Zusammenfassung
Um die Frage zu klären, wieweit bei der Entstehung der Hirnveränderungen nach Insulinvergiftung unter Umständen eine schwere Leberschädigung eine Rolle spielt, wurden bei 7 Hunden mit Insulin durchschnittlich 3–12 Wochen lang Hypoglykämien erzielt und nach dem Tode eine eingehende Untersuchung der Leber und des Gehirns vorgenommen. In denjenigen Fällen, in welchen die schweren cerebralen Erscheinungen, Krämpfe und Bewußtlosigkeit vor dem Tode am längsten gedauert hatten, waren auch die Veränderungen in der Leber und vor allem im Gehirn, am ausgeprägtesten. Es fand sich in der Regel eine schwere Stauungsleber mit Bindegewebsvermehrung, zentralen Läppchennekrosen und diffuser Parenchymschädigung. In diesen Fällen traten im Gehirn neben ischämischen Ganglienzellveränderungen und Erbleichungen, die auf die Stase, schweren Krämpfe und die angiospastischen Zustände an den Hirngefäßen während derselben zurÜckzufÜhren waren, charakteristische gliös-mesodermale Proliferationen, „nackte“ Gliakerne und einmal auch ähnliche Kernveränderungen an den Ganglienzellen auf. Es bestand hier eine prinzipielle ähnlichkeit mit den Hirnveränderungen bei derWernickeschen Polioencephalitis und der hepatolentikulären Degeneration. Bemerkenswert waren die encephalitischen Veränderungen bei einem Hund, der eine schwere, ältere Stauungsleber hatte. Als Ursache der Stauung in den inneren Organen und auch im Gehirn kommen neben schweren zentralbedingten, vasomotorischen Störungen, Veränderungen am Herzen und möglicherweise auch andere, weniger bekannte Momente in Frage. Es besteht sowohl klinisch als auch anatomisch Grund anzunehmen, daß bei dieser Versuchsanordnung durch die zunehmende Glykogenverarmung unter anderem eine gleichzeitige schwere Leber- und Gehirnschädigung auftritt, wobei die erste ihrerseits beim Auftreten der cerebralen Symptome und der charakteristischen Veränderungen an den Gliazellen, sowie an den Gefäßen eine Rolle spielt. Außer den Stoffwechselveränderungen im Gehirn selbst, sind noch eine vermehrte Schrankendurchlässigkeit und eventuell auch toxische Momente im einzelnen wirksam.
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Töbel, F., Maier, H. Zur Frage der Entstehung der Hirnveränderungen bei Insulinvergiftung. Z. Gesamte Exp. Med. 117, 319–338 (1951). https://doi.org/10.1007/BF02046675
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