Die Versorgung von Patienten mit hochkontagiösen, lebensbedrohlichen Erkrankungen (HKLE) erfordert neben einer spezialisierten Behandlung, die die strikte Isolierung der Erkrankten und Krankheitsverdächtigen beinhaltet, auch erhebliche epidemiologische, logistische und nicht zuletzt materielle Aufwendungen. Seit dem Jahr 2000 existiert in Deutschland ein nationales Konzept zum Management und zur Kontrolle dieser hochkontagiösen, lebensbedrohlichen Erkrankungen [1]. Dieses wurde zuletzt in den Jahren 2001 bis 2003 aktualisiert [24].

Im Verlauf der letzten Dekade haben sich jedoch sowohl epidemiologische (gekennzeichnet u. a. durch das Auftreten neuer Erreger und nicht zuletzt durch die aktuelle Situation aufgrund des größten jemals registrierten Ebolafieber-Ausbruchs in Westafrika, der Ende Dezember 2013 in Guinea begann) als auch konzeptionelle Veränderungen ergeben, die im vorliegenden Update dargestellt und geklärt/verdeutlicht werden sollen. Hierbei ist es insbesondere notwendig, die Erfordernisse der Versorgung solcher Patienten auf dem Boden der in Deutschland gemachten Erfahrungen („lessons learned“) mit importierten bzw. repatriierten Fällen von Lassa-Fieber und Ebolafieber [510] darzustellen sowie die Aspekte der Diskussion auf internationaler Ebene [1117] zu vergegenwärtigen und zu strukturieren.

Vor allen Dingen das Auftreten neuer, potenziell hochkontagiöser Erreger, die mit einer hohen Letalität einhergehen können (MERS-Coronaviren, verschiedene hochpathogene aviäre Influenzaviren, Bas-Congo-Virus, Chaparé- und Lujo-Virus), zeigt, dass neben der Expertise in der Erregerdetektion und -charakterisierung auch ein erhebliches Maß an klinischem Sachverstand zur adäquaten und – im epidemiologischen Kontext – sicheren Versorgung entsprechend Erkrankter erforderlich ist.

In Deutschland existieren nunmehr sieben sogenannte „Behandlungszentren“ (Tab. 1) sowie ein Trainingszentrum in der Missionsärztlichen Klinik in Würzburg, die strukturelle, materielle und logistische Ressourcen zur Versorgung von Patienten mit HKLE vorhalten. In den Behandlungszentren wird zudem intensiv geschultes Personal mit entsprechender Fachkenntnis vorgehalten. Die genannten Zentren haben sich mit den ihnen als Komponente des öffentlichen Gesundheitsdienstes zugeordneten sog. Kompetenzzentren im Jahre 2003 zur Arbeitsgemeinschaft und im Jahr 2014 zu einem Ständigen Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für hochkontagiöse und lebensbedrohliche Erkrankungen (STAKOB) am Robert Koch-Institut (RKI) zusammengeschlossen [18, 19], um Kompetenzen und Ressourcen strategisch zu bündeln. Die erfolgreiche Umsetzung des im Jahr 2000/2001 inaugurierten Konzeptes soll mit der vorliegenden Arbeit fortgeführt und es soll um aktuelle Erfordernisse erweitert werden.

Tab. 1 Adressen, Telefonnummern und überregionale Zuständigkeiten der im Ständigen Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für hochkontagiöse und lebensbedrohliche Erkrankungen (STAKOB) zusammengeschlossenen Behandlungszentren

Isolierung und Behandlung der Erkrankten

Behandlungszentren

Die derzeitige Zahl von sieben Zentren (Tab. 1) zur Behandlung von Patienten mit HKLE ist für die Versorgung der Bundesrepublik ausreichend. Allein der erforderliche materielle sowie personelle Aufwand in diesen Zentren macht eine höhere Anzahl nicht sinnvoll. Eine entscheidende Lücke in der Versorgung Nordrhein-Westfalens wurde durch die Fertigstellung und Inbetriebnahme des Kompetenz- und Behandlungszentrums in Münster bzw. Düsseldorf geschlossen. Abb. 1 zeigt die Versorgungsgebiete der jeweiligen Kompetenz- und Behandlungszentren über die entsprechenden Bundesländer farblich differenziert. Diese Versorgungsaufträge sind teils durch Staatsverträge geregelt, teils durch entsprechende schriftliche Einlassungen der jeweiligen Gesundheitsbehörden. Damit stehen in der Bundesrepublik Deutschland mehr als 50 Betten (inkl. > 20 Beatmungsplätze) zur Versorgung von Patienten mit hochkontagiösen, lebensbedrohlichen Erkrankungen zur Verfügung.

