Der Zusammenhang zwischen der Anzahl von Implantationen von Hüft- und Knietotalendoprothesen eines Krankenhauses und den postoperativen Ergebnissen wird seit langem diskutiert, ist aber immer noch nicht eindeutig belegt. Wie sich der Wechsel eines Implantatsystems innerhalb einer Klinik auf die Ausfallwahrscheinlichkeit auswirkt, ist ebenfalls unklar. Die vorliegende Studie analysiert mithilfe des Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) den Einfluss der klinikbezogenen Fallzahlen und des Herstellerwechsels auf die Revisionsraten bei Hüft- und Knietotalendoprothesen in Deutschland.

Hintergrund und Fragestellung

Das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) hat bis April 2020 bereits über 1,4 Mio. Implantationen von Hüft- und Knieendoprothesen erfasst. Das erklärte Ziel des EPRD ist die langfristige Beurteilung von endoprothetischen Implantaten und Versorgungsformen [4]. Der wichtigste Surrogatparameter für die Messung der Versorgungsqualität in der Hüft- und Knieendoprothetik durch ein Register ist die Standzeit des Implantats. Auffällig sind im EPRD bereits jetzt zum Teil hohe Revisionsraten nach relativ kurzer Nachverfolgungszeit [1]. Dabei zeigen sich bereits in der Frühphase Faktoren, die einen deutlichen Einfluss auf die Ausfallwahrscheinlichkeit von Hüft- und Knieendoprothesen im EPRD haben. Der Zusammenhang zwischen der Anzahl von Implantationen von Hüft- und Knietotalendoprothesen eines Krankenhauses und den postoperativen Ergebnissen wird dabei seit langem diskutiert. Dieser im englischen Sprachgebrauch als „volume-outcome“-Zusammenhang bezeichnete Effekt, wurde bereits Ende der 1970er-Jahre hinsichtlich der Mortalitätsrate im Bereich der Herz‑, Gefäß- und Prostatachirurgie untersucht [8].

Im Bereich des volume-outcome Effekts ist die Datenlage heterogen

Neuere nationale Datenbankanalysen durch Krankenversicherungen in Taiwan und Kanada zeigen insbesondere bei Knietotalendoprothesen (KTEP) einen direkten Zusammenhang zwischen der Anzahl von Eingriffen in einem Krankenhaus und den postoperativen Ergebnissen sowie Komplikationsraten [6, 16]. Registerstudien aus Finnland weisen dagegen hinsichtlich der Revisionsraten keinen signifikanten „volume-outcome“-Effekt bei KTEP auf [12]. Im Bereich der HTEP ist die Datenlage heterogen und nicht abschließend beurteilbar: In den USA konnte die Analyse einer Medicare-Population keinen „volume-outcome“-Zusammenhang bei der Revisionsrate zeigen [9]. Andererseits zeigt eine kürzlich veröffentlichte Metaanalyse und Review der aktuellen Literatur bessere postoperative Ergebnisse hinsichtlich Infektions‑, Komplikations- und Mortalitätsraten bei Krankenhäusern mit höheren Zahlen an hüftendoprothetischen Eingriffen [10].

Neben der Erfahrung eines Krankenhauses mit einem endoprothetischen Eingriff spielt auch die Erfahrung mit operativen Techniken oder einzelnen Operationssystemen eine Rolle. Hier werden Lernkurven für das Erlernen und Anwenden von neuen Zugängen in der Hüftendoprothetik oder unterstützenden robotischen Systemen in der Knieendoprothetik beschrieben [5, 14]. In der Literatur werden die Lernkurven jedoch hauptsächlich für einzelne Operateure und für kürzere postoperative Zeiträume beschrieben. Daten, inwieweit sich der Wechsel von Implantatsystemen innerhalb von Krankenhäusern eines Landes auf die postoperative Revisionsrate von HTEP oder KTEP im Verlauf auswirkt, liegen nicht mit ausreichenden Fallzahlen vor.

Mutmaßlich scheint die institutionelle Erfahrung eines Krankenhauses mit einem endoprothetischen Eingriff und Implantatsystem auch in Deutschland einen großen Einfluss auf die Revisionsrate und damit die Standzeit von Hüft- und Knieendoprothese zu haben.

