Zusammenfassung
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1.
Im Reagensglasversuche mit Rivanol kommt es unter der Einwirkung schwacher, sicher nicht mehr abtötender und auch nicht wachstumshemmender Konzentrationen zu einem Virulenzrückgang hämolytischer Streptokokken ohne Beeinträchtigung der hämolytischen Fähigkeiten, welcher an der Phlegmonenbildung der Stämme im Subcutangewebe der Maus gemessen wurde. Auch eine schmale Zone der Virulenzerhöhung wird unter Umständen festgestellt.
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2.
Der Virulenzrückgang ohne “Vergrünung” ist eine durch die Einwirkung des Rivanols hervorgerufene Zustandsänderung, die isoliert den Virulenzcharakter der Stämme betrifft. Die spezifische Empfindlichkeit gegenüber Rivanol in vitro wird dabei nicht beeinträchtigt.
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3.
Der durch einmalige Rivanoleinwirkung erworbene Grad der Virulenzverminderung wird bei längerer Fortzüchtung (13 Passagen) in rivanolfreiem Medium beibehalten.
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4.
Die Tatsache, daß es möglich ist, durch Rivanol eine dauernde Virulenzabschwächung ohne Änderung der hämolytischen Fähigkeit der Streptokokken und ohne Rückgang der spezifischen Rivanolempfindlichkeit der Keime zu erzeugen, ist für die Praxis der chemotherapeutischen Antisepsis von Bedeutung.
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Die einzige Veränderung im kulturellen Verhalten bestand bei einigen Stämmen, welche an sich in Serumbouillon diffus trübe mit geringem Bodensatz wuchsen, darin, daß sie in rivanolhaltigem Medium klar mit starkem Bodensatze sich entwickelten. Bei Überimpfung in rivanolfreie Nährmedien verloren sie diese Wachstumseigenschaft schon in der 1. Generation.
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Unsere bisherigen Versuche mit Rivanol und anderen stark bactericiden Substanzen bei Allgemeininfektionen mit Streptokokken haben einen Anhaltspunkt für einen Virulenzverlust, der auf eine spezifische Wirkung zurückzuführen wäre, nicht ergeben. Bei Mäusen, die mit Antistreptokokkenserum prophylaktisch behandelt waren, habenMorgenroth undAbraham (l.c.) Vergrünung der Streptokokken mit Virulenzsturz beobachtet. Es handelt sich aber keineswegs, wie dort ausführlich auseinandergesetzt ist, um eine Wirkung des Antistreptokokkenserums, sondern um eine Funktion des Organismus, die in das Gebiet deraktiven Immunität gehört (siehe besondersSchnitzer undMunter l.c.). Der vonFritz Meyer (Zeitschr. f. klin. Med.50, 144. 1903) bei einem mit Serum behandelten Kaninchen beobachtete Virulenzverlust der aus dem Peritoneum gezüchteten Streptokokken gehört zweifellos in dasselbe Gebiet und wird von dem Autor zu dem bei einem anderen Versuchstier festgestellten Hämolyseverlust der Streptokokken in Beziehung gesetzt.
Additional information
Aus Abteilung für Chemotherapie des Instituts für Infektionskrankheiten “Robert Koch”.
I. und II. Mitteilung s.Morgenroth undSchnitzer, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh.97, 77. 1922 und99, 221. 1923.
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Schnitzer, R., Amster, S. Zur chemotherapeutischen Biologie der Mikroorganismen. Zeitschr. f. Hygiene. 102, 287–302 (1924). https://doi.org/10.1007/BF02175317
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DOI: https://doi.org/10.1007/BF02175317