Hinführung

Traumata an Kniegelenk und oberem Sprunggelenk gehen häufig mit osteochondralen Abscherverletzungen einher. Die Therapie selbiger ist bis heute kontrovers diskutiert. Es wird zwar meist die primäre Refixation empfohlen, das Evidenzlevel dieser Empfehlungen ist allerdings sehr niedrig. Es ist bisher kein langfristiges Outcome beschrieben. In dieser Arbeit wurden die langfristigen klinischen und MR-morphologischen Ergebnisse nach Refixation osteochondraler Fragmente mit PLLA-Implantaten nachuntersucht.

Hintergrund

Mehrere Studien konnten zeigen, dass im Falle von Kniegelenk- bzw. Sprunggelenktraumata häufig osteochondrale Begleitverletzungen auftreten [11]. Hierbei zeigte Arøen [3], dass bei 11 % von 993 Kniegelenkarthroskopien Knorpelpathologien vorlagen. Bei Kindern im Durchschnittsalter von 14 Jahren zeigte sich bei 88 Patienten mit 109 Patellaluxationen in 9 % der Fälle [17], über die gesamte Population gesehen, bei ca. 50 % der Patellaluxationen eine osteochondrale Verletzung [35].

Im Bereich des Sprunggelenks sind ca. 2–5 % aller Distorsionstraumata, die zu einer Kapsel‑/Bandläsion führen, mit akuttraumatischen osteochondralen Läsionen vergesellschaftet [19]. Ein Innenrotations‑, Plantarflexions- und Inversionstrauma führt dabei zu einem Schaden an der medialen Talusschulter, während ein lateraler Schaden durch eine Kombination aus Dorsalextension, Inversion und axialer Belastung entsteht [8].

Unbehandelt bzw. übersehen können diese Pathologien im Lebensverlauf zu erheblichen Folgeschäden bzw. Beschwerden führen, da der Knorpel nur eine geringe Selbstheilungspotenz besitzt [9].

Liegt ein Knorpelschaden vor, zeigt die Literatur in Abhängigkeit von der Größe des Fragments und der Schwere des Schadens verschiedene Therapieoptionen. Neben der Pridie-Bohrung, der Mikrofrakturierung und der autologen matrixinduzierten Chondrozytogenese (AMIC) als regenerative Verfahren, stehen transplantierende Verfahren (osteochondrale Zylinder (OCT), die autologe Chondrozyten-Transplantation (ACT) [12]) und die Minced Knorpeltherapie [32] zur Verfügung.

Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft sollten Defekte bis 2,5 cm2 (OSG <1,5 cm2) bei niedrigem bis moderatem Aktivitätsniveau mit knochenmarkstimulierenden Verfahren (Mikro- oder Nanofrakturierung) bzw. bei hohem Aktivitätsniveau eher mit einer ACT versorgt werden. Defekte ab 2,5 cm2 (OSG >1,5 cm2) können mit einer ACT oder mit einer AMIC behandelt werden. Ab 4 cm2 kommt am ehesten die ACT infrage [2, 28, 31]. Die Transplantation von osteochondralen Zylindern wird von vielen Autoren zunehmend kritisch gesehen und hat einen abnehmenden Stellenwert [28].

Alle Methoden haben jedoch gemeinsam, dass keine vollwertige Wiederherstellung des Ausgangszustands und Überdeckung des Defekts mit hyalinem Knorpel erfolgt. In allen Fällen entwickelt sich langfristig ein Mischknorpelgewebe mit unterschiedlichen Anteilen von Faser- und hyalinem Knorpel [7].

Aus diesem Grund wird aktuell empfohlen, ein noch vorhandenes osteochondrales Fragment zu refixieren. Da Langzeitergebnisse hierzu bisher fehlen, handelt es sich dabei am ehesten um Expertenmeinungen mit entsprechend geringer Evidenz.

Im Verlauf der Jahre versuchte man zunächst, die Fragmente mittels eines metallischen Osteosynthesematerials zu refixieren. Dies hatte den Nachteil der Notwendigkeit einer weiteren Operation zur Metallentfernung und eines potenziellen Schadens durch das in der Gelenkfläche liegende Osteosynthesematerial [42].

Mit Weiterentwicklung der Materialen kamen im Verlauf Gewebekleber auf den Markt. Diese hatten jedoch lediglich eine geringe Stabilität, sodass langfristige Gipsruhigstellungen notwendig waren und dies zu Folgeschäden führte. Ebenfalls bestand initial aufgrund des Inhaltsstoffes Fibrinogen das Restrisiko einer Infektion. Bei den neueren Produkten ist dieses Risiko deutlich reduziert [20, 34].

