Einleitung

Die benigne Prostatahyperplasie (BPH) ist der häufigste Grund für eine Blasenauslassobstruktion (BOO) und die Entwicklung eines LUTS („lower urinary tract symptoms“). Berechnungen zufolge werden im Jahr 2019 mehr als 1,1 Mrd. Männer von LUTS/BOO betroffen sein. Versagt die medikamentöse Therapie, wird auf ein operatives Verfahren zur Desobstruktion des unteren Harntraktes zurückgegriffen. Neben den transurethralen Resektionsverfahren für kleine Prostatavolumina wird bei großen Prostatavolumina (>80 cm3) primär die endoskopische Enukleation oder sekundär die chirurgische Prostataadenomenukleation (PAE) empfohlen [1]. Die chirurgische PAE mit einem transvesikalen Zugang wurde erstmals 1900 von Peter Freyer beschrieben [2]. Terence Millin ergänzte die Operationsmethode zugunsten eines transkapsulären Zugangs ab 1945 [3]. Bis zur Einführung der minimalinvasiven Chirurgie galten beide Operationstechniken Jahrzehnte lang als die Standardverfahren der offenen Chirurgie zur Behandlung der BPH.

Mit der laparoskopischen PAE konnte der Blutverlust und das operative Zugangstrauma der Patienten verringert und somit eine schnellere Rekonvaleszenz mit kürzeren Krankenhausaufenthalten erreicht werden. Als Nachteile werden hierbei die längere Operationszeit sowie die flache operative Lernkurve gesehen. Möglicherweise sind dies Gründe weshalb die Technik der laparoskopischen PAE auf nur wenige Zentren begrenzt und die Studienzahlen hierfür gering blieb [4].

Mit der Einführung der roboterassistierten Chirurgie in die Urologie begann ein rascher Wandel von offenen zu roboterassistierten Operationstechniken. In den USA stieg allein zwischen 2003 bis 2010 die Anzahl der roboterassistierten radikalen Prostatektomien von 0,7 auf 42 % [5]. Dieser Wandel wurde auch in der minimal-invasiven Chirurgie mit einem Wechsel von der laparoskopischen PAE hin zu roboterassistierten Prostataadenomenukleation (RAPAE) vollzogen [6]. Die operativen Vorteile der RAPAE liegen im Vergleich zur laparoskopischen Standardtechnik für den Operateur in der verbesserten Übersicht dank der 3D-Sicht, sowie in der deutlich größeren Bewegungsfreiheit der Instrumente. Damit ist eine potentiell bessere Blutungskontrolle durch Nahtligaturen sowie ein geringeres operatives Trauma des Patienten im Vergleich zur offenen Technik bei gleichen funktionellen Ergebnissen verbunden. Zu den Nachteilen zählen die längere Operationsdauer sowie die höheren Kosten im Vergleich zum laparoskopischen und offenen Vorgehen [6].

Bisherige Studien konnten ein geringes Risikoprofil des minimal-invasiven Vorgehens sowohl in der RAPAE [6,7,8,9] als auch bei der laparoskopischen PAE [4, 6] zeigen. Sie bestanden aber aus zumeist kleinen Fallzahlen und ohne Kontrollgruppe zum offenen Standard. Einzig Hoy et al. [9] berichteten von einem Vergleich zwischen offener und roboterassistierten PAE. Hierbei wurden 4 Patienten mit RAPAE 28 Patienten mit einer offenen PAE gegenübergestellt. Hier zeigten sich Vorteile der RAPAE-Gruppe in Bezug auf eine kürzere Krankenhausaufenthaltsdauer und ein geringerer Blutverlust bei längeren Operationszeiten.

Wir beschreiben die Ergebnisse der RAPAE aus 2 High-volume-Zentren (Kurt-Semm-Zentrum für laparoskopische und roboterassistierte Chirurgie des Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel (UKSH) und Prostatazentrum Nordwest, St. Antonius Hospital Gronau).

