Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

zwischen der Wahrnehmung der Schulterendoprothetik in der öffentlichen Meinung und den tatsächlichen positiven Entwicklungen und Ergebnissen besteht eine deutliche Diskrepanz.

Die Wahrnehmung schwankt oft zwischen Erstaunen und der Ansicht, dass man möglichst lange zuwarten sollte. Dem gegenüber stehen sehr solide, gute mittel- und langfristige Ergebnisse, die die Indikationen und Möglichkeiten des endoprothetischen Ersatzes des Schultergelenks genau aufzeigen. Kappenendoprothesen sind aus einer extraanatomischen Form mit deutlicher Lateralisation in anatomisch angepasste Varianten überführt worden. Hier sind die Indikation, aber auch die Schwierigkeit der korrekten Implantation herausgearbeitet worden. Die anatomischen Endoprothesen der 3. Generation mit Anpassung des Offsets, der Inklination und der Kopfform warten mit ausgezeichneten 10- bis 15-Jahres-Ergebnissen auf, mit weitgehend problemlosem Langzeitverlauf der Schaftverankerung, allerdings noch mit deutlichen Verankerungsproblemen an der Pfanne. Die Weiterentwicklungen konzentrieren sich auf verbesserte Pfannenformen, nach Möglichkeit auch mit Metal-back, und auf die Vermeidung des Schafts, um Probleme beim Wechsel zu minimieren. Für die schaftfreien und Kurzschaftsysteme mit verschiedenen Verankerungsprinzipien liegen zwischenzeitlich mittelfristige Ergebnisse vor. Die weiteren Untersuchungen konzentrieren sich auf die Bedeutung der verschiedenen Verankerungssysteme. Die inverse Endoprothese, am Anfang mit großer Zurückhaltung nur bei Defektarthropathie eingesetzt, nimmt inzwischen in vielen Häusern mehr als 50% der Indikationen ein. Darüber hinaus ist sie ein probates Revisionsinstrument. Die Ergebnisse sind gut, wenn auch mit einer gesteigerten Zahl von Komplikationen gegenüber den anderen Indikationen verbunden. In den USA hat die inverse Endoprothese seit ihrer Einführung 1993 zu einer signifikanten Steigerung der Zahl der Totalendoprothesenimplantationen geführt. Besonders hervorzuheben ist der Nachweis, dass Erfahrung bei gleicher Endoprothese und gleichen, erfahrenen Operateuren hilft, Komplikationen und mögliche Revisionen signifikant zu senken und damit die statistischen Ergebnisse zu verbessern.

Um die Akzeptanz der Schulterendoprothetik zu erhöhen und eine Qualitätskontrolle durchzuführen, beschäftigt sich die Deutsche Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie (DVSE) seit langem mit diesem Gebiet. Seit vielen Jahren wird ein eigenes Schulterendoprothesenregister gepflegt. Im Rahmen der Registerforschung, die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt wird, wurde das bislang in der Schweiz angesiedelte System nach Deutschland überführt und den aktuellen Datenschutzrichtlinien angepasst. Für den Jubiläumskongress in Würzburg wurden über dieses Endoprothesenregister erstmals multizentrische Langzeitergebnisse der inversen Endoprothese sowie kurzfristige Ergebnisse der besonderen Indikationen der inversen Systeme ausgewertet. Eine entsprechende Studie soll für andere Indikationen jedes Jahr durchgeführt werden.

Mit dem gleichen Ziel wurde eine Kooperation mit der deutschen Arbeitsgemeinschaft für Endoprothetik (AE) organisiert. Der Kurs für Schulterendoprothetik wird, gemeinsam organisiert von der DVSE und der AE, am 30. und 31.08.2013 in Berlin stattfinden. Die Übersichtsarbeiten zu den brennenden Themen in dieser Ausgabe spiegeln den hohen Entwicklungsstand und können Grundlage für diesen gemeinsamen Schulterkurs sein.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Freude bei der Durchsicht des vorliegenden Themenhefts.

Prof. Dr. U. Brunner

Prof. Dr. M. Scheibel