Der nächste Schritt in der Entwicklung waren bioresorbierbare Materialen, wie Polyglykolide (PGA) und Polylactide (PLLA). Die ersten Implantate zeigten v. a. im Bereich der PGA noch große Nebenwirkungen wie z. B. Fremdkörperreaktionen, Zystenbildung etc. [6, 16]. Mit zunehmender Entwicklung konnten diese reduziert werden. Aufgrund der sehr geringen Komplikationsrate von 0,1 % und extrem seltenen Nebenwirkungen setzten sich v. a. die PLLA-Materialien durch.

Neu zur Verfügung stehen aktuell biodegradierbare Implantate aus Magnesium (MAGNEZIX®, Fa. Syntellix AG, Hannover). Hier gibt es derzeit nur kurzfristige Ergebnisse [5].

Trotz der zuvor beschriebenen Häufigkeit der Verletzungen gibt es kaum langfristige Studienergebnisse, insbesondere zur Refixation der osteochondralen Fragmente mit PLLA-Materialen. Aus der eigenen Arbeitsgruppe liegen aus 2 Studien kurz- und mittelfristige Ergebnisse vor [13, 39].

Ziel dieser retrospektiven Arbeit war die klinische und MR-morphologische Untersuchung langfristiger Ergebnisse nach Refixation traumatischer osteochondraler Läsionen mittels bioresorbierbarer Implantate an Knie- und oberem Sprunggelenk.

Material und Methoden

Patientenkollektiv

In die Studie wurden 12 Patienten mit 13 Läsionen eingeschlossen (10-mal Kniegelenk, 2‑mal OSG), bei denen ein Trauma Ursache des osteochondralen Schadens war. Bei allen Patienten war zwischen dem Jahr 2000 und 2005 eine Refixation eines traumatisch abgelösten osteochondralen „flake“ mittels PLLA-Implantaten durchgeführt worden. Eine isolierte Separation im Rahmen einer Osteochondrosis dissecans war ein Ausschlusskriterium für die Studie.

Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 26,75 (±8,68) Jahre zum Operationszeitpunkt. Mittels bioresorbierbarer PLLA-Implantate (Fa. Bionx, Tampere, Finnland) wurden die osteochondralen Fragmente an Femur (2-mal), Patella (8-mal), Tibia (einmal) und Talus (2-mal) refixiert. Hierbei lag bei einer Patientin eine Kombination aus Fragment an Patella und benachbartem Dissekat am Femur vor. Die Durchschnittsgröße der osteochondralen Fragmente betrug 3,33 cm2 (±2,33). Die Studie wurde im Schnitt 13,9 (±1,2) Jahre postoperativ durchgeführt, wobei 8 der 12 Patienten bereits an einer Studie nach 6,5 Jahren teilnahmen.

Neben der osteochondralen Verletzung fand sich in 7 Fällen eine Patellaluxation. Diese wurde mit einer medialen Dopplung und einem lateralen Release adressiert. In diesem Patientenkollektiv mit Luxation kam es nur bei einer Patientin zu einer Reluxation.

Sechs Patienten zeigten eine isolierte Abscherung an der Patella. Bei einem Patienten lag eine Kombination aus vorderer Kreuzbandruptur, Innenmeniskuskorbhenkelriss und Abscherung an der Femurkondyle vor. In einem Fall lag ein isoliertes osteochondrales Fragment am Femur vor und in einem weiteren Fall eine Kombination aus Osteochondrosis dissecans (OD) und frischer osteochondraler Abscherung an der Patella. Ein Patient mit Abscherung an der Tibia wies zusätzlich eine mediale und laterale Tibiakopffraktur auf. Bei beiden untersuchten Sprunggelenken fand sich eine isolierte Abscherung an der medialen Talusschulter mit begleitender Verletzung des Außenbandkomplexes.

Methoden

Bei allen Patienten wurde nach entsprechender klinischer Untersuchung und konventioneller Röntgenbildgebung eine Magnetresonanztomographie (3 T) zur weiterführenden Diagnostik durchgeführt (Abb. 1). Nach Indikationsstellung und den standardisierten Operationsvorbereitungen erfolgte dann durchschnittlich 9 (±7,83) Tage nach der Verletzung die Operation.

