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Über Kampfgasvergiftungen. III. Experimentelle Pathologie der Phosgenvergiftung.1) Nach Versuchen und Berichten von

Aschoff, Flury, Gildemeister, Heitzmann, Heubner, Koch, Laqueur, Magnus, A. Mayer, Ricker, Rona, Soika u. a.

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Zeitschrift für die gesamte experimentelle Medizin

Zusammenfassung

Die in diesem Abschnitt geschilderten Beobachtungen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Nach der Vergiftung mit niederen Phosgenkonzentrationen kommt es sofort zu einer beträchtlichen Verflachung der Atmung, welche dabei allmählich immer frequenter wird. Das beruht auf der Erregbarkeitssteigerung der sensiblen Vagusendigungen in der Lunge, infolge wovon die Inspiration früher gehemmt und die Expiration vorzeitig eingeleitet wird.

Ein Bronchialmuskelkrampf spielt in der Pathologie der Phosgenerkrankung nach Einatmung niederer Konzentrationen keine irgendwie erhebliche Rolle.

Mit dem allmählichen Eintreten des Lungenödems gesellen sich. hierzu die Folgen der Flüssigkeitsfüllung der Lunge. Es kommt zur Volumenzunahme der Lunge, welche eine beträchtliche Verminderung ihrer Elastizität erleidet, die als Abnahme des Dondersdruckes gemessen werden kann. Um die immer starrer werdende Lunge zu bewegen, müssen infolgedessen die Atem- und Hilfsmuskeln eine hochgradige Mehrarbeit leisten, welche als objektive Dyspnöe sichtbar wird. Die Druckschwankungen in der Pleurahöhle bei der In- und Expiration werden dabei stark gesteigert. Gleichzeitig nimmt infolge der fortdauernden Erregbarkeitssteigerung der sensiblen Vagusäste die Beschleunigung und Verflachung der Atmung weiter zu, trotzdem die starke Anstrengung der Atemmuskeln eine erhöhte Lungenventilation vortäuscht. Verschlechterung des Gasgehaltes des Blutes löst eine immer weitergehende Anstrengung der Atemmuskeln aus. Die Flüssigkeitsfüllung der Lunge muß aber bereits einen gewissen Grad erreicht haben, um die genannten Veränderungen der Atmung hervorzurufen.

Es gelingt also die Veränderungen der Atmung bei der Phosgenvergiftung zurückzuführen:

  1. 1.

    Auf die Erregbarkeitssteigerung der Lungenvagusäste,

  2. 2.

    auf die Flüssigkeitsfüllung der Lungen.

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Literatur

  1. Herrn Prof. Max Cremer, der uns einen Teil seines Laboratoriums (Phy-siolog. Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin) nebst den Hilfsmitteln in liebenswürdigster Weise für unsere Untersuchungen zur Verfügung stellte, sei auch an dieser Stelle unser herzlicher Dank ausgesprochen.

Literatur

  1. Phosgen enthält keinen Phosphor.

Literatur

  1. Nach Versuchen von Ellinger und Lipschitz (s.u. S. 235) zeigen Kaninchen nach Einatmung solcher Phosgenkonzentrationen, welche zur Verätzung der Trachea führen, deutliche Schutzreflexe (Hemmung bzw. Verlangsamung der Atmung), die nach Cocainisierung der Nasenschleimhaut ausbleiben. Auch in geringeren Konzentrationen scheint die Reizung der oberen Luftwege durch Phosgen bei Kaninchen (im Gegensatz zu Katzen) eine Rolle zu spielen. Ellinger und Lipschitz konnten bei Kaninchen mit cocainisierter Nase mit Phosgenkonzentrationen von 200 mg/cbm 30 Min. lang eingeatmet (6000 ct) einen sicher tödlichen Erfolg erzielen, während nichtvorbehandelte Tiere nicht mit Sicherheit starben.

Literatur

  1. G. Ricker, Beitr. z. Kenntn. d. toxischen Wirkung des Chlorkohlenoxyd-gases (Phosgens).Volkmanns klin. Vorträge. N. F. Inn. Med. Nr. 256/60, S.742. 1919.

