Einleitung

Die weltweite Ausbreitung des Erregers SARS-CoV‑2 (neuartiges Coronavirus; „Severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2“), welches als Ursache der „coronavirus disease 2019“ (COVID-19) identifiziert werden konnte, wurde am 11.03.2020 von der WHO zur Pandemie erklärt [1]. Nach Angaben des Robert Koch-Institutes bestanden am 31.08.2020 in Deutschland 242.381 bestätigte Fälle einer COVID-19-Infektion [2]. Eine nachgewiesene Infektion im Kindesalter lag jedoch lediglich bei 3,5 % der Kinder unter 10 Jahren (8548, Stand 31.08.2020) und in 6,65 % der Kinder und Jugendlichen im Alter von 10 bis 19 Jahren (16.023, Stand 31.08.2020) vor [2].

Um dieser weltweiten COVID-19-Pandemie entgegenzuwirken, wurden von Anfang an in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Strategien verfolgt. In vielen Ländern – so auch in Deutschland – wurden das öffentliche Leben ab dem 20.03.2020 vollständig eingeschränkt („Lockdown“), und im medizinischen Bereich wurden alle elektiven Aufnahmen, Eingriffe oder Operationen zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben und das Besuchsrecht in den Kliniken deutlich reglementiert [1].

Für das Management von Notfallpatienten im Rahmen dieser weltweiten COVID-19-Pandemie gab es klar formulierte Algorithmen. Zu den klar definierten Notfalleingriffen aus dem Bereich der Kinderchirurgie gehörten u. a. Eingriffe aus der Neonatalperiode (wie z. B. Ösophagus- oder Analatresie), onkologische Eingriffe (z. B. Resektion von Neuro- und Nephroblastomen), akute kinderurologische Eingriffe (wie z. B. die Hodentorsion), die Versorgung von kindlichen Frakturen und Polytraumata sowie das akute Abdomen im Kindesalter (z. B. die akute Appendizitis) [2].

Die akute Appendizitis stellt heute bei den 5‑ bis 12-jährigen Kindern die am häufigsten auftretende Abdominalerkrankung dar. Die Inzidenz der Appendizitis liegt aktuell bei 1–2/10.000 Kindern bis zum 4. Lebensjahr und bei 19–20/10.000 zwischen dem 4. und 14. Lebensjahr. Die frühzeitige Diagnose der akuten Appendizitis und die daraus resultierende konsequente unverzügliche chirurgische und/oder antibiotische Therapie gelten heute als Standard [3, 4]. Diese unverzügliche Therapie ist essenziell, um etwaigen Komplikationen wie einer Perforation und/oder einer Abszessbildung und daraus resultierenden weiteren postoperativen Komplikationen vorzubeugen. In der Regel kommt es im Kindesalter – je nach Alter des Patienten – innerhalb von 36–48 h nach den ersten Symptomen zu einer Perforation der Appendix vermiformis [5]. Die Rate an perforierten Appendizitiden wird aktuell in der Literatur bei den 10- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen mit bis zu 20 % angegeben [4, 6].

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, in unserem eigenen Patientengut im Sinne einer „Single-center-Studie“ die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Rate an perforierten Appendizitiden zu analysieren.

Material und Methode

Im Rahmen einer retrospektiven monozentrischen Datenanalyse wurden alle Krankenakten der Kinder und Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr, die während der ersten 6 Monate der COVID-19-Pandemie vom 01.03.2020 bis 31.08.2020 in der Abteilung für Kinderchirurgie der Chirurgischen Universitätsklinik in Würzburg aufgrund einer akuten Appendizitis therapiert wurden, analysiert (Gruppe A; COVID-19-Pandemie-Gruppe).

Als Vergleichsgruppe wurden alle die Patienten, die im gleichen Zeitraum in den Jahren 2019 und 2018 ebenfalls in der Abteilung für Kinderchirurgie der Chirurgischen Universitätsklinik in Würzburg aufgrund einer akuten Appendizitis therapiert wurden, herangezogen (Gruppe B und C; NON-COVID-19-Pandemie).

Neben der Zeitdauer vom Beginn der ersten subjektiven Symptome bis zur klinischen Vorstellung wurden auch die initialen Laborwerte (Leukozyten und C‑reaktives Protein [CRP]) in den Gruppen A–C erhoben.