Abb.1
figure 1

Behandlungs- und Kompetenzzentren des STAKOB

Aus den Erfahrungen der jeweiligen Zentren lassen sich für die Behandlungszentren die nachfolgend dargestellten strukturellen Anforderungen ableiten. Sie stellen dementsprechend die Konsensus-Empfehlungen des STAKOB dar. Diese haben natürlich keinen juristisch verbindlichen Charakter und sollen die gesetzlichen Grundlagen des Betriebs von Sonderisolierstationen (TRBA 250 [20] und BioStoffV [21]) nicht ersetzen, sondern aus der klinischen Erfahrung heraus sinnvoll ergänzen, zumal auch die Betreuung solcher Patienten, die an Infektionen mit Erregern leiden, die nicht der Schutzstufe 4 unterliegen (siehe auch die Zusammenstellung der Erreger in der Tab. 2), in den STAKOB-Zentren aufgrund der vorgehaltenen Expertise Sinn machen kann. Ein Teil der Behandlungszentren nutzt die vorhandenen Kapazitäten nicht zuletzt auch zur Versorgung von Patienten mit multiresistenten Pathogenen. Hier geht es insbesondere um Erreger wie multiresistente/extensiv resistente (MDR, XDR) M. tuberculosis-Stämme sowie um gramnegative Pathogene (4-MRGN-Erreger nach der aktuellen KRINKO-Klassifikation [22]).

Tab. 2 Erreger, durch die Erkrankungen verursacht werden, bei denen eine Versorgung im Behandlungszentrum erforderlich oder bei denen die besondere vorgehaltene Expertise sinnvoll sein kann (cave: nicht alle hier aufgeführten Erreger gehören der Risikogruppe 4 an, alle erfordern jedoch spezialisierte Kenntnisse, die in den Behandlungszentren vorgehalten werden!)

Bauliche Voraussetzungen

Das Behandlungszentrum muss sich in einem vom normalen Krankenhausbetrieb gesonderten Bereich mit ausgewiesenen Zugängen (Schleusenbereich) oder in einem separaten Gebäude mit entsprechender Zutrittsbeschränkung befinden. Für Besucher sind Möglichkeiten einer sicheren Kontaktaufnahme herzustellen (z. B. Sichtfenster und Wechselsprechanlage).

Patientenzimmer sollten vorzugsweise als Einzelzimmer mit separaten Nasszellen konzipiert sein. Auch Lösungen ohne Nasszelle können den Anforderungen entsprechen. Jedes Patientenzimmer muss mit einer Schleuse versehen sein, die einen Personalwechsel oder Materialaustausch durch wechselseitig schließende Türen ermöglicht. Eine optische oder akustische Signalgebung ist für die Einhaltung von Umluftzeiten nach dem Öffnen und Schließen der jeweiligen Türen von Vorteil. Bei mechanischer Verriegelung der Tür ist eine zentrale bzw. leicht vor Ort erreichbare Notentriegelung notwendig. Nassbereiche sollten als separate Nasszelle vorhanden sein. Scharfe Kanten oder andere, das Verletzungsrisiko erhöhende Materialien oder Einrichtungsgegenstände sind unbedingt zu vermeiden. Inventar und Wandfarbe/Beschichtung müssen desinfektionsmittelbeständig, Metalle korrosionsfest sein. Es müssen dezidierte Wege für das Ein- und Ausschleusen von Personal und Material als sog. SOPs („standard operating procedures“) vorgegeben sein.