Literatur

  1. Ein ähnlicher Reihenversuch an 6 Katzen wurde im Juni 1916 ausgeführt. Die mikroskopische Untersuchung nahm Prof. C. Benda vor. Das Ergebnis war in allen wesentlichen Punkten dasselbe.

Literatur

  1. Arch. f. d. ges. Physiol.158, 527. 1917.

  2. Schmiedebergs Archiv63, 147. 1911.

Literatur

  1. Oppenheimers Handbuch der BiochemieII, 2, 98.

  2. Siehe hierüber unten Seite72.

  3. Über die Bedeutung dieses Befundes siehe unten Seite118.

  4. Vergleiche unten Seite210.

Literatur

  1. Nähere Angaben siehe unten Seite73.

  2. Vergleiche unten Seite118. 64 1) Spiess, Bedeutung der Anaesthetica inder Entzündungstherapie. Münch. med. Wochenschr. 1906, S.355. 2) Bruce, Über die Beziehung der sensiblen Nervenerregungen zum Entzündungsvorgang. Schmiedebergs Archiv63, 424. 1910. 66 1) Schmiedebergs Archiv27, 153. 1890. 71 1) H. Dreser, Verhandlungen der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Aachen 1900. II, 2, S. 26. 72 1) Siehe unten Seite 1Ä73. 77 1) Vergl. Magnus, „Ergebnisse der Physiologie“, Bd. I, 2. S.419. 1902. 78 1) Die Technik dieser Versuche wird weiter unten Seite 126 beschrieben. 79 1) E. A. Schäfer, The immediate effects of inhalation of chlorine gas. Brit, med. journ.,1915. II. 4. August. 2) W. L. Symes und F. G. Golla, Brit. med. journ., 1915. IL Seite12. Journ. of physiol., Bd.49, Seite LV, 3. Juli 1915. 80 1) Brit. med. journ. 1915. II. Seite348. 2) D. V. Cow, The use of Atropin in the treatment of those suffering from the effects of irritant and other gases. (Pharmakologisches Institut Cambridge.) The Lancet1915. I. 1157. 3) Die direkte Reizwirkung höherer Phosgenkonzentrationen auf die Auskleidung der tieferen Luftwege ergibt sich auch aus der Beobachtung, daß tracheotomierte Katzen während der Einatmung von etwa 5000 mg/cbm Phosgen in einem Teil der Fälle starke Unruhe, Atempausen usw. bekommen (Gildemeister und Heubner). 81 1) Laqueur, Münch. med. Woch.43, 1919 und Pflügers Archiv 1920. 2) Eine andere Methode zur Erzeugung von Lungenödem siehe bei Kraus, Zeitschr. f. experim. Pathol. u. Ther.14, 402. 1910. 86 1) Laqueur u. De Vries Reilingh, D. Arch. f. klin.Med. 131,310,1920. 88 1) I. S. Haldane, The vagus regulation of breathing. Journ. of physiol. Bd.50, XLI. 1916. 2) Siehe unten Seite 118. 89 1) A. Krogh und I. Lindhard, A comparison between voluntary and electrically induced muscular work in man. Journ. of physiol.51, 182. 1917. 90 1) Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Tiere, welche den Druck der aufgeblasenen Manschette an ihrem Thorax spüren, überwiegend mit dem Zwerchfell atmen, dessen Bewegungen nicht mit registriert werden, doch standen uns die dazu nötigen Einrichtungen nicht zur Verfügung. Überhaupt ist die physiologische Technik in dieser Richtung noch wenig ausgebaut. 96 1) H. Schut, Hyperthermie durch Tetrahydro-ß-naphthylaminvergiftung. Archives internat, de Pharmacodynamie. Bd.24, S. 153 und 447 1914/18. 97 1) Schumburg, Hygienische Rundschau8, 92. 1898. 2) Kobert, Intoxikationen. 1. Auflage, Seite538. 1893. 3) Thümmel, Realencyklopädie der Pharmacie.3, 82. 1887. 