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Das weltbild und die begriffsapparatur

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  1. Ich glaube, diefen Unterfchied hat Poincaré im Auge, wenn er fagt: „Quand une loi a reçue une confirmation suffisante de l'expérience ... on peut l'ériger enprincipe, en adoptant des conventions telles, que la proposition soit toujours vraie ... Le principe n'est pas plus soumis au controle de l'expérience”. Valeur de la science. Paris, Flammarion, S. 235 f.

  2. Ich möchte hier kurz einen fubtilen Einwand befprechen, welcher gegen unfere Ausführungen erhoben werden kann. Was verfteht man unter zwei in unmittelbarem Widerfpruch ftehenden Sätzen? Die Frage kann folgendermaßen beantwortet werden: zwei Sätze einer Sprache ftehen dann und nur dann in unmittelbarem Widerfpruch, wenn einer von ihnen zufammengefetzt ift aus einem Funktionszeichen, welches die Überfetzung des logiftifchen Zeichens „∼” ift, und aus dem anderen Satz, den er als Argument diefes Funktionszeichens enthält. Führt die Annahme zweier Sätze, welche nicht in unmittelbarem Widerfpruch ftehen, auf dem Wege der deduktiven Sinnregeln zu zwei in unmittelbarem Widerfpruch ftehenden Sätzen, fo fagen wir von den erften zwei Sätzen, daß fie in mittelbarem Widerfpruch ftehen. Nimmt man diefe Definition an, dann fieht man fich zur Konfequenz gezwungen , daß es einander unmittelbar widerfprechende Sätze nur in folchen Sprachen gibt, in welchen fich die Überfetzung des logiftifchen Zeichens „∼” vorfindet. Dies könnten aber nur folche Sprachen fein, welche entweder ineinander überfetzbar find oder fich wenigftens zu überfetzbaren Sprachen fchließen laffen. Wenn fich alfo in einer Sprache widerfprechende Sätze bilden laffen, fo laffen fich widerfprechende Sätze in einer in die erfte unüberfetzbaren Sprache nicht mehr bilden. Wir können aber den Begriff zweier widerfprechenden Sätze fo faffen, daß fich auch innerhalb jeder von gewiffen zweien ineinander unüberfetzbaren Sprachen widerfprechende Sätze finden können. Wir erreichen dies, indem wir erklären: Wir fagen, zwei SätzeZ undZ 1 einer SpracheS ftehen in unmittelbarem Widerfpruch, wenn es für diefe Sprache eine deduktive Sinnregel gibt, laut welcher die Anerkennung des einen Satzes die Verwerfung des anderen verlangt. Bei diefer Auffaffung des Widerfpruchs können zwei widerfprechende Sätze fowohl in der einen wie auch in der anderen von zwei unüberfetzbaren Sprachen vorkommen. Die vorgefchlagene Auffaffung des Widerfpruchs erfordert aber, daß es nicht nur Sinnregeln gibt, welche die Bereitfchaft zur Anerkennung, fondern auch folche, welche die Bereitfchaft zur Verwerfung von Sätzen verlangen. Dies würde auf eine Modifikation des oben über den Umfang einer Sinnregel und die Matrix einer Sprache Gefagten führen.

  3. Wir fagen, daß zwei Sprachen prinzipiell überfetzbar find, wenn fie entweder überfetzbar find oder fich zu zwei überfetzbaren Sprachen durch Schließung umbilden laffen.

  4. Ein dem gefchilderten ähnliches Bild finden wir in der Sprache der Principia Mathematica von Whitehead und Ruffell, wo es infolge der Einteilung der Sätze in verfchiedene logifche Typen eine „systematical ambiguity” der Zeichen des Satzkalküls und eine Mehrheit von Satzkalkülen gibt.

  5. Diefe Univerfalitätstendenz, von welcher oben gefprochen worden ift, hat nichts mit dem gemein, worüber R. Carnap in feinem Auffatz „Die phyfikalifche Sprache als Univerfalfprache der Wiffenfchaft” (Erkenntnis Bd. 2, H. 5 und 6) fchreibt.

  6. Sprachliches Weltbild eines Sinngebiets (bzw. einer Begriffsapparatur) wird hier eine Klaffe von Sätzen dann und nur dann genannt, wenn fie aus allen und nur folchen Sätzen befteht, die I. zu einer und derfelben Sprache gehören, welcher diefes Sinngebiet zugeordnet ift, und die 2. als Sätze einer folchen Sprache faktifch in bezug auf beliebige von irgendeinem menfchen erlebte Erfahrungsdata pofitiv entfcheidbar find. (Siehe „Sprache und Sinn” 1. c. Note zu S 6.) Wir verftehen unter Weltbild einer SpracheS das in Sätzen der SpracheS verfaßte Weltbild des Sinngebiets diefer Sprache. Daraus ift erfichtlich, daß zu einem Sinngebiet mehrere fprachliche Weltbilder gehören, welche aber aus Sätzen beftehen, die ineinander überfetzbar find. Die Klaffe der Urteile, welche den Sinn der Sätze eines der fprachlichen Weltbilder ausmachen, ift für alle fprachlichen Weltbilder eines Sinngebiets diefelbe, und wir wollen fie das Weltbild des Sinngebiets fchlechthin nennen.

  7. Dies foll nicht etwa heißen, daß es keine ftrukturelle Eigenfchaft der Sätze gibt, welche nur wahren Sätzen zukommt. Es ift nur zweifelhaft, ob in der gewöhnlichen Redeweife eine entfprechende Sinnregel waltet.

  8. Vgl. z. B. G. Simmel, Über eine Beziehung der Selektionstheorie zur Erkenntnistheorie. Arch. f. fyft. Phil. N. F. Bd. I. 1895. S. 35 ff.

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Ajdukiewicz, K. Das weltbild und die begriffsapparatur. Erkenntnis 4, 259–287 (1934). https://doi.org/10.1007/BF01793493

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