Zusammenfassung
Die gegenwärtige Euthanasiediskussion geht häufig von einer doppelten Voraussetzung aus: Einerseits wird die Forderung einer gesetzlichen Freigabe auch der aktiven Euthanasie mit dem Selbstbestimmungsrecht des Sterbenden begründet, andererseits werden die dagegen vorgebrachten Einwände auf ein religiöses Menschenbild zurückgeführt, das in einer pluralistischen Gesellschaft keine allgemeine Verbindlichkeit beanspruchen kann. Demgegenüber zeigt der Autor auf, dass die ethische Argumentation zugunsten der Euthanasie von verdeckten anthropologischen Prämissen lebt, die der realen Situation schwerkranker und sterbender Patienten nicht gerecht werden. Neben der Kritik an einem Menschenbild, das Selbstbestimmung, Autonomie und Unabhängigkeit einseitig ins Zentrum rückt, erläutert er die Aufgabe der Annahme des eigenen Todes und den Sinn der Unterscheidung von aktiver und passiver Euthanasie für das Arzt-Patient-Verhältnis.
Abstract
The present euthanasia discussion is often based on two suppositions: on the one hand legalizing active euthanasia is demanded as the result of the right to self-determination of the person who is fatally ill, on the other hand arguments against the legalization are presented as being based on a religious view of the human person, which cannot be generally accepted in today’s pluralistic society. The author shows that the pro-argumentation is founded on subtle anthropological suppositions, which in no way relate to the real situation of a dangerously ill or dying person. Besides criticizing the lopsided view of the human person based solely on self-determination, autonomy and independence, the need of accepting ones own mortality will be explained as well as the need and sense of differentiating between active and passive euthanasia for the patient-doctor relationship.
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Schockenhoff, E. Sterbenden beistehen. Gynäkologe 40, 966–971 (2007). https://doi.org/10.1007/s00129-007-2076-6
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