Patienten und Methoden

Im Zeitraum zwischen August 2011 und März 2017 wurden insgesamt 78 Patienten mit einer stattgehabten PAE retrospektiv ausgewertet. Hiervon erhielten 20 Patienten eine RAPAE im Prostatazentrum Nordwest des St. Antonius-Hospitals Gronau GmbH. 19 Patienten erhielten eine RAPAE im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel. Diesen 39 Patienten wurden 39 Patienten mit stattgehabter PAE aus dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel gegenübergestellt. Die Indikation zur PAE wurde leitliniengerecht gestellt und setzte sich aus Therapieversagen der medikamentösen Therapie und/oder rezidivierenden Harnverhaltungen und einer Prostatagröße >80 cm3 zusammen[1]. Alle Patienten wurden über die Risiken und Folgen des Eingriffs aufgeklärt und nach der folgenden Einwilligung zur Operation behandelt. Die präoperativen Routineuntersuchungen beinhalteten die Patientengeschichte, eine ärztliche Untersuchung, eine sonographische Restharnmessung sowie eine Sonographie des Harntraktes, ein transrektaler Ultraschall zur Diagnostik und Prostatavolumenbestimmung, eine digital rektale Untersuchung der Prostata und die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) und die Erfassung des „International Prostate Symptom Score“ (IPSS). Sofern eine leitliniengerechte Indikation zur Prostatastanzbiopsie bestand, wurde diese präoperativ durchgeführt [10].

Bei allen Patienten wurden, neben den allgemeinen Patientendaten, retrospektiv folgende Daten erfasst: präoperativer PSA-Wert, präoperative Einteilung des physischen Patientenstatus nach der ASA-Klassifikation (Klassifizierung von Patienten für chirurgische Eingriffe der American Society of Anesthesiologists), Prostatavolumen im transrektalen Ultraschall, intra- und postoperative Bluttransfusion, intra- und postoperative Komplikationen mit Erfassung nach der Clavien-Dindo-Klassifikation, Operationsdauer (Schnitt-Naht-Zeit), prä- und postoperativer Hämoglobin(Hb)-Verlauf in den ersten 5 postoperativen Tagen, C‑reaktives Protein (CRP) in den ersten 5 postoperativen Tagen und die stationäre Aufenthaltsdauer [11].

Alle Daten wurde retrospektiv mittels eines Mann-Whitney-U-Test für unabhängige Variablen mit Hilfe einer Statistiksoftware (GraphPad Prism 6, GraphPad Software, La Jolla, CA, USA) ausgewertet. Alle Angaben zeigen den Mittelwert mit der Standardabweichung. Ein p-Wert <0,05 wurde als statistisch signifikant angesehen.

Die vorliegende Arbeit wurde von der Ethikkommission der medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel genehmigt.

Operationstechnik

Roboterassistierte transperitoneale Prostataadenomenukleation

Die RAPAE wurden von 3 Operateuren am UKSH, Campus Kiel und zwei Operateuren am Prostatazentrum Nordwest Gronau am DaVinci-Si- und Xi Operationssystem (Intuitive Surgical, Sunnyvale, CA, USA) mit einer 4‑Arm-Konfiguration in transabdomineller transperitonealer Technik einheitlich durchgeführt.

