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Der Anfang menschlichen Lebens

Eine europäische Diskussion

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Der Gynäkologe Aims and scope

Zusammenfassung

In diesem Beitrag soll versucht werden, einen Überblick über die verschiedenen Positionen zu verschaffen, welche in der europäischen Diskussion von Ethik und Recht zur Frage des Lebensbeginns vertreten werden. Der Fokus liegt dabei auf denjenigen Regelungen, die europaweite Geltung haben oder zumindest in einem supranationalen Rahmen stehen. Normen des nationalen Rechtes finden nur auszugsweise Beachtung. Soweit es die ethischen Positionen betrifft, werden lediglich grobe Argumentationslinien in Form von Schutzkonzepten bezüglich des menschlichen Embryos vorgestellt. Absicht des Beitrages ist es zudem zu zeigen, wie der rechtliche Diskurs mit dem ethischen zusammenhängt. Dabei wird die Position vertreten, dass eine Betrachtung der Rechtsnorm als "geronnene Ethik" der Komplexität der Interaktion von Recht und Ethik zumindest dann nicht gerecht werden kann, wenn dies nur auf den Prozess der Rechtsentstehung bezogen wird. Vielmehr fließen ethische Positionen auch in der Rechtsanwendung mit ein, sodass sich ein komplexes Wechselspiel zwischen ethischer und juristischer Reflexion ergibt.

Abstract

The aim of this report is to summarise the various positions taken in the European discussion regarding ethical and legal aspects in the context of the beginning of human life. The focus lies on the Europe wide, or at least multinational, regulations which are in force. Norms of national law are only considered in broad outline whereas ethical positions are shortly discussed in the form of concepts involving the protection of the human embryo. This report will show how the ethical direction relates to the legal discussion. The position will be taken that a view of the legal norm as "ethically set" cannot be justified in terms of the complexity of the interactions between justice and ethics if only the process of legal development is considered. Rather, the ethical position influences the use of law so that a complex exchange between ethical and juristic considerations must result.

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Notes

  1. Ähnlich vertreten bei Smith, S. 76 f.

  2. Vgl. § 8 Abs. 2 Embryonenschutzgesetz.

  3. "Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt", § 1 BGB.

  4. Als paradigmatisch für derartige Denkansätze kann man wohl immer noch Hans Kelsons Modell betrachten. Dabei wird versucht, die Legitimität eines gegebenen Rechtssatzes aus dem Rekurs auf einen je höherrangigen Rechtssatz herzuleiten. Um einem unendlichen Regress zu entgehen, auf welchen diese Strategie notwendig hinführt, postuliert Kelson eine fiktive und bloß formal zu denkende Grundnorm.

  5. Zum Verhältnis von Sachverhalt und Rechtsnorm siehe Larenz, S. 278 ff.

  6. Unter ethischem Diskurs im weiteren Sinne verstehe ich in diesem Zusammenhang den Wertediskurs der gesellschaftlichen Gruppen, welcher Politik konstituiert. In welchem Verhältnis dieser seinerseits zum ethischen Fachdiskurs im engeren Sinne steht, soll hier nicht thematisiert werden.

  7. Für eine umfassendere Darstellung vgl. z.B. Damschen.

  8. Siehe hierzu Holm, S. 41 f.

  9. Vgl. Holm, S. 42.

  10. Einen kurzen Überblick über die Positionierung verschiedener Religionen zum Status des Embryos findet sich in NEK/CNE, S. 40 f.

  11. Für eine ausführliche Begründung und Verteidigung vgl. Honnefelder, S. 61 ff.

  12. Vgl. Honnefelder, S. 61.

  13. Vertreten u. a. bei Warnock, S. 63 f.

  14. Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit diesem Argument aus Sicht der 2. Position, vgl. Honnefelder, S. 72 ff.

  15. Gemäß Sec. 3(2) des Human Fertilisation and Embryology Act sind zulässige Forschungsvorhaben solche zur Verbesserung von Infertilitätsbehandlung, zur Gewinnung von Erkenntnissen hinsichtlich der Ursachen von Fehlgeburten und Erbkrankheiten, zur Entwicklung wirksamerer Verhütungsmethoden sowie zur Entwicklung von Methoden zur Entdeckung von Gen- oder Chromosomenanomalien vor der Implantation (PGD). Darüber hinaus sind seit 2001 auch Forschungsvorhaben im Bereich der Stammzellforschung gestattet, so zur Gewinnung von Erkenntnissen über schwere Krankheiten und deren Behandlung. Der Human Fertilisation and Embryology Act gestattet in diesem Rahmen die Erzeugung von Embryonen in vitro speziell zu Forschungszwecken.