Die vorliegende Studie analysiert daher den Einfluss der klinikbezogenen Fallzahlen auf die postoperativen Revisionsraten bei zementfreien HTEP und zementierten bikondylären KTEP in Deutschland. Zusätzlich wird die Auswirkung des Wechsels von einem zuvor verwendeten Implantatsystem innerhalb eines Krankenhauses auf die Ausfallwahrscheinlichkeit der Versorgungen im postoperativen Verlauf mithilfe der Daten aus dem EPRD untersucht.

Material und Methoden

In die vorliegende Studie eingeschlossen wurden alle Patienten, für die eine elektive HTEP bzw. KTEP im Register dokumentiert wurde. Ausschlusskriterien waren Patienten, die eine (teil-)zementierte oder nichtelektive HTEP und eine teilzementierte oder zementfreie, sowie teil- oder vollgekoppelte KTEP erhalten haben.

Im Zeitraum von November 2012 bis März 2019 wurden im EPRD 164.903 zementfreie HTEP und 155.577 zementierte KTEP anhand der Studienkriterien vollständig registriert und nachverfolgt. 656 Krankenhäuser waren in die Analyse eingeschlossen. Als Maß für die Erfahrung der einzelnen Kliniken wurde die Anzahl der Versorgungen als Surrogatparameter jeweils getrennt für HTEP und KTEP verwendet und diese in Kategorien bis 250, 251–500 und >500 Implantationen pro Jahr eingeteilt. Da das EPRD nicht alle endoprothetischen Eingriffe vollständig erfasst, wurden die vorliegenden Qualitätsberichte der Krankenhäuser von 2018 für die Kategorisierung der Größeneinteilung der Krankenhäuser verwendet. Für jedes Haus wurde separat ermittelt, wie viele Behandlungen aus den OPS-Codebereichen 5‑820 (entspricht den Implantationen der Hüftversorgungen), 5‑822 (entspricht den Implantationen von Knietotalendoprothesen), mit Ausnahme des Codes 5‑822.0 (entspricht den Implantationen unikondylärer Knieversorgungen) dokumentiert wurden. Lagen die Behandlungszahlen für einzelne Codes unter 5, so wurden sie in den Berichten aus Datenschutzgründen nicht exakt angegeben und für die Auswertung jeweils als 1 gewertet.

Zusätzlich erfolgte die Analyse hinsichtlich eines Wechsels des Hauptherstellers innerhalb der einzelnen Kliniken anhand der dem EPRD gemeldeten Kalenderquartalszahlen der HTEP und KTEP. Dazu wurde für jede Klinik getrennt für Hüft- und Knietotalversorgungen ermittelt, welchen Anteil welcher Hersteller an allen in dem Quartal implantierten und im EPRD dokumentierten entsprechenden Eingriffen hatte. Als Haupthersteller wurde die Firma definiert, deren Komponenten bei mindestens 70 % der entsprechenden dokumentierten primären Versorgungen im jeweiligen Krankenhaus verwendet wurden. Von Krankenhäusern, die im Zeitverlauf diesen Haupthersteller gewechselt haben, wurden für den anschließenden Vergleich der Standzeiten nur die Versorgungen betrachtet, die nach diesem Herstellerwechsel dokumentiert wurden.

Der statistische Endpunkt dieser Studie ist „revision for any reason“, also jeglicher Wechsel von Implantatkomponenten an zuvor implantierten zementfreien HTEP und zementierten KTEP. Die graphische Darstellung der Ergebnisse erfolgt mithilfe von Kaplan-Meier-Kurven. Um die Standzeiten miteinander zu vergleichen wurde der Log-Rank-Test angewendet. Hierzu wird also nicht nur ein bestimmter Zeitpunkt, sondern der gesamte Beobachtungszeitraum miteinander verglichen [17]. p-Werte unter <0,05 wurden als signifikant gewertet. Die aufgeführten prozentualen Ausfallwahrscheinlichkeiten beziehen sich jeweils auf den Beobachtungszeitpunkt von 3 Jahren nach Implantation.

Ergebnisse

Insgesamt konnten 164.903 zementfreie HTEP und 155.577 zementierte KTEP in unsere Analyse eingeschlossen werden. 59 % der HTEP-Patienten waren weiblich, 41 % männlich. Bei den KTEP-Patienten waren 67 % weiblich und 33 % männlich.