Abb. 1
figure 1

Präoperative Bildgebung: retropatellarer osteochondraler Defekt an der kaudalen, medialen Patella. a Axial – Vertikaler Pfeil markiert Frakturbett, horizontaler Pfeil das Ödem, b axial – osteochondrales „flake“, c sagittal – Pfeil zeigt das Frakturbett, d sagittal – Pfeil markiert das Flake

Nach einer diagnostischen Arthroskopie wurde im Anschluss die Reinigung der Fragmente über eine Arthrotomie durchgeführt, und Fragmente mit einer Mindestgröße von 7–8 mm mit subchondraler Knochenlamelle wurden selektiert. Kleinere bzw. instabile Fragmente wurden verworfen.

Im nächsten Schritt wurde das Frakturbett gereinigt und angefrischt. Es folgten eine ergänzende Mikrofrakturierung und gründliche Einpassung des Fragments in das Frakturbett. Die Retention erfolgte dann mittels bioresorbierbarer PLLA-Implantate (Fa. Bionx, Tampere, Finnland) in entsprechender Anzahl und Größe (Abb. 2). Die Implantate hatten eine Länge von 16–25 mm und einen Durchmesser von 1,5–2,7 mm. Es wurden je nach Größe des osteochondralen Fragments 2 bzw. 3 Implantate verwandt. Diese haben eine Resorptionsdauer von mindestens 5 Jahren bei einer Biegefestigkeit von 238 N/mm2 [6].

Abb. 2
figure 2

Intraoperative Bildgebung: a Frakturbett, b osteochondrales „flake“ in situ, c osteochondrales Flake ex situ, d refixiertes Flake mit 2 „smart nails“ an dem Defekt der kaudalen, medialen Patella

In einem Fall wurden eine ergänzende offen chirurgische vordere Kreuzbandplastik mit dem mittleren Patellarsehnendrittel sowie eine Resektion eines Innenmeniskuskorbhenkelrisses durchgeführt. Drei weitere Patienten erhielten eine mediale Dopplung des Retinaculums nach Majo mit lateralem „release“. Bei 2 Patienten erfolgte lediglich ein laterales Release. Eine Patientin erhielt eine begleitende Anbohrung einer OD mit Spongiosaanlagerung mit Entnahme vom Beckenkamm. Diese Anbohrung erfolgte unabhängig von der Traumagenese bei Zufallsbefund. Das MR-morphologische Ergebnis dieser Läsion floss nicht in die Studie ein. Bei einem weiteren Patienten erfolgte eine begleitende Schraubenosteosynthese einer Tibiakopffraktur.

Klinische Untersuchung und Scores

Zur Objektivierung des klinischen Ergebnisses wurden folgende 8 etablierte Scores verwendet: Visuelle Analogskala Schmerz (VASS), Tegner-Aktivitätsscore, Lysholm Score, McDermott Score, Knee Society Score (KSS), Western Ontario and McMaster Universities Osteoarthritis Index (WOMAC), American Orthopaedic Foot and Ankle Society Score (AOFAS), The foot and ankle disability score – Sports module (FADI+Sports) [4, 14, 18, 21, 24, 27, 36, 41].

Radiologische Untersuchung

Magnetresonanztomographie

Die knöcherne Integration und Knorpelmorphologie wurde mittels 3 T MRT (Magnetom Skyra, Fa. Siemens Healthineers, Erlangen) untersucht. Hierbei wurde eine kommerziell erhältliche 16-Kanal-Oberflächenspule (Fa. Noras, Höchberg) mit einem zuvor festgelegten Untersuchungsprotokoll verwendet. Dabei wurden die Knie- und Sprunggelenke der untersuchten Patienten mittels protonengewichteter Sequenz (PD) triplanar dargestellt (sagittal, koronar, transversal). Zur dreidimensionalen Volumenakquisition wurde die knorpelsensitive „3D-double-echo-steady-state“(DESS)-Sequenz angewendet. Zur Beurteilung des Vorliegens einer Osteonekrose wurden zudem kontrastmittelverstärkte (Gadolinium) T1-gewichtete Sequenzen angefertigt.