Patientenpositionierung und Trokarplatzierung

Alle Patienten wurden zunächst in Rückenlage gelagert. Druckpunkte für die spätere Trendelenburg-Lagerung wurden entweder ausgepolstert oder mittels Vakuummatratze abgefedert. Nach einer einmaliger Infusion eines Antibiotikums und dem sterilen Anlegen eines 18-Charrière-Blasenkatheters und eines „team-time-out“ wurde initial eine Minilaparotomie 18 cm kranial der Symphyse durchgeführt und ein Hasson-Trokar (Kii Balloon Blunt Tip, Applied Medical, Rancho Santa Margarita, CA, USA) in das Abdomen platziert und mit Haltefäden an der Bauchwand fixiert. Nach Insufflation von CO2 wurde zum Anfang das Abdomen inspiziert und Verwachsungen, welche eine sichere Platzierung der übrigen Trokare beeinträchtigen würden, mittels einer laparoskopischen Schere gelöst. Hiernach erfolgte die Platzierung der 8‑mm-DaVinci-Trokare in das Abdomen. Für die richtige Positionierung wurde eine Querlinie 15 cm kranial der Symphyse eingezeichnet. Der erste DaVinci-Trokar wurde 12 cm vom Hasson-Trokar ausgehend auf der Querlinie im rechten Mittelbauch platziert. Der zweite DaVinci-Trokar 9 cm vom Hasson-Trokar auf der Querlinie im linken Mittelbauch und 8 cm lateral auf der Linie hiervon der dritte DaVinci-Trokar platziert. Für den Assistenten wurde ein 12-mm-Arbeitstrokar möglichst weit lateral der Querlinie, 2 cm oberhalb der Crista iliaca, und ein weiterer 5‑mm-Arbeitstrokar im rechten Oberbauch auf halber Strecke zwischen Hasson- und ersten DaVinci-Trokar platziert (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Schema Trokarplatzierung. (Mit freundl. Genehmigung, © C. Hamann, UKSH, Klinik für Urologie Campus Kiel, alle Rechte vorbehalten)

Der Patient wurde nun in die tiefe Trendelenburg-Position umgelagert und das DaVinci-System angedockt. Am ersten Arm wurden wechselweise eine monopolare Schere sowie ein Nadelhalter (beides Intuitive Surgical, Sunnyvale, CA, USA) verwendet. Am zweiten Arm wurde ein Plasmakoagulations-Dissektor-Zange (PK-Dissection Forceps, Intuitive Surgical, Sunnyvale, CA, USA) bzw. ein „curved bipolar dissector“ und am dritten Arm eine Zange (Prograsp forceps, Intuitive Surgical, Sunnyvale, CA, USA) verwendet.

Operationstechnik

Nach halbmondförmiger Eröffnung des Peritoneums in das kleine Becken erfolgte die Querinzision der Prostatakapsel etwa 1,5 cm kaudal des zuvor identifizierten Blasenhalses. Nach dem erfolgten Einstieg in die Prostatakapsel wird die Schicht zwischen Adenom und Kapsel aufgesucht und das Adenom zirkulär von der Kapsel getrennt. Das Adenom wird bis zum Apex unter größtmöglicher Schonung des Sphinkterapparats freipräpariert und nach kranial abgesetzt. Nach vollständiger Mobilisation wird das Adenom in einen Bergebeutel (Inzii Retrieval System, Applied Medical, Rancho Santa Margarita, CA, USA) abgeworfen und unter Sicht entfernt.

Nach erneuter Koagulation erfolgt ein Wechsel des transurethralen Katheters auf einen Dauerspülkatheter und die Kapselinzision wird mit einem V‑Loc 3×0-Faden (Medtronic GmbH, Meerbusch, Deutschland) fortlaufend verschlossen. Der transurethrale Katheter wird in der Prostataloge soweit individuell aufgeblockt, dass er der Kapsel von innen anliegt. Nach manueller Spülung der Blase wurde mit der Dauerspülung begonnen.

Offene Prostataadenomenukleation nach Millin

Unter überstreckter Rückenlagerung wurde in der Gruppe der offenen PAE eine standardisierte PAE nach Millin durchgeführt [3].

