Zusammenfassung
Systematische Untersuchungen über den Verlauf der Dunkeladaptation bei Sehhirnverletzten ergeben Abweichungen von der Norm. Diese Feststellung berichtigt die unbegründete Lehrmeinung, daß Adaptationsstörungen nur bei Läsionen zwischen Netzhaut und Corpus geniculatum laterale gefunden werden zugunsten gleichfalls positiver Befunde früherer Untersuchungen.
Summarisch zeigen die pathologischen Kurven etwa folgendes: Das elegante Ineinandergreifen des Tages- und Dämmerapparates beim Gesunden ist beim Sehhirnverletzten gestört: Beide Organisationen fallen quasi auseinander; die Umstellung des Tages- auf den Dämmerapparat vollzieht sich plötzlich unter erheblicher Zunahme des Zeitbedarfs.
Die „Inegalitäten“ des pathologischen Kurvenverlaufes beruhen weiterhin auf intensiven Störlichtern im Sinne des sogenannten „Eigenlichtes“, auf phasisch auftretenden Hell-Dunkelperioden und anderen subjektiven Phänomenen. Hier trägt nicht mehr der Außenreiz das Maß der Empfindung, sondern zunehmend der Eigenzustand des Zentralorgans — und zwar des gestörten Zentralorgans.
Hieraus ergeben sich Rückschlüsse auf die Physiologie des Sehvorgangs: Wie dies auch im sinnesphysiologischen Experiment bewiesen ist, kann die Eigenleistung der Peripherie nur im Zusammenhang mit der optischen Gesamtorganisation verstanden werden, eine Einengung der Adaptation auf rein retinale Primärprozesse ist nicht zulässig.
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Ullrich, N. Adaptationsstörungen bei Sehhirnverletzten. Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde 155, 1–31 (1943). https://doi.org/10.1007/BF01762660
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DOI: https://doi.org/10.1007/BF01762660