Radiologischer Score

Zur Evaluation der Fragmentvitalität, des Knorpelstatus und des Vorliegens von Osteolysen und Nekrosen wurde in dieser Studie ein modifizierter Score nach Henderson et al. [15] verwendet. Der Score berücksichtigt die Signalintensität des Knorpels, die Oberflächenkonturen von Knorpel und Knochen, die Transplantatintegration, das Vorhandensein und ggf. Ausmaß von Nekrosen, Knorpeldicke sowie das Vorhandensein und Ausmaß von Osteolysen und Knochenmarködemen. Dabei wurden für jede der 8 Kategorien einer bis 4 Punkte vergeben (1: optimales Ergebnis, 4: schlechtestes Ergebnis). Somit konnten jeweils 8 (exzellent) bis 32 (schlecht) Punkte erreicht werden.

Des Weiteren wurde im Vergleich zu der mittelfristigen Nachuntersuchung von Wachowski et al. [39] ergänzend der derzeit üblicherweise zur Evaluation von Knorpeltransplantaten benutzte Magnetic Resonance Observation of Cartilage Repair Tissue (MOCART) Score verwandt [40].

Der MOCART Score setzt sich aus 9 verschiedenen Variablen zusammen und ist damit detaillierter als der Henderson-Score. Die verschiedenen Variablen des MOCART Score beschreiben die Morphologie und die Signalintensität des Knorpelersatzgewebes und des angrenzenden gesunden Knorpels sowie die Integration des Transplantats in das umliegende Knorpelgewebe. Eine vergleichbare Dicke, eine homogene Oberfläche des Knorpels im Vergleich zum angrenzenden, gesunden Knorpel, eine vollständige Integration in den chondralen Verbund sowie eine intakte subchondrale Knochenlamelle und ein intaktes Knochenmark gelten als Kriterien für eine erfolgreiche Knorpelersatztherapie.

Ergebnisse

Im Rahmen der vorliegenden Langzeitstudie wurden insgesamt 12 Patienten mit 13 Läsionen (7 Männer, 5 Frauen) klinisch sowie MR-morphologisch nachuntersucht. Es fand sich eine relative Homogenität der Fragmentgröße zwischen den Fragmenten am Femur 4,2 cm2 (±3,5), der Patella 2,9 cm2 (±1,6), der Tibia 6 cm2 und dem Talus 2,2 cm2 (±0,7). Die ausführlichen Daten des Patientengutes sehen Sie in Tab. 1.

Tab. 1 Allgemeine Studiendaten zum Patientenkollektiv

Klinische Ergebnisse

Die Patienten berichteten im Rahmen der klinischen Nachuntersuchung nach durchschnittlich 13,9 (±1,2) Jahren über gute bis exzellente Ergebnisse und gaben eine hohe Zufriedenheit an.

Mit 1,2 (±1,7) für die Kniepatienten und 2,5 (±2,5) für die Sprunggelenkpatienten wurde ein sehr niedriges durchschnittliches Schmerzniveau in der VASS angegeben. Dabei fiel auf, dass 6‑mal ein Wert von 0 und somit eine völlige Beschwerdefreiheit angegeben wurden. Eine Patientin gab einen Wert von 1 an. Das durchschnittliche Alter dieser 7 Patienten lag bei 35,2 (±7,1) Jahren. Der Älteste dieser Gruppe war zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung 44 Jahre alt. Drei weitere Personen gaben hingegen einen deutlich höheren Wert von 3–4 an. Diese wiesen auch ein höheres Durchschnittsalter von 52 (±1,4) Jahren auf. Die beiden Sprunggelenkpatienten hatten ein Alter von 43 und 45 Jahren.

Durchschnittlich wurde ein mäßiges postoperatives Aktivitätsniveau von 4,4 (±1,3) im Tegner-Aktivitätsscore angegeben. Vor der Verletzung gaben die Patienten einen Wert von 5,8 (±1,3) an, für die Sprunggelenkfrakturen 5,5 (±1,5) vor und 6 (±1) zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung.

Die Funktionsfähigkeit des betroffenen Gelenks schränkte die Patienten im Alltag wenig ein, was sich im hohen Lysholm-Wert von 85,7 (±12,2) für die Kniepatienten und 87 (±13) für diejenigen mit Verletzung am Talus abbildet.

Auch im McDermott Score finden sich sehr hohe Punktzahlen mit 90,7 (±8,6) für die Knie- und 88 (±12) für die Talus-Patienten, was einem sehr guten Ergebnis entspricht.

Im KSS werden zumeist exzellente Werte von durchschnittlich 189 (±14,2) erreicht. Dabei fallen sogar 2 Ausreißer mit 165 und 159 auf. Ohne diese beiden erreichen die Probanden Werte von 195,9 (±4,6), was einem exzellenten funktionellen Ergebnis entspricht.

