Die Verlängerung der Wartezeit oder der Gesamtbehandlungszeit durch ungeplante Bestrahlungspausen

Hintergrund und Ziel:

Die durch fraktionierte Strahlentherapie erreichbare lokale Kontrolle von Tumorerkrankungen wird nicht nur durch Gesamtdosis, Dosis pro Fraktion und strahlenphysikalische Parameter beeinflusst, sondern auch durch den Zeitraum, der zwischen einer eventuellen Operation und Bestrahlungsbeginn vergeht, sowie—aus strahlenbiologischen Gründen—durch die Gesamtbehandlungszeit einer fraktionierten Strahlenbehandlung. Die Arbeit untersucht die Bedeutung dieser Zeiträume für die erreichbare regionale Tumorkontrolle.

Methodik:

Die Literatur der letzten 30 Jahre wurde analysiert und der Einfluss der Zeitfaktoren auf die lokale Tumorkontrolle beurteilt. Es fanden sich insgesamt 33 Arbeiten in vergleichenden Studien und zwölf randomisierte Studien, die sich dieser Fragestellung widmen.

Ergebnisse:

Die Verlängerung der Wartezeit (Zeit zwischen Operation und Bestrahlungsbeginn) hat, abhängig von Tumorart, postoperativer Resttumormenge und Tumorvolumen, negativen Einfluss auf die Tumorkontrolle. Ein früherer Behandlungsbeginn nach Operation ist, soweit dem Patienten zumutbar, anzustreben. In nahezu allen untersuchten randomisierten und nicht randomisierten Studien der Kopf-Hals-Region erbringt eine Verlängerung der Gesamtbehandlungszeit schlechtere lokale Heilungsergebnisse. Dabei ist diese Aussage bei Plattenepithelkarzinomen, Zervixkarzinomen und Bronchialkarzinomen besonders gut belegt. Eine Behandlungsverlängerung um 1 Woche führt bei diesen Tumorarten zu Verlusten an lokaler Kontrolle in Abhängigkeit von der Tumorgröße im Bereich von 1–16%.

Schlussfolgerung:

Eine strahlentherapeutische Verordnung darf nicht nur aus Gesamtdosis und Dosis pro Fraktion bestehen, sondern muss die Gesamtbehandlungszeit, in der die Dosis verabfolgt wird, einbeziehen. Ungeplante Behandlungsunterbrechungen wie Feiertage, Geräteausfälle oder patientenbezogene Faktoren, die zu einer Verlängerung der Behandlungszeit führen, verringern die Heilungschancen für die Patienten. Deshalb müssen ungeplante Pausen kompensiert werden, z.B. durch zusätzliche Bestrahlungsfraktionen an Wochenenden oder eine zweite Bestrahlungsfraktion an einem Behandlungstag.

Background and Purpose:

Local tumor control after radiotherapy does not only depend on total dose, dose per fraction and physical parameters but also on the time interval between surgery and begin of radiotherapy and on overall time of fractionated irradiation. This study summarizes the evidence for an impact of delay and overall time of radiotherapy on locoregional tumor control.

Methods:

Published reports of the last 30 years were reviewed for evidence of a time factor, i.e., for an influence of overall treatment time on local tumor control. Overall, 33 nonrandomized studies and twelve randomized trials addressing this question were identified.

Results:

Prolongation of waiting time between surgery and radiotherapy, dependent on tumor type and residual burden, decreases local control. Postoperative radiotherapy should be initiated early, whenever medically appropriate. Almost all nonrandomized and randomized trials indicate that prolongation of overall time of fractionated irradiation decreases local tumor control, particularly of squamous cell carcinoma of the head and neck and cervix, but also of non-small cell and small cell lung cancer. In these tumors prolongation of overall treatment time by 1 week results in a decrease of local control between 1–16%.

Conclusion:

Prescription of radiotherapy may not be limited to total dose and dose per fraction, but needs to include the parameter overall treatment time. Unscheduled treatment interruptions such as holidays, machine breakdown or patient-related factors, leading to protraction of the overall treatment time, decrease the chance of cure for the patient. Therefore, unplanned gaps need to be compensated by appropriate measures such as additional fractions at weekends or by applications of a second fraction per day.