Lernziele

Nach dem Studium dieses Artikels …

  • kennen Sie die anatomischen Verhältnisse der Bursa olecrani und die umgebenden Strukturen.

  • können Sie eine traumatisch eröffnete Bursa olecrani in der unfallchirurgischen Wundversorgung behandeln.

  • sind Sie in der Lage, eine chronische Bursitis olecrani zu therapieren.

  • wissen Sie, wie Sie die Nachbehandlung beider Entitäten korrekt durchführen.

  • sind Sie über mögliche Komplikationen einer Bursektomie sowie deren Behandlung informiert.

Vorbemerkungen

Die sich bei Kindern im Alter von 7–10 Jahren bildende und oberflächlich auf der Sehne des M. triceps liegende Bursa olecrani wird von zwei Schichten Synovialmembran begrenzt, kann eine Größe von 1 × 1 × 0,5 cm bis 10 × 5 × 2 cm erreichen und weist in ca. 60 % der Fälle eine septierte oder lobulierte Form auf [1, 2, 3, 4, 5]. Mit ca. 0,01–0,23 % der Krankenhauseinweisungen [6, 7, 8] wird die Häufigkeit einer Bursitis olecrani („student’s elbow“) sicherlich unterschätzt, da viele Patienten ambulant verbleiben. Die Hauptursache einer Bursitis olecrani liegt in der traumatischen Eröffnung [9], welche über bakterielle Einwanderung in einer septischen Bursitis münden kann, wobei der häufigste Erreger dann Staphylococcus aureus ist [10, 11, 12, 13]. Weitere Ursachen stellen körperliche Arbeit, rheumatoide Arthritis und Gichtarthritis dar [14]. Fieber sowie ein Temperaturunterschied der betroffenen Seite zur Gegenseite von ≥2,2 °C sind sichere Merkmale der septischen Bursitis, während lokale Überwärmung, Rötung und Schmerzen als weniger spezifisch gelten [15].

Davon zu unterscheiden ist die aseptische Bursitis, welche klinisch nicht immer einwandfrei zu trennen ist, sondern Analyse und kultureller Aufarbeitung der Bursaflüssigkeit bedarf [14].

Eine Umfrage im deutschen Traumanetzwerk DGU® ergab, dass bei einer akut-traumatischen Bursaeröffnung 85 % der Kliniken in Deutschland eine Bursektomie vornehmen, gefolgt von Wunddébridement in 55 % und Wundrandexzision in 65 % der Fälle. Eine Ruhigstellung erfolgte in mehr als 60 % der Kliniken, eine antibiotische Therapie nur in 45 %. Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wurden in >40 % verabreicht [6]. In einer US-Studie mit 1278 Patienten wurden septische Bursitiden in 100 % mittels Antibiose sowie zusätzlich 47 % chirurgisch behandelt [14]. Aseptische Bursaverletzungen wurden in 47 % chirurgisch, in 1,9 % allein antibiotisch behandelt [14].

Bei aseptischer Bursitis werden NSAR, Ruhigstellung und Kühlung empfohlen. Prädiktoren für den Übergang in eine chronische Bursitis sind uns nicht bekannt [4]. Bei der konservativen Behandlung steht das PRICE-Schema („protection“, „rest“, „ice“, „compression“, „elevation“) mit Immobilisierung über eine Woche im Vordergrund [16]. Steroidinjektionen über den lateralen Zugang scheinen bei sorgfältiger Abwägung der Komplikationen ihre Berechtigung zu haben [17, 18, 19, 20]. Die Punktion von Flüssigkeit mit simultaner Kortisoninjektion kann die Rezidivrate reduzieren und wird von einigen Autoren empfohlen, ist allerdings mit erhöhten Komplikationsraten (iatrogene Infektionen, Hautatrophien) behaftet [21]. Die operative Versorgung sollte aufgrund von Wundheilungsproblemen und Rezidiven [16, 22] chronischen Fällen von aseptischer Bursitis vorbehalten bleiben [23].