Die Auswertung des WOMAC ergab mit einem Wert von 6,16 % (±8,45 %) für die Knie- und 8,54 % (±8,54 %) sehr gute Ergebnisse.

Im Fall der beiden Sprunggelenkfrakturen ergaben sich sowohl im AOFAS mit 100 und im FADI+Sports mit 136 Punkten für einen Patienten sehr gute Ergebnisse. Der zweite Patient zeigte mit 51 im AOFAS einen befriedigenden und mit 100 im FADI+Sports einen guten Wert (Tab. 2).

Tab. 2 Erhebung der klinischen Scores

Bei der klinischen Untersuchung fanden sich bei allen Patienten durchgehend reizlose Weichteile. Die Probanden zeigten alle ein sauberes und zügiges Gangbild. Bei einer Patientin bestand eine Anlaufschmerzsymptomatik im Kniegelenk. Selbige zeigte in vorhandenen konventionellen Röntgenbildern jedoch bereits Arthrosezeichen in den nicht von dem osteochondralen Defekt betroffenen Kompartimenten. Bei keinem Patienten fand sich ein Anhalt für einen Infekt. Ein Kniegelenkerguss konnte kein einziges Mal objektiviert werden. Der Bandapparat zeigte sich in allen Fällen stabil. Die Patella war jeweils frei verschieblich mit negativem Apprehensionstest. Die Beweglichkeit war physiologisch mit durchgehend voller Streckung und Beugung möglich. Lediglich der Patient mit begleitender Tibiakopffraktur zeigte eine maximale Flexion von 130°. Ein Druckschmerz war über den Kniegelenken nicht auslösbar. Zeichen für eine Meniskuspathologie lagen nicht vor.

Die beiden Patienten mit Verletzung im Bereich des Talus zeigten einen altersentsprechenden Bewegungsumfang mit Dorsalextension von 20° und Plantarflexion von 40°.

Radiologische Ergebnisse

Im Rahmen der 3‑T-MRT-Untersuchung zeigten sich alle osteochondralen Fragmente vital. Eine Nekrose fand sich nicht. Es zeigte sich bei allen 13 Läsionen bei 12 Patienten eine gute Integration des jeweiligen refixierten Flake (Abb. 3). In 5 Fällen kam es zu einer moderaten subchondralen Zystenbildung (∅ ≤1 mm). Eine Veränderungen der Knorpelkontur zeigte sich bei allen Patienten. Hieraus ergaben sich ein durchschnittlicher modifizierter Henderson-Score von 14,4 (±2,0) und ein durchschnittlicher MOCART Score von 55,5 (±9,5) (Tab. 3 und 4).

Abb. 3
figure 3

Protonengewichtete Sequenz. a Axial und b sagittal 13,9 Jahre nach Refixation eines osteochondralen Fragmentes mittels Polylactid-Pin

Tab. 3 Ergebnisse des modifizierten Henderson-Score. (Henderson et al. [15])
Tab. 4 Ergebnisse des MOCART Score. (Welsch et al. [40])

Diskussion

In der vorliegenden Studie wurden nun erstmalig Langzeitergebnisse 13,9 (±1,2) Jahre nach Refixation von osteochondralen Fragmenten mit resorbierbaren PLLA-Implantaten erhoben. Diese Daten fehlen trotz der häufigen Anwendung des Verfahrens in der täglichen Praxis, was auch von Kühle et al. [23] in einer Multizenterstudie gezeigt werden konnte.

Unter Berücksichtigung gesicherter Kenntnisse darüber, dass die stufenfreie Wiederherstellung von Gelenkoberflächen eine Arthrose verzögern oder gar verhindern kann [37], und der Tatsache, dass knorpelregenerative Verfahren im Vergleich zum originären hyalinen Knorpel minderwertigeres Gewebe hervorbringen [7], erscheint die Refixation osteochondraler Fragmente sinnvoll und wird entsprechend häufig durchgeführt.

Bisher fehlen Studien zu Langzeitergebnissen bzw. einem Therapiestandard von osteochondralen Abscherfrakturen. So zeigen die vorhandenen und im Weiteren aufgeführten Studien entweder ein kurzes Follow-up [20, 26, 33], eine Heterogenität der Therapiearten bei adäquater Kollektivgröße [30] oder bei Nachuntersuchung lediglich einer Therapieart sehr geringe Fallzahlen [10, 20, 25, 26, 42] bzw. eine Vermischung von chondralen und osteochondralen frischen Abscherfrakturen bzw. einer Osteochondrosis dissecans [10, 42].

