Untersuchungen über den klinischen Verlauf und die histologischen Veränderungen allergischer Reaktionen bei der Lepra

Zusammenfassung

An einem Material von über 200 Probeexcisionen von allen Stadien der Reaktion bei tuberkulider Lepra wurden die histologischen Veränderungen der tuberkuliden Reaktion untersucht und dabei charakteristische Erscheinungen aufgedeckt. Die “perifokal” um einen alten tuberkuliden Herd frisch entstandene Reaktion zeigt wie die in vorher gesunder Haut neu aufgetretene Entzündung die gleichen histologischen Erscheinungen. Diese sind charakterisiert durch starkes Ödem der Haut, hochgradige Hyperämie, besonders im Papillarkörper diffuse und herdförmig angeordnete perivasculäre, periglanduläre, perineurale und perifollikuläre Rundzelleninfiltrate und innerhalb dieser Infiltrate durch das Auftreten einer sehr typischen Bindegewebsdegeneration, welche sich in erster Linie in unmittelbarer Nachbarschaft mittlerer Gefäße (d. h. in der Adventitia) sowie unabhängig von den Blutgefäßen im lockeren fibrillären Bindegewebe des Papillarkörpers und der Lederhaut, vorwiegend um die Haarfollikel und die Hautdrüsen, nachweisen läßt. Diese Bindegewebsdegeneration tritt herdförmig und knötchenförmig in Form eines eigenartigen schleimigen Ödems, ferner in Form der vonRössle, Gerlach Klinge u. a. bei allergischen Krankheiten beschriebenen fibrinoiden Degeneration und fibrinoiden Nekrose auf, welche in späteren Stadien stets eine deutliche Mobilisierung histiocytärer Zellen und schließlich eine vollkommene knötchenförmige Organisation durch Epitheloidzellen erkennen läßt. So stellt nach unseren Beobachtungen das für die tuberkulide Lepra typische Epitheloidzellenknötchen das Endstadium einer derartigen Reaktion dar. In den frischen reaktiven Veränderungen, besonders im Stadium der schleimigen und fibrinoiden Bindegewebsdegeneration lassen sich in den Herden gewöhnlich säurefeste Stäbchen nachweisen, die aber fast immer deutliche degenerative Veränderungen (schwächere Färbbarkeit, körniger Zerfall und Auflösung in schwach säurefeste amorphe Massen) erkennen lassen. Die älteren Herde sind in der Regel bacillenfrei. Wenn es bereits zur Entwicklung eines Epitheloidzellenknötschens gekommen, ist, sind Bacillennichtmehr nachweisbar, weshalb wir das vollentwickelte Knötchen als Ausheilungsstadium auffassen können. Der Ablauf der Reaktion, die perifokale Entwicklung sowie das Neuauftreten reaktiver Herde in vorher gesunder Haut lassen es als wahrscheinlich erscheinen, daß die Ursache der tuberkuliden Reaktion eine hämatogene Streuung von Hansenbacillen ist, wobei es zu einer vorweigenden Sekundärloskalisation der Bacillen in der Haut kommt. Unsere Beobachtungen bei Sektionen von Fällen tuberkulider Lepra, bei welchen wir niemals tuberkulide Veränderungen an den inneren Organen nachweisen konnten, zeigen, daß entweder eine hämatogene Streung in die inneren Organe nicht vorkommt oder daß die dorthin verschleppten Bacillen nicht haften. Die Aussaat von Leprabacillen beim tuberkuliden Aussatz erfolgt in einem Organismus mit sehr hoher Immunität, sie führt sehr rasch zu einer Zerstörung der Bacillen, wobei es am Orte der Bacillenhaftung in einer haut zu dem für eine allergische Racktion weitgehend charakteristischen Bilde der fibrinoiden Degenration, Nekrose und schließlich zur Entwicklung des Epitheloidzellenknötchens kommt.