Der gesamte Bereich muss mit einer raumlufttechnischen Anlage (RLT) ausgestattet sein, die autark von sonstigen RLT-Anlagen im Gebäude verläuft und redundant hinsichtlich der Zentralgeräte ausgelegt ist. Sie muss neben einer Flussregelung auch die Aufrechterhaltung zweier Unterdruckstufen erlauben. Die Differenz der Druckstufen sollte 10–15 Pa nicht unterschreiten. Hierbei ist die niedrigere Druckstufe (z. B. −30 Pa) in Patientenzimmer und Nasszelle einzustellen, während die einfache Unterdruckstufe (z. B. −15 Pa) im Schleusenbereich eingestellt ist. Im übrigen Stationsbereich herrscht Normaldruck (eine schematische Darstellung des empfohlenen Designs eines solchen Patientenzimmers zeigt Abb. 2). Die Nutzung von Überstromgittern zur Steuerung der Strömungsrichtungen kann hierbei hilfreich sein. Druckverhältnisse und auch Flow der RLT müssen mittels Sensoren kontinuierlich überprüft werden, neben der Kontrollmöglichkeit in der Sonderisolierstation muss auch eine Überwachung außerhalb für das zuständige technische Personal möglich sein. Die potenziell kontaminierte Abluft aus den Patientenzimmern ist über geeignete Partikelfilter (mindestens H13) abzuführen. Die Positionierung der Filter im Abluftsystem sollte primär patientennah erfolgen, ein zweites, redundantes Filtersystem distal im Abluftschenkel der RLT kann im Havariefall das Kontaminationsrisiko erheblich reduzieren. Eine mindestens halbjährliche Wartung der RLT ist mandatorisch.

Abb. 2
figure 2

Prinzipieller Aufbau einer Sonderisolierstation

Die Inaktivierung des Abwassers bzw. flüssiger Abfälle muss entsprechend der aktuell gültigen Biostoffverordnung (Stand Juli 2013) [21] mit einem validierten Verfahren vorzugsweise thermisch oder auch chemisch erfolgen. Eine Begrenzung der Menge kontaminierter Flüssigkeiten zumindest bei ausschließlich chemischer Dekontamination ist sinnvoll und kann durch wassersparende Wasch- und Reinigungsverfahren bzw. die Aufnahme von Flüssigkeiten und Ausscheidungen mittels Zellulose oder ähnlicher Materialien erfolgen.

Für die Dekontamination fester Abfälle ist ein Durchreicheautoklav zu nutzen. Die laufenden Desinfektionsmaßnahmen sowie die Schlussdesinfektion müssen sachgerecht und entsprechend der RKI-Empfehlungen [23] vorzugsweise mit Sauerstoffabspaltern (z. B. Peressigsäure) erfolgen. Eine anderweitige Entsorgung (z. B. die chemische Inaktivierung des kontaminierten Materials) hat sich nach den aktuellen Erfahrungen bei der Versorgung von an Ebolafieber Erkrankten als problematisch erwiesen.

Eine regelmäßige Flächendesinfektion (mindestens täglich, bei Verunreinigungen auch mehrfach täglich) mit einem an den biologischen Eigenschaften des Erregers adjustierten zugelassenen Flächendesinfektionsmittel aus der Liste der vom RKI geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren mit dem Wirkungsbereich AB (RKI-Liste) ist zu gewährleisten. Für die gewählten Desinfektionsmaßnahmen muss geschultes Personal mit den entsprechenden Befähigungsnachweisen vorgehalten werden.

Labordiagnostik

Die in Deutschland durch das Robert Koch-Institut (RKI) vorgenommene Benennung von Referenz- und Konsiliarlaboratorien für Infektionserreger [24] macht den hohen Standard der diagnostischen Versorgung in Deutschland deutlich.

Für die in Betracht zu ziehenden Erreger, die eine HKLE induzieren können (siehe u. a. Tab. 2) und für etwaige neue Erreger, die zunächst in die Risikogruppe 4 klassifiziert werden, stehen aktuell zwei Laboratorien in Hamburg und Marburg und nach erfolgter Inbetriebnahme ein weiteres in Berlin mit hoher Expertise zur Verfügung. Diese Kapazitäten erweitern sich noch durch die Laboreinrichtungen für Erreger der Risikogruppe 4 am Institut für neue und neuartige Tierseuchenerreger des Friedrich-Löffler-Instituts auf der Insel Riems.