Die größte Studie mit einem Patientenkollektiv von 180 stammt von Paar et al. [30]. Hier konnten aufgrund der großen Varianz der Operationsmethoden (Fibrinkleber; PLLA-Pins; Fibrinkleber + PLLA-Pins; Kirschner-Drähte) und des mit 30 Monaten kurzen Follow-up kaum Empfehlungen ausgesprochen werden. Beschrieben wurde letztlich, dass es bei 9 Patienten zu dauerhaften Schmerzen und bei 6 Fragmenten zu einem fehlenden Einheilen kam.

Die zweitgrößte Studie beschrieb lediglich die Mosaikplastik und nicht die Refixation von osteochondralen Fragmenten bei 142 Patienten, von denen 79 eine osteochondrale Abscherfraktur erlitten hatten [29]. Hier konnte gezeigt werden, dass bei einem Großteil der Patienten nach 8 Jahren keine ausreichende Heilung eingetreten war und lediglich 75 % eine vollständige Beschwerdefreiheit angaben.

Weitere Studien beschrieben einzelne Operationstechniken (alleiniges Débridement; Osteosutur; Fibrinkleber; PLLA-Pins; Schraubenrefixation) mit niedrigen Fallzahlen bis 20 Patienten bei kurzem Follow-up.

Das alleinige Débridement bzw. eine Osteosutur zeigte bei 20 Patienten nach 36 Monaten eine ebenfalls mit 75 % niedrige Erfolgsrate [33].

Kaplonyi et al. [20] untersuchten die Refixation mit Fibrinkleber, Mayer und Seidlein u. a. die Refixation mit allogenen Knochen-Pins [26]. Beide Studien verwendeten im kurzen Follow-up keine standardisierten Evaluationsbogen oder Untersuchungen.

Mittelfristige gute Ergebnisse mit bioresorbierbaren Pins konnten Chotel et al. [10] zeigen. Limitierend waren die geringe Fallzahl mit 5 Patienten und der Einschluss von Patienten mit Schraubenfixation, Osteosuturen und teilweise additiver Einsatz von Fibrinkleber.

Wouters et al. [42] untersuchten zunächst im Leichenpräparat die biomechanischen Eigenschaften von „smart nails“ und „meniscus arrows“. Hier wurde eine nahezu identische Stabilität gefunden. In der klinischen Anwendung konnte die Arbeitsgruppe für die Meniscus arrows gute klinische und arthroskopische Ergebnisse nach 5 Jahren feststellen und bevorzugte diese aufgrund des kleinen Durchmessers gegenüber den Smart nails bei fehlenden weiteren Vorteilen. Hier wurde keine Vergleichsgruppe mit Smart nails gebildet, und es wurden 2 Patienten mit OD sowie 3 mit frischer Abscherfraktur untersucht.

Matsusue et al. [25] untersuchten nach Refixation mit PLLA-Pins 5 Patienten (2-mal OD, 3‑mal osteochondrale Fraktur) im 4,1-Jahre-Follow-up. Es zeigte sich ein regelrechtes Einheilen ohne Entzündungsreaktion bei vollem Bewegungsumfang und fehlenden Schmerzen.

Klinische Ergebnisse und Patientenkollektiv

Die klinischen Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass das Verfahren, wenn auch bei kleinem Patientenkollektiv, zu keinen Langzeitkomplikationen, wie Nekrosen des Knorpels oder Knochens, Schädigung des umliegenden Gewebes, Infektionen oder Fremdkörperreaktionen geführt hat. Es konnte weiterhin auch in Korrelation mit den bereits publizierten kurz- und mittelfristigen Ergebnissen [13, 39] gezeigt werden, dass auch langfristig klinisch ein gutes Ergebnis erzielt worden ist.

Dies wird von dem sehr guten Wert im KSS von 189 Punkten objektiviert. Bei der Patientin mit dem schlechtesten Wert zeigte sich neben dem osteochondralen Flake an der Patella eine OD am femoralen Gegenpol. Des Weiteren berichtete sie, in der Folge eine Revision nach einem Jahr am gleichen Knie sowie eine Operation am anderen Knie bei rezidivierenden Patellaluxationen erhalten zu haben. Dieser Umstand könnte die klinischen Ergebnisse hier beeinflussen. Bei allen anderen Patienten mit stattgehabter Patellaluxation trat bis zum Untersuchungszeitpunkt keine Reluxation auf, wobei die damalige Therapie mit Raffung nach Majo bzw. lateralem Release heute nicht mehr State of the Art ist [22]. Der Patient mit dem zweitschlechtesten Outcome hatte eine begleitende Tibiakopffraktur, was das Outcome entscheidend beeinflusst haben könnte. Ähnliches berichteten u. a. Vassilidis et al. [38] in einer Langzeitstudie nach 12,6 Jahren. Hier wurden chondrale Läsionen nach Durchführung einer ACT am patellofemoralen Gelenk nachuntersucht.

