Kreislaufkollaps und morphologische Veränderungen bei der Vergiftung mit Flexner-Ruhr-Endotoxin

Zusammenfassung

• 1. Nach i.v. Injektion von Flexner-Endotoxin entwickelt sich beim Hund eine oberflächlichenekrotisierende, hämorrhagische Enteritis, die vorwiegend das Duodeum und Jejunum betrifft.

• 2. Gleichzeitige kreislaufanalytische und histologische Untersuchungen zeigten, daß während des größeren Teiles der Intoxikation nurfunktionelle Vergiftungsfolgen in Form einesreflektorischen Kreislaufkollapses und eines sich anschließendenSpannungskollapses auftreten, jedoch keine nennenswertenpathologisch-anatomischen Darmveränderungen. Diese beginnen sich erst zu entwickeln, wenn der Spannungskollaps in denfinalen paralytischen Kollaps übergeht, d. h. der endgültige Kreislaufzusammenbruch einsetzt.

• 3. Andekapitierten und anadrenalektomierten Hunden ruft das Endotoxin keinen Spannungskollaps hervor. Obwohl die Einstellung des Kreislaufes an solchen Tieren der im finalen paralytischen Kollaps ähnlich ist, entwickeln sich die Darmveränderungen langsamer und mit geringer Intensität. Es wird vermutet, daß der Spannungskollaps — vielleicht durch hypoxämische Stoffwechselstörungen im Gewebe — die Entwicklung der Darmschäden im finalen Kollaps begünstigt.

• 4. Das Flexner-Endotoxin ruft beisubcutaner Injektion am Meerschweinchen entzündliche Infiltrate hervor. Bei Giftkonzentrationen, die etwa im gleichen niedrigen Bereich liegen wie im Hundeblut nach i.v. Zufuhr, ist diese Wirkung praktisch nicht mehr vorhanden.

• 5. Der Darmsektionsbefund nachhämorrhagischem Kollaps stimmt mit dem nach Vergiftung mit Flexner-Endotoxin weitgehend überein. Bemerkenswert ist jedoch das Auftreten segmentkerniger Leukocyten im Capillarblut, die beim endotoxinvergifteten Tier fehlen.

• 6. Die vermutlichen Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Formen des Kreislaufkollapses und der Entstehung der morphologischen Darmveränderungen, sowie die Natur der sogenannten „Enterotropie“ der Endotoxinwirkung werden diskutiert.