Postoperativer Verlauf

Alle Patienten erhalten eine Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin und eine Dauerspülung, solange der Urin noch blutig ist. Bei suffizienter Blutstillung wird der einliegende transurethrale Dauerkatheter im Intervall von 4–6 Tagen schrittweise heruntergeblockt, bis er schlussendlich entfernt wird. Dies geschieht bei der RAPAE nach der Durchführung eines Zystogramms und bei der offenen PAE ohne dieses, um einen möglichen transperitonealen Urinaustritt auszuschließen. Hiernach erfolgt eine Restharnmessung und der Patient wird entlassen.

Ergebnisse

Allgemeine Patientencharakteristika

Die präoperativen Parameter aller 78 Patienten wiesen im Gruppenvergleich keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf das Patientenalter (73 ±8,4 Jahre RAPAE vs. 74 ±6,9 Jahre PAE; p =0,54), den präoperativen PSA-Wert (7,7 ±5,2 ng/ml RAPAE vs. 10,7 ±10,0 ng/ml PAE; p =0,17), das Prostatavolumen (130,5 ±42,2 vs. 113,5 ±28,7 cm3; p =0,07) oder der präoperativen ASA-Risikoklassifikation (2,2 ±0,5 vs. 2,3 ±0,5; p =0,26) auf (Tab. 1).

Tab. 1 Übersicht der erfassten Parameter

Peri- und postoperatives Outcome

In der Gruppe der RAPAE zeigte sich ein signifikant niedriger (p ≤0,05) postoperativer Hämoglobinabfall sowohl im Vergleich des präoperativen Hb zum ersten postoperativen Tag, als auch im Vergleich zum niedrigsten Hb-Wert in den ersten 5 postoperativen Tagen (Abb. 2 und 3).

Abb. 2
figure 2

Niedrigster postoperativer Hämoglobin- (Hb‑)Wert im Vergleich zum präoperativen Hb-Wert (RAPAE roboterassistierte Prostataadenomenukleation, PAE Prostataadenomenukleation)

Abb. 3
figure 3

Differenz zwischen präoperativen Hb-Wert und Hb-Wert am 1. postoperativen Tag (RAPAE roboterassistierte Prostataadenomenukleation, PAE Prostataadenomenukleation)

Im Vergleich der höchsten CRP-Werte innerhalb der ersten 5 postoperativen Tage zeigt sich ebenso ein signifikant niedriger Wert (p =<0,05) in der Gruppe der RAPAE (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Spitze des postoperativen CRP-Wertes (C-reaktives Protein) beider Gruppen (RAPAE roboterassistierte Prostataadenomenukleation, PAE Prostataadenomenukleation)

Bei einem von 39 Patienten (3 %) der RAPAE-Gruppe war eine postoperative Blutkonservengabe bei transfusionspflichtiger Anämie notwendig. Dieser hatte bereits vor dem Eingriff aufgrund einer Prostatavenenblutung Blutkonserven erhalten. Im Vergleich hierzu erhielten 10 von 39 Patienten (26 %) der Gruppe der offenen PAE eine postoperative Bluttransfusion. Auch in der offenen PAE-Gruppe musste ein Patient bereits präoperativ Blutkonserven erhalten. Insgesamt wurden 4 Erythrozytenkonzentrate bei der RAPAE und 52 Erythrozytenkonzentrate bei der offenen PAE transfundiert. Im Gruppenvergleich erwies sich der Unterschied beider Parameter (transfusionspflichtige Anämie und Anzahl der Erythrozytenkonzentrate) als statistisch signifikant (p =<0,05).

Im Vergleich der Operationszeiten zeigte sich eine signifikant verlängerte Operationsdauer bei der RAPAE im Vergleich zur offen PAE (178 ±36 vs. 110 ±35 min; p =<0,05) bei signifikant kürzerer Krankenhausaufenthaltsdauer (8,7 ±3,8 vs. 10,6 ±5,9 Tage; p =<0,05; Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Operationsdauer beider Verfahren (RAPAE roboterassistierte Prostataadenomenukleation, PAE Prostataadenomenukleation)

Komplikationen

Die Anzahl der Komplikationen die bis zum Zeitpunkt der Entlassung auftraten wurden nach Clavien-Dindo klassifiziert und sind aus Tab. 2 zu entnehmen. In der RAPAE-Gruppe ereigneten sich statistisch signifikant weniger Komplikationen (0,44 ±0,96 vs. 1,23 ±1,3; p =0,003). In Tab. 3 ist die genaue Auflistung der Einteilung der Komplikationen nach der Clavien-Dindo ersichtlich.

