Kritische übersicht über den gegenwärtigen Stand des individuellen Blutnachweises für forensische Zwecke

Zusammenfassung

• 1. Die Isoagglutination (d. h. die Verklumpung menschlicher Blutkörperchen durch menschliches Serum) steht in ihren Grundlagen fest.

• 2. Das Vorhandensein von nicht mehr als zwei Isoagglutininen und Isoagglutinogenen kann mit ziemlicher Sicherheit behauptet werden.

• 3. Die Unveränderlichkeit der Gruppen während des Lebens nach erfolgter ontogenetischer Entwicklung der Normalisoantikörper und die Unbeeinflußbarkeit der Gruppenzugehörigkeit durch Umweltseinwirkung oder durch Krankheit können ebenfalls als genügend feststehende Tatsachen angesehen werden.

• 4. Die technische Ausführbarkeit der Isoagglutinationsproben darf als hinreichend einwandfrei bezeichnet werden.

• 5. Die Vererbbarkeit der Blutgruppenzugehörigkeit nach dem Mendelschen Gesetz ist im allgemeinen unbestritten.

• 6. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, forensisch brauchbare Schlüsse auf Grund von Blutgruppenuntersuchungen zu ziehen.

• 7. Die Anwendbarkeit der Blutgruppen zu individueller Blutdiagnose im engeren Sinn ist nicht möglich, es sind nur Folgerungen auf das Individuum aus der Gruppengleichheit oder Ungleichheit zu ziehen, die allerdings bei entsprechendem Tatbestand einem individuellen Blutnachweis gleichkommen können.

• 8. Die Brauchbarkeit der Blutgruppenuntersuchungen ist für forensische Zwecke weiterhin dadurch eingeengt, daß Schlüsse auf die Blutsverwandtschaft höchstens in einem Viertel der Fälle bisher möglich sind und daß die Blutspuren und das Leichenblut ihre gruppenspezifische Eigenschaften nicht sehr lange Zeit erhalten.

• 9. Anderen Versuchen zu einer individuellen-morphologischen Blutdiagnose war bisher noch kein praktischer Erfolg beschieden. Die Blutgruppenuntersuchungen haben vereinzelte praktische Anwendung gefunden.

• 10. Die verhältnismäßig einfache und wenig kostspielige Technik wird einer allgemeineren Verwertung dieser Blutproben in der gerichtsärztlichen Praxis und den gerichtlich-medizinischen Instituten nur förderlich sein.

• 11. Die deutsche Gesellschaft für gerichtliche und soziale Medizin kann durch Aufstellung eines Merkblattes, Empfehlung der Anwendung der Blutgruppenuntersuchung und spätere Zusammenfassung der erhaltenen Ergebnisse in einer Sammelforschung den praktischen Beweis der Frage liefern, ob wirklich der forensischen Blutgruppenbestimmung der hohe Wert zukommt, den man ihr nach dem bisher vorhandenen Schrifttum und auf Grund theoretischer überlegungen zubilligen muß.