Im Vergleich zum Zeitpunkt vor der Verletzung erscheint das Aktivitätsniveau (widergespiegelt im Tegner-Wert von 4,4 (±1,3)) eher gering. Allerdings muss hinterfragt werden, ob das reduzierte Niveau tatsächlich auf die Verletzung zurückzuführen ist. Bis auf die beiden oben erwähnten Patienten ergeben sich bei allen anderen Probanden hohe funktionelle Score-Werte (z. B. KSS durchschnittlich) trotz eines geringen Aktivitätslevels von z. T. 3–4. Möglicherweise wurde das Aktivitäslevel auch alters- oder zeitbedingt reduziert, ohne dass eine signifikante Limitation seitens des Kniegelenks vorlag. Nach 15 Jahren Lebenszeit werden häufig viele Aktivitäten z. B. im Sportverein bzw. Leistungssport aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr ausgeübt. Im näheren Gespräch gaben die Patienten an, dass sie ihr Aktivitätsniveau aufgrund des Alters und anderer Lebensschwerpunkte bewusst angepasst haben. Des Weiteren wurde der Tegner-Aktiviätsscore eher als Ergänzung zum Lysholm Score entwickelt. Die hohen Werte in diesem sprechen also eher für sehr gute Score-Ergebnisse.

In der VASS ergeben sich bei bis auf 3 Patienten sehr geringe Werte von durchschnittlich 0,1 (±0,3). Die 3 Probanden mit dem höheren Schmerzlevel sind die 3 ältesten Patienten des Kollektivs mit im Schnitt 52 (±1,4) Jahren. Des Weiteren zeigten sich in der aktuellen MRT bereits degenerative Schäden in den vom Trauma nichtbetroffenen Kompartimenten der Kniegelenke. Hier hat man es möglicherweise mit idiopathischem Verschleiß zu tun, der auch ohne osteochondrale Läsion aufgetreten wäre. Diese 3 Patienten haben mit 17 (einmal) und 16 (zweimal) auch die schlechtesten Werte im modifizierten Henderson-Score.

Bei den Sprunggelenken spiegelt sich auch in der VASS das Ergebnis der FADI+Sports- und AOFAS-Score-Erhebung wider. Der Patient mit den sehr guten Score-Werten gab einen Wert von 0 an, während der zweite Patient mit 5 einen sehr hohen Wert angab.

Generell ist zu diskutieren, ob nicht die Begleitverletzungen, das Alter und der idiopathische Verschleiß das aktuelle Ergebnis mindestens in Teilen beeinflussen.

Magnetresonanzmorphologische Ergebnisse

Um eine Vergleichbarkeit mit Vorstudien und mit den vorangegangenen Studien der eigenen Arbeitsgruppe aus den Jahren 2003 [13] und 2010 [39] zu ermöglichen, wurde hier ebenfalls der weitverbreitete modifizierte Score nach Henderson et al. verwendet. Ergänzend wurde nach dem MOCART Score ausgewertet.

Die Ergebnisse nach modifiziertem Henderson-Score zeigten eine geringe Verschlechterung der Werte von 12,6 (±3,7) nach 6,5 Jahren und schließlich 14,4 nach 14 Jahren. Hier ist ebenfalls, wie bei der Auswertung nach dem MOCART Score zu diskutieren, ob möglicherweise zusätzliche degenerative Veränderungen zu einer Verschlechterung geführt haben.

In der näheren Auswertung lässt sich zeigen, dass es in keinem Fall zu einer Nekrosebildung gekommen ist und nur in 5 Fällen noch Restzysten darzustellen sind. Bei einer geringen Größe von kleiner 1 mm Durchmesser handelt es sich am ehesten um eine dezente subchondrale Zystenbildung und nicht um eine Zystenbildung im Bereich des Implantats. Die in der letzten Studie [39] befürchtete Zystenbildung bedingt durch PLLA-Implantate kann somit nicht bestätigt werden. Des Weiteren zeigen sich die Implantate nun komplett resorbiert. Eine Stufenbildung ist nicht mehr zu erkennen, und die Fragmente sind vollständig integriert.