Um mögliche jährliche und jahreszeitliche Schwankungen auszuschließen, wurden die Daten der COVID-19-Pandemie mit einem Patientenkollektiv über einen Zeitraum von 5 Jahren (Gruppe D; Zeitraum 01.05.2008 bis 31.05.2013) verglichen. Die retrospektive Datenerhebung erfolgte mittels Microsoft Excel (Microsoft Corporation, Redmond, WA, USA), die statistische Auswertung erfolgte mithilfe des Exakten Fisher-Tests. Hierbei wurden p-Werte kleiner 0,01 als signifikant gewertet.

Die Klassifikation der akuten Appendizitis erfolgte anhand der Einteilung der European Association of Endoscopic Surgery (EAES) [4, 7]. Als perforierte Appendizitis wurden die Fälle gewertet, bei denen bereits intraoperativ der Kinderchirurg die makroskopisch sichtbare Perforation erkannte und/oder der Pathologe die Perforation histopathologisch beschrieb. Alle Patienten der Gruppen A–C wurden vom gleichen kinderchirurgischen Team operiert und die jeweils resezierte Appendix vermiformis durch die Pathologie der Universität Würzburg begutachtet.

Ergebnisse

Gruppe A; 2020, COVID-19-Pandemie: Im Zeitraum vom 01.03.2020 bis 31.08.2020 wurden in der Abteilung für Kinderchirurgie in der Chirurgischen Universitätsklinik in Würzburg 38 Kinder und Jugendliche aufgrund einer akuten unkomplizierten bzw. komplizierten Appendizitis therapiert. Hierbei handelte es sich um 24 Jungen (63,15 %) gegenüber 14 Mädchen (36,85 %); Verhältnis Jungen zu Mädchen: 1,7:1. Das Durchschnittsalter in dieser Gruppe lag bei 9,5 Jahren, der Median bei 10,1 Jahren. Die Dauer zwischen den ersten klinischen Symptomen und der Vorstellung in unserer Klinik lag bei 3,07 Tagen (Median: 2 Tage). Durchschnittlich hatten die Patienten bei Vorstellung im initialen Aufnahmelabor 13.400 Leukozyten/µl und ein CRP von 3,5 mg/dl.

Gruppe B; 2019, NON-COVID-19-Pandemie: In der Vergleichsgruppe B wurden im gleichen Zeitraum 2019 33 Kinder und Jugendliche therapiert (Verhältnis Jungen (54,55 %) zu Mädchen (45,45 %): 1,2:1). Das Durchschnittsalter in dieser Gruppe lag bei 9,4 Jahren, der Median bei 9,5 Jahren. Hier lag der Zeitraum zwischen den ersten Symptomen und der Vorstellung bei 1,96 Tagen (Median: 2 Tage). Durchschnittlich hatten diese Patienten im initialen Aufnahmelabor 14.080 Leukozyten /µl und ein CRP von 4,51 mg/dl.

Gruppe C; 2018, NON-COVID-19-Pandemie: In der zweiten Vergleichsgruppe C aus dem Jahr 2018 wurden 30 Kinder und Jugendliche aufgrund einer akuten unkomplizierten bzw. komplizierten Appendizitis therapiert (Verhältnis Jungen [40 %] zu Mädchen [60 %]: 0,6:1,0). Das Durchschnittsalter in dieser Gruppe lag bei 10,0 Jahren, der Median bei 9,6 Jahren (Tab. 1). Die durchschnittliche Dauer der subjektiven Beschwerden betrug 2,51 Tage (Median: 2 Tage), im Durchschnitt hatte diese Patientengruppe im initialen Aufnahmelabor 14.499 Leukozyten/µl und ein CRP von 6,18 mg/dl.

Tab. 1 Patientendaten

Um eine oben aufgeführte mögliche jährliche und jahreszeitliche Schwankung der Ergebnisse der Gruppen A–C auszuschließen, wurde zusätzlich das NON-COVID-Patientenkollektiv – Gruppe D – herangezogen. Hierbei handelt es sich um eine Patientengruppe von 257 Kindern und Jugendlichen, die im Zeitraum 01.05.2008 bis 31.05.2015 aufgrund einer akuten unkomplizierten bzw. komplizierten Appendizitis ebenfalls in unserem Haus therapiert wurden. Die Verteilung betrug 144 Jungen gegenüber 113 Mädchen (Verhältnis Jungen zu Mädchen: 1,3:1). Der Mittelwert des Alters lag in der Vergleichsgruppe bei 10,7 Jahren, der Median bei 10,9 Jahren (Tab. 1).

