Zusammenfassung
Mit der REACH-Verordnung (REACH-VO) aus dem Jahre 2006 wird der Versuch unternommen, ein einheitliches, effizientes und innovationsförderndes Rechtssystem für Industriechemikalien einzuführen, das das bisher unübersichtliche, durch viele Einzelregelungen geprägte und in vielerlei Hinsicht als defizitär angesehene europäische Stoffrecht ablösen soll. Die REACHVO erfindet das europäische Stoffrecht nicht neu, sondern greift auf schon bestehende Regelungsansätze zurück, strukturiert diese jedoch neu und ergänzt sie, sodass ein einheitliches Regelungssystem entsteht, das in Zukunft im Wesentlichen zentral von der neu geschaffenen Europäischen Agentur für chemische Stoffe vollzogen und koordiniert werden soll. Angelehnt an das Verfahren zur Erfassung und Regulierung chemischer Neustoffe, werden Stoffinformationen in einem Registrierungsverfahren generiert und im Anschluss bewertet. Die dort erhobenen Informationen werden dann im Rahmen eines Zulassungs- und Beschränkungsverfahrens genutzt, um eine angemessene Verbreitung von und den sicheren Umgang mit chemischen Stoffen sicherzustellen. Zahlreiche Informationspflichten entlang der gesamten Lieferkette bis hin zum Verbraucher ergänzen die Verfahrensschritte der Neuregelung, die vor allem durch die Aufhebung der Unterscheidung in Neu- und Altstoffe, den Ansatz der Substitution und die Verstärkung des Grundsatzes der kontrollierten Eigenverantwortlichkeit geprägt ist.
Abstract
The REACH regulation from 2006 shall overcome the deficiencies of the previously existing inconsistent legal system of chemicals and build an efficient and innovative regulation for industrial chemicals in the EU. For this purpose, the REACH regulation is not inventing a completely new legislation for chemical substances, but refers to the existing rules, regulates and structures them in a new manner and complements them. With REACH a consistent control system for chemicals in Europe has been created, which basically is managed and coordinated by the newly established European Chemicals Agency (ECHA). In the first phases of the REACH system, information about chemicals is generated and afterwards evaluated. Then this information is used in a process of authorization and restriction, to ensure adequate proliferation and safe exposure to chemical substances. Numerous duties to furnish information complement the readjustment’s procedural steps, particularly with regard to the supply chain and down to the consumer. It is mainly affected by the abrogation of the determination between new and existing substances, the principle of substitution and is based on the idea that industry itself is best suited to ensure that the substances it manufactures and places on the market in the EU do not adversely affect human health or the environment.
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Pache, E. Rechtliche Aspekte der REACH-Verordnung. Bundesgesundheitsbl. 51, 1408–1416 (2008). https://doi.org/10.1007/s00103-008-0714-3
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