Zusammenfassung
Entscheidungen über das Ausmaß der Therapie schwerkranker Patienten können ein ethisches Dilemma sein, wenn die Forderung nach lebensverlängernden intensivmedizinischen Maßnahmen der Absicht entgegensteht, unnötige Belastungen der Patienten zu vermeiden. Wir berichten Ergebnisse einer schriftlichen Umfrage unter den Ärzten neurologischer Intensivstationen in Deutschland zur Behandlung von Patienten mit einer Basilaristhrombose und einem Locked-in-Syndrom. Von den 93 Ärzten, die geantwortet hatten, sprachen sich 52% für den Verzicht auf eine antibiotische Behandlung im Falle einer schwerden Infektion aus. 38% befürworteten die Einstellung aller intensivmedizinischen Behandlungsmaßnahmen. Demgegenüber würden 55% den Patienten erneut intubieren, sofern die Gefahr einer Aspiration besteht. Diese Entscheidungen sollten nach Meinung von 58% detailliert mit dem Patienten, nach Meinung von 87% detailliert mit den Angehörigen besprochen werden. Fast alle Ärzte (97%) sprachen sich jedoch für eine ausreichende Medikation mit Opiaten und Benzodiazepinen aus. In besonders ausgewählten Einzelfällen würden 99% eine passive und 19% eine aktive Sterbehilfe befürworten. Diese Ergebnisse zeigen, daß es derzeit in bezug auf einige der relevanten Therapieentscheidungen keinen Konsens unter den Ärzten neurologischer Intensivstationen gibt. Ein offenerer Meinungsaustausch hierüber könnte helfen, die vielfältigen ethischen Aspekte bei der Behandlung dieser Patienten angemessen zu berücksichtigen.
Summary
Decisions regarding the extent of treatment of severely ill patients can be an ethical dilemma when life-prolonging intensive care contradicts the goal of avoiding unnecessary suffering on the part of the patient. Here we present the results of a written survey of physicians on neurological intensive care units in Germany regarding the treatment of patients with basilar artery thrombosis and locked-in syndrome. 52% of the 93 physicians who replied advocated not treating severe infections with antibiotics. 38% were in favor of stopping intensive care. In contrast, 55% recommended intubating the patient in the presence of swallowing disturbances and imminent aspiration. 58% were in favor of discussing these problems in detail with the patient, and 87% advocated discussing them with relatives. Nearly all physicians (97%) recommended using adquate amounts of opiates and benzodiazepines. In very rare cases, 99% would agree to the use of passive ethanasia and 19% to active euthanasia. These findings illustrate the current disagreement on some of the important treatment decisions among physicians on neurological intensive care units. An open exchange of views on these questions could facilitate the appropriate consideration of ethical matters in the treatment of these patients.
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Thiel, A., Schmidt, H., Prange, H. et al. Die Behandlung von Patienten mit Thrombosen der Arteria basilaris und Locked-in-Syndrom Ein ethisches Dilemma. Nervenarzt 68, 653–658 (1997). https://doi.org/10.1007/s001150050176
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DOI: https://doi.org/10.1007/s001150050176