Die Ausfallwahrscheinlichkeit innerhalb der ersten 3 Jahre postoperativ bei der Versorgung mit zementfreien HTEP unterschied sich signifikant mit einer Ausfallrate von 3,9 % bei Krankenhäusern bis 250 Implantationen, 3,3 % bei 251–500 Versorgungen und 2,9 % bei über 500 Implantationen (p < 0,0001, Abb. 1). Ebenso zeigte sich ein signifikanter Unterschied der Ausfallwahrscheinlichkeit bei den zementierten Knie-TEP mit 3,4 % (bis 250 Versorgungen), 3,3 % (251–500 Versorgungen) und 2,7 % bei über 500 Eingriffen pro Jahr (p < 0,0001, Abb. 2).

Abb. 1
figure 1

Kaplan-Meier-Schätzung der Revisionsrate nach primärer zementfreier Hüfttotalendoprothese in Abhängigkeit von den Fallzahlen in den Krankenhäusern

Abb. 2
figure 2

Kaplan-Meier-Schätzung der Revisionsrate nach primärer zementierter Knietotalendoprothese in Abhängigkeit von den Fallzahlen in den Krankenhäusern

Auch ein Hersteller- bzw. Implantatsystemwechsel innerhalb einer Klinik zeigte bereits im kurzfristigen Verlauf einen signifikanten Anstieg der Revisionswahrscheinlichkeit. Bei den Krankenhäusern, die den HTEP-Hersteller gewechselt haben, beträgt die Ausfallwahrscheinlichkeit nach 3 Jahren 3,7 % gegenüber 3,2 % bei Kliniken, die den Hersteller beibehalten haben (p < 0,0001, Abb. 3). Tendenziell wechselten dabei eher Kliniken mit höheren Fallzahlen den Hersteller. Bei den KTEP führte ein Wechsel des Herstellers bei den Krankenhäusern zu einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 3,6 % gegenüber 3,1 % ohne Herstellerwechsel (p = 0,02, Abb. 4).

Abb. 3
figure 3

Ausfallwahrscheinlichkeiten von zementfreien Hüfttotalendoprothesen aus Kliniken, die den Haupthersteller ihrer Hüftprothesen gewechselt bzw. beibehalten haben

Abb. 4
figure 4

Ausfallwahrscheinlichkeiten von zementierten Knietotalendoprothesen aus Kliniken, die den Haupthersteller ihrer Knieprothesen gewechselt bzw. beibehalten haben

Diskussion

Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die institutionelle Erfahrung bei der Implantation von Hüft- und Knieendoprothesen einen deutliche Rolle spielt: Die Ausfallwahrscheinlichkeit von HTEP und KTEP wird signifikant von der Anzahl der durchgeführten Eingriffe im Krankenhaus beeinflusst und auch ein Herstellerwechsel innerhalb einer erfahrenen Klinik führt zu einem deutlichen Anstieg der Revisionsrate.

Diskussionen hinsichtlich eines „volume-outcome“-Zusammenhangs gibt es schon seit über 30 Jahren und nationale Registerdaten sind aufgrund der flächendeckenden Erfassung von Operationen im langfristigen Verlauf für eine derartige Analyse besonders geeignet. Luft et al. veröffentlichten bereits 1979 die Daten hinsichtlich der Mortalitätsraten von verschiedenen chirurgischen Eingriffen von fast 1500 Krankenhäusern in den USA. Jedoch zeigten sich bei HTEP ähnliche Mortalitätsraten bei Krankenhäusern mit 50–100 Eingriffen verglichen zu Krankenhäusern mit ≥200 HTEP [8]. Manley et al. [9] konnten in ihrer Studie einer Medicare-Population von 2008 ebenfalls keine erhöhte Revisionsrate bei „low-volume“-Krankenhäusern finden. „High-volume“-Krankenhäuser waren in dieser Studie allerdings bereits mit ≥100 HTEP/Jahr definiert, was der deutschen Versorgungslandschaft weniger entspricht [9]. Mufarrih et al. [10] zeigten in ihrer Metaanalyse zwar bessere postoperative Ergebnisse hinsichtlich Infektions‑, Komplikations- und Mortalitätsrate bei Krankenhäusern mit höherem Volumen an hüftendoprothetischen Eingriffen, jedoch wurde auch hier keine erhöhte Revisionsrate nach 1 und 3 Jahren postoperativ bei „low-volume“-Krankenhäusern gefunden.