Die septische Bursitis, welche ein Drittel der Bursitiden ausmacht [17, 24] geht in der Regel mit Schmerzen, Rötung, Fieber oder Schüttelfrost einher und kann zumeist mit penicillinasefesten Penicillinen (z. B. Flucloxacillin) oder Cephalosporinen der 1. Generation (z. B. Cefalexin) sowie alternativ Clindamycin (bei schweren Verläufen Vancomycin und Rifampicin-Kombinationstherapie) über 10 Tage behandelt werden [11, 25]. Neben der historischen Hauttemperaturdifferenz [26] ist das einzig sichere Verfahren zur Unterscheidung gegenüber der aseptischen Burisitis die Kulturanlage des Bursa-Aspirats [27, 28]. Bei purulentem Aspirat oder klinischem Verdacht auf eine septische Bursitis (Fieber >38 °C, laborchemische Infektkonstellation, immunsupprimierter Patient) sollte eine Antibiose erfolgen [29]. Bei ausbleibender klinischer Rekonvaleszenz steht auch hier die operative Bursektomie als Therapieoption am Ende [28], welche auch in endoskopischer Technik durchgeführt werden kann [30, 31], jedoch komplikationsbehaftet ist [22, 32, 33].

Zusammengenommen schneidet die chirurgische Therapie gegenüber der konservativen signifikant schlechter ab [14]. Eine vollständige Bursektomie, nach Möglichkeit mit Entfernung eines Olekranonsporns [34, 35], führt aber zu zufriedenstellenden Ergebnissen [7].

Im nachfolgenden Artikel wird das Vorgehen bei akut eröffneter Bursa olecrani (Abb. 1a) vorgestellt, welches sich operativ nicht von der Bursektomie bei chronischer Bursitis (Abb. 1b) unterscheidet. Bezüglich des Zeitpunkts der Bursektomie bei traumatischer Eröffnung werden in der Literatur Zeitspannen von 12 h [36], 19 h [37] und 72 h [38] angegeben; für keine Zeitgrenze liegt eine hohe Evidenz vor [39]. Bei älteren und kontaminierten Wunden wird ein großzügiges Wunddébridement durchgeführt, gefolgt von entweder verzögerter Bursektomie oder konservativem Therapieversuch. Letzter wird nach Wundspülung mit NaCl 0,9 % und ggf. Polihexanid mit 10 %igem Polividon-Jod-Salbenverband durchgeführt. Alternativ erfolgt die Primärnaht innerhalb eines 24-h-Intervalls. In jedem Fall werden Bursitiden zu Beginn engmaschig kontrolliert.

Abb. 1
figure 1

Beispiel einer akuten Bursaeröffnung (a) und chronischen Bursitis olecrani (b). Im Röntgenbild (c) vom Patienten aus (b) zeigt sich deutlich die Schwellung der Bursa als Weichteilschatten

Operationsprinzip und -ziel

Ziel des Eingriffs ist die vollständige Bursektomie am Ellenbogen mit Wunddébridement unter Schonung umliegender Strukturen. Eine gezielte Antibiotikatherapie ist bei septischer Bursitis und/oder stark kontaminierten Wunden indiziert. Die Nachbehandlung erfolgt ggf. mit Cast-Ruhigstellung und frühfunktionell.

Vorteile

  • Schnell erlernbares und durchführbares operatives Vorgehen

  • Ambulante Behandlung, frühfunktionelle Nachbehandlung

  • Schonung der venösen und nervalen Strukturen

  • Abfluss von Synovia, Blut- und Lymphflüssigkeit durch Drainagen- oder Lascheneinlage

  • Gezielte Antibiotikatherapie

  • Keine Nachresektion von verbliebenen Bursaanteilen notwendig

Nachteile

  • Operative Therapie

Indikationen

  • Akut traumatisch eröffnete Bursa olecrani

  • Chronische therapieresistente Bursitis olecrani (septisch und aseptisch)

Kontraindikationen

Bei traumatischer Bursaverletzung

  • Allgemeine Kontraindikationen gegen Anästhesie und Operation

Bei chronischer Bursitis

  • A priori nicht verschließbarer Hautdefekt, hier plastische Deckung erforderlich

  • Hämodynamisch instabiler Patient, z. B. Systemic Inflammatory Response Syndrome (SIRS) oder Sepsis

  • Vorbestehende Hautinfektion

Patientenaufklärung

  • Allgemeine Operationsrisiken

  • Wundinfektion

  • Verletzung von Nerven, z.B. N. cutaneus antebrachii posterior und Venen

  • Wundheilungsstörung, sekundärer Wundverschluss, protrahierter Heilungsverlauf

Operationsvorbereitung

  • Ausführliche Anamnese mit Abklärung von Risikofaktoren: z. B. blutverdünnende Medikamente, Diabetes mellitus, Hauterkrankungen, chronische Psoriasis, Gichtarthritis, rheumatoide Arthritis, CREST-Syndrom, Niereninsuffizienz, maligne Tumoren, systemischer Lupus erythematodes, Drogenabusus i. v., langfristige Steroidmedikation oder Immuninsuffizienz.

