Zur Wirkung einiger Herzglykoside auf die Hämodynamik des Menschen

„Die rationelle Anwendung der Digitalis und der Digitaloide, in erster Linie des Strophanthins, setzt ein Verständnis der pharmakodynamischen Wirkungen dieser Stoffe am gesunden und kranken Menschen voraus.”Wollheim, 1950

Zusammenfassung

• 1. Bei kurzfristigen klinisch-experimentellen Untersuchungen über 10–180 min kommt es nach intravenöser Anwendung von Strophanthin, Digipurat und Digitoxin zu deutlicher Abnahme der aktiven Blutmenge. Der Effekt ist nach Strophanthin rasch und flüchtig, nach Digipurat nachhaltiger, nach Digitoxin langsamer und dauerhafter. Cedilanid vermochte die aktive Blutmenge nur selten zu erniedrigen.

• a. Diese Befunde veranschaulichen die vonWollheim beschriebene extrakardiale Digitaliswirkung. Sie erklären zwanglos das unterschiedliche Verhalten der Minutenvolumina und der Venendrucke Dekompensierter und Nichtdekompensierter nach Glykosiddarreichung, wie an Hand eigener Untersuchungen ausgeführt wird. Über den Mechanismus ihres Zustandekommens-entweder durch direkten Einfluß der Herzglykoside auf die Blutgefäße oder indirekt über das Herz nach Art desBezold-Jarisch-Effektes-herrscht noch keine Klarheit.

• II. Strophanthin, Cedilanid, Digipurat und Digitoxin entfalten bei langfristigen klinisch-therapeutischen Untersuchungen qualitativ gleichartige Wirkungen, deren zeitlich quantitative Verschiedenheit durch strukturtechnisch bedingte unterschiedliche Kumulation der einzelnen Glykoside erklärbar sind. Während für die Behandlung der Plusdekompensation-absolute Digitalisindikation nachWollheim (51)-die stark kumulierenden Präparate Digipurat und Digitoxin optimal wirksam sind, das nur kurz wirkende Strophanthin aber meist ungenügende Effekte erzielt, erscheint auf Grund der im akuten Versuch fehlenden extrakardialen Verminderung der aktiven Blutmenge das ausschließlich kardial wirkende Cedilanid als das Mittel der Wahl bei glykosidbedürftigen Zuständen mit vermindertem diastolischem Angebot (Minusdekompensation) und bei anderen Formen effektiven oder drohenden Versagens des peripheren Kreislaufs, in Fällen, wobei also nur eine relative, rein kardiale Indikation [Wollheim (58)] für Digitalisanwendung vorliegt.