Vergleicht man nun die Häufigkeit des Auftretens einer akuten unkomplizierten bzw. komplizierten Appendizitis im Kindes- und Jugendalter über die einzelnen Monate im Jahresverlauf, so zeigt sich in unserem Patientenkollektiv über die ersten 6 Monate der COVID-19-Pandemie in Deutschland von März bis August 2020 ein ähnlicher jährlicher Kurvenverlauf wie auch im Verlaufszeitraum von 2008–2013 (Abb. 1). Zwar waren die jahreszeitlichen Kurvenverläufe der Gruppen A–C ähnlich (Abb. 2); wir konnten aber über die letzten Jahre eine zunehmende Steigerung der Gesamtzahl im jeweils erhobenen Zeitraum an Patienten, die mit einer akuten unkomplizierten bzw. komplizierten Appendizitis in unserer Abteilung vorgestellt wurden, feststellen (2020: 38 Patienten, 2019: 33 Patienten und 2018: 30 Patienten).

Abb. 1
figure 1

Auftreten einer unkomplizierten und komplizierten Appendizitis im Kindes- und Jugendalter im eigenen Patientengut im jahreszeitlichen Verlauf (Gruppe A: COVID-19-Pandemie (Zeitraum 01.03.2020–31.08.2020; n = 38) vs. Gruppe D: NON-COVID-19-Pandemie (Zeitraum 01.05.2008–31.05.2013; n = 257))

Abb. 2
figure 2

Therapie der unkomplizierten und komplizierten Appendizitis im Kindesalter: Vergleich der COVID-19-Pandemie (Gruppe A, n = 38) mit den Daten der Jahre 2019 und 2018 (NON-COVID-19, Gruppe B (n = 33) und Gruppe C (n = 30); Zeitraum jeweils 01. März bis 31. August des jeweiligen Jahres)

Vergleicht man die Gruppen A (COVID-19-Gruppe) mit den NON-COVID-Gruppen der Jahre 2019 (Gruppe B) und 2018 (Gruppe C), zeigt sich kein Unterschied in Bezug auf das Alter der behandelten Patienten oder die Daten über die Dauer des stationären Aufenthaltes (Median: 6 Tage in allen 3 Gruppen A–C).

Auffällig war jedoch die Rate an Perforationen in Gruppe A im Vergleich zu den Gruppen B und C. So zeigte sich, dass diese während der COVID-19-Pandemie mit 39,5 % (Gruppe A) fast doppelt so hoch war wie im Vergleichszeitraum 2019 (Gruppe B: 18,2 %) und 2018 (Gruppe C: 23,0 %) bzw. im Mittel für beide Gruppen (B und C) mit 20,6 % (p = 0,0652; Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Rate an Perforationen in der Gruppe A (COVID-19-Pandemie; 01.03.2020–31.08.2020) und in der NON-COVID-19-Gruppe B (01.03.2019–31.08.2019) und C (01.03.2018–31.08.2018) im eigenen Patientengut

In Bezug auf das Keimspektrum im Falle einer Perforation konnte in den Gruppen A–C ein ähnliches Keimspektrum nachgewiesen werden. Führend waren u. a. bei den gramnegativen Keimen Escherichia coli und Bacteroides fragilis sowie bei den grampositiven Keimen Parvimonas micra und Streptokokken. Auch in Bezug auf die erhobenen Laborwerte zum Zeitpunkt der klinischen Vorstellung, zeigten sich – trotz der erhöhten Rate an Perforationen in der Gruppe A – keine signifikanten Unterschiede (Tab. 2).