  • Tetanusimmunisierung: Überprüfung des Tetanusschutzes und bei fehlender Grundimmunisierung sowie sauberen, geringfügigen Wunden Kombinationsimpfstoff (Tdap), sonst bei tiefen und/oder verschmutzten Wunden und <2 Tetanusimmunisierungen oder unbekanntem Status Kombinationsimpfstoff (Tdap) in Kombination mit Tetanus-Immunglobulin (250 IE simultan). Letzterer kann bei ≥2 Tetanusimmunisierungen entfallen [40].

  • Klinische Untersuchung

  • Röntgenaufnahme des entsprechenden Ellenbogens in zwei Ebenen

  • Ggf. Anlage einer Blutsperre

Instrumentarium

  • Desinfektionsmittel

  • Skalpell, chirurgische Pinzette, Präparierschere, Nadelhalter, Nahtmaterial (z. B. Polypropylen 3-0)

  • Einmal-Instrumenten-Set

  • Spüllösung

  • Lasche (z. B. Redondrainage, Penrose-Lasche, 6‑mm-„easy-flow“-Drainage; [41])

  • Elastische Wickel

  • Material für Stützverbände/Cast

  • Bei Bedarf bipolare Antikoagulation

  • Bei Bedarf Blutsperre

Anästhesie und Lagerung

  • Lokalanästhesie oder Kurznarkose

  • Operation in Bauch- oder Rückenlage mit abduzierter Schulter und ausgelagertem in 90° flektiertem Ellenbogen, Polsterung beachten

  • Klebe-/Lochtuch über der Wunde

  • Ggf. Anlage einer Blutsperre

Operationstechnik

(Abb. 23456)

Die Operationsschritte sind bei traumatisch eröffneter Bursa olecrani identisch mit der Bursektomie bei einer chronischen Bursitis.

Abb. 2
figure 2

Die kontinuierliche Applikation eines Lokalanästhetikums (z. B. Scandicain® 1 %) durch die Wundränder bei nicht verschmutzter Wunde unter die gesunde Haut wird fächerförmig durchgeführt

Abb. 3
figure 3

Wundrandexzision beidseits der Wunde mittels Skalpell und Schnitterweiterung 2 cm nach proximal des Epicondylus lateralis und maximal 5 cm distal über den Radiuskopf. Beachte: Der N. cutaneus antebrachii posterior (sensibler Endast des N. radialis) zieht durch den lateralen Kopf des M. triceps brachii und durchbricht die Fascia brachialis über dem lateralen suprakondylären Humerus, bevor er sich in zwei Endäste teilt

Abb. 4
figure 4

Das Subkutangewebe wird in Längsrichtung inzidiert. Beachte: Ein sensibler Endast des N. radialis, der N. cutaneus antebrachii posterior, durchbricht die Oberarmfaszie über dem Ursprung des M. brachioradialis und teilt sich dann in Hautäste auf. Die venöse Versorgung des medialen Ellenbogens erfolgt durch Endäste der V. basilica

Abb. 5
figure 5

Die Bursa wird mittels Präparierschere und Pinzette exploriert (ab) und vollständig dargestellt (d), wozu dieselbe mittels Klemmchen (b) fixiert und die Grenzschicht zwischen Haut und Bursa dargestellt wird (cd)

Abb. 6
figure 6

Nach Darstellung von kompletter Bursa (a) samt Subkutangewebe und ausgiebigem Débridement (b) erfolgt eine vollständige Exstirpation mit nachfolgender Redondrainagen-/Lascheneinlage (c) und Hautnaht in Donati-Rückstichtechnik mit nichtresorbierbarem Fadenmaterial. Anschließend Anlage von Kompressen mit elastischer Wickelung, ggf. Schienung

Postoperative Behandlung

  • Schmerzadaptierte funktionelle Nachbehandlung, ggf. 90°-Flexion für 2 Wochen zur Minimierung von postoperativem Hämatom [17]

  • Cast-Anpassung, ggf. in 90°-Flexion

  • Elastische Wickelung bis zur ersten Wundkontrolle

  • Wundkontrolle, ggf. Drainagenentfernung am 2. postoperativen Tag

  • Keine medikamentöse antithrombotische Therapie indiziert [42]

  • Nahtentfernung am 10.–12. postoperativen Tag mit Therapiebeendigung

  • Bei Verdacht auf eine septische Bursitis sollten penicillinasefeste Penicilline (z. B. Oxycillin, Flucloxacillin) oder ein Cephalosporin der ersten Generation (i. v. Cefazolin, oral Cefalexin) über 2 Wochen oral verwendet werden.