Tab. 2 Anzahl der Komplikationen nach Clavien-Dindo
Tab. 3 Übersicht der Komplikationen eingeteilt nach Clavien-Dindo

Diskussion

Für die vorliegende Analyse wurde ein homogenes Patientenkollektiv gewählt. Die Patienten beider Gruppen haben sich weder in Bezug auf das Alter, das Prostatavolumen, den präoperativen PSA-Wert noch auf die Einteilung nach der ASA-Klassifikation signifikant unterschieden. Das multizentrische Setting in zwei Zentren für roboterassistierte Chirurgie, welche jahrelange Erfahrung in roboterassistierten Operationen besitzen, minimiert das Risiko eines systematischen Fehlers in der Operationstechnik und im perioperativen Management.

Durch die Einteilung der Patienten nach der ASA-Klassifikation können Vorhersagen über die perioperative Morbidität getroffen werden [12]. Für die vorliegende Studie ist aber einzig die Aussage wichtig, dass keine Unterschiede zwischen beiden Gruppen vorhanden sind und somit kein Einflussfaktor für die Gruppenauswertung der Morbidität besteht.

Die postoperative Morbidität wurde nach der Klassifikation von Clavien-Dindo eingeteilt [13]. Beim roboterassistierten Vorgehen traten signifikant weniger Komplikationen als bei der offenen PAE auf. Die Komplikationsraten bei der RAPAE sind mit jenen der Literatur vergleichbar [6,7,8]. Im Vergleich zur RAPAE sind insbesondere die Anzahl der Grad-II- und Grad-III-Komplikationen nach offener PAE deutlich erhöht. Ein Faktor hierfür stellt das deutlich erhöhte Blutungsrisiko in der PAE-Gruppe dar, belegt durch die signifikant erhöhte Transfusionsrate und Transfusionsmenge (beide p <0,05). In der RAPAE-Gruppe wurde bei nur einem Patienten Blutkonserven verabreicht. Dieser benötigte eine präoperative Konservengabe aufgrund einer Prostatarandvenenblutung die zu einer transfusionspflichtigen Anämie führte. Die geringe Konservengabe in der RAPAE-Gruppe ist mit vorhergehenden Studien vergleichbar [7]. Im Vergleich zwischen offener und laparoskopischen PAE konnten jedoch keine Unterschiede bezüglich der Blutkonservengabe festgestellt werden [4]. Während eine Blutkonservengabe als Komplikation der Gruppe II nach Clavien-Dindo zugeordnet wird, sind operative Komplikationen aufgrund vermehrter Blutung in der Gruppe III wiederzufinden. Mit Blick auf die Arten der Grad-III-Komplikationen ist in der PAE-Gruppe ein großer Anteil auf postoperative Blutungen (transurethrale Tamponadenausräumungen) zurückzuführen. Selbst die schweren Grad-4-Komplikation in der PAE-Gruppe (Massenblutung mit Anstieg der Herzenzyme mit nachfolgender perkutaner Koronarangiographie bei Verdacht auf einen NSTEMI) ist auf den hohen intra- bzw. postoperativen Blutverlust zurückzuführen. Die signifikant verlängerte Krankenhausaufenthaltsdauer in der PAE-Gruppe ist nicht nur ein Ausdruck der erhöhten Komplikationsrate dieser Gruppe, sondern auch ein Ausdruck der geringeren Morbidität und damit auch schnelleren Entlassungsfähigkeit in der RAPAE-Gruppe. Die kurze Krankenhausaufenthaltsdauer bei der RAPAE wurde bereits von anderen Autoren beschrieben [6, 7, 9]. Die Krankenhausaufenthaltsdauer ist zwischen verschiedenen Studien insgesamt schwer vergleichbar, da hier verschiedene Gesundheitssysteme mit unterschiedlichen Standardliegezeiten verglichen werden.