Es ist sinnvoll, dass die primäre Erregerdiagnostik in einem zentralen Diagnostiklabor in der gesamten Breite des mikrobiologischen Spektrums für hochkontagiöse, lebensbedrohliche Infektionskrankheiten vorgehalten wird. Diese liegt aktuell in der Zuständigkeit des Bernhard-Nocht-Instituts in Hamburg. Die dann erforderliche Spezial- und weiterführende Diagnostik soll erregerabhängig in den jeweils ausgewiesenen Referenz- und Konsiliarlaboratorien erfolgen. Für den Versand solcher Proben empfiehlt sich zuvor die Kontaktaufnahme mit dem jeweiligen Labor, um die Proben anzumelden und Versandmodalitäten gemäß den geltenden Gefahrgutvorschriften abzustimmen (siehe hierzu Beitrag von Gottschalk in diesem Heft).

Neben der mikrobiologischen Diagnostik spielt natürlich die Routinelabordiagnostik eine nicht unerhebliche Rolle in der Versorgung schwerkranker Patienten. Diese kann aus Gründen der biologischen Sicherheit nur in den Behandlungszentren selbst vor Ort in der Sonderisolierstation durchgeführt werden. Hier kommen dann sogenannte Point-of-Care-Testsysteme (PoCT) zur Anwendung. Die Minimalvariante der erforderlichen Parameter, die zur Verfügung stehen sollten, ist in Tab. 3 benannt. Hierzu gehören sowohl hämatologische, hämostaseologische und klinisch-chemische Parameter als auch die Blutgruppendiagnostik. Natürlich muss auch die klassische Erregerdiagnostik (Malariaausstriche, Blutkulturen, Urinkulturen und Kulturen aus Materialien des Respirationstraktes) gesichert sein. Diese Arbeiten müssen in einem Laborbereich analog zu den in der TRBA 100 [25] geforderten Aspekten (Abschnitte 4.3, 4.3.2, 4.4.1 und 5) durchgeführt werden. Hierfür ist entsprechend trainiertes Personal in den Zentren vorzuhalten.

Tab. 3 In den Behandlungszentren vorzuhaltendes Basislabor auf der Grundlage von Point-of-Care-Systemen

Persönliche Schutzausrüstung (PSA)

Geeignet für die kontinuierliche Versorgung von HKLE-Patienten, insbesondere unter intensivmedizinischen Bedingungen, sind zertifizierte Einmal-Schutzanzüge mit angearbeiteter Kapuze und integrierten Füßlingen der Kategorie CE III Typ 3B (EN14605 und EN466), angearbeitete oder wiederverwendbare Respiratorhauben mit HEPA-Filterung der zugeführten Raumluft (sog. halbgeschlossene Systeme mit P3-Partikelfiltern in Form von Gas-/Partikel-Kombinationsfiltern der Klasse B2P3, um eine Gefährdung der Mitarbeiter bei der chemischen Dekontamination zu vermeiden), Nitril- oder Butyl-Schutzhandschuhe mit einer AQL (das sog. „acceptable quality limit“; im Deutschen: annehmbare Qualitätsgrenzlage, die das Maß der akzeptierten Fehlerquote von Produkten bei der Auslieferung abhängig von der gewählten Stichprobengröße beschreibt) von < 1,5 und den entsprechenden Normierungen (Kategorie CE III, EN 374–2/-3, EN 388, EN 420, EN 455) sowie flüssigkeitsdichte, durchstichsichere und rutschfeste Schuhe. Die einzelnen Teile der PSA können mit Panzerband oder Teppichklebeband flüssigkeitsdicht konnektiert werden. Eine Überprüfung der gesamten PSA vor Eintritt in kontaminierte Bereiche ist unerlässlich.

Ausführliche Vorgaben zur PSA finden sich auch in der 2014 novellierten Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250 [20] (Siehe auch Beitrag von Schmiedel und Kreuels in diesem Heft).