  • Bei systemischen Zeichen einer Infektion oder immunsupprimierten Patienten wird eine stationäre Aufnahme mit i.v.-Antibiotikum für 7–10 Tage empfohlen, mit anschließender oraler Antibiose über 2 Wochen [12, 16, 25, 29].

Fehler, Gefahren, Komplikationen

  • Fehlinterpretation einer septischen als aseptische Bursitis: Antibiotikatherapie mit penicillinasefestem Penicillin (z. B. Oxycillin, Flucloxacillin) oder Cephalosporin der ersten Generation (i. v. Cefazolin, oral Cefalexin) über 2 Wochen oral, bei systemischer Infektion oder immunsupprimierten Patienten intravenöse Antibiose über 7–10 Tage mit nachfolgender oraler Antibiose über 2 Wochen [12, 16, 25, 29], Anpassung der Medikation nach Antibiogramm

  • Progredienz der Bursitis mit Abszedierung, Phlegmone, SIRS bis Sepsis: Wundrevision mit Wunddébridement, ggf. Vakuum-Verband-System-Anlage, ggf. sekundärer Wundverschluss [36]; breite Antibiose, welche nach Antibiogramm deeskaliert wird; PRICE-Schema

  • Wundheilungsstörung (in bis zu 30 % der Fälle infolge einer Bursektomie, [21]): „Watchful waiting“, ggf. Revision mit Wundrandexzision und erneuter Naht, ggf. lokale, gestielte oder freie Lappenplastik [33, 43]

  • Verletzungen des N. cutaneus antebrachii posterior durch unvorsichtiges Präparieren oder erschwerte anatomische Verhältnisse durch die Bursitis selbst: Aufklärung, ggf. mikroskopische Nervennaht, konservatives Prozedere

Ergebnisse

Von 2011 bis 2016 behandelten wir 138 Fälle von traumatischer Bursaeröffnung (insgesamt 71) oder Bursitis olecrani (insgesamt 67), was einem Anteil von 0,07 % unserer Patienten entsprach. Von diesen wurden 82 operativ versorgt, wobei 71 als posttraumatisch und 11 als chronisch einzustufen waren. Die Patienten mit chronischen Bursitiden waren dabei mit 54 Jahren (SD ±19,4) etwas älter als die posttraumatischen (40,9 ± 23,4 Jahre). Bei ersteren fanden sich in intraoperativen Abstrichen 9‑mal Staphylococcus aureus sowie jeweils einmal Streptococcus pyogenes und Pseudomonas aeruginosa.

Insgesamt unterliefen 15 Patienten Revisionsoperationen (9 chronische, 6 posttraumatische Bursitiden), wobei VAC-Wechsel mit sekundärem Wundverschluss aufgrund ausgedehnter Hautdefekte dabei 10-mal, Fistel-/Pus-Entleerung 2‑mal, eine postoperative Wunddehiszenz 2‑mal und ein erneutes Sturzereignis mit Eröffnung der Naht einmal auftraten. Alle Hautdefekte ließen sich schlussendlich ohne Lappendeckung verschließen.

Im Durchschnitt waren die Patienten mit Bursitis olecrani 48,1 ± 20,4 Jahre alt und zu 67,4 % männlichen Geschlechts.

Die Indikation zur Bursektomie wurde in unserem Kollektiv der traumatischen Bursaeröffnung großzügig gestellt, bei der chronischen Bursitis hingegen sehr zurückhaltend, was im Konsens mit der aktuellen Literaturlage zu werten ist [4, 7, 15]. Bei rezidivierenden Bursitiden und Versagen der konservativen Therapie sowie septischem Bild scheint uns die Bursektomie als Therapiemöglichkeit unabdingbar.

Fazit für die Praxis

  • Einer von 1000 Patienten eröffnet sich seine Bursa olecrani traumatisch.

  • Belastbare aktuelle Evidenz bezüglich dieser Entität findet sich spärlich.

  • Bei aseptischer Bursitis ist in der Regel ein konservatives Vorgehen indiziert.

  • Bei septischer Bursitis sollte eine orale 2‑wöchige Antibiose verabreicht werden, unter regelmäßiger Anbindung und PRICE-Schema.

  • Bei Therapieresistenz ist eine operative totale Bursektomie anzustreben, gefolgt von einer antibiotischen Therapie.

  • Der Fadenzug erfolgt am 10.–12. postoperativen Tag.

  • Komplikationen sind vor allem das Übersehen einer septischen Bursitis und Wundheilungsstörungen.