Das verminderte Blutungsrisiko in der RAPAE-Gruppe ist mit der deutlich besseren lokalen intraoperativen Blutungskontrolle des roboterassistierten Vorgehens erklärbar. Zum einen ist durch die kontrollierte schrittweise Mobilisierung des Adenoms die gleichzeitige Koagulation der Kapselgefäße direkt vor Ort möglich. Und zum anderen führt der erhöhte intraabdominelle Druck aufgrund der CO2-Insuffliation zu einer Komprimierung der Venen. Somit kommt es zu deutlich weniger intraoperativen und postoperativen Blutungen. Dieser Vorteil spiegelt sich neben den bereits beschriebenen signifikant geringeren Transfusionsraten und Mengen auch im signifikant geringeren postoperativen Hb-Abfall der RAPAE-Gruppe wieder. Dies gilt für den ersten postoperativen Tag gleichermaßen wie für den niedrigsten Hb-Wert in den ersten 5 postoperativen Tagen. Dieser Unterschied ist umso bemerkenswert, da ein transfusionsassoziierter Hb-Anstieg nicht herausgerechnet wurde. Die meisten Studien beziehen ihren Blutverlust entweder auf subjektive Schätzungen des Operateurs oder die dokumentierten intraoperativen Saugvolumina. Unseres Erachtens sind diese zur Beurteilung des tatsächlichen Blutverlusts jedoch unzureichend, da die Saugvolumina auch Transsudate (wie z. B. Urin) beinhalten und diese vom Flüssigkeitsstatus des Patienten abhängen. Des Weiteren verbleibt beim roboterassistierten Vorgehen lagerungsbedingt Flüssigkeit vermehrt im Situs an Stellen, an denen technikbedingt keine Flüssigkeit abgesaugt werden kann (z. B. subphrenisch). Hier macht es in unseren Augen mehr Sinn, den messbaren Hb-Abfall als Parameter des unterschiedlichen Blutverlusts zwischen den Gruppen heranzuziehen, auch wenn hierüber keine Aussage über den tatsächlichen Verlust getroffen werden kann. Aufgrund der Operationstechnik wird aus operativer Sicht zumeist ein restriktives intraoperatives Flüssigkeitsmanagement bevorzugt, was aber direkt postoperativ aufgehoben wird, da auch aus anästhesiologischer Sicht ein ausgeglichener Flüssigkeitshaushalt angestrebt wird [14].

Als letzter Parameter ist der direkt postoperative CRP-Anstieg in der RAPAE-Gruppe signifikant niedriger. Dies kann als Zeichen der geringeren Invasivität beim minimal-invasiven Vorgehen gewertet werden, wobei dies allerdings in der Literatur umstritten ist [15,16,17]. Die Operationszeit ist aufgrund des größeren perioperativen Aufwands der roboterassistierten Operationstechnik im Vergleich zur offenen PAE verlängert und wurde bereits beschrieben [6, 9].

Limitierend in dieser Studie sind zum einen die retrospektive Datenerhebung sowie das Fehlen der funktionellen Ergebnisse, da hierzu keine vollständigen Daten vorlagen. In der Literatur sind diese nach RAPAE als gut bewertet [6, 9], müssten aber in zukünftigen Studien prospektiv evaluiert werden.

Fazit

Die roboterassistierte Prostataadenomenukleation (RAPAE) stellt eine sichere und komplikationsarme Alternative zur offenen Prostataadenomenukleation (PAE) bei der operativen Behandlung großer Prostataadenome dar.