Bei wiederverwertbaren Respiratorhauben sollte deren Desinfektion den Empfehlungen der Hersteller gemäß erfolgen. Hier sind Desinfektionsverfahren mit Sauerstoffabspaltern zu bevorzugen. Aus Weichkunststoff bestehende Sichtfenster der Respiratorhauben können nach wiederholter Desinfektionsmittelanwendung eine milchig-trübe Verfärbung annehmen, durch die die Sicht beeinträchtigt wird. Hier gilt es, die praktische Eignung bzw. Belastbarkeit der erhältlichen Fabrikate zu prüfen und diese gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit den Herstellern zu verbessern.

Je nach Fabrikat und Umfeld kann zur besseren Verständigung des Personals sowohl untereinander als auch mit dem Patienten eine Freisprechanlage in die Respiratorhauben beim Anlegen integriert werden.

Personalbedarf

Die Betreuung von Patienten mit HKLE darf nur durch Personal erfolgen, das entsprechend geschult und dokumentiert unterwiesen ist. Die betreffenden Mitarbeiter müssen eine arbeitsmedizinische Vorsorge (Tätigkeitsvoraussetzung) erhalten haben. Eine Untersuchung nach den berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen G26 und G42 sollte hierbei unbedingt angeboten werden. Die Mitarbeiter sollten entsprechend den bestehenden Risiken alle erforderlichen Schutzimpfungen vorweisen können und nur auf freiwilliger Basis in ein solches Behandlungsteam integriert sein. Praktische Übungen der Behandlungssituation sollten mindestens vierteljährlich, theoretische und Geräteunterweisungen sollten für jeden Mitarbeiter in einem mindestens halbjährlichen Abstand erfolgen und müssen dokumentiert werden.

Bei einer akzidentellen Exposition mit hohem Risiko (siehe unten) sind die Mitarbeiter für die Dauer der maximalen Inkubationszeit zu beobachten.

Die Erfahrungen mit den in den letzten Jahren betreuten HKLE-Patienten haben gezeigt, dass der erforderliche Personalbedarf für ihre adäquate Versorgung immens ist. Für die ersten Behandlungstage eines einzigen Patienten liegt der Bedarf an pflegerischem und ärztlichem Personal bei 12–16 respektive 4–6 Vollzeitkräften [26].

Das eingesetzte Personal (sowohl pflegerisch als auch ärztlich) sollte infektiologisch/tropenmedizinisch und intensivmedizinisch ausgebildet sein. Zusätzlich vorzuhaltende Kompetenzen (z. B. Labormedizin, Mikrobiologie, Radiologie, etc.) sollten verfügbar sein und bei Bedarf hinzugezogen werden. Ein besonderes Problem stellt die Versorgung von Kindern mit HKLE dar. Hier sind in den Zentren infektiologisch und intensivmedizinisch versierte Pädiater in das Behandlungskonzept zu integrieren. Es empfiehlt sich, die erforderlichen Qualifikationen innerhalb des Quarantäneteams breit zu streuen und kontinuierlich zu erweitern.

Für die Arbeitsabläufe müssen SOPs, für die Arbeitszeiten entsprechende Dienstpläne vorliegen. Die einzelne Schichtzeit in der PSA sollte vier Stunden nicht überschreiten. Das Wechseln der Mitarbeiter zwischen der direkten Patientenversorgung im Isolierbereich und der Erfüllung supportiver, logistischer oder dokumentarischer Aufgaben außerhalb des Isolierbereichs kann die individuelle Arbeitsbelastung reduzieren und die Effizienz der pflegerischen und ärztlichen Versorgung erhöhen.

Außerhalb des Sonderisolierbereichs sollten Personalaufenthalts- und -ruheräume zur Verfügung stehen; das Personal darf diesen Bereich (z. B. in Arbeitspausen) nicht in der benutzten Bereichskleidung verlassen. Es müssen Konzepte für die Nutzung der Bereiche außerhalb der Sonderisolierstation unter den Bedingungen einer HKLE-Betreuung vorhanden und mit der Klinikleitung abgestimmt sein.

Im Rahmen einer vorausschauenden Personalplanung stellt gerade bei einer länger andauernden Behandlungssituation ein Personalsupport aus anderen Behandlungszentren eine sinnvolle Ergänzung der Ressourcen des jeweiligen Behandlungszentrums dar. Entsprechende Vereinbarungen müssen im Vorfeld auf fachlicher und arbeitsrechtlicher Ebene getroffen werden.