Neuere Untersuchungen zum „volume‐outcome“-Zusammenhang bei KTEP-Implantationen von nationalen Endoprothesenregistern kommen aus Finnland [12]: Dabei wurden die Krankenhäuser in 4 Kategorien (<100, 100–249, 250–449 und ≥450 Implantationen) eingeteilt. Krankenhäuser <100 Eingriffe zeigten dabei keine signifikant höhere Revisions- oder Wiedereinweisungsrate im Vergleich zu Krankenhäusern mit ≥450 Eingriffen. Eine Besonderheit in Finnland ist jedoch, dass Operateure häufig sowohl in „high-volume“- als auch kleineren (privaten) „low-volume“-Krankenhäusern operieren. Wilson et al. [15] analysierten fast 290.000 KTEP-Patienten anhand der New-York-State-Datenbank und versuchten Schwellenwerte für KTEP-Implantationen hinsichtlich Komplikations- und Mortalitätsrate zu bestimmen. Die Schwellenwerte lagen bei <90, 90–235, 236–644 und ≥645 KTEP-Implantation pro Jahr pro Krankenhaus. „Low-volume“-Krankenhäuser unter 90 KTEP pro Jahr zeigten eine besonders hohe Komplikationsrate im Vergleich zu den anderen Gruppen. Die Revisionsrate der KTEP bezogen auf die Krankenhäuser wurde jedoch hier nicht erfasst. Yu et al. [16] analysierten bei 30.828 KTEP-Patienten bei Krankenhäusern unter 75 KTEP pro Jahr eine erhöhte 30-Tage-Wiedereinweisungsrate. Kreder et al. [6] konnten in ihrer Studie mit 14.352 Patienten in Ontario bei „low-volume“-Krankenhäusern unter 48 KTEP-Implantation pro Jahr eine 2,2fach erhöhte Revisionsrate im Vergleich zu Krankenhäusern mit über 113 KTEP/Jahr feststellen.

Bessere Ergebnisse bei „high-volume“-Kliniken können viele Faktoren haben. Krankenhäuser selbst operieren selbstverständlich keine Patienten, sondern die Operation wird in einem Team aus Operateur, Anästhesist, Operations- und Pflegepersonal durchgeführt. Wie in vielen anderen Bereichen gibt es hier aber sehr wahrscheinlich einen „learning by doing“-Effekt, der die Erfahrung des ganzen Teams stärkt und damit gute Langzeitergebnisse gewährleisten kann. Gute postoperative Ergebnisse und zufriedene Patienten können dabei wiederum die Patientenströme zu Krankenhäusern lenken, die bereits ein hohes Volumen an endoprothetischen Eingriffen vornehmen. Die in dieser Studie durchgeführte Einteilung der Krankenhäuser in Gruppen von bis 250, 251–500 und >500 HTEP- bzw. KTEP-Implantationen pro Jahr wurde angewendet, um eine möglichst breite Verteilung der Gruppengrößen zu gewährleisten. Nichtsdestotrotz bleibt die Einteilung der Gruppen nach Anzahl der Eingriffe in gewisser Weise frei gewählt. Gerade der Anteil von Krankenhäusern mit niedrigem endoprothetischem Volumen, die am EPRD teilnehmen, bleibt weiterhin gering [1], sodass unsere Ergebnisse nicht unbedingt repräsentativ für die Mehrheit dieser Kliniken sind. Allerdings ist ab Mitte des Jahres 2021 mit Beginn des Implantateregister Deutschland (IRD) unter Führung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) eine gesetzlich verpflichtende Teilnahme beschlossen. Somit sollen zukünftig alle in Deutschland durchgeführten endoprothetischen Eingriffe an Hüfte und Knie von allen Krankenhäusern im Register erfasst werden.

