Hintergrund und Fragestellung

Mit Zunahme der Adipositaschirurgie kommt es wegen der hiernach nicht selten auftretenden Kalzium- und Vitamin-D-Malabsorption vermehrt zur Konstellation eines sekundären Hyperparathyreodismus (sHPT; [1, 2]). Ob auch ein primärer HPT (pHPT) gehäuft auftreten kann, ist jedoch unklar. Die vorliegende Untersuchung hatte daher das Ziel, bei Patienten mit gesichertem pHPT nach Roux-Y-Magenbypass (RYGBP) die nicht einfache Differenzialdiagnose pHPT vs. sHPT darzustellen und die chirurgische Strategie zu analysieren.

Methoden

Retrospektiv zeigten in 2 Jahren 10 weibliche Patienten (mittleres Alter 58,4 Jahre) im Mittel 67 Monate nach RYGBP einen pHPT bei durchschnittlicher Body-Mass-Index-Abnahme von 16,5 kg/m2 und 59,7 % Gewichtsverlust. Präoperativ betrugen im Mittel Serumkalzium 10,8 mg/dl (8,5–10,5), Parathormon (PTH) 155 pg/ml (15–65), 25-Vitamin-D 32 ng/ml (20–80). Operationsindikation waren die Biochemie, skelettale und muskuläre Symptome. IOPTH (intraoperative Parathormonschnellbestimmung) -Erfolgskriterium war 50 % Abfall vom Basalwert, die Nachsorge betrug im Mittel 19 Monate.

Ergebnisse

Die präoperative Bildgebung ergab folgende richtig- vs. falsch-positive Ergebnisse: Sonographie 6 vs. 2; MIBI-Szintigraphie 5 vs. 1; 4-D-Computertomographie 1 vs. 0. Acht Patienten waren symptomatisch. Bei 7 Patienten mit fokussiertem Zugang wurde zweimal konvertiert, 3 Patienten primär bilateral exploriert. Histologisch ergaben sich 7 singuläre Adenome, 1 Doppeladenom und 2 Mehrdrüsenerkrankungen (MDE). IOPTH dokumentierte bei 7 Einzeladenomen die erfolgreiche Parathyreoidektomie. Im Verlauf zeigten 5 Patienten PTH und Serumkalzium im Normbereich (Mittel: Serumkalzium 9,3 mg/dl; PTH 73 pg/ml; 25-Vitamin-D 44 ng/ml), 5 Patienten (3 mit Einzeladenom, 2 mit MDE) zeigten bei Normokalzämie ein persistierend erhöhtes PTH. Ein pHPT-Rezidiv mit MDE wurde nach 46 Monaten reoperiert.

Diskussion und Fazit

Die sehr kleine Serie erlaubt zwar keine soliden Schlussfolgerungen, sie zeigt aber die Problematik bezüglich der Diagnostik, Differenzierung und adäquaten Behandlung des gestörten Kalziummetabolismus nach Adipositaschirurgie sehr deutlich auf. Zum pHPT nach RYGBP wird richtigerweise aufgrund der ungeklärten Fragen auf Folgendes hingewiesen:

  1. 1.

    Die Diagnose eines pHPT nach RYGBP erfordert obligat das Vorliegen einer Hyperkalzämie. Ein bei Normokalzämie allein erhöhtes Parathormon bedeutet die typische Konstellation eines sHPT nach RYGBP und beinhaltet damit keine Operationsindikation. Sowohl diagnostisch als auch therapeutisch sollte ein normaler Vitamin-D-Spiegel vorliegen, um prä- und postoperativ die zusätzliche Konstellation eines sHPT bestmöglich auszuschließen.

  2. 2.

    Ob die Inzidenz einer MDE beim pHPT nach RYGBP erhöht ist, kann durch die vorliegende Untersuchung nicht belegt, aber auch nicht ausgeschlossen werden. Der intraoperative Ausschluss einer MDE erfordert daher auch bei vermeintlichem Einzeladenom den Einsatz strenger IOPTH-Kriterien (Abfall des IOPTH 15 min nach Parathyreoidektomie unterhalb 50 % des oberen PTH-Normbereichs) und gleichzeitig im Zweifelsfall eine bilaterale Nebenschilddrüsenexploration.