Der besonderen Situation des Personals in den Behandlungszentren sollte nicht zuletzt auch durch Angebote einer psychologischen Betreuung während und nach einer Isolierungsbehandlung Rechnung getragen werden. Es empfiehlt sich ohnehin, den Mitarbeitern, die in einem solchen Quarantäneteam zur Verfügung stehen, schon im Vorfeld entsprechende Bewältigungsangebote zu machen. Dies ist dann unabdingbar, wenn es im Rahmen einer Exposition zur Notwendigkeit postexpositioneller Maßnahmen kommt. Erfahrungen aus den vorliegenden Behandlungsfällen zeigen, dass gerade hier der Bedarf für ein professionelles Coping sehr hoch ist.

Weiteres

Es ist evident, dass die sonst bei der Patientenversorgung üblichen Routinemaßnahmen nur unter den Kautelen der strikten Isolierung durchgeführt werden können. Somit sind laborchemische und mikrobiologische Untersuchungen auf solche vor Ort beschränkt. Die Behandlungszentren halten entsprechende Point-of-Care-Systeme vor, die bei der klinisch-chemischen Diagnostik sowie der Basismikrobiologie zum Einsatz kommen. Ebenso müssen radiologische und etwaige endoskopische Maßnahmen auf die unmittelbare Patientenumgebung beschränkt bleiben. Der Transport eines hochkontagiösen Patienten im Krankenhaus muss unterbleiben.

Management und Logistik

Bei Auftreten eines Patienten mit einer HKLE sind unterschiedliche Szenarien denkbar:

  1. 1.

    Der Erkrankte wird im Behandlungszentrum aufgenommen (z. B. Aufnahme einer an HKLE erkrankten Person aus einer internationalen Organisation). Hier verlaufen die Informationskette und aufsuchende Epidemiologie entsprechend den nachfolgenden dargestellten Szenarien. Die Aufnahme eines HKLE-Patienten muss vom Arbeitgeber der für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörde angezeigt werden.

  2. 2.

    Schon im Flugzeug kann der Verdacht auf eine HKLE geäußert werden. Es obliegt dem Flugzeugführer, diesen Verdacht als solchen weiterzuleiten und die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen (Landung auf dem nächsten gelegenen IGV-designierten Flughafen). Auch hierbei verbleiben Patient und Kontaktpersonen vor Ort, es erfolgt die Sichtung des Erkrankten durch den zuständigen Amtsarzt ggf. mit fachlicher Unterstützung schon durch den Kliniker des zuständigen Kompetenz- und/oder Behandlungszentrums. Bei Bestätigung des HKLE-Falls ist das Vorgehen dann wie unter Punkt 1.

  3. 3.

    Der Erkrankte sucht eine medizinische Einrichtung (nicht Behandlungszentrum) in Wohnortnähe auf: es ist hierbei entscheidend, dass die Verdachtsdiagnose HKLE frühzeitig durch die erstversorgenden Kollegen gestellt wird, was sich durch die initial unspezifische Symptomatik dieser Erkrankungen, die eine große Zahl an Differenzialdiagnosen erlaubt, problematisch darstellen kann. Sobald es aber zur Verdachtsdiagnose HKLE kommt, ist unverzüglich der zuständige Amtsarzt zu informieren, der nach Sichtung des Patienten den Verdachtsfall als solchen offiziell bestätigt (am besten im Einvernehmen mit dem zuständigen Kompetenzzentrum) oder von dieser Diagnose wieder abrückt. Im ersten Fall steht nunmehr die Alarmierungskette an, die sich in allen Szenarien in der gleichen Abfolge darstellt: Der Kontakt zum zuständigen Kompetenz- und Behandlungszentrum wird unmittelbar durch den Amtsarzt hergestellt. Hier wird mit der vorhandenen fachlichen Expertise das weitere Vorgehen abgestimmt, eine etwaige Verlegung (Details zum Krankentransport siehe unten) oder eine erforderliche vor Ort-Behandlung werden organisiert. Zeitgleich muss die Informationsweiterleitung an die oberste Landesgesundheitsbehörde und von dort an das RKI, das ECDC und die WHO gesichert werden.