Unklar ist bei den Ergebnissen unserer vorliegenden Studie, inwieweit die Erfahrung einzelner Operateure oder die Anzahl der Operateure pro Krankenhaus eine Rolle spielen. Lau et al. [7] konnten in einem Review zeigen, dass KTEP-Chirurgen mit niedrigem Operationsvolumen eine höhere Infektions- und Transfusionsrate, längere Operationszeiten und weniger zufriedene Patienten haben. Interessanterweise zeigte sich bei diesem Review jedoch kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Standzeit der Implantate zwischen „low“- und „high-volume“-Operateuren. Wilson et al. [15] definierten Schwellenwerte für KTEP-Implantationen auch für Operateure. Dabei konnten sie zeigen, dass Operateure unter 12 KTEP-Implantation pro Jahr besonders hohe 2‑Jahres-Revisionsraten hatten. Diese Revisionsrate nahm zunehmend ab, bis zu einem erneuten Schwellenwert von 59 Operationen pro Jahr und Operateur. Ravi et al. [13] konnten in einer Kohortenstudie von 37.881 HTEP-Patienten in Kanada zeigen, dass Operateure, die weniger als 35 hüftendoprothetische Eingriffe pro Jahr durchführen, ein höheres Risiko für Luxationen und Frührevisionen haben. Schlussfolgernd empfehlen die Autoren ein Minimum von 35 Hüftprothesenimplantationen pro Operateur und Jahr. Das EPRD kann keine Aussagen zu Fallzahlen und Erfahrung einzelner Operateure oder der Anzahl der Operateure in den jeweiligen Krankenhäusern treffen, da der Operateur nicht erfasst wird. Allerdings wird seit Beginn des Jahres 2020 im EPRD erfasst, ob es sich um einen Weiterbildungseingriff handelt, sodass eine zukünftige Analyse hierzu möglich sein wird. Aufgrund der beschriebenen Problematik bei der Auswertung von endoprothetischen Operationen in einem Krankenhaus erscheint eine Erfassung des Operateurs im Endoprothesenregister sinnvoll (sog. „surgeon level reporting“). Allerdings sollte bei den Ergebnissen auf eine sogenannte Risikoadjustierung der Eingriffe geachtet werden, damit der Operateur der die „kränkeren“ Patienten und schwierigeren Fälle operiert nicht benachteiligt wird. Im National Joint Registry von England und Wales wird der Operateur seit 2008 erfasst. Spezifische Daten, wie individuelle Revisionsraten im Vergleich zur Gesamtheit aller Operateure, sind dabei nur vom Operateur abrufbar. Allgemeine Daten (Alter, Geschlecht, ASA, BMI) und Mortalitätsraten der Patienten der einzelnen Operateure sind im Internet seit 2017 frei zugänglich [11].

Die Erfahrung mit dem Implantatsystem hat einen signifikanten Einfluss auf die Standzeit

Neben der Erfahrung eines Krankenhauses mit einem endoprothetischen Eingriff zeigt die vorliegende Studie, dass auch die Erfahrung mit dem Implantatsystem einen signifikanten Einfluss auf die Standzeit hat. Der Wechsel eines Implantates hat hierbei auch bei „high-volume“-Krankenhäusern in Deutschland einen signifikanten Einfluss auf die Ausfallwahrscheinlichkeit von HTEP und KTEP. Das Phänomen der Lernkurve bei chirurgischen Eingriffen nach dem Motto „Übung macht den Meister“ ist zum Beispiel bei Eingriffen bei Hüftdysplasie [2] oder beim Erlernen eines neuen Zugangs in der Hüftendoprothetik beschrieben [14]. Eine nationale Analyse mit hohen Fallzahlen zum Wechsel eines endoprothetischen Implantatsystems innerhalb eines Krankenhauses ist den Autoren nicht bekannt. Allerdings ist der Schwellenwert von 70 % zur Definition des Hauptherstellers eines Krankenhauses frei gewählt und die Gründe für den Herstellerwechsel sind dem EPRD nicht bekannt. Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass der Wechsel eines bewährten Implantatsystems durch die jeweilige Institution kritisch geprüft und behutsam umgesetzt werden sollte. Hierzu sind Schulungen an Humanpräparaten, sowie ein schrittweises Umlernen einzelner Operateure innerhalb der Krankenhäuser sinnvoll. Die Ergebnisse mit den einzelnen Implantatsystemen für die am EPRD teilnehmenden Krankenhäuser werden zweimal jährlich ausgewertet und den Kliniken zur Verfügung gestellt.