Tab. 2 Laborwerte (Leukozyten und CRP; jeweils Mittelwert und Median) zum Zeitpunkt der Vorstellung für die Gruppen A–C

Diskussion

In den ersten 6 Monaten der COVID-19-Pandemie zeigte sich in unserem eigenen Patientengut eine Zunahme der Rate an Perforationen auf 39,5 % gegenüber einer Perforationsrate von 20,6 % in der NON-COVID-Pandemie-Gruppe (Gruppen B und C). Diese scheinbar ebenfalls hohe Rate an Perforation der NON-COVID-Pandemie-Gruppe liegt etwas über der Rate der Perforationen in der Gruppe D (15,2 %) aus den Jahren 2008–2013, deckt sich aber mit den Angaben aus der internationalen Literatur, bei denen eine Perforationsrate in der Gruppe der 10- bis 17-Jährigen bis zu 20 % angegeben wird [6, 7]. Die Rate der negativen Appendektomien liegt in unserem Patientengut (Gruppen A–D) zwischen maximal 7,6 % und minimal 0,0 %, was sich ebenfalls mit den Angaben in der internationalen Literatur deckt [8].

Da im gesamten Untersuchungszeitraum der COVID-19-Pandemie alle unsere Patienten sowie ihre Angehörigen auf das Vorliegen einer SARS-CoV-2-Infektion getestet wurden und allesamt negativ waren, kann die erhöhte Rate an Perforationen (39,5 %) nicht auf eine mögliche zeitgleiche Viruserkrankung selbst zurückgeführt werden.

Des Weiteren zeigte unsere Analyse des eigenen Patientengutes über den Zeitraum der ersten 6 Monate der COVID-19-Pandemie (Gruppe A; n = 38) im Vergleich zu den Daten der Jahre 2018 (Gruppe C; n = 30) bis 2019 (Gruppe B; n = 33) eine Zunahme der Gesamtzahl an Patienten mit einer akuten unkomplizierten und komplizierten Appendizitis. Inwieweit dies als Folge eines geänderten Patientenverhaltens während der ersten Phase der Pandemie (primäre Vorstellung in einem Haus der Maximalversorgung, Aufnahmestopp peripherer Häuser) oder lediglich als Zeichen einer jährlichen Steigerung der Patientengesamtzahlen zu sehen ist, lässt sich aktuell nicht klären.

Verschiedene Studien konnten zeigen, dass es eine klare Korrelation zwischen dem Beginn der ersten Appendizitissymptome und dem nachfolgenden Auftreten einer Perforation gibt [6, 9]. Die Ursache für die erhöhte Rate an Perforationen in unserem Patientengut müsste daher in dieser zeitlichen Verzögerung zu suchen sein. Zu unterscheiden sind hierbei innerklinische von außerklinischen Verzögerungen:

Eine verzögerte Diagnosestellung innerklinisch kann im vorliegenden Patientengut in unserem Falle ausgeschlossen werden, da in allen Fällen sowohl die akuten als auch die perforierten Appendizitiden eindeutig in der klinischen und laborchemischen Untersuchung, aber auch in der initial durchgeführten Sonographie in unserem Hause diagnostiziert wurden. Die Patienten – mit akuter oder bereits perforierter Appendizitis – wurden alle unverzüglich einer operativen Therapie zugeführt. Dies zeigt sich auch daran, dass die Länge des stationären Aufenthaltes in allen 3 Gruppen statistisch nicht variiert.

Somit bliebe letztendlich für die erhöhte Rate an Perforationen nur die Hypothese einer außerklinischen Verzögerung. Zwar lag der Zeitraum zwischen den ersten Symptomen und der Vorstellung der jeweiligen Patienten in unserer Notaufnahme in der Gruppe A im Durchschnitt bei 3,07 Tagen, unterscheidet sich aber nicht signifikant zur Gruppe B (Durchschnitt: 1,96 Tage) bzw. zur Gruppe C (Durchschnitt: 2,51 Tage). Hier zeigt sich zwar ein Trend, dieser ist aber aufgrund der geringen Fallzahlen statistisch nicht zu belegen.

Bestätigt wird dieser Trend aber durch die Arbeit von Velayos et al. [10]. Diese konnten anhand eines pädiatrischen Patientenkollektives aus Madrid zeigen, dass durch die COVID-19-Pandemie die Diagnosestellung einer akuten Appendizitis im Kindesalter verzögert war und es so ebenso zu einer signifikant erhöhten Rate an perforierten Appendizitiden im Kindesalter (32,0 % vs. 7,3 %) gekommen ist [10].

