Proben wurde bei gesicherten Spuren an Steinen (8%) sowie an Spuren von Tür- und Fenstergriffen (22%) beobachtet.

Abb. 4
figure 4

Aufteilung der Gesamtproben (n=4234) in 12 Spurenkategorien

Tab. 1 Gesamtübersicht der Auswertung der Feldstudie. Die TaqMan-Befunde, DNA-Profile/Meldebögen und DAD-Treffer sind in Abhängigkeit von den Spurenkategorien dargestellt

Die folgenden 3 Spalten der Tabelle (DNA-Profile/Meldebögen) beschreiben die Anteile derjenigen Proben einer Spurenkategorie, bei denen ein eindeutiges DNA-Profil erstellt werden konnte bzw. die Anzahl der tatsächlich in der DAD gespeicherten Meldebögen. In dieser Bewertungskategorie dominierten Blutspuren (54,9%) vor Speichelspuren (25,4%), Hautabriebspuren von Kleidungsstücken (19,9%) und Griffspuren an Handtaschen (17,4%). Am Ende der Rangliste finden sich erneut die Spuren von Tür- und Fenstergriffen (0%) sowie die an Steinen (3,4%) gesicherten Proben.

In den folgenden beiden Spalten der Auswertungstabelle (DAD-Treffer) sind die für die Bewertung des Feldversuchs entscheidenden Effizienzparameter, nämlich die Trefferzahlen als Absolutwerte und in Prozentangaben, bezogen auf die Gesamtzahl der Proben, dargestellt. Darüber hinaus wurde eine Differenzierung der Trefferzahlen nach Spur-Person- und Spur-Spur-Treffern vorgenommen. Vergleicht man die Trefferquoten der verschiedenen Spurenklassen, so rangieren erneut Blutspuren (9,8%) vor Speichelspuren (6,4%) und Hautabriebspuren an Kleidungsstücken (4,8%). Eine statistische Bewertung der übrigen Kategorien erscheint auf der Grundlage der vorliegenden Datenbasis wenig hilfreich, da die Anzahl der Treffer zu gering ist.

Diskussion

Die Ergebnisse des vorliegenden Feldversuchs zur „Sicherung und Auswertung von latenten DNA-Spuren im Bereich der Eigentumskriminalität“ zeigen, dass es generell sinnvoll ist, an Tatorten von Eigentumsdelikten latente DNA-Spuren zu asservieren. Gleichzeitig wird durch die Feldstudie belegt, dass eine ungezielte, massenhafte Sicherung latenter DNA-Spuren die Aufklärungsquote in diesem Deliktsbereich nur unwesentlich zu steigern vermag. Entscheidend für den Ermittlungserfolg ist die gezielte Sicherung von latenten DNA-Spuren. Dies wurde bislang zwar vermutet, durch die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Feldstudie jedoch erstmals an einer repräsentativen Menge von Tatortspuren bestätigt. Die Feldstudie kann daher als fundierte Grundlage für alle künftig geplanten Weiterbildungsmaßnahmen der Tatortbeamten dienen.

Erwartungsgemäß zeigt die Feldstudie, dass die beiden Kategorien der klassischen Blut- und Speichelspuren am häufigsten zu auswertbaren Befunden führen. Mit 62,7% bei mutmaßlichen Blutspuren und 50,5% bei mutmaßlichen Speichelspuren ist der Anteil TaqMan-positiver Proben in beiden Kategorien aber deutlich geringer, als gemeinhin erwartet. Dieser niedrige Prozentwert erklärt sich durch die für die Feldstudie gewählte Art der Spurensicherung. So wurden z. B. alle gesicherten rötlichen Anhaftungen als „mutmaßliche Blutspuren“ und alle gesicherten Spuren an beispielsweise Tassen, Gläsern, Flaschen und Strohhalmen als „mutmaßliche Speichelspuren“ definiert. Ein spezifischer Blut- oder Speichelvortest wurde aus verfahrensökonomischen Gründen nicht durchgeführt.