4) A. Roos, Vierteljahresschr. f. gerichtl. Med. u. öffentl. Sanitätswesen. III.48, 67. 1914. 101 1) Nähere Einzelheiten bei G. Ricker a. a. O. S. 728ff. 103 1) Auch bei atropinisierten Tieren tritt nach Einatmung hoher Phosgenkonzentrationen fleckige Bräunung der Lunge auf, weil hierbei der Bron-chialmuskelkrampf nicht zentral sondern peripher bedingt ist (s. S.78 u. 137) und daher durch Atropin nicht verhindert wird. 105 1) Vgl. hierzu die Aufsätze von L. Henderson und Sörensen in den Ergebnissen der Physiologie. Bd.8, S. 254. 1909 und Bd. 12, S.393. 1912. 2) Walther, Schmiedebergs Archiv7, 148. 1877. 106 1) Daß Phosgen als solches eine besondere physiologische Wirkung ausübt, ergibt sich schon daraus, daß es einen eigenen und von HCl verschiedenen Geruch besitzt. 111 1) Nach unseren Bestimmungen betrug bei einem Hämoglobingehalt von 9,45 – 11,2% das Körperchenvolumen im Blut nach dem Zentrifugieren: 31,0; 32,75; 28,2; 27,0; 34,9%; in einem Versuch bei dem hohen Hämoglobingehalt von 15,3% fand sich ein Körperchenvolumen von 43,25%. Das Mittel von allen 7 Versuchen beträgt 32,3%. Bei phosgenvergifteten Tieren fanden sich dagegen Körperchenvolumina von 48,0 bis 70,0% bei einem Hb-Gehalt von 17,8 bis 23,7%. 112 1) Siehe oben 1. c. S.81. 2) P.V.Monakow, Dtsch. Arohiv f. klin. Med.123, 292. 1917. 113 1) Je 2 Proben von etwa 1,5 – 3,5 g Substanz wurden in kleinen Petrischalen mit Deckeln auf 0,1 mg gewogen und im Soxhlet- Trockenschrank mittels strömender heißer Luft bei 98° getrocknet. Nach 3 bis höchstens 5 maligem (1–2 stündigen) Trocknen wurde Gewichtskonstanz erreicht. 2) Aus Serum und Körperchen berechnet. 3) Aus Gesamtblut und Serum berechnet. 4) P. v. Monakow, Dtsch. Archiv f. klin. Med.123, 292. 1917. 5) Mediz. Klinik,1909, Nr. 9-11. 6) Dissertation Zürich 1908. 115 1) Siehe die Übersicht bei Hensler, Dissertation Zürich 1908. 2) Arch. f. d. ges. Physiol. Bd.119. 1907. 119 1) Handbuch der Biochemie4. I. 26. 120 1) Arch. f. d. ges. Physiol.1907. 470. 121 1) A. Loewy, Handbuch der Biochemie IV. 107. 1908. 122 1) Vgl. N. Zuntz, Luftfahrt und Wissenschaft.III. 42. 1912. 123 1) Schmiedebergs Archiv61, 97. 1909. 2) Schmiedebergs Archiv63, 60. 1910. 3) Etwa 1 Jahr früher wurden bei normalen Katzen (vermutlich wegen anderer Ernährung) höhere Chlorgehalte im Gesamtblute gefunden: 0,345–0,379%, im Mittel von 7 Tieren 0,360%. 4) Es werden hier nur diejenigen Analysen berücksichtigt, bei denen das Blut unter Luftabschluß defibriniert wurde, da nach den Feststellungen von H. J. Hamburger beim Defibrinieren an der Luft Chlorverschiebungen zwischen Serum und Körperchen eintreten. 124 1) J. Snapper, Dtsch. Archiv f. klin. Med.111, 429. 1913. P. v. Monakow, Dtsch. Archiv f. klin. Med.123, 292. 1917. 126 1) Magnus, Sorgdrager und Storm van Leeuwen, Über die Undurch-gängigkeit der Lunge für Ammoniak. 2. Mitteilung. Arch. f. d. ges. Physiol.155, 275. 1914. Modrakowski, Beobachtungen an der überlebenden Säugetierlunge. 1. Mitteilung. Durchströmungsgeschwindigkeit und Verhalten des Tonus der Gefäße und Bronchien an der überlebenden Katzenlunge. Arch. f. d. ges. Physiol.158, 509. 