Neben der Möglichkeit, die jeweilige Notaufnahme aufzusuchen, besteht jedoch auch die Möglichkeit, primär den eigenen Haus- bzw. Kinderarzt bei abdominellen Beschwerden aufzusuchen: Dies wurde scheinbar aufgrund von Angst vor einer potenziellen Ansteckung mit COVID-19 ebenfalls nicht wahrgenommen. Diese Tatsache wird in der Publikation von Snapiri et al. bestätigt, die in ihrer Datenanalyse zeigen konnte, dass während des „Lockdowns“ im Zeitraum von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung 72–240 h vergingen und eine Therapie somit deutlich verzögert wurde [6].

Um einer zeitlichen verzögerten Diagnosestellung entgegenzuwirken, wurden aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zunehmend auch elektronische Medien, wie z. B. die Telemedizin, zur Verfügung gestellt. So konnten z. B. per Videokonferenz die Patienten ihre Symptome schildern und vermieden so während des Lockdowns den direkten Weg ins „überfüllte“ Wartezimmer [11]. Die Publikation von Snapiri et al. [6] führt aber kritisch an, dass Videokonferenzen zum einen nicht in allen ihren beschriebenen Fällen möglich waren, und zum anderen, dass häufig keine zusätzlichen Informationen über den Zustand der jeweiligen Patienten vorlagen [6, 11]. Ein weiterer Nachteil der telemedizinischen Methode/virtuellen Sprechstunde ist jedoch auch die Unfähigkeit, eine vollständige körperliche Untersuchung bei den jeweiligen Patienten durchführen zu können.

Im Rahmen einer deutschlandweiten Multizenterstudie konnte von Gosemann et al. 2016 [12] gezeigt werden, dass nach laparoskopischer Appendektomie bei Kindern und Jugendlichen der stationäre Aufenthalt bei 5,6 Tagen liegt.

Mit im Mittel 5,9 bzw. 6,4 Tagen liegen wir mit unserer Studie in der NON-COVID-19-Pandemie-Gruppe (Gruppen B und C; Median jeweils 6 Tage) kumulativ für die unkomplizierte und komplizierte Appendizitis im Bereich der von Gosemann et al. angegebenen Mittelwerte [12]. In der COVID-19-Pandemie-Gruppe lag der stationäre Aufenthalt ebenfalls bei 6,4 Tagen (Median 6,0 Tage).

Zusammenfassend scheint es möglicherweise durch eine verzögerte Diagnosestellung zu einer Zunahme von komplizierten Appendizitiden im Kindesalter während der ersten 6 Monate der COVID-19-Pandemie gekommen zu sein. Unsere Beobachtung einer scheinbar erhöhten Inzidenz für die perforierte Appendizitis im Kindes- und Jugendalter wird durch die Arbeit von Velayos et al. bestätigt [10]. Diese erhobenen Daten der Kinder- und Jugendlichen lassen sich aber nicht direkt auf die Erwachsenen übertragen. Tankel et al. [13] konnte sogar zeigen, dass es während des weltweiten Lockdowns eher zu einer verminderten Inzidenz der akuten Appendizitis im adulten Patientengut gekommen ist. Inwieweit unsere Daten und Ergebnisse einer scheinbar erhöhten Rate für die perforierte Appendizitis für Kinder- und Jugendlichen auf ganz Deutschland zu übertragen sind, müssen weitere Multizenterstudien mit größeren Patientenkohorten zeigen.

Fazit

Unsere vorliegende Datenanalyse zeigt, dass es in den ersten 6 Monaten der COVID-19-Pandemie in unserem Patientenkollektiv zu einem Anstieg an perforierten Appendizitiden gekommen ist, deren Ursache in einer präklinischen Diagnoseverzögerung vermutet werden kann. Inwieweit diese Daten auf ganz Deutschland zu übertragen sind, müssen weitere Multizenterstudien zeigen.

Gerade aber im Hinblick auf die aktuell zweite COVID-19-Welle ist es wichtig, Kinder und Jugendliche frühzeitig einer adäquaten Diagnostik und Therapie der akuten unkomplizierten und v. a. der komplizierten Appendizitis zukommen zu lassen.