Die definitive Diagnose wird natürlich auf Grundlage der mikrobiologischen Befunde gestellt. Dennoch ist es unabdingbar, eine ausführliche epidemiologische und Reiseanamnese zu erheben, die dem Erfahrenen schon wichtige Hinweise auf die Ätiologie des Krankheitsbildes geben kann. Klinische Falldefinitionen sind hierbei nur bedingt hilfreich, da sie in der Regel sehr großzügig abgefasst sind und eine viel zu geringe Spezifität haben. Sie haben sich jedoch bei der ersten Sichtung des Erkrankten gerade in der aktuellen Situation bewährt. Es ist hierbei sinnvoll, sich der vom RKI zeitnah angebotenen Hilfsmittel zu bedienen (z. B. während des Ebolafieber-Ausbruchsgeschehens in Westafrika das RKI-Flussdiagramm zur Klärung eines Ebolafieber-Verdachtsfalls [27]). In der Hand des Erfahrenen kann jedoch die Zusammenschau aller Befunde und der anamnestischen Informationen eine HKLE oftmals zumindest mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ausschließen [2831].

Kompetenzzentren

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass jeder diensthabende Arzt oder Amtsarzt die für ein effektives HKLE-Management erforderlichen speziellen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen besitzt. Daher sieht das aktualisierte Konzept neben den beschriebenen Behandlungszentren auch die Vorhaltung überregional arbeitender, oben schon erwähnter Kompetenzzentren zur Beratung und Unterstützung der erstversorgenden Krankenhäuser, aber auch des jeweils örtlich zuständigen öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) vor.

Die Kompetenzzentren bilden sich – den Erfordernissen des IfSG geschuldet – als Organisationsstruktur mit hoher fachlicher Expertise (Tab. 4). Die Einbeziehung weiterer Institutionen wie z. B. der örtlichen Katastrophenschutzbehörden oder der Bundeswehr im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit, die in einigen Zentren seit Jahren erfolgreich praktiziert wird, ist von den lokalen Gegebenheiten abhängig.

Tab. 4 Exemplarische Zusammensetzung der Mitarbeiter eines Kompetenzzentrums

Die Kompetenzzentren unter Leitung des öffentlichen Gesundheitsdienstes vertreten die Belange des Seuchenschutzes in überregionalem Maßstab – je nach Verantwortungsbereich auch länderübergreifend.

Die Aufgaben des Kompetenzzentrums, die sich von Zentrum zu Zentrum durchaus in Details unterscheiden, können sein:

  • Telefonische Beratung und Unterstützung von Gesundheitsbehörden, Ärzten und Krankenhäusern im Zuständigkeitsbereich,

  • Einholen und Weiterleiten aktueller epidemiologischer Informationen,

  • Unterstützung bei diagnostische Fragen in Abstimmung mit dem Diagnostikzentrum,

  • Entscheidungshilfe (auch vor Ort) hinsichtlich Absonderung und Einweisung bzw. Verlegung eines krankheitsverdächtigen Patienten in das Behandlungszentrum,

  • logistische Organisation des Krankentransports,

  • Beratung oder auch Support bei der Durchführung seuchenrechtlich erforderlicher Meldungen,

  • Unterstützung der zuständigen Behörden bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,

  • Koordinierung der antiepidemischen Maßnahmen:

    • Postexpositionsprophylaxe,

    • Anordnung und Überprüfung der Desinfektionsmaßnahmen und Abfallbeseitigung,

    • Anordnung bzw. Organisation einer Obduktion (diese ist aufgrund der besonderen Bedingungen in einer Sonderisolierstation schwer durchführbar und muss auf absolute Ausnahmefälle beschränkt bleiben) und der Bestattung eines Verstorbenen,

    • Hilfe bei der Ermittlung der Kontaktpersonen

  • Vermittlung bzw. Hinzuziehen weiterer spezieller fachlicher Expertise,

  • Vermittlung einer adäquaten, Risiko-adaptierten PSA und von qualifiziertem Personal, wenn eine Verlegung aus einem externen Krankenhaus in das Behandlungszentrum nicht möglich erscheint.