1914. Modrakowski, 2. Mitteilung. Über die experimentelle Erzeugung von Lungenödem. Arch. f. d. ges. Physiol.158, 527. 1914. 145 1) E. A. Schäfer, British Medical Journal, 1915, II. 4. August. 146 1) L. Hill, British Medical Journal,1915, II, 801. 2) G. Ricker a. a. O., Volkmanns klin. Vorträge. N. F. Inn. Med. Nr.256/60. 147 1) W. Kühne und A. S. Lea, Unters. Physiol. Inst. Heidelberg 2,448. 1878. M. Natus, Virchows Archiv199, 1910. 148 1) Genauere Beschreibung dieser Versuche siehe bei Ricker, Volkmanns klin. Vorträge a. a. O. 151 1) G. Modrakowski, Beobachtungen an der überlebenden Säugetierlunge. 2. Mitteilung. Über die experimentelle Erzeugung von Lungenödem. Arch. f. d. ges. Physiol.158, 527. 1914. 152 1) Magnus, Sorgdrager und Storm van Leeuwen, a. a. O. 154 1) Knowlton and Starling, Journ. of Physiol.44, 206, 1912. 156 1) Laqueur 1. c. 158 1) W. Trendelenburg, Über die Anwendung des Gärtnerschen Verfahrens der unblutigen Brutdruckmessung im Tierversuch. Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. II, 1. 1913. 168 1) Ein Teil des Harns 7 entging dem Katheterisieren, wurde aber sofort danach (vor der Vergiftung) spontan gelassen und so sorgfältig als möglich gesammelt; er wurde für sich aufgefüllt und analysiert. 169 1) Nicht vollständig! 2) Geschätzt! 3) Einschließlich Rachen- und Nasenschleim. 170 1) A. Fraenkel, Virchows Archiv67, 283. 1876. 2) Vgl. Matthes in v. Noordens Handbuch der Pathol. d. Stoffwechsels, 2. Aufl. I,859. 1906, ferner Loewy in Oppenheimers Handbuch d. Biochemie, IV,1. S. 220-231. Nach Versuchen von Laqueur (Med. Klinik 38, 1910 u. Z. physiol. Chem.84, 117, 1913) steigert auch CO2-Anhäufung in den Geweben die Eiweißzersetzung beträchtlich. 174 1) Ricker und Heubner (siehe Ricker a. a. O., S. 797) haben Kaninchen starke Phosgenkonzentrationen einatmen lassen und durch eine Trepanationsöffnung Rötung und Hervorquellen Vies Gehirnes, sowie Blutungen an der Hirnoberfläche beobachtet. Außer der einfachen Erstickung tritt hierbei eine starke Reizwirkung an den sensiblen Lungenfasern mit reflektorischen Wirkungen auf die Gefäße, sowie eine akute Behinderung des Lungenkreislaufes ein, deren Wirkungen auf die Gehirnzirkulation noch nicht genügend analysiert sind. Als Beweis für eine direkte Gifteinwirkung des Phosgens auf die Hirngefäße dürfen diese Versuche, wie das Ricker tut, nicht benutzt werden. 175 1) Bei den Sektionen unserer Versuchskatzen haben wir niemals Hirnpurpura gefunden. Daher können wir auch kein tierexperimentelles Material für diese Frage beibringen. 176 1) Krehl-Marchands HandbuchII, 1. 323. 1913. 2) F. W. Mott, Punctiform haemorrhage of the brain in gas poisoning. Journ. of Royal Army Medical Corps.29, 38. 1917. 3) Ricker a. a. O. 4) Groendahl, Dtsch. Zeitschr. f. Chir. 111. 1911. 6) J. P. L. Hulst, Tijdschr. v. vergelijk. geneesk. 1. Heft 2. 1916.

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Laqueur, E., Magnus, R. Über Kampfgasvergiftungen. III. Experimentelle Pathologie der Phosgenvergiftung.1) Nach Versuchen und Berichten von. Z. f. d. g. exp. Med. 13, 31–179 (1921). https://doi.org/10.1007/BF02998609

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