FormalPara Originalpublikation

[1] World Health Organization (2020) Advice on the use of masks for children in the community in the context of COVID-19. Annex to the Advice on the use of masks in the context of COVID-19. https://www.who.int/publications/i/item/WHO-2019-nCoV-IPC_Masks-Children-2020.1

[2] World Health Organization (2020) Advice on the use of masks in the context of COVID-19. https://www.who.int/publications/i/item/advice-on-the-use-of-masks-in-the-community-during-home-care-and-in-healthcare-settings-in-the-context-of-the-novel-coronavirus-(2019-ncov)-outbreak

FormalPara Hintergrund.

Bis Jahresbeginn 2020 wurde wiederholt kommuniziert und publiziert, dass „Masken“ keinen wirksamen Schutz vor SARS-CoV-2-Infektionen bieten bzw. keine wesentliche Rolle für die Transmissionsreduktion spielen. Ab Frühjahr 2020 hat sich diese Sichtweise rasch geändert, sodass jetzt viele Länder unter verschiedenen Bedingungen das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes verbindlich vorschreiben und Verstöße auch mit Strafen belegen. Im Juni 2020 hat die WHO Empfehlungen über die Verwendung von Masken im öffentlichen Raum, im Gesundheitsbereich und in der Heimpflege veröffentlicht ([1] WHO 2020); diese Publikation enthält auch ein eigenes Kapitel für „Entscheidungsträger“.

Am 21.08.2020 wurde dazu ein Annex publiziert, der speziell die Situation bei Kindern und Jugendlichen beleuchtet und nun auch für diese Altersgruppe Empfehlungen ausspricht ([2] WHO 2020).

FormalPara Methodik.

Die Empfehlungen basieren auf der bisher vorliegenden Literatur zu dieser Thematik. Diese wurde von einem internationalen Expertengremium gesichtet, und in 5 Expertenmeetings wurden die nun vorliegenden Empfehlungen erarbeitet. Dabei konzedieren die Autoren, dass die Evidenz dafür sehr begrenzt ist bzw. teilweise (noch) nicht vorliegt.

FormalPara Empfehlungen.

An erster Stelle steht die Empfehlung der sorgfältigen Abwägung von (möglichem) Nutzen und Schaden unter Einbeziehung von Machbarkeit und möglicher Beeinträchtigung, insbesondere auch im Hinblick auf soziale und Kommunikationseinschränkungen. Die Autoren stellen das Prinzip „do no harm“ an oberste Stelle und betonen, dass die Interessen, die Gesundheit und das Wohlergehen von Kindern priorisiert werden müssen. Abgestuft nach Altersgruppen leiten sie folgende Empfehlungen ab:

  • Bis 5 Jahre: Kinder sollen keine Masken tragen.

    Sollte für diese Altersgruppe doch eine Maskenpflicht verordnet werden, muss diese sehr sorgfältig supervidiert werden, um mögliche Schäden zu vermeiden. Kinder mit kognitiver Einschränkung und respiratorischen Erkrankungen sollten auf keinen Fall Masken tragen.

  • 6 bis 11 Jahre: Risikoadaptiertes Vorgehen.

    Für diese Altersgruppe sollen Nutzen und Schaden besonders sorgfältig abgewogen werden. Eine solche Abwägung hat u. a. zu berücksichtigen, ob bzw. in welchem Ausmaß Kinder dieses Alters zur Transmission von SARS-CoV‑2 beitragen, aber auch ob bzw. in welchen Ausmaß das Tragen von Masken Lernerfolg und psychosoziale Entwicklung negativ beeinflussen kann.

  • Ab 12 Jahren: Empfehlungen wie für Erwachsene.

    Spezielle Bedingungen und Situationen (Behinderung, schwere Vorerkrankung, Schulsport etc.) sollen jedoch mitbedacht werden.

Für Kinder unter Immunsuppression, mit zystischer Fibrose und Malignomen werden „medizinische Masken“ empfohlen. Die Autoren fordern auch altersentsprechende Kommunikation mit Kindern über Sinn und richtigen Gebrauch sowie Unterstützung bei der richtigen Anwendung. Auch legen sie Wert auf gute Qualität der Masken, die kostenfrei zur Verfügung gestellt werden sollten.

Kommentar

In vielen europäischen Ländern wurde – insbesondere in Schulen – im Rahmen der COVID-19-Pandemie eine Maskenpflicht auch für Kinder ausgesprochen. Dies, obwohl es keine belastbare Evidenz über die Wirksamkeit dieser Maßnahme für die Transmissionseindämmung gibt und mögliche negative Folgen einer solchen Vorgabe (noch) nicht ausreichend evaluiert sind.

Wie viele andere Vorschriften hat auch diese zu einer starken Polarisierung der Bevölkerung geführt. Von „Das kann doch wohl kein Problem sein“ bis „Die Maske kann das Leben meines Kindes gefährden“ gibt es unzählige Reaktionen insbesondere von Eltern, v. a. auch in sozialen Medien. Dabei haben sich Einzelberichte über maskenbedingte Todesfälle nicht bestätigt, und auch die vielfach zitierte CO2-Rückatmung dürfte aufgrund des kleinen Ventilationstotraums kein signifikantes Problem darstellen.

Tatsächlich gibt es für Kinder bisher kaum systematische Untersuchungen – solche werden aber wohl in naher Zukunft vorliegen. Die Empfehlung der WHO kann bis dahin als „Richtschnur“ gelten.

Interessant ist, dass die Forderungen nach guter Maskenqualität, Kostenfreiheit, Schulung und Assistenz bisher kaum erfüllt werden. Bisher bleibt es vielmehr meist den Eltern überlassen, welche Maske ihr Kind trägt und wie diese verwendet wird. Persönlich konnte ich auch beobachten, wie Kinder auf dem Schulweg ihre Masken untereinander getauscht haben – ähnlich wie Panini-Sammelbilder berühmter Fußballer …

Es sollte daher vermehrt darauf geachtet werden, dass nicht irgendeine Maske irgendwie getragen wird, sondern dass – wenn verordnet – gute Masken richtig und sinnvoll verwendet werden. Möglicherweise sind dafür eigene Schulungsunterlagen und wiederholte Schulungen erforderlich, z. B. im Rahmen eines speziellen Gesundheitsunterrichtes. Dies kann auch dazu beitragen, mögliche Schäden weitestgehend zu minimieren.

Denn an oberster Stelle steht eben die Empfehlung „do no harm“ …