Die Resorptionsdauer der Implantate liegt laut unserer Erkenntnis zwischen 6,5 und 14 Jahren. Dies wurde bisher mit 5 Jahren angegeben [6].

In Hinblick auf den MOCART Score zeigen sich in unserer Studie ebenfalls gute Werte mit einem Median von 55. In einer vergleichbaren Studie wurden 26 Tali nach Therapie einer osteochondralen Läsion mit AMIC mit dem MOCART Score ausgewertet und zeigten nach 12 Monaten ähnliche Werte, welche als gut benannt wurden [1]. Beim MOCART Score gibt es mehrere Kriterien, die sich auf das gesamte Knie beziehen, und somit ergeben sich bei zusätzlichen degenerativen Veränderungen schlechtere Werte. Auf die umschriebene Region des Flake bezogen, liegen häufig bessere Ergebnisse vor als durch den Gesamt-Score projiziert.

Vergleich mit früheren Ergebnissen

Verglichen mit den klinischen Ergebnissen von Fuchs et al. [13] und Wachowski et al. [39] mit nahezu vollständig übereinstimmenden Patientenkollektiven nach 14 Monaten bzw. 6,5 Jahren finden sich weiterhin bis auf wenige Ausnahmen sehr gute bis exzellente Werte (Tab. 5). Damit können auch wir nach 13,9 (±1,2) Jahren bestätigen, dass die Refixation von osteochondralen Flakes zumindest unter klinischen Gesichtspunkten absolut zu empfehlen ist.

Tab. 5 Vergleich der klinischen Scores aus Fuchs et al. [13], Wachowski et al. [39] und aktuell

Magnetresonanzmorphologisch zeigten sich im Rahmen der Nachuntersuchung im Vergleich zu den früheren Zeitpunkten ebenfalls leichte Alterationen der Knorpeloberfläche und auch Inhomogenitäten des Knorpels. Die damals deutlich auffallenden zystischen Veränderungen, welche auf die aus der Literatur bekannte [16], auch nach 6,5 Jahren noch andauernde, Resorption der Implantate zurückgeführt wurden, zeigen sich deutlich regredient. Die befürchtete Persistenz oder gar Verschlechterung des Integrationsgrades der Fragmente ist ausgeblieben. Dies relativiert die damals zurückhaltende Bewertung der MR-morphologischen Resultate. Der subjektiv positive Eindruck wird durch die objektiv konstant guten Werte im modifizierten Henderson-Score auch nach 13,9 (±1,2) Jahren widergespiegelt. Für das Gesamtkollektiv der untersuchten Kniepatienten zeigte sich eine nichtsignifikante Änderung des Score von 12,6 (±3,7) nach 6,5 Jahren auf schließlich 14,4 nach 13,9 (±1,2) Jahren. In der Untersuchung nach 1,19 (±0,81) Jahren von Fuchs et al. [13] wurde noch kein vergleichbarer Score erhoben.

Als Einschränkung der hier präsentierten Studie wären die geringe Anzahl der Patienten, heterogene Lokalisationen der osteochondralen Fragmente und das retrospektive, rein deskriptive Studiendesign zu nennen. Weiterhin wurden Patienten mit Begleitverletzungen nicht ausgeschlossen. Daher können Beschwerden nicht sicher mit der Knorpelverletzung assoziiert werden. Diese würden aber eher zu einer Verschlechterung der Ergebnisse führen, daher werden die guten klinischen und MR-morphologischen Resultate sogar aufgewertet.

Schlussfolgerung

Aufgrund der guten bis sehr guten klinischen und guten MR-morphologischen Langzeitergebnisse (13,9 (±1,2) Jahre) ist die Refixation von osteochondralen Fragmenten mittels resorbierbarer PLLA-Implantate als empfehlenswertes Verfahren zu werten.

Fazit für die Praxis

  • Osteochondrale Fragmente sollten aufgrund der guten bis sehr guten Langzeitergebnisse primär refixiert werden.

  • Durch die Refixation kann im Gegensatz zu regenerativen Verfahren der hyaline Knorpel erhalten werden.

  • Refixation mit Polylactid-Implantaten stellt ein risikoarmes Verfahren dar.

  • Es zeigen sich klinisch gute bis sehr gute und MR-morphologisch gute Langzeitergebnisse.