Die Mitglieder des Kompetenzzentrums sollen halbjährlich zu informellen Besprechungen zusammen kommen und über den Funktionszustand ihres jeweiligen Verantwortungsbereiches berichten. Insbesondere die reibungslose Abstimmung und Zusammenarbeit der einzelnen Beteiligten bei der Versorgung eines Erkrankten sollte immer wieder Ziel von Übungen und Trainings sein (siehe hierzu Beitrag von Stich et al. in diesem Heft).

Krankentransport

Durch die Strukturierung der Zuständigkeiten der jeweiligen Kompetenz- und Behandlungszentren für bestimmte Bundesländer ist ein landgestützter Transport von Erkrankten über eine akzeptable Distanz (bis 300 km) in den allermeisten Fällen ohne Probleme möglich. Dabei muss eine Infektionsgefährdung des begleitenden medizinischen Personals oder unbeteiligter Dritter ausgeschlossen sein. Zum Einsatz kommen daher entkernte Rettungswagen (RTW), sog. Infektions-RTW oder I-RTW, die eine dichte Trennung von Fahrer- und Transportkabine aufweisen und eine vollständige Oberflächendekontamination der Fahrzeuginnenbereiche erlauben. Eine HEPA-Filterung der Abluft, die einige I-RTW-Modelle implementiert haben, ist nicht zwingend erforderlich. Ein zweites Fahrzeug ist für den Transport der benötigten Materialien sowie einer Ersatz-Crew erforderlich. Eine primäre Kontamination der Arbeitsgeräte kann durch diese Strategie gezielt vermieden werden. Die Dekontamination kann mittels Formaldehyd-Begasung (Befähigungsnachweis nach TRGS 522!) oder Verneblung von Sauerstoffabspaltern (z. B. H2O2) erfolgen.

Das Abkleben eines konventionellen RTW als redundantes Reservesystem sowie der Gebrauch von Transportisolatoren (bei entsprechendem klinischen Zustand des zu Transportierenden) kann im Einzelfalle erwogen werden. Über ein entsprechendes Personalmanagement ist die kontinuierliche Verfügbarkeit der Fahrzeuge inklusive des trainierten Personals vom jeweils zuständigen Rettungsdienst zu gewährleisten.

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass ein Lufttransport von an HKLE Erkrankten oftmals notwendig (Re- bzw. Expatriierung) und auch prinzipiell möglich ist. Auch eine fachgerechte Dekontamination der Fluggeräte ist grundsätzlich durchführbar. Die Bundesregierung hat während des Ebolafieber-Ausbruchs in Westafrika eine entsprechende Transportmöglichkeit mit einem speziell ausgestatteten Fluggerät geschaffen [32]: Dieses kann im Falle eines erforderlichen Lufttransports eingesetzt werden. Die medizinische Betreuung obliegt Einsatzteams aus den Behandlungszentren des STAKOB (aktuell aus dem Behandlungszentrum Berlin).

Schlussbemerkungen

Das zuerst in den Jahren 2000 und 2001 inaugurierte Konzept einer dezentralen Patientenversorgung im Falle des Auftretens von HKLE hat sich bei den Einzelfällen, die in der letzten Dekade betreut werden mussten, bewährt (Lassa-HF, SARS, Ebolavirus-Krankheit, etc.). Die Erfahrungen aus diesen Fällen haben zu einzelnen Modifikationen der Gesamtkonzeption im Hinblick auf die strukturellen und personellen Erfordernisse und Gegebenheiten in den Behandlungszentren geführt [33, 34]. Diese wurden hier dargestellt. Der Zusammenschluss aller Kompetenz- und Behandlungszentren in einem Ständigen Arbeitskreis (STAKOB) hat Synergien im Sinne einer systematischen Verbesserung der Infrastrukturen und einer Bündelung von Ressourcen ermöglicht. Diese Fortschritte haben zu vergleichbaren Anstrengungen auf europäischer Ebene (EuNID-Netzwerk) geführt [12]. In diesem Sinne hat das von den Mitgliedern des STAKOB getragene Konzept eine Vorreiterfunktion. Die vorliegende Aktualisierung soll der verbesserten professionellen Versorgung von Patienten mit HKLE dienen und das Risiko einer Krankheitsübertragung auf Kontaktpersonen weiter minimieren.