Der Feldversuch zeigt aber auch deutlich, dass neben den klassischen Blut- und Speichelspuren die Hautabriebspuren an tatrelevanten Täterbekleidungen, (Tat-)Werkzeugen und Schusswaffen in vielen Fällen zu beweiserheblichen Befunden führen. Die DNA-Typisierungen an Kabeln, Steckern, Klebebändern, Lenkrädern und Schalthebeln etc. verlaufen hingegen deutlich seltener erfolgreich. Darüber hinaus sind die an diesen Spurenträgern auswertbaren Befunde nur in sehr wenigen Fällen eindeutig tatrelevant. Nahezu sinnlos erscheinen Untersuchungen von Hautabriebspuren an Gegenständen aus öffentlich zugänglichen Ladengeschäften, aus Telefonzellen, aus Taxis oder allgemein an Türklinken und Fenstergriffen. Bei derartigen Spurenträgern besteht grundsätzlich das Problem, dass die Anzahl der potenziellen Spurenleger nicht näher eingegrenzt werden kann und die festgestellten DNA-Spuren in der Regel von legalen Spurenverursachern stammen (Erfahrungswerte des HLKA). Folgendes Beispiel aus der Feldstudie vermag diese These zu verdeutlichen. Hier wurden für den Deliktsbereich „Handtaschendiebstahl“ insgesamt 61 Spuren an Handtaschen gesichert. Trotz des vergleichsweise hohen Anteils positiver Voruntersuchungen (51%) und der ebenfalls relativ hohen Anzahl an resultierenden DNA-Profilen (17%) konnte für diesen Deliktsbereich bislang nur ein einziger Treffer in der DAD erzielt werden. Dies erklärt sich wahrscheinlich dadurch, dass an Gegenständen des täglichen Gebrauchs (z. B. Handtaschen, Kleidungsteilen, Schmuckstücken) die DNA-Spuren der legalen Spurenleger quantitativ dominieren. „Täterspuren“, d. h. DNA-Material von Personen, die mit dem Gebrauchsgegenstand nur kurzzeitig Kontakt hatten, lassen sich in der Regel nur in den Fällen nachweisen, in denen entweder der Kontakt und die exakte Position des Kontaktes eindeutig dokumentiert wurden (z. B. durch Videoaufzeichnungen, Zeugenaussagen) oder sich das Tatgeschehen über anderweitige Informationen rekonstruieren lässt (z. B. Risse an Kleidungsstücken, tatrelevante Faserspuren).

Für den Aufklärungserfolg ist demnach nicht die Anzahl der gesicherten Spuren, sondern die gezielte Auswahl qualitativ geeigneter, mutmaßlich tatrelevanter Spuren entscheidend. Da die am Tatort zu sichernden Spuren und Spurenträger in der Praxis unendlich variantenreich sind, sind hier die Erfahrung, die Fantasie und das Vorstellungsvermögen des Spuren sichernden Beamten besonders gefragt. Bei der Beurteilung der jeweiligen Spurensituation muss dieser sich auf die Tatrelevanz der Spuren konzentrieren und anhand des mutmaßlichen Tatgeschehens eine sinnvolle Vorauswahl der Spuren treffen. Auch im Hinblick auf die Vermeidung von Mischspuren sollte eine besondere Aufmerksamkeit auf offensichtlich tatrelevante Gegenstände gerichtet werden. Solche können z. B. bei Anwendung brachialer Gewalt des Täters – tendenziell einhergehend mit der Übertragung größerer Mengen Hautabriebspuren – gesichert werden. Eine willkürliche Asservierung von möglicherweise DNA-haltigen Spuren bzw. Spurenträgern führt meist nicht zu beweiserheblichen Befunden, sondern lediglich zu einer unnötigen Bindung von Kapazitäten der Untersuchungsstellen und zur erheblichen Verschwendung finanzieller Ressourcen.

Fazit für die Praxis

Der Feldversuch hat gezeigt, dass die Untersuchung latenter DNA-Tatortspuren in ca. 1,5% der gesicherten Spuren zu einem Treffer in der DAD führt. Eine routinemäßige Untersuchung dieser Spurenart im Bereich der Eigentumsdelikte erscheint daher nur bei einer zielgerichteten Vorauswahl tatrelevanter Spuren empfehlenswert. Die Umsetzung der aus dem Feldversuch gewonnenen Erkenntnisse sollte eine qualitativ verbesserte Tatortarbeit ermöglichen. Aus fachlicher Sicht dürften daher kurz- bis mittelfristig die größten Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung im Bereich der kontinuierlichen Aus- und Fortbildung der Tatortbeamten liegen. In diesem Zusammenhang erscheint ein vom hessischen Innenministerium per Erlass geregelter Maßnahmenkatalog zur hessenweiten Umsetzung der Erfahrungswerte des Feldversuchs äußerst hilfreich. Darüber hinaus dürfte auch eine künftig geplante landesweite statistische Erfassung aller gesicherten Spuren zu einer deutlichen Effizienzsteigerung führen. Eine kontinuierliche Evaluierung dieser Daten könnte somit im Rahmen eines echten „Controllings“ äußerst zeitnah für eine ggf. erforderliche Anpassung des Schulungsbedarfs der hessischen Tatortbeamten herangezogen werden.