  16. Beschluss 1513/2002/EG.

  17. Entscheidung 834/2002/EG Art. 3.

  18. Richtlinie 58/44/EG.

  19. Für eine vollständige Liste der Signatarstaaten und Ratifizierungen s. http://conventions.coe.int/treaty/EN/cadreprincipal.htm.

  20. In Kraft getreten am 1. März 2001. Bislang sind 13 Ratifikationen erfolgt.

  21. Explanatory report to Additional Protocol to the Convention on Human Rights and Biomedicine on the Prohibition of Cloning Human Beings, Commentary 6.

  22. Die Interpretationserklärung muss unterschieden werden von der Verwahrung im Völkervertragsrecht. Während bei der Verwahrung ein Teil der Vorschriften des Vertrags für den Verwahrenden abbedungen wird, ist die Abgabe einer Interpretationserklärung lediglich als Ausschöpfung der Freiheit bei der Interpretation der vom Vertrag verwendeten Terminologie zu verstehen. Zur Auslegung völkerrechtlicher Verträge und zu völkervertragsrechtlichen Vorbehalten vgl. Heintschel von Heinegg, S. 115 ff. und S. 139 ff.

  23. Die Niederlande haben die Bioethik-Konvention und das Klonprotokoll bis dato nicht ratifiziert.

  24. Dies auch noch nach dem 14. Tag möglich, da die Bioethik-Konvention keine eigene zeitliche Grenze für die Zulässigkeit der Embryonenforschung setzt.

  25. Vgl. hierzu ausführlich Larenz, S. 320 ff.

  26. Zu den Unterschieden zwischen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu derjenigen höchster Bundesgerichte vgl. Bleckmann, S. 852, Fn. 2006 f., zum Verhältnis von Gesetzgebung und Rechtsprechung allgemein s. auch Isensee, § 163, Rn. 35 ff.

  27. Zur besonderen diesbezüglichen Sorgfaltspflicht des Bundesverfassungsgerichts vgl. Bleckmann, S. 852, Fn. 2004 ff.

  28. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) Bd. 39, S. 1 ff. und Bd. 88, S. 203 ff.

  29. BVerfGE Bd. 39, S. 37.

  30. So BVerfGE Bd. 88, S. 251.

Literatur

  1. Bleckmann A (1993) Staatsorganisationsrecht: Grundlagen, Staatszielbestimmungen und Staatsorganisationsrecht des Bundes. Heymann, München

  2. Damschen G, Schönecker D (Hrsg) (2003) Der moralische Status des Embryo. Pro und contra Spezies-, Kontinuums-, Identitäts-, und Potenzialitätsargument. de Gruyter, Berlin

  3. Department of Health and Social Security (1984) Report of the Committee of Inquiry into Human Fertilisation and Embryology (Warnock Report). Her Majesty's Stationary Office, London

  4. Heintschel von Heinegg W (1999) Der völkerrechtliche Vertrag als primäre Quelle des Völkerrechts. In: Ipsen K (Hrsg) Völkerrecht, ein Studienbuch. Beck, München

  5. Holm S et al. (1998) Ethics of Embryology. In: Enceclopedia of applied ethics, vol 2. Academic Press, San Diego

  6. Honnefelder L (2003) Pro Kontinuumsargument. In: Damschen G, Schönecker D (Hrsg) Der moralische Status des Embryo. Pro und conta Spezies-, Kontinuums-, Identitäts-, und Potenzialitätsargument. de Gruyter, Berlin, S 61–81

  7. Isensee J, Kirchhof P (Hrsg) (1992) Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland. Bd VII: Normativität und Schutz der Verfassung—Internationale Beziehungen. Müller, Jur. Verl., Heidelberg

  8. Larenz K et al. (1991) Methodenlehre der Rechtswissenschaft. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio

  9. Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin NEK/CNE (2002) Zur Forschung an embryonalen Stammzellen. Selbstverlag der Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin, Bern (erhältlich unterhttp://www.nek-cne.ch/de/pdf/SN3_Stammz_de.pdf

  10. Smith ATH (1987) Warnock and after. The legal and moral issues surrounding embryo experimentation. In: ARSP Suppl 32, Ochelton M (ed) Medicine, ethics and law. Association for Legal and Social Philosophy, Stuttgart

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Heyer, M. Der Anfang menschlichen Lebens. Gynäkologe 36, 582–589 (2003). https://doi.org/10.1007/s00129-003-1385-7

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