Über die Latenz des Aktionsstromes am Herzen

Zusammenfassung

• 1. Bei exakter Isotopie von kathodischer Reizstelle des Induktionsstroms und von bioelektrischer Entladungs- oder Ursprungsstelle des sog. Aktionsstroms, also bei Gegenläufigkeit von stark überschwelligem Reizstrom und monophasischem Erregungsstrom läßt sich an der isolierten blutleeren Spitze des Froschherzens ein unverkennbares Latenzstadium nachweisen. Ein solches ist auch aus dem Vergleich der Aktionsstromkurve nach Reizung und bei zufälliger vereinzelter Spontankontraktion abzulesen. Bei Heterotopie von Reiz- und Entladungsstelle erscheint das Latenzstadium durch Leitungszeit verlängert.

• 2. Als Größe des bioelektrischen Latenzstadiums nach faradischer Reizung — und zwar gemessen vom Beginn des Reizstroms — wurde an der isolierten blutleeren, relativ frischen Herzspitze im Mittel ein Wert von 16,54±6,32σ (in minimo 9,9σ) festgestellt. Das Latenzstadium wächst im Laufe des Absterbens sowie bei Abkühlung — ebenso wie das mechanische Latenzstadium, die Gipfelzeit und Gesamtdauer des Erregungsstromes, speziell die Breite der Celer (R)-Zacke — bis zum Mehrfachen des ursprünglichen Wertes bzw. bis 20–50σ an.

• 3. Auch nach mechanischer Reizung ist ein bioelektrisches Latenzstadium nachzuweisen.

• 4. Das bioelektrische Latenzstadium ist zurückzuführen auf den Zeitaufwand, welchen die aufsteigende Zustandsänderung der Phasengrenz-Kolloide erfordert, durch welche der elektive Unterschied der Binnenionen an Wanderungsgeschwindigkeit gemindert oder aufgehoben wird. Dieses Verhalten läßt sich durch das Bild der Zellmembran als Ionensieb mit äußerer und innerer Ladungsschicht veranschaulichen, wobei die Latenz dem Zeitverlust für die Erweiterung der Poren von der Kationengröße zur Anionengröße entspricht.

• 4. Der Nachweis eines bioelektrischen Latenzstadiums erscheint geeignet, einer Präexistenztheorie, speziell in Form der Kolloid-Membrantheorie der bioelektrischen Potentiale', zur Stütze zu dienen.