Der in dieser Studie angewendete Endpunkt war „revision for any reason“, also jeglicher Wechsel von Implantatkomponenten an zuvor implantierten zementfreien HTEP und zementierten KTEP. Aufgrund des speziellen Datenflusskonzeptes des EPRD werden Wechsel von Endoprothesen, die in Kliniken, die nicht am EPRD teilnehmen, dennoch über die Abrechnungsdaten der Kliniken erfasst [3]. Die genauen Wechselgründe für die Operation sind dabei dem EPRD nicht immer bekannt. Auch die Zufriedenheit der Patienten mit ihrer Endoprothese ist unklar. Es ist möglich, dass ein Patient unzufrieden mit der Funktion seiner Endoprothese ist und z. B. Schmerzen hat, und die Prothese dennoch aus verschiedenen Gründen nicht gewechselt wird. Die reine Erfassung der Standzeit von Implantaten durch ein Endoprothesenregister scheint daher als „Erfolgskontrolle“ langfristig zu kurz gegriffen. Eine Erfassung der Zufriedenheit und Funktion eines Patienten mit einer Datenerhebung direkt vom Patienten z. B. mittels „patient related outcome measurement“ (PROM) erscheint daher auch für das EPRD zukünftig sinnvoll.

Limitationen

  • Die Volumengrenzen der Krankenhäuser sind frei gewählt.

  • Kleinere Krankenhäuser sind im EPRD unterrepräsentiert.

  • Die genaue Anzahl der Operateure im Krankenhaus ist dem EPRD nicht bekannt.

  • Die Anzahl der Operationen pro Operateur und der Ausbildungsgrad sind bisher nicht bekannt.

  • Die Hauptherstellergrenze mit 70 % ist frei gewählt.

  • Die Gründe für Herstellerwechsel sind unbekannt.

  • Revisionsgründe sind nicht immer genau bekannt.

  • Keine Risikoadjustierung der Studie.

  • Keine Erfassung von PROM im EPRD.

Ausblick

Das EPRD hat sich bereits jetzt – trotz bisher freiwilliger Teilnahme – als Instrument der Qualitätssicherung in der Hüft- und Knieendoprothetik in Deutschland außerordentlich gut bewährt. Mit dem geplanten Beginn des IRD Mitte des Jahres 2021 ist eine gesetzlich verpflichtende Teilnahme aller Krankenhäuser am EPRD beschlossen. Damit ist zukünftig eine Darstellung der gesamten endoprothetischen Versorgungslandschaft in Deutschland möglich. Wie in dieser Studie dargestellt, gibt es signifikant unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich der Standzeit aufgrund der institutionellen Erfahrung bei der Implantation von HTEP und KTEP. Inwieweit die Erfahrung des einzelnen Operateurs zu den Ergebnissen beitragen, ist durch die Daten des EPRD allerdings noch nicht analysierbar. Eine Erfassung des einzelnen Operateurs im Endoprothesenregister unter Risikoadjustierung der durchgeführten Eingriffe („surgeon level reporting“) erscheint daher im EPRD als sinnvoll. Ebenso sollte auch die Messung der Zufriedenheit und Funktion eines Patienten mit der implantierten Endoprothese mittels PROM im EPRD zukünftig möglich sein.

Fazit für die Praxis

  • Die institutionelle Erfahrung beeinflusst die Revisionswahrscheinlichkeit von Hüft- und Knietotalendoprothesen signifikant.

  • Ein Hersteller‑/Implantatsystemwechsel beeinflusst die Revisionsrate auch in erfahrenen Krankenhäusern.

  • Eine Reduktion von vermeidbaren Revisionsoperationen erscheint durch ein hohes Volumen an endoprothetischen Eingriffen pro Krankenhaus möglich.

  • Der Wechsel eines Hersteller‑/Implantatsystem sollte kritisch geprüft und strukturiert umgesetzt werden.

  • Die Ergebnisse mit den einzelnen Implantatsystemen werden für die am Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) teilnehmenden Krankenhäuser zweimal jährlich ausgewertet und den Kliniken zur Verfügung gestellt.